Aufsätze

Mittelstand-CDOs - Muntermacher für den ABS-Markt?

Mittelstand-CDOs gehören zu den Asset Backed Securities (ABS), die aus dem modernen Portfoliomanagement nicht mehr wegzudenken sind. Gemessen am Emissionsvolumen übertrifft die Assetklasse ABS mittlerweile traditionelle Anlageklassen wie Pfandbriefe und Unternehmensanleihen.

Grundstruktur und Marktteilnehmer

Auch für Deutschland gilt: Immer häufiger werden Kreditrisiken am Kapitalmarkt platziert beziehungsweise suchen Kreditinstitute nach außerbilanziellen Lösungen für Kundenfinanzierungen. Die Kapitalmarktfähigkeit ist bei ABS-Produkten der entscheidende Erfolgsfaktor für die Kapitalbeschaffung. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die Basel-II-Regelungen und die damit verbundenen Eigenkapitalvorschriften für Banken (Abbildung 1).

Zunächst ist es hilfreich, sich die Grundbausteine einer ABS-Transaktion in Erinnerung zu rufen:

Ein Forderungsverkäufer (Originator) überträgt durch Kauf- oder Garantievertrag die Chancen und Risiken eines Portfolios von illiquiden Vermögenswerten (Assets) an ein insolvenzfestes SPV (Special Purpose Vehicle). Das SPV emittiert Anleihen, die durch die Portfolioeinnahmen (Cash-Flows) bedient werden und die losgelöst vom unternehmerischen Risiko des Originators sind. Der Investor erwirbt so das reine Portfoliorisiko. Die Anleihen werden durch Nachrangigkeit der Cash-Flow-Zuordnung (Subordination) in Wertpapiere mit unterschiedlicher Bonität strukturiert (Tranchen).

Für Investoren bieten ABS nicht nur neue Ertragsquellen, die zusätzliche Diversifikation ermöglichen, sondern auch Investments für jede Risikoneigung. ABS-Investments führen wegen ihrer geringen Korrelation zu traditionellen Assetklassen, ihrem Mehrertrag, ihrem diversifizierten Underlying und ihrer hohen Ratingstabilität zu einem verbesserten Risiko-/Renditeprofil in Anlageportfolien (vergleiche Hagenstein 2006, Seite 281; Johanning 2005).

AAA-Mittelstand-CDOs bieten einen Mehrertrag in Höhe von zirka 40 Basispunkten gegenüber Pfandbriefen. Solange der Investor mit dem Mehrertrag das Risiko und den Analyseaufwand überkompensiert, wird er sich für das ABS Investment entscheiden.

Für Unternehmen bedeuten ABS eine alternative Finanzierungsquelle im Vergleich zum klassischen Bankkredit. Sind die Transaktionskosten niedriger als beim Bankkredit, fällt die Entscheidung zu Gunsten der ABS-Finanzierung. Banken treten, falls nicht als Verkäufer, als Intermediäre auf und vermitteln in ihrer Rolle als Arranger, Strukturierer oder Market-Maker zwischen Risikoverkäufer und institutionellem Investor. So werden ABS zu einem effizienten Vehikel zur Verteilung von Kreditrisiken, ohne die Kundenbeziehungen der Banken einzuschränken. Der Kapitalmarkt springt damit als Kreditgeber ein. Ratingagenturen fungieren als unabhängiger Informant und übernehmen sowohl bei der Platzierung als auch während der Laufzeit einen Großteil der quantitativen Portfolioanalyse.

Verbriefbare Vermögenswerte

Die Palette verbriefbarer Vermögenswerte kennt theoretisch keine Grenzen, solange das Portfolio ausreichend sicher prognostizierbare Cash-Flows generiert. Für den Investor ist es ökonomisch irrelevant, in welcher Form die Forderungen an das SPV übertragen werden. Synthetische Strukturen werden deswegen im Produktüberblick nicht gesondert berücksichtigt (Abbildung 2).

CDOs bestehen aus Unternehmenskrediten, Anleihen (Bond; Collatralized Bond Obligation) oder einer Mischung aus beiden. Anders als bei MBS und ABS i.e.S. befinden sich die Assets bei CDOs nicht zwingend auf der Bilanz eines Originators, sondern werden gezielt durch den CDO-Manager zusammengestellt.

Die deutschen Mittelstand-CDOs enthalten Nachrangkredite an Mittelstandsunternehmen. Die Unternehmen sind meist nicht öffentlich geratet, sondern besitzen ein reines Finanzkennzahlenrating zum Beispiel von Moody's KMV Risc Calc. Die Anzahl der Assets im Portfolio ist mit 30 bis 60 Krediten eher gering. Die Struktur der Mittelstand-CDOs sieht keine vorzeitige Tilgung oder Management der Kredite vor. Am Ende der Laufzeit werden die ABS Anleihen mit den Rückzahlungsbeträgen aus den Krediten getilgt. Der statische Charakter des Portfolios vereinfacht die Strukturanalyse, um so wichtiger wird dadurch die ursprüngliche Assetselektion des CDO-Managers. Ein Blick auf die Kapitalmarkttheorie soll dabei helfen, Mittelstand-CDOs auf ihre Tauglichkeit als Kapitalmarktprodukt hin zu untersuchen.

Grenzen durch Marktineffizienzen

Die Leistung des ABS-Marktes kann an den klassischen sechs Funktionen für effiziente Kapitalmärkte gemessen werden: Clearing und Settlement, Allokation von Kapital, Größen- und Fristentransformation von Risiken, Risikomanagement, Informationsversorgung und effiziente Preisbildung (vergleiche Merton/Bodie 1995). Informationsasymmetrie, Adverse Selektion, Preisintransparenz und fehlende Standardisierung stellen Grenzen der Effizienz des ABS-Marktes dar. Der Investor würde in allen vier Fällen mehr Sicherheiten durch Subordination oder höhere Risikoprämien fordern, um die Unsicherheiten bei der Feststellung der erwarteten Cash-Flows abzufedern. So steigen die Transaktionskosten und die Vorteile der Finanzierungsalternative ABS reduzieren sich für die Unternehmen.

Informationsasymmetrien treten bei Mit-telstand-CDOs vor allem zwischen Investoren und Unternehmen auf, weil letztere die bessere Kenntnis über die Entwicklung der Kredite besitzen. Der CDO-Manager kann nur einen Teil der Informationslücke schließen, da wichtige Informationen wie das Finanzkennzahlenrating ohne Namensnennung des Unternehmens und dessen Anteil am Portfoliovolumen veröffentlicht werden. Die Ratingverteilung des Portfolios wird nur einmal jährlich anhand der testierten Jahresabschlüsse der Unternehmen aktualisiert.

Ratingagenturen können durch ihr unabhängiges Ratingurteil zusätzlich Qualitätsunsicherheiten reduzieren. Hohe unerwartete Ausfälle oder Ratingverschlechterungen in einem frühen Stadium des Produktlebenszyklus eines neuen ABS-Produktes beschädigen das Vertrauen der Anleger in die Ratingmethode. Der Beitrag der Banken zur Reduktion von Informationsdefiziten ist wegen ihrer Beteiligung an der Selektion der Kredite kritisch zu beurteilen. Anreizprobleme wie adverse Selektion könnten Investoren verunsichern. Adverse Selektion heißt, der CDO-Manager oder die involvierte Bank wählt aus Eigeninteresse gezielt schlechte Kredite aus und platziert diese über die ABS-Emission am Kapitalmarkt. Eine Lösung zur Reduktion dieses Anreizproblems, wäre ein Signalinvestment des CDO-Managers oder der Bank in die untere Tranche der Transaktion (Equity), so dass der Investor sich auf Interessengleichheit verlassen kann.

Effizienz der Preisbildung

Die Effizienz der Preisbildung am ABS-Markt ist schwierig zu messen. Die Vergleichbarkeit über Preisquellen wie Reuters oder Bloomberg ist vor allem bei CDOs nicht immer gegeben. Für Buy-and-hold Investoren mit Fokus auf die vollständige Rückzahlung des Investmentbetrags am Ende der Laufzeit, stellt die Sekundärmarktpreisbildung ein geringeres Problem dar als für aktivere Investoren (Hagenstein 2006, Seite 269). In der Praxis ist eine effiziente Preisbildung auch eine Funktion der erwarteten Handelsvolumina und damit der Ertragsaussichten der ABS-Händler. Das Emissionsvolumen der Mittelstand-CDOs verteilt sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Transaktionen und schwankte bisher zwischen 176 Millionen Euro und 616 Millionen Euro, was zu einer geringen Sekundärmarktliquidität führen kann.

Als weiterer Faktor können fehlende Standardisierung in der Strukturierung oder beim Risikotransfer, bei der rechtlichen Dokumentation zu erhöhtem Analyseaufwand führen und die Primär- wie Sekundärmarktliquidität einschränken. Im Fall der Mittelstand-CDOs ist der größte Störfaktor die unzusammenhängende Information über das Kreditportfolio. Der einzige Ausweg ist momentan ein erheblicher Mehraufwand in der Investoranalyse.

Wesentliche Anlagebestimmungen

Gemäß dem Rundschreiben R 1/2002 dürfen Direktversicherer maximal 7,5 Prozent ihres gebundenen Vermögens (der Teil des Kapitals, dem die Ansprüche der Versicherten gegenüberstehen; vergleiche Hahn 2005, Seite 144) in True Sale, synthetische ABS und Credit Linked Notes (CLN) investieren. Die Papiere müssen ein externes In-vestment-Grade-Rating besitzen, und vor Erwerb muss eine rechtliche und wirtschaftliche Prüfung des Investments durchgeführt werden. Abweichend sind für Rückversicherer Investments auch in Non-Investment-Grade ABS/CLN zulässig und es gibt keine feste Anlagegrenze (BaFin R 6/2005).

Die Rechtssicherheit, die das Rundschreiben R 1/2002 schafft und der Regelungsumfang inklusive synthetischer ABS sind positiv zu beurteilen. Die Begrenzung auf maximal 7, 5 Prozent lässt sich ökonomisch allerdings nicht nachvollziehen (Johanning 2005).

Für die Fondsanlage ist die Behandlung synthetischer ABS-Anleihen noch unklar. Das Risikoprofil und die Preisbildung sind identisch zu True Sale ABS, trotzdem greift für synthetische ABS beziehungsweise ABS, die derivative Komponenten enthalten, die Regelung für strukturierte Kreditprodukte. Die Folge kann die Zerlegung in die einzelnen Komponenten der synthetischen ABS-Anleihe sein. In der Praxis würde dies zu höheren Kosten führen und damit zur Benachteiligung synthetischer Produkte gegenüber True Sale ABS.

Frei nach dem Motto ,Die Hoffnung stirbt zuletzt', wird die zunehmende Bedeutung von ABS-Produkten in der Praxis zu einer Harmonisierung der Anlagebestimmungen führen.

Investmententscheidung

Je höher die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Portfolio-Cash-Flows, desto schwieriger ist die Beurteilung der ABS-Anleihe. Faktoren wie gesamtwirtschaftliches Umfeld, Risikoneigung des Anlegers und Liquiditätsbedürfnisse fließen als Nebenbedingung (Top Down) in die Einzeltitelauswahl mit ein. Das externe Rating der Tranchen ist der Ausgangspunkt der ABS-Selektion. Ratingagenturen liefern ein Voraburteil und tragen so zur Reduktion der Informationsasymmetrien zwischen Originator/Manager und Investor bei. Mit Produktinnovationen wie den deutschen Mittelstand-CDOs betreten aber auch Ratingagenturen Neuland. Dadurch muss mehr Augenmerk auf die Vorgehensweise der Agenturen gelegt werden. Das Rating ist darüber hinaus weder Garant für die Liquidität noch Marktpreisstabilität, so dass eine investorspezifische Analyse unentbehrlich ist.

Die Bottom-Up-Analyse der Meag gliedert sich in fünf Komponenten. Die ABS-Sektormatrix unterscheidet einzelne ABS-Marktsegmente im Hinblick auf ihre erwartete Performance (Abbildung 3).

Der Originator/Manager wird umso positiver beurteilt, je besser die Verbriefungsexpertise und die Qualität der Kreditvergabeprozesse ist. Das Portfolio sollte idealerweise offengelegt werden. Mit zunehmender Diversifikation im Portfolio tritt der einzelne Kreditnehmer bei der Analyse in den Hintergrund. Wichtig sind dann historische Ausfallraten im Verhältnis zur Besicherung der Anleihe, wobei Klumpenrisiken berücksichtigt werden müssen.

Im Fall von wenig diversifizierten Portfolien, wie bei Mittelstand-CDOs, konzentriert sich die Prüfung auf Cash-Flow-Stresstests unter Berücksichtigung der Einzelkredite. Dabei geht es nicht um Einzelheiten bezüglich der Geschäftspolitik des Unternehmens, sondern um eine sachgerechte Anlageentscheidung. Aber gerade die Verknüpfung von Unternehmensname, Einzelkreditvolumen und Rating erfolgt auf Wunsch der Portfoliounternehmen häufig nicht. Durch diese Intransparenz sind Rückschlüsse auf die Portfolioqualität und Stresstests nur eingeschränkt möglich.

Die Struktur determiniert die Besicherung der Anleihe, aber auch den Durchgriff auf die Vermögenswerte. Standarddokumentationen sowie deren Übersichtlichkeit spielen eine Rolle, genauso wie das Vorhandensein einer Market-Making-Verpflichtung wie bei den TSI (True Sale Initiative GmbH) zertifizierten ABS. Im Fall der Mittelstand-CDOs wurden bisher zehn einzelne ABS-Emissionen begeben. Diese Friktion des Marktes führt zu vergleichsweise hohem Aufwand in der Strukturanalyse, vor allem weil sich sowohl die Basiselemente der Struktur als auch die Vorgehensweise bei der Kreditnehmerselektion unterscheiden.

Der Relative-Value-Vergleich mit Anleihen der gleichen Bonität und Laufzeit hilft bei der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit relativ zu Investmentalternativen oder zur Benchmark. Wichtig ist der Anteil des einzelnen Mittelständlers am Portfolio, ansonsten ist keine Aussage über die Sensitivität der Tranche bei Eintritt bestimmter Kreditereignisse möglich.

Vertraulichkeitserklärungen

Das Monitoring bestehender ABS Investments basiert im Wesentlichen auf den Investorenberichten. Im Fall der Mittel-stand-CDOs ist die Frequenz der Informationsaktualisierung zu gering. Die Zahlen werden nur einmal jährlich anhand der testierten Jahresabschlüsse der Unternehmen angepasst. So steigt der Analyseaufwand durch einzelkreditbezogenes Monitoring und die Attraktivität des Investments im Vergleich zu transparenteren ABS- und CDO-Produkten schrumpft.

Mittelstand-CDOs bieten für Investoren eine wünschenswerte Diversifikation in Mittelstandsrisiken. Dabei treffen strukturelle Nachteile wie der statische Charakter des Portfolios und Klumpenrisiken mit systematischen Nachteilen der Informationsversorgung und fehlender Standardisierung zusammen. Die Sekundärmarktliquidität ist aufgrund vieler kleiner Mittelstand-CDOs eingeschränkt. Der Mehraufwand und die Intransparenz führen zu höherem Analyseaufwand, enden aber nicht zwangsläufig in einer Ablehnung des Investments.

Eine bessere Informationsversorgung durch einen konkreteren Einblick in die Portfoliozusammensetzung ließen sich in der Praxis recht einfach erreichen. Vertraulichkeitserklärungen, wie bei anderen CDOs üblich, wären ein erster Schritt. Der Investor verpflichtet sich, die zusätzlichen Portfolioinformationen nur zum Zweck der Analyse des ABS zu verwenden und nicht an Dritte weiterzugeben. Die wesentlichen Kreditkennzahlen sollten mehr als einmal pro Jahr aktualisiert werden. Das Pooling alleine befreit nicht von notwendiger Transparenz.

Mehr Informationen

Banken als Arranger müssen dabei die Gratwanderung zwischen Firmenkunden- und Investorenbedürfnissen im Auge behalten. Die Klumpenrisiken bei Mittel-stand-CDOs und Anreizprobleme erfordern mehr Informationen als bisher automatisch verfügbar waren.

Erste Erfahrungen zeigen, dass Kreditausfälle nicht unmittelbar zu Ratingverschlechterungen führen, sei es aufgrund robuster Strukturen oder reputationsrettender Maßnahmen der Banken. Ein Eigeninvestment des CDO-Managers oder der Bank in das Equity hilft ex-ante Informationsasymmetrien zu verringern. Ähnlich wie das Engagement der KfW-Bankengruppe als Investor ein positives Signal für die restlichen Investoren darstellen kann (Schach 2006, Seite 36).

Zusätzlich könnte eine Intermediation der TSI als Unterstützung für Mittelstand-CDOs ein Gütesiegel und damit der Grundstein für einen Produktstandard und verbesserte Liquidität darstellen. Alles in allem lassen sich keine unüberwindbaren Hürden identifizieren, sondern was bleibt, ist der beherzte Appell an die CDO-Manager und Unternehmen: Information is beautiful!

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