Gespräch des Tages

Kreditgenossenschaften - Verhaltener Optimismus

"Wer sagt, er hat mit der Krise nichts zu tun, der war wohl länger nicht in seiner Bank! ". So kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Wiesbadener Volksbank, Rolf Hildner, die allgemeine Lage, aber auch die Situation seines Hauses. Denn auch die Wiesbadener Volksbank wurde von den allgemeinen Marktverwerfungen zunächst hart belastet. Aufgrund von Abschreibungen, vor allem auf Wertpapiere, aber auch auf Kredite im vierten Quartal des abgelaufenen Geschäftsjahres in Höhe von rund 18 Millionen Euro, sinkt das Ergebnis nach Bewertung auf 19 Millionen Euro und damit auf rund die Hälfte des Vorjahres. Lediglich zunächst hart getroffen, denn bei den von den Abschreibungen betroffenen Wertpapieren handelt es sich vor allem um Bankbonds systemrelevanter Banken, von denen die ersten in zwei bis drei Jahren fällig werden. Deshalb gehen die Verantwortlichen in Wiesbaden davon aus, diese Papiere bei Fälligkeit zu Hundert einlösen zu können und somit im Moment stille Reserven gelegt zu haben. Von den Abschreibungen von 18 Millionen Euro rechnet man mit zehn Millionen "plus Hoffnung". Insgesamt zeigt man sich in Wiesbaden mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr ganz zufrieden. Man war von den Vorjahren verwöhnt und das Geschäft sei wieder auf Normalmaß zurückgeschraubt worden, heißt die nüchterne Analyse. In der Tat lagen die Ergebnisse schon 2003 (21,4 Millionen Euro) und 2005 (20 Millionen Euro) auf einem vergleichbaren Niveau.

Allerdings hat auch das operative Geschäft die Erwartungen nicht ganz erfüllen können. Vor allem der Provisionsüberschuss ist weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, weil die privaten Anleger überaus vorsichtig agierten und selbst vor dem Hintergrund der Abgeltungssteuer Anlagen in Wertpapieren tunlichst vermieden. Der Zinsüberschuss hat sich trotz sinkender Zinsen, einer erholten und fast wieder normalen Zinsstrukturkurve und verbesserten Margen im Mittelstandsgeschäft leicht ermäßigt, auf der Kostenseite hat man nicht mehr viel Spielräume. Das alles ist durchaus als warnendes Signal für die Ergebnisse anderer Genossenschaftsbanken zu sehen, auch wenn BVR-Präsident Uwe Fröhlich seine Mitglieder zurzeit gerne als "Krisengewinner" darstellt. Denn schließlich zählt die Wiesbadener Volksbank zu den erfolgreichsten Häusern ihrer Gruppe: Das Betriebsergebnis vor Bewertung liegt mit 1,27 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme weit über dem erwarteten Durchschnittswert aller Kreditgenossenschaften von 0,77 Prozent.

Doch man blickt in Wiesbaden durchaus optimistisch nach vorne und macht damit auch anderen Mut. Zum einen sei davon auszugehen, dass der Zinsüberschuss, die wichtigste Ertragsquelle der kleinteiligen Volks- und Raiffeisenbanken, erstmals seit Jahren wieder steigen werde. So könne mit der Fristentransformation endlich wieder Geld verdient werden, was angesichts der Einlagenzuflüsse wahrlich eine gute Nachricht ist. Zudem sei die Margensituation spürbar besser geworden, auch weil Wettbewerber vorübergehend sowohl im Privatkundengeschäft (wie die Direktbanken) als auch im Mittelstandsgeschäft (wie die Großbanken) vom Markt verschwunden seien. Kann man darauf bauen? Sorgenfalten zeigt man in Wiesbaden jedenfalls beim Thema Wettbewerb. Die mit staatlichen Eigenkapitalhilfen aufgepäppelte Konkurrenz betrachtet man hier sehr genau: Man müsse beobachten, ob sich nicht nachhaltige Wettbewerbsverzerrungen entwickeln werden. Vor allem, da langfristig von staatlich ge führten Banken ausgegangen werden müsse, was Strukturveränderungen mit sich bringen werde. Staatsgelder für genossenschaftliche Banken werden noch ausgeschlossen, denn das passt nicht zum genossenschaftlichen Selbstverständnis, das von Selbstverantwortung und Selbsthilfe geprägt ist. Gut, wenn das so bleiben kann!

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