Interview

Redaktionsgespräch mit Oliver Klink - "Wir erwarten, dass jeder Mitarbeiter das Gesicht der Taunus Sparkasse ist"

Herr Klink, die Taunus Sparkasse hat 2013 ein gutes Ergebnis erzielt. Was macht die Taunus Sparkasse besser als andere, was sind die Gründe des Erfolgs?

Es ist 2013 gelungen, unsere gute Positionierung voll auszuspielen mit einem sehr guten Geschäftsergebnis im Kundengeschäft, und das trotz des schwierigen Zinsumfeldes. Über Einmaleffekte aus dem Kreditgeschäft im vierten Quartal wurde daraus schließlich ein ausgezeichnetes Ergebnis. Darauf bin ich persönlich stolz, und das ist gut für das ganze Team.

Besonders freut mich, dass die Taunus Sparkasse über alle Segmente hinweg profitabel ist, jeder einzelne Geschäftsbereich. Denn das ist die harte Währung, an der sich alle Kreditinstitute und ihre Mitarbeiter messen lassen müssen. Und das unterscheidet uns und spricht für die richtige Grundaufstellung der Taunus Sparkasse. Wir können unsere Stärken stärken und weiter ausbauen.

Heißt das auch, sich auf das zu fokussieren, was man kann?

Natürlich. Und es heißt auch, manches nicht anzubieten, weil man entweder im Wettbewerb nicht bestehen kann, oder es zu viel Aufwand bedeuten würde, ein auskömmliches Niveau zu erreichen.

Sie sind vor zwei Jahren zur Taunus Sparkasse gekommen, es klingt als seien Sie längst angekommen.

Stimmt. Ich habe ein grundsolides und gut funktionierendes Institut vorgefunden. Über 80 Prozent der Bilanzsumme sind echtes Kundengeschäft. Die Taunus Sparkasse ist breit aufgestellt und die führende Sparkasse in der Region. Das macht Spaß und das sind die Stärken, von denen ich bereits gesprochen habe. Darauf können die Mitarbeiter stolz sein, und mit Selbstbewusstsein am Ausbau dieser Stärken arbeiten.

Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Konzern, in dem Sie früher tätig waren, und einer regional verankerten Sparkasse?

Sparkassen sind mittelständische Unternehmen, schlank aufgestellt. Das macht sie schnell und unkompliziert und die Entscheidungswege kurz. Natürlich können wir uns Megatrends nicht vollends entziehen und müssen all die regulatorischen Anforderungen wie Basel III erfüllen. Aber Sparkassen sind einfach näher dran und kennen dadurch viele der Kundenwünsche, aber auch der Kundenprobleme. Eine besondere Verantwortung ergibt sich, weil all die Kollegen und ich auch leben, wo wir arbeiten. Wenn man nachmittags eine Immobilienfinanzierung diskutiert und abends beim Elternabend neben seinem Kunden sitzt, dann wird klar: Bei uns hat der Kunde ein Gesicht, nicht nur eine Kontonummer.

So steht eine Sparkasse ständig unter besonderer Beobachtung der regionalen Presse und ist auch Gegenstand von Alltagsgesprächen. Unsere hohe Transparenz wird zum Vorteil, wenn unsere Kunden uns nicht einfach nur positiv wahrnehmen, sondern jedem erzählen "wir vertrauen der Taunus Sparkasse" und uns aktiv empfehlen. Das ist die beste Werbung. Deshalb müssen wir den Kunden aufmerksam und mit Empathie gegenübertreten. Das ist wahrscheinlich der Kardinalfehler, den unsere Branche in den vergangenen Jahren gemacht hat: Den Kunden als gegeben vorauszusetzen. Das hat dazu geführt, dass wir uns jetzt das Vertrauen mühsam wieder zurückverdienen müssen. Dieser Weg ist lang.

Wie stellen Sie sicher, dass dieser Auftrag von den Mitarbeitern auch umgesetzt wird?

Zur Unterstützung haben wir unser Beurteilungssystem im vergangenen Jahr überarbeitet und weiche Faktoren wie Empathie und Engagement aufgenommen. Ein Novum ist, dass das neue System für die ganze Bank gleichermaßen gilt, vom Front-Desk über das Backoffice bis hin zum Vorstand.

Gleichzeitig wurde die Rolle des Beschwerdemanagements komplett neu definiert. Wir gehen heute völlig anders mit Beschwerden um: Erstens gilt es, offen mit den unzufriedenen Kunden umzugehen. Dazu zählt auch die ausdrückliche Frage: Soll ich das als Beschwerde dokumentieren? Daraus abgeleitet folgen die Problemlösung und das direkte, verständliche und

zeitnahe Feedback an den Kunden. Das ist der individuelle Teil.

Gleichzeitig analysieren wir zweitens aber auch, ob sich aus den Beschwerden strukturelle Probleme ableiten lassen. Und drittens haben wir prozessual sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter, egal ob im Betrieb oder im Vertrieb, der mit diesem Kunden zu tun hat, über die Beschwerde und ihre Lösung informiert ist und bleibt.

Wir erwarten ja, dass jeder Mitarbeiter das Gesicht der Taunus Sparkasse ist. Nun hat jeder in solchen kritischen Situationen den gleichen Wissensstand und kann diese Verantwortung auch wahrnehmen. Auch wenn sich der Ansatz eigentlich noch in der Pilotphase befindet, sind doch deutlich positive Effekte auf das Selbstbewusstsein und das Mit einander im Unternehmen zu spüren.

Muss man aber nicht genau diesen Ansatz verfolgen, wenn man wie eine Sparkasse stark von Weiterempfehlungen abhängig ist?

Wir müssen das nicht, wir wollen das. Das ist ein wichtiger Unterschied. Es gibt viele Wege zum Erfolg. Wir haben einen breiten Konsens, dass jedes Kundengespräch eine neue Bewerbung bei ihm ist. Das klingt einfach, ist aber harte Arbeit und mehr als bunte Folien und bunte Plakate.

Sie stehen einerseits in einer hohen regionalen Verantwortung, in einem scharfen Wettbewerb und wollen empfohlen werden, haben aber gleichzeitig im vergangenen Jahr für die Kunden teurere Kontomodelle eingeführt - passt das zusammen?

Ja und gut. Die Taunus Sparkasse hat mit einem differenzierten Produkt- und Preismodell auf unterschiedliche Bedürfnisse reagiert und das erste Mal seit elf Jahren die Preise erhöht. Natürlich sorgte das für Gesprächsbedarf. Doch die Mitarbeiter konnten den Kunden mit guten Argumenten und dadurch mit Überzeugung gegenübertreten. Wir können glaubhaft machen, dass die Taunus Sparkasse dieses Geld wert ist. Das sehen die Menschen ganz offensichtlich genauso, denn Stand heute wurden mit den neuen Konto- und Preismodellen netto neue Kunden und Konten hinzugewonnen - das geht auch ohne Willkommensgelder!

Wie verändern moderne Medien den Wettbewerb auf der Produktseite, und büßen Sparkassen damit nicht den Vorteil der Nähe ein Stück weit ein?

Produkte waren schon immer austauschbar - im Zeitalter von Wikipedia, Google und Vergleichsportalen findet der Kunde das heute nur noch schneller heraus. Kommt heute ein neues Produkt auf den Markt, haben es morgen schon sieben Mitbewerber kopiert, übermorgen haben es alle. Und auch wenn wir Sparkassen mit unseren Apps sehr erfolgreich sind - auch diese sind doch kein Alleinstellungsmerkmal. Ich gebe offen zu, dass es mich als Kunde ärgert, dass wir heute als Finanz- und Geldbranche das Paradox hegen und pflegen, am liebsten gar nichts mehr mit Bargeld oder Transaktionen zu tun haben zu wollen - und uns damit immer weiter von den Erwartungen und Wünschen unserer Kunden entfernen.

Was heißt das genau?

Die ständige Einzeloptimierung von Produkten führt doch dazu, dass sich die Kreditinstitute selber abschaffen. Die Finanzbranche hat sich eine Zeit lang verhalten wie ein Bäcker, der mit dem Verkauf von Zeitungen eine gute Marge macht und deshalb keine Brötchen mehr anbietet, damit er morgens länger schlafen kann. Das geht an den Grundbedürfnissen der Kunden vorbei. Der Zahlungsverkehr ist das Brot- und Butter-Geschäft der Banken und Sparkassen. Transaktionen und Services rund um das Thema "Bargeld" müssen selbstverständlicher Teil des Angebots bleiben - auch in der modernen und digitalen Welt.

Die Taunus Sparkasse wird als Nächstes zum Beispiel neben den Online-Services zu Sorten wieder kleine Servicepakete für die wichtigen Währungen in ihren Filialen testen. Solche Dienstleistungen gehören nach der Meinung unserer Kunden dazu. Und wir wollen das alte Versprechen "Wenn's um Geld geht: Sparkasse" wie kein Zweiter erfüllen.

Sie reden im Zeitalter von Kostenreduktion und Margenoptimierung von der Wiedereinführung teurer Services?

Teuer nur, wenn man kurzfristig denkt. Wir denken langfristig und wollen unser regionales Geschäftsmodell weiter schärfen und an den tatsächlichen Kundenbedürfnissen ausrichten. Wenn die Services den Kunden zufriedenstellen und er uns als echten Partner und Dienstleister wahrnimmt, ist er bereit, dafür auch einen Preis zu zahlen. Dann ist das ein hochprofitabler Weg. Sparkassen haben den großen Vorteil, dass sie sich nicht dem Druck von Quartalsergebnissen beugen und einen wirklich langen Atem haben - das schätzen unsere Kunden, denn das macht uns berechenbar.

Ist das wirklich so einfach?

Wer sagt, dass das einfach ist? Ich halte das Gerede um das Ende der Sparkassen wegen der digitalen Revolution für schiere Lobbyarbeit! Der Kern unseres Geschäftes hat sich doch nicht verändert, nur weil die Zugangswege zu den Banken und damit auch zu unserer Sparkasse mehr geworden sind: Ob der Kunde online, am Telefon oder in der Filiale Kontakt zu uns aufnimmt - am Ende müssen wir ihm die Qualität unserer Produkte und unserer Beratung beweisen.

Das gilt überall, sogar in unserer virtuellen Filiale. Hier sitzen voll ausgebildete Bankkaufleute, die fast jede Frage beantworten können und einen klaren Fokus auf eine im Kundeninteresse wirklich fallabschließende Bearbeitung haben. Der Kundenberater muss dabei auch nicht über jedes Detail, jede Überweisung sofort informiert werden. Was er unbedingt wissen muss, ist jedoch: Wie ist der Kontostand? Hat der Kunde eine Anlagemöglichkeit oder muss hinsichtlich der Liquidität etwas getan werden?

Wie viel kann eine Sparkasse davon allein darstellen, wo braucht sie Unterstützung von Verbundunternehmen und/oder Verbänden?

Hier funktioniert das Gesamtsystem der Gruppe richtig gut! Den Maschinenraum übernimmt die Finanz Informatik, die ein absolutes Asset für die Sparkassen-Finanzgruppe ist, der Kundenkontakt liegt beim Institut vor Ort. Verbände halten den Sparkassen mit ihrer Arbeit dafür den Rücken frei.

Stichwort Videoberatung - ein Thema für die Taunus Sparkasse?

Der Einsatz von Videotechnologie wird alle Banken in den kommenden Jahren ganz natürlich begleiten. Das muss aber in den ganz normalen Alltag integriert sein. Denn: Auch Video ist nur ein weiterer Zugangsweg, das ändert nichts am Geschäftsmodell.

Sie betonen immer wieder die Bedeutung der Region - nun ist gerade die Region Rhein-Main von hoher Wettbewerbsintensität geprägt. Welchen Wettbewerber spüren Sie am stärksten?

Die Zahlen der Taunus Sparkasse sowohl auf der betriebswirtschaftlichen als auch der Wachstumsseite belegen den Erfolg unseres Geschäftsmodells. Das nehmen die Wettbewerber wahr. Und wir merken, dass der ein oder andere mit sicherlich nicht auskömmlichen Margen versucht, Kunden abzuwerben. Das nehmen wir als Kompliment zur Kenntnis.

Beunruhigen Sie neue Wettbewerber wie Telefonunternehmen oder Internetgesellschaften, die im Bereich der Bezahlverfahren den Banken und Sparkassen Konkurrenz machen wollen?

Beunruhigen? Nein! Verändern die Angebote etwas? Vielleicht! Die Kreditwirtschaft hat im Bereich mobiles Bezahlen verschiedene kompatible Systeme aufgebaut, es wird vieles ausprobiert. Man wird aber abwarten müssen, ob das das

Bargeld verdrängen wird. Was nützt die beste Bezahl-App, wenn sie nicht jeder hat und damit die Akzeptanz eingeschränkt ist. Mit diesen Themen kann man keine Wettbewerbsvorteile erzielen, denn die Systeme sind viel zu schnell kopierbar. Es bleibt lediglich ein Add On zu einem funktionierenden, nachhaltigen Geschäftsmodell.

Ich glaube, dass die Themen Sicherheit und Datenschutz eine immer größere Rolle spielen werden. Je breiter jedoch die Möglichkeiten des Bezahlens werden, und je mehr Tools wie Smartphones oder Tablet-PCs für das Bezahlen eingesetzt werden können, desto schwieriger wird es, diese Sicherheit auch zu gewährleisten.

Bis hierher waren von Ihnen wenig Klagen über das von vielen als unfreundlich empfundene Umfeld ... niedrige Zinsen, hoher regulatorischer Aufwand zu hören. Tangiert Sie das nicht?

Sparkassen sind Unternehmer - schnell, umkompliziert und schuldfähig, wenn etwas falsch gemacht wurde. Die Kundenbeziehungen sind langfristig angelegt. Was in der Krise von Sparkassen geleistet wurde, als sich viele andere Banken gerade aus der Mittelstandsfinanzierung zurückgezogen haben, wirkt bis heute nach und zahlt sich aus.

Und Regulierung ist auch eine Chance. Denn dadurch wird das Business weiter professionalisiert. Natürlich stehen am Anfang Herausforderungen bei der Umsetzung, doch die Themen, die den Banken gestellt werden, sind sinnvoll, weil sie das System stabiler machen. Davon profitieren alle Kreditinstitute, egal ob privates Bankhaus, genossenschaftliches Institut oder Sparkasse. Es wurden eine Vielzahl neuer Warnlampen eingeführt, die im Ernstfall zu leuchten beginnen. Das ist im Interesse der Menschen in diesem Land und beruhigt auch mich als Vorstand einer Sparkasse. Hinzu kommt: Die Erfüllung der Themen ist zwar anspruchsvoll, aber bewältigbar. Schwierig finde ich aber die mangelnde Differenzierung nach Größe beziehungsweise Geschäftsmodellen. Das wirkt manchmal eher wie Sippenhaft.

Wofür brauchen Sie Landesbanken?

Sparkassen brauchen die Landesbanken für drei große Themen: Erstens die Zusammenarbeit im Kreditgeschäft. Eine gute Kooperation ermöglicht die Erfüllung von Finanzierungswünschen, die eine Sparkasse allein nicht dar stellen könnte. Zweitens die Organisation des Zahlungsverkehrs. Drittens das gesamte Thema Auslandsgeschäft: Hier sehe ich noch enormes Potenzial für die Sparkassen-Finanzgruppe. Viele unserer mittelständischen Kunden sind europa oder gar weltweit unterwegs. Bislang bedarf es da oft einer zweiten Bank, da die Sparkassen-Finanzgruppe dies nicht immer gut genug darstellen konnten. Hier freue ich mich, dass unsere Landesbanken derzeit konsequent nachlegen.

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