Finanzmarktgesetzgebung

Lamfalussy-Verfahren - Voraussetzungen für eine effektive und stabile europäische Bankenlandschaft

Seit rund zwei Jahren hat die IIMG (Inter-institutionell Monitoring Group) den Auftrag des europäischen Gesetzgebers, die Fortschritte bei der Umsetzung des Lamfalussy-Verfahrens zu bewerten und Schwachstellen aufzuzeigen. Kürzlich hat die aus sechs unabhängigen Experten bestehende Gruppe ihren Abschlussbericht vorgelegt. Als deutsches Mitglied und stellvertretender Vorsitzender dieser Expertengruppe kommentiert Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Berlin, die Ergebnisse: "Das nach dem Vorsitzenden der entsprechenden Arbeitsgruppe, Baron Alexandre Lamfalussy, benannte 'Lamfalussy-Verfahren' ist ein effektives Rechtssetzungsverfahren, das maßgeblich zur Integration der europäischen Finanzmärkte beiträgt. Dies ist das Ergebnis der sogenannten Interinstitutionellen Überwachungsgruppe (IIMG). Gemäß dem von Parlament, Rat und Kommission vereinbarten Mandat hatte die Überwachungsgruppe in den vergangenen zwei Jahren die Aufgabe, dieses europäische Regulierungssystem für Finanzdienstleistungen auf seine Effizienz hin zu überprüfen und eventuell auftretende Engpässe innerhalb des Verfahrens zu identifizieren.

Rechtssetzungsverfahren optimieren

Das Lamfalussy-Verfahren ist von zentraler Bedeutung für die künftige Entwicklung der Gesetzgebung im Finanzdienstleistungssektor. Es ist aber auch noch ein sehr junges Verfahren. Als vierstufiges Konzept wurde es 2002 mit dem Ziel, die fristgerechte Umsetzung des Financial Services Action Plan (FSAP) zu gewährleisten, eingeführt (siehe Kreditwesen 19-2007). Der Schwerpunkt des Abschlussberichtes lag erwartungsgemäß in der Bewertung der Funktionsfähigkeit der Ausschüsse auf Stufe 3, in der die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden angesiedelt ist. Grundsätzlich hat sich das Lamfalussy-Konzept bewährt. Es ist in der Lage, auf unterschiedlichen Finanzmärkten in bestimmten Bereichen schnell und effizient einheitliche Regelungen zu schaffen. In gewisser Weise kann dieses Verfahren als ein , Fast-Track-Verfahren' bezeichnet werden. Allerdings muss dieses Rechtssetzungsverfahren an einigen Stellen noch optimiert werden.

Die IIMG sieht die Notwendigkeit einer Stärkung der Rolle der Ausschüsse auf Stufe 3, um als Koordinierungs- und Regulierungsplattform den nationalen Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stehen. Der Schwerpunkt der Arbeit dieser Ausschüsse soll darin bestehen, verstärkt bei der Entwicklung aufsichtlicher Instrumente und Methoden mitzuwirken, sowie das Vertrauen zwischen den nationalen Behörden weiter zu fördern. Die Voraussetzungen für eine effektive und stabile europäische Bankenlandschaft bestehen dabei in einer intensiven und gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden im Heim- und Gastland. Für eine gesunde Vertrauensbasis ist vollkommene Informationstransparenz zwischen den nationalen Bankaufsichtsbehörden unabdingbar.

Klares EU-Mandat für die Ausschüsse

Die IIMG empfiehlt, ebenso die Ausschüsse auf Stufe 3 des Verfahrens auf eine angemessene rechtliche Basis zu stellen und sie mit einem klaren EU-Mandat auszustatten. Dabei müssen die rechtlichen und demokratischen Prinzipien eingehalten werden. Die Regulierer müssen sich auf den Stufen 2 und 3 des Verfahrens strikt an den von Stufe 1 vorgegebenen Rahmen halten und nicht darüber hinausgehen. In Fragen des Entscheidungsprozesses auf Stufe 3 hat sich die IIMG grundsätzlich darauf verständigt, weiterhin das konsensuale Verfahren anzuempfehlen. Dieses Verfahren stellt sicher, dass alle Mitgliedsstaaten gleichberechtigt am Entscheidungsprozess partizipieren. Damit kann den nationalen Spezifika und insbesondere den strukturellen Merkmalen individueller Märkte Rechnung getragen werden. Um stärkere Konvergenz der Aufsichtspraxis zu garantieren, empfiehlt die IIMG zudem eine stärkere Anwendung des sogenannten , Comply and explain- Mechanismus'. Demnach müssen bei Uneinigkeit bestehende Bedenken durch die Mitgliedsstaaten erklärt und begründet werden.

Bei hochtechnischen Fragen und in Belangen, die von den Ausschüssen der Stufen 1 und 2 an die Stufe 3 delegiert werden (das heißt durch die EU-Kommission an die nationalen Aufsichtsbehörden), regt die IIMG die Anwendung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen an. Es gibt jedoch hierzu starke Bedenken, die darauf fußen, dass dieser Vorschlag das Subsidiaritätsprinzip der EU aushebelt und jeglicher demokratischer Legitimität entbehrt. Zudem haben wir darauf hingewiesen, dass die Ausschüsse auf Stufe 3 mit ausreichenden personellen und sonstigen Mitteln ausgestattet werden müssen, um ihre Aufgabe in angemessener Qualität fortzuführen. Insgesamt hat das neu formierte Kooperationssystem auf Stufe 3 des Lamfalussy-Verfahrens, bestehend aus 27 Finanzbehörden in Europa, die Erwartungen bestätigen können. Damit trägt es wesentlich zu einer gemeinsamen in der gesamten Europäischen Union herrschenden Aufsichtskultur, die durch gleiche Werte und Ziele geprägt ist, bei. Es spricht derzeit alles dafür, diesen Weg weiter zu gehen. Hierfür gilt es, die breite politische Unterstützung, die das Kooperationssystem der europäischen Bankenaufseher bislang erfahren hat, unverändert aufrecht zu erhalten."

Die weiteren Mitglieder (insgesamt sechs unabhängige Experten, von denen die EU-Organe jeweils zwei benannt haben): Johnny Åkerholm (Finnland), Präsident und CEO der Nordic Investment Bank (NIB) und Vorsitzender der IIMG; Freddy van den Spiegel (Belgien), Chefvolkswirt und Direktor für öffentliche Angelegenheiten, Fortis Bank; Rainer Masera (Italien), Professor of Banking, Luiss University; Mark Harding (Vereinigtes Königreich), Group General Counsel, Barclays Bank; Pierre de Lauzun (Frankreich), CEO, Französische Vereinigung der Kapitalanlagegesellschaften (AFEI) und stellvertretender Generaldirektor, Französischer Bankenverband (FBF).

Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis , Geschäftsführendes Vorstandsmitglied , Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., DSGV, Berlin
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