Aufsätze

Restrukturierung im Bankensektor: Neue Chancen für Servicer oder Disintermediation 2.0

Die in der Mitte des Jahres 2007 von den USA ausgehende internationale Bankenund Finanzkrise brachte das globale Finanzsystem in ein systemgefährdendes Ungleichgewicht. Nur dank des zügigen, konsequenten und konzertierten Eingreifens von Regierungen, Notenbanken, Aufsicht und den betroffenen Banken selbst konnte der Zusammenbruch des Finanzsystems mit all seinen dramatischen Folgen für die Realwirtschaft vermieden werden. Bis heute müssen sich alle Beteiligten damit auseinandersetzen, die Folgen der Krise zu bewältigen.

Das gilt auch in besonderer Weise für den Finanz- und Bankenmarkt in Deutschland, der bekanntermaßen ganz spezifische Strukturmerkmale aufweist. So manche "Lebenslüge" wurde hier in der Krise offengelegt. Obwohl die seit Langem bestehende und relativ starre Drei-Säulen-Struktur von Privatbanken, Genossenschaftsbanken und öffentlich-rechtlichen Instituten zwar einerseits zu einer gewissen Stabilisierung während der Finanzkrise beitrug, war sie andererseits aber auch nicht unwesentlich an ihrer Entstehung beteiligt.

Profilierungsmöglichkeit für Bad Banks

Insofern gilt es jetzt, die aus der Krise gewonnenen Erkenntnisse für den hiesigen Markt zu nutzen, um notwendige Strukturverän derungen zielorientiert umzusetzen. Neben übergreifenden Themen wie einer angemessenen Eigenkapitalausstattung von Banken, einer international abgestimmten Regulierung sowie der weiterhin notwendigen - auch säulenübergreifenden - Konsolidierung, stehen Fragen der optimalen Leistungstiefe von Banken, der Konzentration auf profitables Kerngeschäft sowie in diesem Kontext der Abbau nicht-wirtschaftlicher Portfolios bei vielen Kreditinstituten auf der Agenda. Dem erprobten Konzept von sogenannten "Bad Banks", Abwicklungsbanken und spezialisierten Serviceprovidern wird vor diesem Hintergrund künftig eine prominente Rolle zukommen. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive können sich "Bad Banks" in Zusammenarbeit mit neuen, spezialisierten Servicern daher durchaus als "Good Banks" profilieren: Gemeinsam können sie aktiv den Strukturwandel vorantreiben, nämlich die schonende Abwicklung nichtstrategischer Portfolios über die Zeit gestalten und damit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung und Zukunftsfähigkeit des deutschen Bankenplatzes leisten. Darüber hinaus können sie eine neue Form der Disintermediation einleiten, kurz "Disintermediation 2.0".

Die Drei-Säulen-Struktur am deutschen Bankenmarkt führte zu einem sehr intensiven Wettbewerb zwischen den einzelnen Bankgruppen. Nach wie vor ist der Markt in weiten Teilen "overbanked". Das ist gut für Unternehmen und Privatkunden - sie profitierten im internationalen Vergleich von sehr günstigen Kreditzinsen respektive Bankkonditionen. Für die Banken führt dieser "ungesunde" Wettbewerb dazu, dass die am Markt erzielbaren Kreditkonditionen regelmäßig nicht ausreichen, um eine adäquate Risikobepreisung durchsetzen zu können. Deutsche Banken befinden sich dadurch schon lange in einem Dilemma: Um die unzureichende Rendite am Heimatmarkt zu kompensieren, haben sie sich auf Geschäfte im Ausland und hier insbesondere auf komplex strukturierte Finanzprodukte eingelassen.

Handlungsdruck bei Landesbanken

Besonderer Handlungsdruck lastete auf einigen Landesbanken. Fast jede der Landesbanken suchte ihr Heil im internationalen Structured-Finance-Geschäft in verschiedenen Sektoren, wie beispielsweise Schiffsund Flugzeugfinanzierungen, Finanzierungen von Infrastruktur-Projekten oder erneuerbaren Energien sowie im Bereich des Commercial Real Estate. Für sie war der Weg in das risikoarme und relativ rentable Retailgeschäft versperrt, weil das der originäre Markt der Sparkassen ist, die keine weitere Konkurrenz duldeten und dies auch in den Gremien der Landesbanken durchsetzen konnten. Gleichzeitig erwarteten die Sparkassen als Eigentümer der Landesbanken von diesen aber eine angemessene Verzinsung des eingebrachten Eigenkapitals. Diese fatale Dilemma-Konstellation wirkte in Deutschland zum Teil als Brandbeschleuniger der Finanzkrise.

Das erste Löschen gelang europa- und weltweit durch die konzertierte Aktion von Zentralbanken, Regierungen, Aufsichtsbehörden und den Banken selbst. Seither kam es zu ersten strukturellen und regulatorischen Anpassungen. Einige Banken schieden aus dem Markt aus, andere wurden zwangsfusioniert oder erhielten neue (staatliche) Eigentümer. Bei vielen (ehemaligen) Landesbanken ist jetzt das jeweilige Land unfreiwillig Mehrheitseigentümer. Der diesbezügliche Verteilungskampf wurde mit harten Bandagen geführt. Der Steuerzahler hat am Ende maßgebliche Lasten zu tragen.

Im Zuge der Krise wurde die Regulierung weltweit verschärft, was unter anderem zu höheren Kapitalanforderungen und einem strengeren Risikomanagement führte. Bankenstresstests zeigten die Widerstandsfähigkeit von Kreditinstituten im Krisenfall auf. Durch die Einführung einer Bankenabgabe - quasi ein "Löschteich" für Finanzkrisen - sollen Banken künftig selber als Feuerwehr agieren. Der Staat will nicht mehr die Rolle als Bankenretter übernehmen. Und er will auch nicht mehr erpressbar sein. Ordnungspolitisch ist das grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob der angelegte Löschteich bei künftigen Finanzkrisen tatsächlich genug Wasser enthält. Aufgrund der internationalen Vernetzung der Finanzmärkte und der damit einhergehenden Volumina der Finanzströme dürfte im Brandfall das Löschwasser verhältnismäßig schnell verspritzt sein. Die Erfahrung lehrt, dass in schweren Finanzkrisen das Vertrauen in das System maßgeblich ist, um einen Bank-Run zu vermeiden. Dieses Vertrauen kann in der Regel nur der Staat herstellen.

Lehren aus der Finanzkrise

Was haben wir in Deutschland aus der Finanzkrise gelernt? Und was sollten nun die nächsten Schritte sein? Zunächst ist es erforderlich, dass der Konsolidierungsprozess fortgesetzt beziehungsweise im Landesbankensektor trotz aller Fehlversuche konsequent begonnen wird. Nur dann wird Deutschland im internationalen Vergleich über wettbewerbsfähige Kreditinstitute verfügen. Und das wiederum gelingt nur, wenn es eine gesunde Relation zwischen Ressourceneinsatz und angemessener Rendite auf das eingesetzte Kapital gibt. Noch immer besteht eine relativ starre Abgrenzung der drei Säulen am deutschen Bankenmarkt, obwohl beispielsweise Kooperationen und die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen im Bereich der Wertpapierabwicklung längst bewiesen haben, welche Effizienzpotenziale gerade im Backoffice von Banken gehoben werden können.

Aber auch innerhalb der jeweiligen Säulen muss es endlich gelingen, Mehrfachbesetzungen für gleichgelagerte Leistungen aufzugeben. Hier ist insbesondere der genossenschaftliche Finanzverbund bereits relativ gut aufgestellt. Handlungsbedarf besteht aber akut bei den Landesbanken und Sparkassen. Hierfür ist auch eine Stabilisierung der Geschäftsmodelle der Landesbanken unabdingbar, sofern überhaupt nachhaltige Geschäftssysteme mit "Unterstützung" der EU-Kommission gefunden und implementiert werden können. Gleichzeitig führt an einem Abbau der vorhandenen Überkapazitäten kein Weg vorbei. Die Sparkassen hingegen stehen vor der großen Herausforderung, ihre Kostenstrukturen deutlich zu reduzieren, um sich im künftig weiter verschärfenden Wettbewerb mit niedrigem Zins und wegfallenden Transformationsgewinnen, insbesondere gegenüber Online-Banken behaupten zu können. Ohne eine optimierte Arbeitsteilung im Verbund dürfte es der Sparkassenorganisation sehr schwer fallen, ihre Marktstellung sowohl qualitativ wie preislich langfristig zu behaupten.

In diesem Umfeld ist insbesondere die öffentliche Hand als Träger von Sparkassen und Landesbanken, aber auch als Aktionär von Privatbanken in der Pflicht, die notwendigen Strukturanpassungen aktiv voranzutreiben. In Deutschland hat der Staat im Zuge der Finanzkrise zu einem nicht unwesentlichen Teil die Haftung und damit auch die Verantwortung für öffentliche und privatwirtschaftliche Bankaktivitäten übernommen. Gerade das Bundesministerium der Finanzen ist über die (Teil-)Verstaatlichung von systemrelevanten Kreditinstituten zu einem wichtigen Gestalter auf dem Finanzmarkt avanciert. Damit geht der Staat weit über die traditionelle Rolle als Aufsichtsinstanz hinaus. Mit der konsequenten Intervention in der Krise hat er die Systemstabilität gesichert und seine Handlungskompetenz demonstriert.

Mit derselben Intensität ist der Staat nun aber auch gefordert, seine Gestaltungsrolle wahrzunehmen und die notwendigen Strukturanpassungen zu realisieren - ganz im Sinne des Steuerzahlers. Aufgrund divergierender Interessenlagen der unterschiedlichen Akteure wurden die notwendigen Strukturanpassungen bisher jedoch regelmäßig verzögert, was die Kosten des Veränderungsprozesses immer weiter in die Höhe treibt. Jetzt gilt es, diesen Zustand zu beenden. Als verantwortlicher Verwalter von Steuergeldern und öffentlichem Vermögen kann der Staat nicht weiter als "stiller Beobachter" verharren. Die Entwicklungsdynamik in anderen Europäischen Ländern, insbesondere in Spanien, zeigt auf, dass die konsequente Umsetzung eines von der Regierung mitgestalteten "Master-Plans" in einem Wettbewerbsprozess (Kauf Banco de Valencia durch Caixa Bank) möglich ist. Die Grundlagen sind geschaffen, damit jetzt zukunftsfähige Strukturen errichtet werden - Abwicklungsbanken und spezialisierte Dienstleister spielen dabei eine zentrale Rolle.

Neue Servicer als Teil der Lösung

Abwicklungsbanken oder häufig auch als "Bad Banks" oder "Banco Nolo" titulierte Institutionen bieten Finanzinstituten die Möglichkeit, ihre Bilanzen von nicht-strategischen und/oder belasteten Aktiva zu entlasten und damit Eigenkapital für das Kerngeschäft "frei zu machen". Die Idee derartiger "Bad Banks" ist nicht neu. In Schweden gelang es, mit ihrer Hilfe in den neunziger Jahren die dortige Bankenkrise erfolgreich zu beenden. Gleichzeitig nahm der Staat die erforderlichen Strukturanpassungen vor und konsolidierte den Bankenmarkt. Dieser Ansatz ist auch für Deutschland und weit darüber hinaus richtig. Abwicklungsbanken und neue spezialisierte Servicer sind in der Lage, ihren Beitrag zu leisten, um strategische Anpassungen vorzunehmen. Durch diese Institutionen wird für Banken die Möglichkeit geschaffen, ganze Geschäftsfelder zu übertragen, um Anpassungsprozesse zu beschleunigen, insbesondere da sich Finanzdienstleister mit nachhaltigen Veränderungen in den Märkten auseinandersetzen müssen.

Derzeit sitzen europäische Banken auf nicht-strategischen Aktiva im Volumen von rund 2,5 Billionen Euro, für die zeitnah alternative Lösungen zu entwickeln sind. Dabei treten sowohl interne wie externe Restrukturierungseinheiten auf den Plan. Ihre Aufgabe ist es, diese Portfolios schnell und kostengünstig abzubauen. In diesem Zusammenhang kann Outsourcing eine bedeutende Rolle spielen mit der Kon sequenz, dass die klassischen Produktionsketten grundlegend neu de finiert werden. Bereiche wie etwa Risikomanagement, Portfoliooder Finance-Services, die früher als originäre Funktionen von Banken galten, stehen zur Disposition. Dies gilt insbesondere für den Abbau nicht-strategischer Portfolios.

Wir befinden uns am Beginn eines Prozesses der "schöpferischen Zerstörung" der klassischen Wertschöpfungskette im Banking gemäß Joseph A. Schumpeter. Im Vergleich zu anderen Branchen, wie etwa der Automobilindustrie, hat es lange gedauert, bis industrielle und arbeitsteilige Prozesse überhaupt Einzug in die Finanzwirtschaft hielten. Transaktionsbanken, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwickler sowie Kreditfabriken sind heute international und teilweise sogar in Deutschland Standard. Hierbei handelt es sich noch um eine minimalinvasive Form der Bank-Industrialisierung. Die Erfordernisse und Möglichkeiten der Spezialisierung, Fokussierung und mithin der industriellen Arbeitsteilung à la Adam Smith und David Ricardo gehen deutlich weiter. Auch Banken werden ihre eigene Fertigungstiefe beziehungsweise ihren Wertschöpfungsanteil weiter fokussieren und reduzieren. Immer weiter spezialisierte Dienstleister werden diese Teile der Wertschöpfungskette vollständig übernehmen und weiterentwickeln. Die Erfahrung lehrt, reife Märkte differenzieren sich immer weiter aus und bilden auf diese Weise Nischen für Spezialanbieter. Gleichzeitig vermögen moderne IT-Strukturen Transaktionskosten zwischen den Marktteilnehmern deutlich zu reduzieren. Dies zusammen bildet den Nährboden für eine weitere, gleichsam revolutionäre Stufe der Industrialisierung von Banken.

Gezielte Anpassung der Geschäftsmodelle

Die Fremdvergabe von Dienstleistungen ist in diesem Kontext mit vielen Vorteilen verbunden. Neben der Freisetzung von Managementkapazitäten können Banken an Fixkostendegressionen partizipieren, die sich durch Skalenvorteile infolge der Nutzung etablierter Plattformen ergeben. Gleichzeitig können Kreditinstitute von der spezifischen Expertise professioneller Servicer profitieren, die sich insbesondere hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen beim Management komplexer Portfolios bestens auskennen. Darüber hinaus übertragen Banken auf diese Weise operationelle Risiken auf den spezialisierten Dienstleister. Im Gegenzug können sie ihre eigenen Ressourcen auf ihr Kerngeschäft fokussieren.

Die meisten Banken sind aktuell maßgeblich mit Fragen hinsichtlich ihrer Refinanzierung und Kapitalausstattung sowie neuen Regulierungsanforderungen ("Tsunami") konfrontiert. Auf der Refinanzierungsseite ist der Zugang zu unbesicherten Anleihemärkten weiterhin beschränkt. Der Pfandbriefmarkt steht ebenfalls nur noch sehr begrenzt für das Funding zur Verfügung. Die Refinanzierung in ausländischen Währungen ist für europäische Banken häufig nur noch schwer und - wenn überhaupt - zu hohen Preisen möglich. Parallel verteuert sich der Preis für Kapital bei gleichzeitig höheren Kapitalanforderungen für Banken infolge verschärfter Regulierung. Als Reaktion der Verknappung und Verteuerung des Kapitals als wesentlichem Produktionsfaktor für Banken werden diese ihre Bilanzsummen spürbar reduzieren und spezifisch an ihrer Ergebnissteuerung ausrichten. Neben einem strikten Kostenmanagement werden Banken gezielt Risikopositionen abbauen und ihr Geschäftsmodell konsequent auf ihre Kernkompetenzen ausrichten. Hierdurch ergibt sich ebenfalls ein großes Potenzial auf dem Outsourcing-Markt für Banken.

Die Spezialisierung innerhalb der Wertschöpfungskette von Finanzprodukten steigt in diesem Prozess weiter an. Banken und Sparkassen werden sich verstärkt auf die Beratung und den Vertrieb von Bankdienstleistungen konzentrieren. Aktivitäten im sogenannten Backoffice, der Abwicklung und Administration von Portfolios bieten sich gleichzeitig für Outsourcing-Lösungen an. Einerseits ist hiervon nicht unmittelbar die Kundenbeziehung betroffen, sodass im Rahmen eines Outsourcing kaum Differenzierungsoptionen am Markt verloren gehen. Andererseits sprechen erhebliche Skalierungsvorteile und der Aufbau von Spezialistenwissen für eine Fremdvergabe dieser Leistungen. Auch Bereiche, die ehemals als per se nicht auslagerungsfähig galten, werden künftig eine gänzlich andere Einwertung erhalten. So wird sich ein Outsourcing-Markt unter anderem für Aufgaben des Risikomanagements, Finance & Controlling-Services sowie Platt formdienstleistungen im Bereich Kredit- und Wertpapieradministration, Operationsdienst leistungen für Kapitalmarktprodukte und IT-Services etablieren.

Gnadenfrist durch EZB-Liquiditätsprogramm

Geschwundenes Vertrauen der Kunden und das niedrige Zinsniveau sorgen dafür, dass Banken umdenken und neue Wege beschreiten müssen. Viele europäische Banken haben die erforderlichen Weichenstellungen noch nicht vorgenommen. Sie zehren noch von einer Gnadenfrist, solange die EZB den Geldhandel zwischen den Banken ersetzt. Was aber wären die Folgen, wenn die Zentralbank ihr Liquiditätsprogramm beenden würde? Eine nächste Bankenkrise wäre zu befürchten. Gerade deshalb gilt es jetzt zu handeln und Alternativangebote anzubieten. Einige Großbanken reagieren bereits und bauen ihre Strukturen um. Das Investmentbanking wird kleiner, weniger komplex und vor allem weniger kapitalintensiv. Der Paradigmenwechsel der UBS möge hier als Beispiel dienen.

Durch neue Servicer, die ihre Expertise beim Abbau von Portfolios einbringen, erscheint es möglich, dass sich auch auf der Seite der Kapitalallokation neue Strukturen herausbilden. Neben der Etablierung von Restrukturierungseinheiten für nichtstrategische Portfolios und Portfolioverkäufen/Anlageopportunitäten in den traditionellen Bankmärkten entwickelt sich ein neuer Markt, der auch Investitionsmöglichkeiten für Nichtbanken und Finanzinvestoren bietet. So sind insbesondere Versicherungen und andere Finanzinvestoren auf der Suche nach neuen Assets in differenzierten Risiko-Rendite-Klassen. Aufgrund der extremen Niedrigzinsphase an den Geld- und Kapitalmärkten können spezialisierte Anbieter, die einen Marktüberblick über Abwicklungsportfolios und gleichzeitig Kompetenzen hinsichtlich deren Servicierung besitzen, als qualifizierter und integrierter Asset Manager agieren. Der große Vorteil, den die neuen Servicer vor diesem Hintergrund bieten, ist ihre Unabhängigkeit und Neutralität. Da sie selber nicht als "Kreditinstitut" im traditionellen Sinne ("Vermietung der Bilanz") am Markt auftreten, agieren sie als unabhängiger Mittler sowohl bei der Ausführung als auch der Betreuung von Kundenmandaten.

Gleichzeitig verfügen diese neuen, spezialisierten Asset Manager über die erforderlichen modernen IT-Systeme und Plattformen für die Analyse und Bewertung von Risiken. Hierdurch ergibt sich eine grundsätzlich neue Struktur und Qualität in der Servicierung von Portfolios und damit der Intermediation am Finanzmarkt - der "Disintermediation 2.0".

Konsequente Fortsetzung der Marktbereinigung

Die Finanz- und Staatsschuldenkrise hat die gravierenden Strukturdefizite im deutschen und europäischen Bankenmarkt schonungslos offengelegt. In der Krise konnte durch das Eingreifen des Staates und der Zentralbanken ein Systemversagen des Finanzmarktes vermieden werden. Jetzt kommt es darauf an, dass die eingeleitete Marktbereinigung konsequent fortgesetzt wird, damit der Bankenmarkt in Deutschland zukunftsfähig aufgestellt wird.

Aufgrund der notwendigen weiteren Konsolidierung auf der Angebotsseite stehen die Finanzinstitute damit vor tief greifenden Restrukturierungen, um insbesondere ihre Kostenstrukturen nachhaltig zu entlasten und knappe Ressourcen auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. In diesem Prozess werden die traditionellen Wertschöpfungsketten von Kreditinstituten neu definiert. Zu erwarten ist eine weitere Spezialisierung innerhalb der Produktionsprozessketten von Finanzprodukten. Gerade im Backoffice-Bereich von Banken werden sich für spezialisierte Serviceanbieter neue Marktpotenziale ergeben. Mit ihrem spezifischen Know-how, der Möglichkeit, Größenvorteile durch Skaleneffekte zu realisieren, und ihrer Neutralität hinsichtlich der Kundenbetreuung werden diese Portfolio-Servicer dazu beitragen, den europäischen Bankenmarkt effizienter und damit zukunftsfähig zu gestalten. Dabei wird der Staat aufgrund seiner Eigentümerposition gefordert sein, den Strukturwandel zielgerichtet voranzutreiben.

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