Gespräch des Tages

Private Banking - Personengetriebenes Geschäft

Dass laut einschlägiger Studien sowie vielfacher Bekundung aus der Branche hierzulande im Private Wealth Management noch hinreichend Marktpotenzial vorhanden ist und darüber hinaus die Wettbewerbskonstellation für verstärkte Akquisitionsbemühungen derzeit recht günstig erscheint (Kreditwesen 23-2007), war im Falle des Schweizer Vermögensverwalters Pictet & Cie sicher nicht der einzige Grund, eine breitere Öffentlichkeit über die Forcierung des Antritts in Deutschland zu informieren. Die Schweizer haben sich im Lichte dieser Bedingungen seit Herbst dieses Jahres für das Geschäft mit deutschen und österreichischen Kunden gleich dreifach personell verstärkt - aus dem Hause Hauck & Aufhäuser, aus der Wealth-Management-Einheit der Deutschen Bank und aus deren Tochter, der Wilhelm von Finck AG. In dem stark von direkten Begegnungen getriebenen Werben um alte und neue Kunden spielt der persönliche Einsatz der Führungsmannschaft im Kundengeschäft eine unbestritten wichtige Rolle. Und genau das versucht die Schweizer Privatbank nach außen zu vermitteln und - letztlich viel wichtiger - in Geschäftserfolg umzusetzen. Wie viel Geschäft bringen die "Neuen" mit und wie viel können sie auf mittlere Sicht zusätzlich generieren? So lautet an dieser Stelle die Frage.

Die Unabhängigkeit der zurzeit acht unbeschränkt und solidarisch haftenden Teilhaber, ihre permanente Einbindung in Kundengespräche und damit Nähe zum operativen Geschäft, die kurzen Entscheidungswege, die Freiheit, strategische Entscheidungen ohne den unmittelbaren Druck und die Zwänge der Kapitalmarktakteure treffen zu können, und nicht zuletzt die Möglichkeit einer konfliktfreien Beratung ohne Rücksichtnahme auf ein hauseigenes Investmentbanking stellt die Schweizer Bank dabei als zentrale Wettbewerbsvorteile dar. Sonderlich überraschend und neu muss man das alles wirklich nicht empfinden - wer das Selbstverständnis und die strategische Ausrichtung der hiesigen Privatbankiers betrachtet, wird jedenfalls viele Parallelen finden. Und dann ist ja immer noch die Frage, ob sich dieses Geschäftsmodell im zuweilen als gnadenlos hart beschriebenen Wettbewerb mit den Konzernbanken durchsetzt. Aber vielleicht hat der forcierte Marktauftritt von Pictet in Deutschland doch seine Berechtigung. Denn mit seinen Eckdaten von weltweit rund 2 700 Mitarbeitern, den 19 Büros in zwölf Ländern und verwalteten beziehungsweise verwahrten Vermögenswerten von 259 Milliarden Euro per 30. September dieses Jahres bewegen sich die Schweizer mit ihrem fokussierten Geschäftsmodell und bewussten Gegenentwurf zu den Konzernbanken in einer Größenordnung, wie man sie bei deutschen Häusern allenfalls noch bei Sal. Oppenheim antrifft. Und im Übrigen bietet die Bank mit den speziell auf private Großvermögen ausgerichteten hauseigenen Global Custody & Investor Services eine Dienstleistung, die sicher dem Bedürfnis vieler Anleger nach Transparenz entgegenkommt. Beides darf zumindest Hoffnung auf neue Geschäfte machen.

Nach den Beobachtungen von Pictet greift die Performanceorientierung, das Kostenbewusstsein und das Interesse an Konditionenvergleichen, wie man es bei institutionellen Kunden schon seit geraumer Zeit feststellen kann, immer mehr auch auf vermögende Privatkunden über. Detaillierte Reportings und selbst Beauty Contests, so die optimistische Grundeinstellung, sind auch für diese Zielgruppe nichts völlig Außergewöhnliches mehr, zumindest ab einem Vermögen von 50 Millionen Euro aufwärts. Und allgemein erwartet man durch den längst beobachtbaren Know-how- Transfer von größeren zu kleineren Vermögen auf der Produktseite eine wachsende Bereitschaft für beratungsintensive Engagements in Alternative Investments. Hinzu kommen die generellen Marktbedingungen in Deutschland: So dürfen die PWM-Anbieter noch für geraume Zeit auf die Nachfolgethematik bauen, weil viele Familienunternehmen auf die nachwachsende Generation übergehen. Die generelle Tendenz zu einer offenen Produktstruktur und stärkerer Transparenz, wie sie durch MiFID und andere regulatorische Vorgaben festgelegt sind, eröffnen Beratungsmöglichkeiten in Spezialfragen. Und von der anhaltend hohen Priorität für die nachsteuerliche Betrachtung darf man sich Chancen in der steuerlichen Strukturierung von Erbschaften, Stiftungen und Geschlossenen Fonds ausrechnen.

Raum für Pictet ist am deutschen Markt also sicherlich da. Ob die optimistische Einschätzung der Marktbedingungen aber auch tatsächlich mehr Geschäft für das eigene Haus bedeuten? Dazu muss man schlicht und einfach mehr Anklang finden als die Konzernbanken. Wie erfolgreich Privatbankiers gegenüber den Wealth-Management-Einheiten der Großbanken letztlich aber am Markt agieren, lässt sich dabei für Außenstehende nur schwer beurteilen. Wirklich vergleichbare Erfolgsrechnungen gibt es nicht, dafür sind bei den einen die Anforderungen an die Berichterstattung nicht hoch und bei den anderen die notwendige Segmentierung nicht fein genug. Zur Marktanalyse wird man auch in Zukunft vergleichsweise stark weiche Faktoren heranziehen müssen.

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