Gespräch des Tages

Öffentliche Banken - Nur ein Prüfstein für die Bundestagswahl

Im Jahr der Bundestagswahl Kriterien aufzustellen, anhand derer die Politik der Parteien gemessen werden soll, kann für einen Interessenverband zu einem gewagten Manöver werden. Denn nur wenn jene Parteien die Regierungsverantwortung übernehmen können, deren Ausrichtung den eigenen Anliegen vermutlich mehr nutzt, kann das Kalkül aufgehen. Anderenfalls können solche Wahlprüfsteine leicht als Parteinahme interpretiert werden und sich bei der künftigen Zusammenarbeit eher als hinderlich erweisen. Insofern hat sich der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) mit seinem Bekenntnis zu einem ehrlichen Austausch mit allen Mandats- und Entscheidungsträgern der demokratischen Parteien klug verhalten. Der einzige Wunsch beziehungsweise Prüfstein, den der VÖB im Vorfeld der Bundestagswahl allgemein an die Politik herangetragen hat, klingt jedenfalls moderat und nachvollziehbar. Es geht dem Verband schlicht darum, die Komplexität bei der Steuerung der Banken nicht ohne Not noch weiter zu erhöhen.

Im Detail werden mit diesem Anliegen freilich nahezu alle laufenden Regulierungsvorhaben angesprochen, die im Zusammenspiel all ihrer Wirkungen gar noch nicht abschätzbar sind und der angemahnten Einfachheit und Durchschaubarkeit der Bankensteuerung zuwiderlaufen. Von besonderem Interesse ist dem VÖB eine reibungslose Umsetzung der Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften. Gewisse Irritationen sind an dieser Stelle nicht zuletzt hinsichtlich der Überlegungen in Deutschland zur Fortführung nationaler Wahlrechte zu spüren. Das betrifft etwa das für die hiesigen Verbünde so wichtige Wahlrecht, Kredite an Unternehmen einer Institutsgruppe von der Anrechnung auf die Großkreditobergrenzen zu befreien. Dieses Wahlrecht soll im Gegensatz zu einigen anderen Ländern in Deutschland möglicherweise nicht ausgeübt werden. Verborgen geblieben sind diese Anliegen aus dem Sparkassen- und Genossenschaftsbereich zumindest der deutschen Aufsicht nicht. Die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank rechnet sie im Redaktionsgespräch in diesem Heft (Seite 380) zu den Konzentrationsrisiken, mit denen sich die Aufseher noch nicht genug beschäftigt haben.

Mit Blick auf die kürzliche Verständigung im EU-Trilog über eine europäische Bankenaufsicht plädiert der VÖB nicht nur für eine opt-in-Klausel für Institute unter 30 Milliarden Euro Bilanzsumme, sondern auch für eine opt-out-Klausel für größere Förderbanken. Ähnlich wie bei den Bausparkassen, so die Argumentationslinie, würde der Verbleib solcher Häuser unter Aufsicht der jeweils nationalen Behörden die EZB vor dem teueren Aufbau von Spezial-Knowhow bewahren. Als besonders störend an den politischen Aktivitäten zum Trennbankensystem empfindet der VÖB ähnlich wie der Verband der Auslandsbanken, das regulatorische Vorpreschen der großen Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

Dass die deutsche Aufsicht all diese Dinge im Blick hat und in ihrer Positionierung bei den wichtigen regulatorischen Entscheidungen des zweiten Halbjahres 2013 sehr wohl zwischen den berechtigten Interessen der deutschen Kreditwirtschaft und ihrer Verantwortung für die Stabilität des europäischen Aufsichtssystems abzuwägen gedenkt, ist ebenfalls dem Tenor des Interviews mit Sabine Lautenschläger zu entnehmen.

In dieser hoch komplexen Materie mit ihren vielen Wechselwirkungen der Regulierungsdetails wird sich künftig auch der neue, noch nicht nominierte Hauptgeschäftsführer des VÖB zurechtfinden müssen. Seine konstruktive Arbeitsteilung mit dem designierten Präsidenten Gunter Dunkel bei dessen eher politisch repräsentativen Aufgaben dürfte gleichermaßen herausfordernd wie reizvoll werden.

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