Aufsätze

Rating für Covered Bonds ein Vergleich der gängigen Ansätze

Der Covered-Bond-Markt hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung durchlaufen. Auf der einen Seite implementieren immer mehr Länder eine Covered-Bond-Gesetzgebung, auf der anderen Seite nimmt der Anteil strukturierter Emissionen beständig zu. Selbst Länder mit entsprechender Gesetzgebung sind vor dieser Tendenz nicht mehr "sicher". Der damit einhergehenden Unübersichtlichkeit treten die Ratingagenturen mit einer Vereinheitlichung ihrer Bewertungsansätze entgegen. Im vergangenen Jahr implementierte Fitch einen überarbeiteten Ansatz für alle europäischen Covered Bonds. Moody's modifizierte seinen Ansatz ein Jahr zuvor, und S & P bündelt im Moment die verschiedenen Einflussfaktoren der Covered-Bond-Bewertung in einem zusammenhängenden Ratingansatz.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Verfahren

Das ist Grund genug, die Grundzüge der aktuellen Methodologien vorzustellen und zu vergleichen, um einen Überblick über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Verfahren zu erhalten. Das betrifft auf der einen Seite die Verwendung der Inputfaktoren, ohne auf der anderen Seite die Eigenarten in den konzeptionellen Vorgehensweisen zu vernachlässigen, in denen diese Faktoren verarbeitet werden.

Der aktuelle Ansatz von Fitch enthält keine grundsätzlich neuen Aspekte, sondern bringt die bisher je nach Land unterschiedlich verwendeten Verfahren auf einen einheitlichen Standard. Dabei wird über die vier Zwischenschritte Discontinuity Factor, Rating auf Basis der Ausfallwahrscheinlichkeit, Stresstest und Recovery-Analyse vom Emittenten- zum Emissionsrating geführt.

Im Fall von Moody's ist die Zielgröße der Analyse der erwartete Verlust aus Sicht eines Investors. Die Ratingagentur konzentriert sich dabei auf den Zusammenhang zwischen Deckungsmasse und Emittent, indem beide Komponenten einzeln und die Korrelation untereinander untersucht werden. Das Ergebnis dieses Joint-Default-Ansatzes bestimmt das Covered-Bond- Rating.

S & P schließlich untersucht zunächst, ob das Emissions- vom Emittentenrating entkoppelt werden kann und konzentriert sich anschließend auf die Untersuchung von Szenarien, die auf eine Emittenteninsolvenz folgen. Dabei werden Punkte wie der rechtliche Rahmen, die Qualität des Deckungsstocks, eine Cash-Flow-Analyse und die Überdeckung als determinierende Faktoren für das finale Rating betrachtet.

Fitch: In vier Schritten ans Ziel

Im August 2006 stellte die Ratingagentur Fitch einen neuen Ansatz für die Bewertung von Covered Bonds mit dem Ziel vor, die Vorgehensweise zur Ermittlung des Ratings nicht nur transparenter und klarer zu strukturieren, sondern die bisher bestehenden unterschiedlichen Verfahren für verschiedene europäische Länder durch einen einheitlichen Standard zu ersetzen. Fitch hat die unterschiedlichen Einflussfaktoren des neuen Ansatzes in der Regel auch vorher bereits berücksichtigt, so dass der wesentliche Fortschritt in einem gesteigerten Maß an Struktur und Transparenz liegt. Im Folgenden wird näher auf die insgesamt vier Schritte des Ratingprozesses eingegangen.

Im ersten Schritt stellt Fitch einen Zusammenhang zwischen der hypothetischen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten und dem Ausfall des Covered Bonds her. Konkret geht es um die Frage, wie wahrscheinlich eine Unterbrechung der Zahlungsströme an den Covered-Bond-Gläubiger im Falle der Insolvenz des Emittenten ist. Statistisch handelt es sich also um die Ermittlung einer bedingten Wahrscheinlichkeit. Quantifiziert wird diese Größe durch einen Wert zwischen null und eins beziehungsweise zwischen null Prozent und 100 Prozent. Das Ergebnis bezeichnet Fitch als "Discontinuity Factor" oder "D-Factor". Ein Discontinuity Factor von 100 Prozent steht somit für eine sichere Unterbrechung des Zahlungsstroms der Covered Bonds, wohingegen ein Wert von null Prozent eine uneingeschränkte Fortsetzung der Zahlungen unabhängig vom Zustand des Emittenten angibt. In die Berechnung des Discontinuity Factors gehen vier unterschiedlich gewichtete Einzelfaktoren ein:

Der "Asset Segregation" wird mit 50 Prozent das höchste Gewicht beigemessen. Hier wird im Wesentlichen bewertet, wie insolvenzfest die Abschottung der Cover Assets gegen Ansprüche der übrigen Gläubiger ist. Es geht also um die Trennung der Deckungsmasse von der Insolvenzmasse des Unternehmens.

- Ein mit 30 Prozent ebenfalls überdurchschnittliches Gewicht wird den "Liquidity Gaps" zugesprochen. Hierbei wird die Laufzeitkongruenz zwischen den Covered Bonds sowie den Deckungsaktiva untersucht. Dabei werden auch solche Faktoren wie eine vorzeitige Fälligkeit oder eine mögliche Laufzeitverlängerung berücksichtigt.

- Das "Alternative Management" erfährt mit 15 Prozent die drittstärkste Gewichtung. Beurteilt wird der vorgesehene Umgang mit der Deckungsmasse im Insolvenzfall. Dazu gehören die Geschwindigkeit, mit der ein Sachwalter eingesetzt werden kann, und mögliche Interessenkonflikte in dem Fall, in dem eine Person sowohl für die Interessen der Covered-Bond-Gläubiger als auch für die der übrigen Gläubiger zuständig ist.

- Zuletzt geht mit fünf Prozent der Aspekt "Oversight" in den Discontinuity Factor ein. Hier geht es um die Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Unterstützung im Falle einer Emittenteninsolvenz sowie um die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Das bestmögliche Covered-Bond-Rating

Sollte einer der drei ersten Einflussfaktoren eine bestimmte Untergrenze unterschreiten, resultiert unmittelbar und ohne Berücksichtigung der übrigen Komponenten ein D-Factor von 100 Prozent. Abbildung 1 verdeutlicht die Zusammenhänge zu dessen Ermittlung.

Im zweiten Schritt wird nun das auf der Ausfallwahrscheinlichkeit basierende bestmögliche Covered-Bond-Rating ermittelt. Als Skalierungstool verwendet Fitch hierbei eine idealisierte Kurve fünfjähriger kumulativer Ausfallwahrscheinlichkeiten (5Y PD). Weitere Inputfaktoren sind das Emittentenrating (IDR) sowie der zuvor ermittelte D-Factor.

Das IDR wird nun mit Hilfe der 5Y-PD-Kurve in eine entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit 5Y PD (IDR) überführt. Durch einfache Multiplikation mit dem D-Factor erhält man die fünfjährige Ausfallwahrscheinlichkeit des Covered Bonds. Wird dieser Wert nun auf die 5Y-PD-Kurve zurückprojiziert, ergibt sich das bestmögliche Covered-Bond-Rating auf PD-Basis. Die fünfjährige Ausfallwahrscheinlichkeit des Covered Bonds berechnet sich somit nach folgendem Zusammenhang:

5Y PD (IDR) x DF = 5Y PD (Covered Bond)

Diese Ausfallwahrscheinlichkeit lässt sich, wie in Abbildung 2 dargestellt, in ein PDbasiertes Covered-Bond-Rating übersetzen.

Das auf diese Weise ermittelte Rating dient lediglich als Obergrenze für den dritten der vier Schritte, in dem der Deckungsstock einem Stresstest unterzogen wird. Begonnen wird mit einem dem Rating auf PD-Basis entsprechenden Stressszenario. Hält der Deckungsstock dem Szenario stand, wird das Rating auf dem zuvor ermittelten Niveau belassen. Im negativen Fall wird der Test auf dem nächst niedrigeren Niveau wiederholt, bis er bestanden ist oder das Emittentenrating - die logische Untergrenze - erreicht ist.

Im vierten Schritt trifft Fitch Annahmen über die zu erwartenden Recoveries im Falle eines Defaults. Je nach Erwartung über die Recoveries kann sich das Rating des Covered Bonds um bis zu zwei Notches nach oben (Non Investment Grade: bis zu drei Notches) oder nach unten verschieben. Fitch behält sich jedoch ausdrücklich vor, das so erhaltene finale Rating aufgrund bestimmter, modellintern nicht berücksichtigter Umstände, einer weiteren Anpassung zu unterziehen.

Moody's: erwarteter Verlust aus Sicht des Investors

Moody's führte im Juni 2005 einen modifizierten Ansatz für Covered Bonds ein. Als für das Rating entscheidende Größe definiert die Agentur den erwarteten Verlust aus Sicht des Investors. Moody's bezeichnet das zugrunde liegende Modell als Expected Loss Covered Bond Rating Model (kurz: EL-Model). Basis dieses Modells ist der sogenannte Joint Default Approach, nicht zu verwechseln mit der zu Jahresanfang in die Schlagzeilen geratenen Joint Default Analysis (JDA) für Bankenratings. Berücksichtigt wird sowohl die Kreditqualität des Emittenten als auch die Qualität des Deckungsstocks.

Solange der Emittent nicht in Zahlungsschwierigkeiten gerät, wird vom EL-Model ein Verlust von Null unterstellt. Im Falle des Ausfalls des Emittenten wird der Verlust, den der Investor zu erleiden hat, von der Zusammensetzung des Deckungsstocks determiniert. Dabei spielen die Kreditqualität der einzelnen Cover Assets, der gesetzliche Rahmen und vertragliche Verpflichtungen eine Rolle. Grundsätzlich wird die Untergrenze des in Frage kommenden Covered-Bond-Ratings durch das Senior-unsecured-Rating des Emittenten bestimmt.

Um den erwarteten Verlust zu bestimmen, wird der Covered Bond einer monatsweisen Betrachtung unterzogen. Dies beinhaltet die Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit des Emittenten (PD) für jeden einzelnen Monat. Dazu wird der aus einem Ausfall des Emittenten resultierende Verlust (LGD) der Covered-Bond-Gläubiger berechnet. Das Produkt beider Größen ergibt dann den erwarteten Verlust für einen einzelnen Monat. Die Summe der auf den Betrachtungszeitpunkt diskontierten Barwerte ergibt schließlich den kumulierten erwarteten Verlust der Emission (CEL). Diese Größe, die sowohl die Kreditqualität des Emittenten als auch die Qualität des Deckungsstocks berücksichtigt, wird anhand historischer Ausfallraten in ein Rating übersetzt.

Anfälligkeit der Deckungsmasse gegen Zins- und Wechselkursschwankungen

Die grundsätzliche Vorgehensweise erscheint also recht simpel. Komplizierter wird es bei der Ermittlung einzelner Größen auf dem Weg zwischen Start und Ziel. Die Kreditqualität des Emittenten, also seine Ausfallwahrscheinlichkeit, ist im Rahmen des EL-Model eine extern vorgegebene Größe. Die zweite wichtige Komponente, der LGD, wird dagegen modellintern ermittelt und hängt im Wesentlichen von der Qualität des Deckungsstocks ab.

Bei einem Ausfall des Emittenten wird der Deckungsstock ebenfalls einem Stressszenario unterzogen, das eine Wertminderung der einzelnen Assets zur Folge hat. Wie stark der Wert des Deckungsstocks unter solchen Umständen leidet, wird von mehreren Risikofaktoren beeinflusst. Nach dem Ausfall eines Emittenten hängt die rechtzeitige Bedienung der Covered-Bond-Gläubiger entscheidend davon ab, ob es gelingt, mit Hilfe der Assets im Deckungsstock eine ausreichende Menge an Liquidität freizumachen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Liquidierungsrisiken.

Mit Marktrisiken bezeichnet Moody's die Anfälligkeit der Deckungsmasse gegen Zins- und Wechselkursschwankungen. Derivate in der Deckungsmasse können zur Absicherung solcher Risiken dienen. Weiterhin spielt die Überdeckung eine nicht unerhebliche Rolle. Wie im Grunde alle Agenturen bewertet Moody's die gesetzliche Überdeckung stärker als eine auf vertraglichen Verpflichtungen basierende und diese wiederum stärker als eine freiwillige Überdeckung.

Das Stand-alone-Rating des Deckungsstocks ergibt kombiniert mit dem Emittentenrating das Rating des Covered Bonds. In Abhängigkeit von der Korrelation der beiden Inputgrößen kann das Ergebnis unterschiedlich ausfallen. Abbildung 3 zeigt den Zusammenhang für eine mittlere Korrelation:

S & P: Geht es ohne den Emittenten?

Standard and Poor's veröffentlichte im Juli 2004 den aktuellen Ansatz zur Risikobewertung europäischer Covered Bonds und bringt die gegenwärtig verwendete Methodologie damit von allen Agenturen am längsten zum Einsatz. Seinerzeit verspürte die Agentur aufgrund der zunehmenden Anzahl an Covered-Bond-Emittenten aus immer mehr europäischen Ländern zusammen mit den ersten strukturierten Emissionen aus UK den Bedarf, eine transparente, einheitliche Methodik vorzustellen. Die Anzahl der Länder mit entsprechender Gesetzgebung hat sich seitdem weiter erhöht und der Euro-Covered-Bond hat seinen Weg über den Atlantik gefunden. Das Motiv von S & P hat also nicht an Aktualität verloren.

S & P konzentriert sich bei seiner Analyse auf Szenarien einer Emittenteninsolvenz und untersucht den Covered Bond nach vier wesentlichen Kriterien, anhand derer entschieden wird, ob beziehungsweise um wie viel das Covered-Bond-Rating die Einstufung des Emittenten übersteigt. Als notwendige Bedingung für eine Entkopplung beider Ratings sieht S & P den gesetzlichen Rahmen an, der im Falle einer Liquidierung die Voraussetzung für eine zeitgerechte und vollständige Bedienung der Covered-Bond-Gläubiger schaffen muss. Die Qualität des Deckungsstocks geht als zweiter wichtiger Faktor in die Analyse ein. Im Rahmen von dem Zielrating entsprechenden Stressszenarien untersucht S & P die zu erwartenden Verluste.

Der dritte Punkt stellt eine Untersuchung der Cash-Flows der Cover Assets sowie der Covered Bonds dar, um die Folgen möglicher Unterschiede im Fälligkeitsprofil und deren Konsequenzen in Bezug auf Zins- und Währungsrisiken abschätzen zu können. Dabei spielt auch die Fähigkeit des Emittenten, kurz nach einer Insolvenz Liquidität zu beschaffen, eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt beeinflusst die Überdeckung zum Abfedern oben genannter Probleme das finale Rating. Auch S & P unterscheidet zwischen gesetzlich vorgeschriebener, vertraglich vereinbarter und freiwilliger Überdeckung, wertet aber auch ein öffentliches Bekenntnis zu einem bestimmten Überdeckungsniveau positiv. Systematisch dargestellt wird der Analyseansatz durch Abbildung 4.

Sind die genannten Voraussetzungen zur Zufriedenheit der Agentur erfüllt, wird das Covered-Bond-Rating komplett von dem des Emittenten entkoppelt und lediglich durch die Obergrenze des Sitzstaates des Emittenten beschränkt. Eine regelmäßige Überwachung gewährleistet das Aufrechterhalten der erforderlichen Standards. Mit schlechterem Emittentenrating stellt S & P höhere Anforderungen vor allem an die Separierbarkeit der Cover Assets im Konkursfall. Sind obige Faktoren nicht oder nur unzureichend erfüllt, bleibt das Cov-ered-Bond-Rating an das des Emittenten gekoppelt, was nicht heißt, dass beide Einstufungen identisch ausfallen. Der Unterschied zwischen Emittenten- und Emissionsrating hängt von den Implikationen der oben aufgeführten Faktoren für die zu erwartende Recovery ab. In diesem Fall kommen bisweilen länderspezifische Methoden und Modelle zum Einsatz.

Gemeinsamkeiten und klares Fazit

Die unterschiedlichen Bewertungsansätze der drei Agenturen haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Strukturbedingt dient das Emittentenrating als Untergrenze für die Covered Bonds. Alle drei Agenturen untersuchen das Verhalten der Deckungsmasse im Falle einer Insolvenz. Fitch quantifiziert dies in Form des D-Factors, Moody's untersucht die erwarteten Verluste in Abhängigkeit vom Cover Pool und dem Emittentenrating, und S & P widmet sich der Frage, ob eine Entkopplung von Emittenten- und Covered-Bond-Rating möglich ist.

Ebenfalls gemein ist allen drei Ansätzen, dass anhand von Stressszenarien und Re-covery-Analysen untersucht wird, wie sich der Deckungsstock unter bestimmten Annahmen verhält. Laufzeit-Matching, Überdeckung, Gesetzgebung und Abschottung der Cover Assets von der Insolvenzmasse des Emittenten sind weitere Faktoren, die in allen Methodologien eine Rolle spielen.

Unterschiede in den Vorgehensweisen ergeben sich in erster Linie aus der Systematik, mit der die einzelnen Faktoren in das Endergebnis einfließen. Als unglücklich ist zu erachten, dass S & P - sollte es nicht für eine Entkopplung vom Emittentenrating reichen - in Abhängigkeit vom Sitzstaat der emittierenden Bank keine einheitliche Methodik mehr zur Anwendung bringt. Vor allem die Vorgehensweise von Fitch ist sehr transparent und in sich geschlossen. Unabhängig von der Gesetzgebung, unter der der Covered Bond begeben wurde, sind die einzelnen Schritte nacheinander anwendbar. Das Ziel, für sämtliche Euro-Covered-Bonds eine einheitliche, konsequent umsetzbare Methodologie zu etablieren, hat Fitch zum gegenwärtigen Zeitpunkt am elegantesten umgesetzt.

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