Gespräch des Tages

Presse und Volkswirtschaft - Lieber nicht so viel Macht

In den Unternehmen und Verbänden verschwindet eine klassische Institution: das Ressort "Presse und Volkswirtschaft". Mit Hartmut Forndran im Deutschen Sparkassen- und Giroverband hat sich soeben einer der Letzten verabschiedet, die beides konnten und durften. Ulrich Ramm lange bei der Commerzbank, Martin Hüfner einst bei der Bayerischen Vereinsbank, Hartmund Hölzer bei der Bayerischen Landesbank, bis zu seinem 70. Geburtstag (! ) eine

schier unverzichtbare Größe, sie waren wie Forndran in seiner Hauptkampfzeit unter dem DSGV-Präsidenten Helmut Geiger Repräsentanten einer besonderen Kompetenz. Denn sie hatten eben nicht nur wie die "modernen" Pressesprecher eine dienende Funktion für das Medienglück ihrer Unternehmen und vor allem ihrer mehr oder weniger öffentlichkeitsfähigen Vorstandssprecher. Sondern als Volkswirte waren sie Wissenschaftler, deren Reputation auf ihrer fundierten Bewertung ökonomischer Fakten beruhte. Sie waren angestellte unabhängige Sachverständige.

Dies ist ein Status, wie ihn derzeit durchaus immer noch die "Chefvolkswirte" der Unternehmen genießen. Ulrich Kater von der Deka-Bank etwa, Michael Heise von Allianz/Dresdner und natürlich auch Norbert Walter von der Deutschen Bank. Einen solchen Rang dem Unternehmenssprecher mit seiner "Presseabteilung" zuzugestehen, passt aber offensichtlich nicht mehr in die Vorstellungen der Vorstände. Sie scheinen aller Entwicklung nach für die unternehmensbezogene Außenwirkung ziemlich austauschbare "Kommunikatoren" zu bevorzugen, die stets die Unternehmensmeinung ausdrücken und nicht auch eine gelegentlich ganz andere, persönliche pflegen können - als anerkannte Volkswirte. Vorzugsweise zwischen den Kapitalmarktvorständen in den Banken und den Leitern der alten Ressorts "Presse und Volkswirtschaft" hat es deshalb in der Vergangenheit oft wunderschöne Differenzen gegeben. Denn die Pressevolkswirte konnten etwa ihre Zinsmeinung mühelos in den Pressemitteilungen der Bank publizieren, obwohl die Treasurer mit der ihrigen noch mitten im Geschäft steckten und eine ganz andere Zinsempfehlung bevorzugten. Einen Pressesprecher auszuhalten, der als Wissenschaftler stolz darauf sein darf, die Konjunktur besser, genauer zu prognostizieren als sein Vorstand - das passt wohl heute nicht mehr in die Corporate Identity.

Hartmut Forndran, den DSGV-Vorstand Werner Netzel und Professor Erich Priewasser gerade in Bonn fein verabschiedeten, hat den Sparkassen fast ein Vierteljahrhundert ein gutes Gesicht gegeben: als wirtschaftspolitischen Berater, Pressesprecher, Leiter der marktnahen Kommunikation, Expobeauftragter, Vorstand der Wissenschaftsförderung und manchem darüber hinaus. Die Kreditwesen-Redaktion sagt Dankeschön. K. O.

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