Gespräch des Tages

Landesbanken - Kurz nach Aschermittwoch

Welche der hiesigen Banken durch den symbolträchtigen Aschermittwoch möglicherweise in besonderem Maße an ihre geschäftspolitischen Sünden erinnert und zur Umkehr aufgerufen werden mussten, lässt sich noch nicht abschließend überblicken. Aber in Verdacht stehen einige, und darüber hinaus gibt es auf Basis der bisherigen Vorberichterstattung in der angelaufenen Bilanzsaison in allen Bankengruppen schon Signale beziehungsweise Hinweise auf die in Zahlen greifbaren Auswirkungen der immer noch tobenden Finanzmarktturbulenzen.

Im privaten Bankensektor haben kleinere Häuser wie die Essener National-Bank gleich zu Jahresbeginn Belastungen aus den Marktverwerfungen für strukturierte Finanzprodukte eingeräumt. Die Hypo Real Estate ist nach der Beichte ihrer (kommunikativen) Versäumnisse im Subprime-Handling schon in der Karnevalszeit hart an den Märkten abgestraft worden (Kreditwesen 3-2008). Als größtem Vertreter der von der Bankenaufsicht mit Blick auf moderne komplexe Finanzmarktprodukte als vergleichsweise konservativ eingestuften Versicherungsbranche traut man der Allianz zu, die bereits kommunizierten Belastungen der Dresdner Bank beziehungsweise deren Investmentbanking-Einheit auszubügeln und gegebenenfalls strategisch zu bereinigen. Für die Commerzbank bleibt zu hoffen, dass der vergleichsweise gelassene Umgang mit den Marktturbulenzen bis zum Erscheinen dieser ZfgK-Ausgabe auch in den veröffentlichten Zahlen ihren Ausdruck gefunden hat. Die Hypovereinsbank wäre im Zweifel auch ein italienisches Problem. Und mit der Deutschen Bank gibt es doch tatsächlich ein Institut, das bei der Präsentation seiner Zahlen laut und deutlich von einem Spitzenjahr sprechen darf (siehe Leitartikel).

Ein besonders breites Spektrum der Offenbarung hat sich im Verlauf dieses Jahres bis zum Beginn der Fastenzeit im Landesbankenlager aufgetan. Es reicht von höchster Bedrängnis bei der WestLB über ärgerliche, aber beherrschbare Belastungen bei der auch in Sachsen eingebundenen LBBW, merkwürdiger Stille bei der Bay-ern-LB, Irritationen um einen Verkauf von Kreditrisiken durch die HSH Nordbank bis hin zur Entwarnung bei der Helaba. Bei verwirrender Informationslage und Fortschreibung der fast täglichen Schreckensmeldungen aus dem In- und Ausland - das ist ein besonders unangenehmer Nebeneffekt für die ganze S-Gruppe stehen wegen der massiven Verwerfungen bei der WestLB und der Sachsen-LB im Zweifel stets alle hiesigen Landesbanken unter Generalverdacht für mögliche Fehlentwicklungen.

Emsig befeuert wird das abgrundtiefe Misstrauen von Märkten und Öffentlichkeit seit Monaten durch die Art der Problemlösung bei der WestLB. Der Konflikt zwischen Landespolitik und Sparkassenseite hat sich dort mehr und mehr zugespitzt und die Lage der Bank bei ohnehin kritischer Marktphase noch zusätzlich, wenn nicht gar unverantwortlich verschlimmert. Wäre die Düsseldorfer Landesregierung frühzeitig, nämlich gleich zu Beginn des Sommers 2007, den Empfehlungen der NRW-Sparkassenverbände zu einer sanften Orientierung nach Stuttgart gefolgt, könnte die Landesbankenkonsolidierung längst in vollem Gange sein, wie immer der Fall der Sachsen-LB dann auch gehandhabt worden wäre. Ob in größeren oder kleineren Konstellationen hätte man seinerzeit eine konstruktive Neuordnung der Bankengruppe in Angriff nehmen und seitens der Landespolitik noch als Offensivstrategie verkaufen können. Inzwischen wirken alle diesbezüglichen Überlegungen mit fortschreitenden Marktturbulenzen immer mehr als Notfallmaßnahmen oder Zwischenlösungen, um Zeit zu gewinnen. Das gilt auch für die Mitte Dezember vergangenen Jahres beschlossenen Sondierungen zwischen WestLB und Helaba. Zunächst sind diese voll in den hessischen Wahlkampf gefallen, und seit Ende Januar leiden ihre Umsetzungschancen neben der unüberblickbaren Lage bei der Wiesbadener Regierungsbildung auch noch an den fast täglichen neuen Meldungen über zusätzliche Restrukturierungsaufwendungen für die WestLB.

Wäre die Lage nicht offensichtlich so ernst, könnte man den Eigentümern der WestLB zumindest einen tapferen Einsatz bescheinigen. Denn schließlich haben sie für ihre Bank nun binnen nicht einmal eines Monats gleich zweimal Rettungsaktionen einleiten müssen. Doch leider zeigte schon die Haltbarkeitsdauer der Vereinbarungen von Mitte Januar, wie wacklig die Kompromisslinien sind, auf die sich die Gremien noch einigen können. Und auch nach der nun beschlossenen "umfangreichen Risikoabschirmung" durch die Eigentümer der WestLB in turbulenten Tag- und Nachtsitzungen der ersten Fastenwoche stellt sich die Frage, inwieweit die Landesbankenkonsolidierung überhaupt noch regional beherrschbar ist. Selbst wenn die vereinbarte Stützung durch das Land Nordrhein-Westfalen nicht in Anspruch genommen werden muss, ist die jetzige Einigung nur eine Verlagerung der Probleme in die Zukunft. Vieles klingt nach Zwischenlösung. Selbst das Streben der NRW-Landespolitik nach einer vertikalen Integration ist nur mühsam verdeckt und könnte leicht wieder aufbrechen, sollten sich neue Probleme zeigen.

Ein unrühmlicher Fortgang der Dinge im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen hätte freilich zweifelsfrei Auswirkungen auf den Rest des Sparkassenlandes. Denn wenn der Bedarf an Absicherungen für den Landesbankensektor in NRW und/oder anderen Sparkassenregionen noch zunehmen sollte, müssen am Ende möglicherweise der DSGV, die Bundespolitik, die BaFin und die Bundesbank mehr oder weniger sanft eine tragfähige (große) Lösung herbeiführen. Die prompten Reaktionen vom DSGV wie auch der Sparkasse Köln-Bonn auf die jüngsten Beschlüsse zur WestLB sind deutliche Hinweise, dass hinter den Kulissen auf vielen Ebenen längst intensiv über Zukunftszenarien nachgedacht wird.

Der Schlüssel zur Bereinigung der Landesbankenstruktur liegt dabei letztlich bei der Landespolitik, speziell bei den zuweilen recht eigenwilligen Ministerpräsidenten. Von ihnen wird maßgeblich abhängen, ob sich die weiteren Konsolidierungsschritte der mehr oder weniger bedrängten Landesbanken eher auf der horizontalen Ebene abspielen oder als Zukunftsoption auch die Vertikalisierung in verschiedenen S-Regionen bleibt. In Finanzkreisen laufen wieder einmal Wetten, welche durchaus größere Banken bis zur nächsten Bilanzsaison ihre Eigentümer gewechselt haben könnten. Gerade im Landesbankensektor ist die Wahrscheinlichkeit diesmal deutlich höher als in den letzten Jahren.

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