Gespräch des Tages

Private Banking - Aussichtsreiche Lückenfüller

Den einschlägigen Markterhebungen zufolge, wie sie im Verlauf dieses Sommers gleich in zwei international angelegten Studien erneut bestätigt wurden, hat Deutschland im Private Wealth Management keineswegs die besten Aussichten im Ländervergleich. In Volkswirtschaften wie Russland, China und anderen asiatischen Ländern nimmt die Zahl der wirklich Reichen eindeutig schneller zu. Doch angesichts der vorhandenen Volumina und nicht zuletzt der bereits vollzogenen und des noch weiterhin anstehenden Generationenwechsels in vielen mittelständischen Unternehmen haben die Disziplinen Private Banking und Private Wealth Management ihre hohe Attraktivität für in- und ausländische Finanzdienstleister gewahrt.

Wie sich das Potenzial dieser Kundensegmente am besten heben lässt, ist längst noch nicht entschieden, auch wenn sich die Angebotssituation am deutschen Markt in den letzten Jahrzehnten sichtbar geändert hat. War das Geschäft mit wohlhabenden Privat- beziehungsweise Unternehmerkunden mit seinen zwangsläufig recht fließenden Übergängen früher stark von unabhängigen Privatbankiers dominiert, ist inzwischen viel Geschäft zu großen börsennotierten Finanzdienstleistern abgewandert. Deren spezialisierten Private-Banking-Einheiten werden gleichermaßen offensive wie aufwendige, teils sogar aggressive Akquisitionsmethoden nachgesagt. Das gilt etwa für UBS, Credit Suisse, Deutsche Bank oder auch Goldman Sachs.

Dass internationale Banken wie HSBC mit Trinkaus & Burkhardt oder die mittlerweile selbst aufgespaltene ABN Amro Bank mit Delbrück, Bethmann, Maffei einen beziehungsweise gleich mehrere hiesige Privatbankiers eingekauft und zusammengeführt haben, ist noch in recht frischer Erinnerung. Aber wer weiß heute noch um Merck Finck & Co, die zunächst bei Barclays und dann Ende der neunziger Jahre bei der Luxemburger KBL Group ihre neue Heimat fand. Und wer kennt überhaupt noch den traditionsreichen Namen des Privatbankhauses Schröder, Münchmeyer, Hengst, das die große UBS einst mit ihrer deutschen Private-Ban-king-Einheit zusammengeführt und seit einigen Jahren noch um Sauerborn Trust angereichert hat.

Von den hiesigen Privatbankhäusern sind mit den klassischen Beispielen wie etwa Berenberg Bank, Bankhaus Metzler, Warburg-Gruppe sowie in größerer Dimension Sal. Oppenheim nur noch wenige übrig geblieben. Und in der Region finden bis heute Häuser wie die Bank Schilling oder die Castell-Bank ihr Auskommen. Insgesamt aber ist der traditionsreiche Typus Privatbankier hierzulande doch deutlich ausgedünnt und längst nicht mehr so üppig verbreitet wie in früheren Zeiten. In diesem Sinne ist es vielleicht kein Zufall, dass sich in den vergangenen Wochen mit der VP-Bank-Gruppe aus Liechtenstein und Pictet & Cie aus der Schweiz gleich zwei ausländische Häuser in Frankfurt präsentiert haben. Offensichtlich sehen sie in der Lücke zwischen den wenigen verbliebenen deutschen Privatbankiers und den Private-Wealth- Management-Einheiten der globalen Finanzdienstleister noch hinreichend Platz für eigene lukrative Geschäfte.

Ob sich diese besondere Klientel in unabhängigen Angebotsstrukturen am besten bedienen lässt oder doch eher in einem global vernetzten Bankkonzern mit Zugriff auf das weltweite Know-how, aber eben auch Vertriebsdruck für die vielen hauseigenen Finanzprodukte, wird damit immer wieder zu einer höchst interessanten Glaubensfrage. Manchmal schlägt das Pendel, sprich die Gunst der Kunden, zur einen und manchmal zur anderen Seite aus. Zurzeit dürfte die tiefe Verunsicherung und das anhaltende Misstrauen gegenüber strukturierten Produkten eher den unabhängigen Strukturen zuspielen. Insofern fällt die intensive Marktbearbeitung durch Pictet und die VP-Bank in Deutschland sicher in eine vergleichsweise günstige Zeit, auch wenn sie ihre Präsentationen in Deutschland höchstwahrscheinlich schon vor den aktuellen Turbulenzen an den Kapitalmärkten geplant haben.

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