Interview

Redaktionsgespräch mit Thomas A. Lange / "Gesellschaftspolitisch stellen die neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen eine Verbesserung dar"

Ist die National-Bank als Regionalbank in Nordrhein-Westfalen in der Rechtsform einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft ein Unikat, oder gibt es hierzulande vergleichbare Häuser?

Die National-Bank ist auch in dieser Hinsicht ein Unikat, denn eines unserer wesentlichen Charakteristika ist nicht nur eine regional ausgerichtete Fremd-, sondern auch eine regional ausgerichtete Eigenkapitalfinanzierung. So wird die Bank von mehr als 5 200 Eigentümern getragen. Rund 99 Prozent von ihnen sind zugleich unsere Kunden.

Von welchen Aktionärszahlen kommt die Bank her?

Als mir Mitte 2007 die Leitung der National-Bank anvertraut wurde, hatten wir zirka 3 400 Aktionäre. In den vergangenen sieben Jahren ist ihre Anzahl somit um mehr als die Hälfte gestiegen. Das ist deshalb bemerkenswert, weil sich seit dem Beginn der Verwerfungen an den internationalen Kapitalmärkten und dem damit verbundenen Misstrauen gegenüber der Finanzwirtschaft bei uns die Anzahl privater Anleger substanziell erhöht hat. Diese Entwicklung steht im krassen Gegensatz zu anderen Instituten, bei denen zwischenzeitlich regelrecht eine Flucht privater Aktionäre eingesetzt hatte.

Wie steuert Ihr Haus die Zahl der Aktionäre? Und welches Gewicht haben Private und Institutionelle Anleger?

Für den Erwerb von Aktien der National-Bank gibt es eine Warteliste. Anders vermögen wir die Nachfrage nicht zu befriedigen. Gegenwärtig umfasst die Liste der Kaufaufträge rund 160 000 Stück Aktien. Unter den Eigentümern meines Hauses gibt es ein Bonmot. Es lautet: "National-Bank-Aktien verkauft man nicht. National-Bank-Aktien werden vererbt." Das erklärt vieles. In den Fällen, in denen uns Aktien ausnahmsweise angeboten werden, erwerben wir sie im Rahmen aktienrechtlicher Erlaubnistatbestände zurück und platzieren sie unverzüglich weiter. Bezogen auf das Grundkapital der Bank halten private Anleger rund 54 Prozent der Aktien, 46 Prozent entfallen auf Institutionelle Investoren. Deren Anteil ist insofern beachtlich, weil wir weder über eine Börsennotierung noch über ein externes Rating verfügen. Ursächlich sind Stabilität und Solidität unseres kundengetragenen Geschäftsmodells mit seinem Fokus auf Privatkunden und Freiberuflern, mittelständischen Unternehmen und Institutionellen Investoren.

Brauchen die Institutionellen Investoren nicht ein Listing und ein Rating?

Ja, aber es gibt auch Ausnahmen. Es hängt von den jeweiligen Anlagerichtlinien der Investoren ab. Zudem: Eine Aktienrendite von 6,25 Prozent und eine Dividendenrendite von gut drei Prozent können sich durchaus sehen lassen. Dasselbe gilt für die Höhe der Dividende, die je Aktie seit dem Beginn der Finanzkrise nicht unter einem Euro gelegen hat. Trotzdem ist uns die langfristige Kursentwicklung wichtiger. Das ist die Richtschnur. In den letzten zehn Jahren haben wir in der indexierten Betrachtung um 47,5 Prozent zugelegt, während der C-Dax Banken, also der Index für börsennotierte Institute, im selben Zeitraum 45,7 Prozent an Wert verloren hat.

Welche Erkenntnisse, Anregungen, Stimmungen haben Sie aus der Hauptversammlung 2014 mitgenommen?

Dankbarkeit und Demut für die vielen anerkennenden Worte der Eigentümer sowie Zufriedenheit, dass wir das Geschäftsjahr 2013 mit dem zweithöchsten Jahresüberschuss unserer Geschichte auch aus ihrer Sicht ordentlich gemeistert haben. 99,9 Prozent Entlastung sind ein Leistungs- und Vertrauensbeweis.

Die Hauptversammlung hat den Eindruck vermittelt, dass Sie viele Ihrer Aktionäre persönlich kennen, richtig?

Ja. Meine Vorstandskollegen und ich sowie ein Großteil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen persönlich in Kontakt zu unseren Aktionären. Im Hinblick auf den damit verbundenen Zusammenhalt sprechen wir von der "National-Bank-Familie". Ich denke, dies ist bezeichnend und unterstreicht das besondere Verhältnis, das uns miteinander verbindet. Ausdruck dessen ist beispielsweise auch, dass ich unmittelbar zum Jahreswechsel jeden Aktionär in einem Brief über den Verlauf des jeweils vorangegangenen Geschäftsjahres direkt unterrichte.

Von den Rednern auf der Hauptversammlung haben fast die Hälfte ausdrücklich das kulturelle und soziale Engagement Ihres Hauses angesprochen und gelobt. Das klingt fast wie im Sparkassensektor.

Der Erfolg einer Gesellschaft ist untrennbar mit der gesunden Entwicklung des wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Umfeldes verknüpft. Insofern ist die Unterstützung von Kunst und Kultur eine staatsbürgerliche Aufgabe, der wir uns mit Freude stellen. Es steht seit Jahren für sich - beispielgebend für ein Institut unserer Größe. Seine Vielfältigkeit, sein Facettenreichtum unterstreichen, wie tief verwurzelt wir in der Mitte von Wirtschaft und Gesellschaft stehen. Insofern dienen wir nicht nur mit unseren unternehmerischen, sondern auch mit unseren kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten. Im Unterschied zu den Sparkassen steht dieses Engagement allerdings nicht als Substitut für eine unzureichende Profitabilität oder Rentabilität, sondern es ist das Ergebnis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungskraft unserer Bank.

Wie ist die Kundenstruktur Ihres Hauses? Bedingt der schwierige Zugang zu den Aktien nicht zwangsläufig eine Tendenz zu älteren Kunden? Gewinnen/haben Sie hinreichend junge Kunden, sagen wir in der Altersklasse um die 20 Jahre?

Die Kundenstruktur der National-Bank ist gut ausbalanciert, das Portfolio granular. Soweit unser Geschäft mit privaten Kunden betroffen ist, ist der Altersdurchschnitt gegenüber anderen Häusern höher. So wachsen wir insbesondere in dem Segment der sogenannten Mid- oder Best-Ager, also in der Altersgruppe von 40 Jahren plus. Für viele jüngere Menschen sind wir nicht cool oder bunt genug. Das ist in Ordnung. Entscheidend ist, dass sich persönliche Einstellungen in einem Lebenszyklus ändern. Diese Tatsache ist eine der Grundlagen unserer Strategie. Insofern sind uns auch Begrüßungsgelder für Konten- oder Depotwechsel, kostenfreie Girokonten oder Flatrates in der Wertpapierberatung fremd. Dies umso mehr, als es sich um Werbeversprechen handelt, bei denen die Frage gestellt werden darf, ob sie lediglich dem werbenden Institut oder tatsächlich dem Kunden nutzen. Dienen und Leisten - in dieser Reihenfolge - gepaart mit unternehmerischer Verlässlichkeit sind Kennzeichen für mein Selbstverständnis.

Wie steht der Aufsichtsrat zu dieser strategischen Ausrichtung?

Vorstand und Aufsichtsrat erörtern regelmäßig die Geschäfts- und Risikostrategie der National-Bank. Es bestand und besteht Einigkeit, dass die gezielte mittel- und langfristige Ausrichtung unserer National-Bank Maßstab der geschäftlichen Entwicklung ist. Private Kunden und mittelständische Unternehmen waren für uns stets attraktive Zielgruppen - unabhängig von Einkommen und Umsatz. Mit ihnen sind wir über Jahrzehnte gemeinsam gewachsen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Wie sehen Sie die National-Bank im Wettbewerb? Nehmen Sie etwa im Mittelstandsgeschäft die Helaba mit ihren Ambitionen in Nordrhein-Westfalen wahr?

In unseren Kernregionen an Rhein und Ruhr sowie dem Bergischen Land und dem Münsterland sehe ich die National-Bank exzellent aufgestellt. In anderen Teilen Nordrhein-Westfalens, unserem Geschäftsgebiet, sehe ich Wachstumspotenziale. Allerdings nehme ich die Helaba mit ihren Ambitionen in Nordrhein-Westfalen noch nicht wahr.

Das galt aber auch für die ehemalige WestLB. Im Mittelstandsgeschäft zählen Deutsche Bank und Commerzbank ebenso zu un seren Wettbewerbern wie die eine oder andere größere Sparkasse oder Genossenschaftsbank. Insgesamt teile ich die Beobachtung, dass sich der Wettbewerb, gerade in diesem Bereich, deutlich verschärft.

Dennoch, der Mittelstand vergisst nicht, wer in der Vergangenheit ein verlässlicher Partner gewesen ist. Den verschärften Wettbewerb sehe ich mithin sowohl unaufgeregt als auch als Bestätigung der Attraktivität des Geschäftsmodells meines Hauses.

Welche Bedeutung haben kapitalmarktaffine Finanzierungen für Ihr Haus? Lenken Sie die Kunden sanft in diese Richtung?

Kapitalmarktfinanzierungen haben lediglich im Treasury der National-Bank eine Bedeutung. Soweit unsere Kunden, ich vermute, gemeint sind unsere mittelständischen Kunden, betroffen sind, lenken wir sie nicht in diese Richtung. Wir halten es in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle für nicht unternehmensgerecht. Der Mittelstand hat sich in den vergangenen Jahrzehnten fernab der Kapitalmärkte entwickelt. Anderenfalls wäre sein Erfolg nicht denkbar gewesen.

Und Sie raten nicht zu Mittelstandsanleihen?

Für große mittelständische Unternehmen kann es im Ausnahmefall von Vorteil sein, Finanzierungsquellen zu diversifizieren. In diesem Fall ist eine Mittelstandsanleihe ein interessantes Instrument. Es darf aber nicht übersehen werden, dass diese Anleihen in einer Vielzahl von Fällen mit einem hohen Ausfallrisiko behaftet sind. Die in Aussicht gestellte Zinszahlung, die vielfach über den vergleichbaren Preisen eines Kredites liegt, ist dafür ein deutliches Zeichen.

Das gilt insbesondere dann, wenn der Erlös aus einer Mittelstandsanleihe zugleich dazu genutzt wird, sämtliche oder einen

Großteil der Bankverbindlichkeiten zu tilgen. Ich will nicht verhehlen, dass wir entsprechend unserer Kreditrisikostrategie in diesen Fällen die bisherige Zusammenarbeit mit unseren Kunden auf den Prüfstand stellen. In den bislang auf uns zutreffenden Fällen haben wir die Zusammenarbeit beendet. Das hat uns in den vergangenen Jahren manche Wertberichtigung oder Abschreibung erspart.

Eine Begleitung des Mittelstands ins Auslandsgeschäft wird für hiesige Banken immer wichtiger. Setzen Sie dabei auf Korrespondenzbanken?

Ja, wir verfügen über ein bewährtes und engmaschiges Netz an Korrespondenzbanken auf der ganzen Welt. Mit Hilfe unserer Partner begleiten wir unsere mittelständischen Kunden so verlässlich im Ausland. Insofern ist auch die Absicherung von Zins- und Währungsrisiken im Interesse unserer Kunden eine Selbstverständlichkeit. Dabei gilt für uns der Grundsatz, dass ausschließlich Finanzlösungen angeboten werden, die einen minimalen Komplexitätsgrad aufweisen. Sicherungsstrategien mit impliziten Wetten auf Zinsdifferenziale oder Währungsdisparitäten kamen und kommen für die National-Bank nicht in Betracht. Unabhängig von dem auch für einen mittelständischen Unternehmer letztlich aus eigener Anschauung kaum einzuschätzenden Risiko ist dieses konservative Selbstverständnis einem umfassenden Reputationsrisikomanagement der Bank geschuldet.

Wie bewerten Sie die Wettbewerbsverhältnisse Ihres Hauses im Privatkundengeschäft?

Sportlich. Aber wir fühlen uns wohl. Wie ich schon sagte, wachsen wir im Bereich unserer Zielgruppe der über 40-Jährigen. Ich bin zuversichtlich, dass das auch zukünftig so bleiben wird.

Wie sieht es im Wealth Management aus?

Erfreulich. Im Rahmen des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden hat die Bank in den vergangenen Jahren zielgerichtet in den Ausbau ihrer Aktivitäten investiert. Ausgangspunkt der Überlegungen war, die bis Ende 2006 schwerpunktmäßig auf den Mittelstand konzentrierte Bank stärker für das gehobene Privatkundengeschäft zu öffnen. Aus diesem Grund haben wir Mitte 2007 entschieden, das Private Banking neu auszurichten und ein Wealth Management aufzubauen. Flankierend wurde ein Family Office errichtet, das angesichts seines geschäftlichen Erfolges zwischenzeitlich in eine eigenständige Gesellschaft, die National-Bank Vermögenstreuhand GmbH, überführt worden ist.

Unsere Vermögensverwaltung verfügt über eine hohe Qualität. Das zeigt sich neben einem Zuwachs an Kunden sowie einer hohen Kundenzufriedenheit auch daran, dass unsere Vermögensverwaltung durch Focus-Money und n-tv im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung nunmehr zum dritten Mal in Folge mit "herausragend" bewertet worden ist. Das ist erneut die Höchstnote. So muss es bleiben, das ist unser Anspruch.

Sie gehen mit Ihrem Haus bewusst einen eigenen Weg. Verstehen Sie sich als Nischenbank?

Meine Vorstandskollegen und ich gehen keineswegs "bewusst einen eigenen Weg", sondern den, von dessen Richtigkeit Vorstand und Aufsichtsrat, Kunden und Eigentümer überzeugt sind. Die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der Bank bestätigt die Attraktivität dieser Strategie. Unsere Kunden sind stolz darauf, ein Konto bei der National-Bank zu haben. Als Nischenbank verstehen wir uns keineswegs, denn unser Geschäftsgebiet, Nordrhein-Westfalen, ist von seiner ökonomischen Potenz nicht nur hinsichtlich seiner mittelständischen Wirtschaft, sondern auch hinsichtlich des Pro-Kopf-Einkommens ein sehr attraktiver Markt.

Wird durch die Regulatorik nicht tendenziell eine Angleichung der Geschäftsmodelle erzwungen? Was schützt Ihr Haus vor regulatorischer Gleichmachung?

Durch die Regulatorik wird tendenziell keine Angleichung der Geschäftsmodelle einzelner Häuser erzwungen. Es wäre fast so, als wenn die Behauptung aufgestellt werden würde, Änderungen in der Straßenverkehrsordnung oder in der Straßenführung würden dazu führen, dass sich Geschäftsmodelle oder Produkte der Automobilhersteller angleichen. Das Gegenteil ist richtig. Noch nie war die Angebotspalette der Automobilindustrie so vielfältig wie heute.

Deshalb gehöre ich nicht zu denjenigen, die von einer "regulatorischen Gleichmachung" sprechen. Wir sind uns doch hoffentlich gesellschaftspolitisch darin einig, dass die neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen eine Verbesserung darstellen. Jedes Institut hat beispielsweise die Möglichkeit, durch eine individuelle und kompetente sowie unabhängige Beratung seinen Kunden gegenüber Spitzenleistungen zu erbringen. Und das ist es doch, worum es tatsächlich geht!

Bei aller wahrnehmbaren Sympathie ist das alles nicht die Grundströmung, wie man sie derzeit in Brüssel und/oder bei internationalen Organisationen wahrnimmt?

Schon der Begriff "Grundströmung" deutet auf eine Gemengelage hin. Insofern bevorzuge ich die Unterscheidung zwischen Fakten und Meinungen. Fakt ist, dass zur Bewältigung der Finanzkrise sowohl direkte als auch indirekte Staatshilfen notwendig waren, da die Tragfähigkeit einzelner bankbetrieblicher Geschäftsmodelle nicht mehr gegeben war. Supranationale Institutionen und Zentralbanken, Gesetzgeber und Aufsicht haben hieraus ihre Konsequenzen gezogen - zu Recht, denn eine bessere Regulierung ist notwendig. Basel III, um nur ein Beispiel zu nennen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere werden folgen müssen. Die Regulierung des Grauen Kapitalmarktes und der Schattenbanken sind hierfür Beispiele.

Thema Outsourcing und Banktechnik: In der Hauptversammlung wurde angekündigt, das Kernbanksystem ersetzen zu wollen. Wie ist der Stand der Überlegungen?

Es ist eine Selbstverständlichkeit, in regelmäßigen Abständen ein Kernbanksystem einer Prüfung zu unterziehen, unter anderem auch, weil zwischenzeitlich gültige aufsichtsrechtliche Veränderungen durch eine Vielzahl von Subsystemen aufgefangen werden. Die Systemarchitektur ist dadurch in den vergangenen Jahren komplexer geworden. Als Folge dessen führen wir eine Reihe von Gesprächen mit allen wesentlichen Anbietern am Markt. Ich gehe davon aus, dass wir diese im zweiten Semester abschließen und eine Entscheidung treffen werden.

Wird nur innerhalb der Gruppe der privaten Banken nachgedacht oder auch gruppenübergreifend?

Wir führen Gespräche sowohl im Kreis der privaten Banken als auch mit den Kollegen im genossenschaftlichen Sektor. Beide sind privatrechtlich organisiert. Das schafft - bei aller möglichen Unterschiedlichkeit einzelner Geschäftsmodelle - eine erfreuliche Teilidentität.

Kann es keine Lösung auf Ebene der privaten Banken geben? Viele sind doch in einer vergleichbaren Entscheidungssituation?

Das ist keineswegs ausgeschlossen. Die Creda-Rate Solutions GmbH mit Sitz in Köln, die ehemalige RMS Risk Management Solutions GmbH, ist dafür ein bemerkenswertes Beispiel. Sie bündelt die Ratingfunktion für bestimmte Teilportfolios unterschiedlicher Häuser. Diese kommen sowohl aus dem privaten als auch dem genossenschaftlichen Bereich. Die Zusammenarbeit im Gesellschafter- und Nutzerkreis ist exzellent. Erfolgreiche IRBA-Zulassungen etwa der Aareal Bank oder der Deutschen Apotheker- und Ärztebank sprechen eine eigene Sprache.

Rechnet sich für Ihr Haus ein eigenes Research?

Mit Blick auf unser kundengetragenes Geschäftsmodell halten wir ein eigenes Research bislang für unverzichtbar, denn wir sind davon überzeugt, dass eine qualitativ hochwertige Beratung ein profundes Analyse- und Beurteilungsvermögen voraussetzt. Hinzu kommt, dass es die Glaubhaftigkeit von Anlageempfehlungen deutlich erhöht. Dies vor allem auch deshalb, weil die National-Bank kein Handelsgeschäft mit dem Ziel betreibt, damit wesentliche Erträge ihres Ergebnisses zu erwirtschaften, indem systematisch Positionen in Aktien, Renten, Währungen, Rohstoffen oder Edelmetallen - einschließlich entsprechender Derivate - oder anderer Finanzprodukte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eingegangen werden.

Stichwort Vertriebskonzept: Praktizieren Sie bei Ihrem Produkt- und Dienstleistungsangebot eine "open architecture"?

Integraler Bestandteil unserer Beratung gegenüber unseren Privatkunden ist der sogenannte Best-in-Class-Ansatz. Seit Jahrzehnten prüfen wir im Interesse unserer Kunden die besten am Markt verfügbaren Angebote und geben, sofern es dem tatsächlichen Bedarf entspricht, gegebenenfalls eine Kauf- oder Investitionsempfehlung ab. Demnach ist der Begriff der "open architecture" für uns kein Phänomen der Neuzeit, sondern Ausdruck unseres langjährigen Selbstverständnisses einer professionellen Beratung gegenüber unseren Kunden und denjenigen, die es werden wollen.

Und der Online-Vertrieb spielt überhaupt keine Rolle?

Bei der National-Bank stehen die persönlichen Gespräche mit unseren Kunden im Mittelpunkt unseres unternehmerischen Engagements. Zusammen mit der gezielten Beschränkung unserer Geschäftstätigkeit in und auf Nordrhein-Westfalen ist ein Online-Vertrieb mit unserer Strategie nicht kompatibel. Zwar bieten wir selbstverständlich und mit der gegenwärtig am Markt verfügbaren höchsten Verschlüsselungstechnik die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über das Internet an, jedoch wollen wir darüber hinausgehende Angebote gegenwärtig online nicht unterbreiten. Dabei versteht es sich von selbst, dass der Vorstand diese Entscheidungen regelmäßig überprüft.

Hat die National-Bank im Zuge der Finanzkrise ihre strategische Ausrichtung ändern müssen?

Fortentwicklung und Verfeinerung unseres Geschäftsmodells sind eine Selbstverständlichkeit, der wir uns mit Freude stellen. Insofern war im Zuge der Finanzkrise keine strategische Änderung notwendig.

Wieso haben Sie drei Tochtergesellschaften gegründet?

Unsere Tochtergesellschaften, die National-Bank Vermögenstreuhand GmbH, die National-Bank Versicherungsagentur GmbH sowie die National-Bank Immobilien GmbH bieten komplementäre Dienstleistungen für unsere Kunden an. Diese werden gerne in Anspruch genommen. Profitabilität und Rentabilität sprechen insofern für sich.

Was ist aus dem Verbriefungsportfolio geworden, das die GuV-Rechnung im Zuge der Finanzkrise zeitweilig belastet hat?

Die National-Bank hatte bis Ende 2006 ein Verbriefungsportfolio aufgebaut. Es sollte einen Beitrag zur Glättung des sogenannten regionalen Konzentrationsrisikos leisten. Das Portfolio belief sich auf rund 200 Millionen Euro. Als mir die Leitung der Bank übertragen wurde, habe ich es unter ökonomisch sinnvollen Bedingungen einer gezielten Investitionsstrategie zugeführt. Währenddessen haben wir als eines der ganz wenigen Institute bundesweit die Bilanzierung dieser Investments nach dem strengen Niederstwertprinzip beibehalten, obwohl sie im Anlagevermögen der Bank verbucht waren. Mit rund zwei Millionen Euro Buchwert ist es für uns heute eine quantité négligeable.

Welche Auswirkungen hat IFRS auf die Berichterstattung der National-Bank?

Die Frage stellt sich für uns nicht. Die Bank ist und bleibt handelsrechtlich bilanzierend.

Und Sie haben keine Bedenken, dass IFRS über den Umweg über die europäische Bankenaufsicht mittelfristig auf die deutsche Kreditwirtschaft zukommt?

Diese Bedenken teile ich nicht. Das Handelsgesetzbuch und seine ergänzenden Verordnungen sind Bundesrecht. Weder im Bundestag noch im Bundesrat gibt es gegenwärtig ansatzweise eine Mehrheit, IFRS für die deutsche Kreditwirtschaft einzuführen. Ich denke, das wird auch in Zukunft so bleiben.

Stichwort Regulatorik, auch mit Blick auf Ihr Amt im BdB-Vorstand: Was belastet Ihr Haus, die Branche diesbezüglich am meisten?

Soweit mein Haus, die National-Bank, betroffen ist, empfinde ich die neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben nicht als Belastung. Sie entsprechen im Grundsatz meinem konservativen unternehmerischen Selbstverständnis.

Zwar haben sie, das will ich nicht verhehlen, zu einem Anstieg des Personal- und Sachaufwandes geführt, aber zur Verbesserung der Finanzmarktstabilität müssen wir alle einen Beitrag leisten, unabhängig davon, ob wir selbst zur Finanzkrise beigetragen haben oder nicht.

Soweit die privaten Banken insgesamt betroffen sind, gilt es, ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten. Ihre Stärke hat ihren Reflex in der Stärke unserer Volkswirtschaft. Vor diesem Hintergrund halte ich den Entwurf des Trennbankengesetzes, unabhängig von fassungsrechtlichen Bedenken, für einen Irrweg. Ähnliches gilt für die Kumulation aufsichtsrechtlicher Vorgaben, die insbesondere die systemrelevanten Häuser treffen. Dies und der substanzielle Mehraufwand zur Bewältigung der prüferischen Anforderungen mit dem Ziel der Übertragung der Bankenaufsicht auf die Europäische Zentralbank erreicht den Grenzbereich unternehmerischer Belastungsfähigkeit.

Mit Blick auf das Jahrzehnt 2020 bis 2030, möglicherweise auch später, sage ich aber ganz offen, dass wir zur weiteren Stabi lisierung des globalen Finanzsystems und der volkswirtschaftlichen Relevanz der Kreditwirtschaft Kapitalquoten von 15 Prozent plus im Sinne des Core Equity Tier 1 sowie eine Unterlegungspflicht öffentlich-rechtlicher Schuldtitel, also von Staatsanleihen und Kommunalkrediten, benötigen.

Was sagt Jürgen Fitschen in seiner Funktion als BdB-Präsident zu solchen Vorstellungen seines BdB-Vorstandskollegen?

Herr Fitschen ist ein exzellenter Präsident des Bankenverbandes. Er gibt ihm Ordnung und Orientierung. Mit ihm verbindet mich eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit, auch aus meiner Zeit bei der Deutschen Bank - als Country Head in Singapur und später als Mitglied der Geschäftsleitung. Zu beiden Vorschlägen gibt es klare Positionen, dass die Umsetzung der Vorgaben von Basel III bis zum Jahr 2019 ein anspruchsvolles Vorhaben ist, das keines Gold Platings bedarf. Insofern bezieht sich mein Vorschlag explizit auf einen späteren Zeitraum. Abgesehen davon erlaube ich mir den Hinweis, dass schon heute eine sehr große Anzahl privater Institute entsprechende Kapitalquoten aufweist.

Wie kommt der BdB mit der heterogenen Struktur zurecht: Müsste man bei der unterschiedlichen Größenstruktur der Häuser nicht in einigen Bereichen wie der Technik zweigleisig fahren?

Der BdB ist ein Verband mit hoher Kompetenz und Gestaltungskraft. Sein Rat wird national und international gesucht. Seine heterogene Struktur ist eine besondere Stärke, weil er wie kein anderer Verband der Kreditwirtschaft eine Vielzahl unterschiedlicher Institute und Geschäftsmodelle repräsentiert. Er wird sich dafür einsetzen, dass kleinere Banken nicht zu "Auszahlungs stellen und erweiterten Statistikbüros der Europäischen Zentralbank" werden, um Georg Fahrenschon zu zitieren.

Hält das Dreisäulenmodell in Deutschland?

Soweit die privaten Banken und der genossenschaftliche Verbund betroffen sind - ja. Ob hingegen der in den Sparkassengesetzen festgeschriebene öffentliche Auftrag wirklich noch zeitgemäß ist, ist fraglich. Ich denke, die Lebenswirklichkeit sieht anders aus. Unabhängig davon halte ich es für richtig, dass die Monopolkommission das Regionalprinzip der Sparkassen einer intensiven Prüfung zu unterziehen beabsichtigt. Wettbewerbsrechtliche Ausnahmetatbestände bedürfen eines regelmäßigen Reviews, denn, um nur ein Beispiel zu nennen, würde jeder von einem Kartell sprechen, wenn Zementhersteller vereinbaren, sich nicht die Kunden regional gegenseitig streitig zu machen. Für die Zukunft des Finanzplatzes Deutschland ist seine System- und Strukturstabilität maßgebend. In welchem Modell - ist offen.

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