Aufsätze

Risikomanagement für Funds-of-Hedge-Funds

In verschiedenen Studien wurde festgestellt, dass Risikomanagement mehr und mehr zum ausschlaggebenden Faktor für eine Anlageentscheidung in Funds-of-Hedge-Funds wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Zahl der institutionellen Anleger, die an alternativen Anlagestrategien interessiert sind, kontinuierlich wächst.

Im Unterschied zu Privatkunden müssen institutionelle Anleger eine Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften beachten. Darüber hinaus sind sie auf der Suche nach Funds-of-Funds, die auf ihre traditionelle Asset Allocation abgestimmt sind und sich in ihrem Risikomanagementsystem integrieren lassen. Institutionelle Anleger sehen sich zudem im Falle von Wertverlusten mit einem erheblichen Risiko negativer Schlagzeilen (Headline Risk) konfrontiert.

Risikotypen

Bei der Betrachtung traditioneller Funds-of-Hedge-Funds wird deutlich, dass dem Risikomanagement auf drei verschiedenen Ebenen eine entscheidende Aufgabe zukommt. Erstens: die zugrunde liegenden Hedge-Fund-Anlagen, die sorgfältig ausgewählt und laufend überprüft werden müssen. Zweitens: das Portfolio - ein einzelner Dachfonds setzt sich aus mehreren zugrunde liegenden Fonds zusammen. Drittens: die Dachfondsgesellschaft, die in der Hauptsache operationelle Risiken sowie Geschäftsrisiken trägt (ein Bereich der nachstehend aufgrund seiner umfänglichen Komplexität nicht erläutert wird).

Aufgrund der Besonderheit von Hedge Funds - größere Freiheit bei der Wahl der Anlagestrategien - scheint es sinnvoll, zwischen zwei allgemeinen Risikotypen zu unterscheiden: Strategierisiken und Strukturrisiken. Im Gegensatz zur gängigen Meinung ist Leverage an sich weder ein Risikotyp noch ein Risikomaß, sondern ein Instrument zur Steuerung der Rendite und des Risikos.

Strukturrisiken bezeichnen Risiken, die sich aus der Geschäftsstruktur, den operativen Abläufen und dem Management eines Hedge Funds ergeben. In der klassischen Kategorisierung der Risikotypen werden viele dieser Risiken unter dem Überbegriff , operationelle Risiken' zusammengefasst. Unter operationellen Risiken versteht man nach der gängigen Definition die Gefahr eines direkten oder indirekten Verlustes infolge unzureichender oder fehlerhafter interner Prozesse, Personen und Systeme oder externer Ereignisse. Die Strukturrisiken müssen vom Fund-of-Hedge-Funds-Manager sehr sorgfältig im Rahmen eines pro-aktiven Risikomanagements sowie der laufenden Risikomessung und des laufenden Risikomanagements analysiert und vermieden werden.

Strategierisiken sind die Risiken der Anlagestrategie und ihrer Umsetzung. Die Anlagestrategie bestimmt die Art und Weise, wie der Manager investiert, welche Instrumente er auf welchen Märkten einsetzt und auf welche Chancen und Renditequellen er abzielt. Diese Risiken werden in der Regel unter den Risikotypen Markt-, Liquiditäts- und Kreditrisiko zusammengefasst. Marktrisiko ergibt sich aus Preisveränderungen von Finanzanlagen. Kreditrisiko besteht darin, dass der Kreditgeber oder die Gegenpartei ihren Verpflichtungen gemäß den vereinbarten Konditionen nicht nachkommt. Liquiditätsrisiko schließlich wird in zwei Unterkategorien aufgeteilt: Trading Liquidity Risk und Funding Liquidity Risk. Es besteht eine enge Wechselbeziehung zwischen diesen Risikotypen, die insbesondere bei Marktkrisen stark ausgeprägt ist. Die Risiken müssen daher im Rahmen eines einheitlichen, integrierten Ansatzes gemanagt werden.

Leverage

Der Einsatz von Leverage ist unter Hedge-Fund-Managern weit verbreitet und gleichzeitig für den Anleger oftmals ein wesentlicher Grund zur kritischen Betrachtung. Leverage an sich ist allerdings kein Risikotyp, sondern ein Instrument zur Steuerung der Renditeverteilung eines Portfolios.

In der Finanzdienstleistungsbranche wird gemeinhin zwischen Brutto- und Netto-Leverage unterschieden. Ersterer entspricht der Summe aus dem Marktwert des Wertpapierbestandes und dem Marktwert der leerverkauften Wertpapiere geteilt durch das Eigenkapital. Der Netto-Leverage ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Marktwert des Wertpapierbestandes und dem Marktwert der leerverkauften Wertpapiere geteilt durch das Eigenkapital.

Oftmals wird ins Feld geführt, dass Hedge Funds, die einen hohen Fremdkapitalanteil einsetzen, im Verhältnis zu Fonds mit einem niedrigeren Leverage riskanter sind. Dies ist aber nur für homogene Anlagestile zutreffend, da ein Fremdkapitaleinsatz Rendite und Risiko gleichermaßen vergrößert. Leverage ist daher kein Risikomaß. Bei gewissen Strategien können Gewinne nur mit dem Einsatz von Leverage erzielt werden. Leverage muss daher stets im jeweils richtigen Kontext analysiert werden. Es scheint in diesem Zusammenhang sinnvoll, zwischen Finanzierungs-Leverage (Balance Sheet Leverage) und Instru-menten-Leverage zu unterscheiden.

Risikoüberwachung und -management

Die systematische Ermittlung und Bewertung von Risiken ist die Voraussetzung für eine wirksame Risikokontrolle. Sind die potenziellen Risiken einmal identifiziert, müssen sie auch gesteuert werden. Strategien des Risikomanagements sind die Annahme, Übertragung, Eliminierung und Kontrolle von Risiken. Dabei fallen Annahme, Übertragung und Eliminierung unter das pro-aktive Risikomanagement, die Kontrolle hingegen ist das Ziel des laufenden Risikomanagements und der Risikomessung.

Bei der Risikomessung wird das Ausmaß des mit einem gegebenen Portfolio verbundenen Risikos analysiert. In diesem Sinne ist die Risikomessung ein passiver, vergangenheitsorientierter Ansatz ähnlich einer bilanztechnischen Prüfung. Das Risikomanagement reicht über die bloße Risikomessung hinaus: Beim Risikomanagement wird das Risiko auf der Grundlage von Risikokennzahlen in optimaler Weise auf die verschiedenen Vermögenswerte verteilt. Mit Hilfe anderer Risikokennzahlen werden die Engagements überwacht und angepasst. Risikomanagement ist jedoch ohne eine entsprechende Liquidität des Fonds nicht möglich.

Transparenz

Unter traditionellen Anlegern herrscht verbreitet die Ansicht, Hedge-Fund-Anlagen funktionieren wie eine , Black Box'. Diese Meinung ist nicht zu teilen. Oftmals liegt es am nicht ausreichenden Verständnis oder an unzureichender Differenzierung seitens der Anleger oder Vermögensverwalter, wenn Hedge Funds als intransparente Anlagen wahrgenommen werden. Transparenz ist dann gegeben, wenn die für umsichtige Anlageentscheidungen notwendigen Faktoren überprüft werden können. Ein ausreichendes Maß an Transparenz und ein richtiges Verständnis der Anlagestrategie sind für Anlageentscheidungen von entscheidender Bedeutung. Um der Besonderheit von Hedge-Fund-Anlagen gerecht zu werden, muss aber zunächst die Frage geklärt werden, in welchem Umfang ein Anleger Transparenz überhaupt erwarten kann und einfordern sollte.

Manager, die sich auf Hedge-Fund-Anlagen spezialisiert haben, nutzen zur Erzielung von Renditen ihre Spezialkenntnisse, um unter anderem in Arbitragechancen, Preis-Wert-Unterschiede, falsch eingeschätzte Markt-Situationen, schwer zu bewertende Instrumente oder zeitlich begrenzte Preisverschiebungen zu investieren. Dabei gehen sie gewisse Risiken ein, die andere Marktteilnehmer kaum beherrschen. Versierte Manager achten aber nicht auf Anlagemöglichkeiten, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, sondern auf künftige Gewinnchancen. Manager, die erfolgreich Gewinnpotenziale antizipieren, richten ihr Augenmerk auf vernachlässigte, komplexe oder falsch interpretierte Situationen und setzen die zu deren Nutzung notwendigen Instrumente und Techniken ein.

Es kann nicht im Interesse der Anleger sein, dass Manager, die informationssensitive Strategien umsetzen, durch uneingeschränkte Offenlegung aller Positionen umfassende Transparenz herstellen. Das Risiko eines , Short Squeeze' oder eines Duplikationseffekts macht deutlich, dass die Forderung nach vollständiger Transparenz die Risiken einer Strategie erhöhen und schlimmstenfalls die Anlageperformance nachhaltig beinträchtigen kann. Die Forderung nach umfassender Transparenz für alle Hedge Funds muss daher relativiert werden: Es ist vielmehr eine Transparenz erforderlich, die der zugrunde liegenden Strategie angemessen ist.

Pro-aktives Risikomanagement

Pro-aktives Risikomanagement ist ein integraler Bestandteil des Anlageentscheidungsprozesses. Es kommt sowohl bei der Asset Allocation (Wahl der optimalen Kombination von Hedge-Fund-Strategien) als auch bei der Due Diligence (Wahl der für eine Anlage geeigneten Hedge Funds) zum Tragen. Die Entscheidungen bezüglich der Asset Allocation und die Ergebnisse der Due Diligence werden in der Portfoliokonstruktion umgesetzt. Das Ergebnis ist ein Portfolio mit einem spezifischen Risikoprofil, das den besonderen Anforderungen der Anleger entsprechen sollte.

Asset Allocation: Das Hauptziel der Asset Allocation besteht in der Konzeption eines Portfolios mit einem den Kundenerwartungen entsprechenden Risikoprofil. Die hierfür geeignete Kombination von Hedge-Fund-Strategien wird unter Berücksichtigung der Portfolioeffekte festgelegt. Die Strategiediversifikation bezweckt die Minderung des Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisikos. Dieser Top-down-Ansatz ist allerdings nur dann effektiv, wenn die Strategierisiken sorgfältig identifiziert sind und darüber hinaus die Risikofaktoren beurteilt werden.

Die Asset Allocation hat sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Mit Hilfe quantitativer Methoden, insbesondere Optimierungsalgorithmen, lassen sich die Diversifikationsvorteile bewerten, die sich aus der Kombination der Hedge-Fund-Stile ergeben. Um aber aussagekräftig zu sein, sollten quantitative Ansätze den Besonderheiten von Hedge-Fund-Strategien Rechnung tragen.

Evaluation und Auswahl der Manager

Da historische Renditen schlechte Indikatoren für die künftige Performance sind, erweist sich eine Asset Allocation auf der Grundlage von zukunftsorientierten Rendite- und Risikoschätzungen, die eine qualitative Attraktivitätsanalyse der verschiedenen Strategien beinhalten, als vorteilhaft. Die Bewertung der Attraktivität wiederum setzt ein vertieftes Verständnis der ökonomischen und finanziellen Faktoren voraus, welche die Performance der einzelnen Strategien beeinflussen.

Due Diligence: Im Mittelpunkt der Due Diligence stehen Evaluation und Auswahl der Hedge-Fund-Manager. Als Teil des aktiven Risikomanagementsystems zielt die Due Diligence auf die Minimierung der Strukturrisiken und auf die Bewertung der für jeden Fonds spezifischen Strategierisiken sowie der Fähigkeiten des Managers zur Steuerung dieser Risiken ab. Die Due Diligence ermöglicht in Bezug auf die Strategierisiken ein klares Verständnis der Faktoren, welche die Performance und das spezifische Risikoprofil des einzelnen Managers beeinflussen. Dies ist von größter Bedeutung, da einzelne Hedge Funds normalerweise in kein allgemeines Stilschema passen. Hierzu bedarf es der Fähigkeit, die Handelsstrategien eines Managers zu verstehen und zu bewerten. Die Strategieevaluation ist nicht gleichzusetzen mit der Überprüfung von Positionen oder Risiken. Sie setzt profunde Kenntnisse der verschiedenen Märkte, Vermögenswerte und Anlagechancen voraus.

Die Due Diligence ist aber weitaus mehr als die Bewertung einer Handelsstrategie. Sie beinhaltet auch eine umfassende Analyse des Geschäftsmodells zur Vermeidung von Strukturrisiken. Ein sehr erfolgreicher Eigenhändler mit einer herausragenden Erfolgsbilanz ist nicht zwangsläufig auch ein guter Hedge-Fund-Manager. Ein Hedge-Fund-Manager muss nicht nur mit Erfolg sein Portfolio verwalten, sondern auch eine Geschäftsstrategie entwickeln und ihre Einhaltung überwachen, talentierte Mitarbeiter gewinnen und an sich binden sowie eine vollständige Infrastruktur für Vertrieb, IT, Administration und Risikomanagement aufbauen.

Die Due Diligence ist größtenteils qualitativer Natur. Die quantitative Analyse der Wertentwicklung in der Vergangenheit kann sinnvoll sein, wenn verlässliche Daten vorliegen.

Portfoliokonstruktion

Die Portfoliokonstruktion basierend bei den Hedge-Fund-Anlagen, die die Due- Diligence-Prüfung mit Erfolg bestanden haben, entsprechend der definierten Asset Allocation. Die Manager-Diversifikation dient dem Abbau verbleibender Strukturrisiken, die vom Due-Diligence-Prozess nicht erfasst wurden. Hierzu ist es sinnvoll, für Single Hedge Funds Allokationslimits zu definieren. Diese Limits richten sich nach der Erfahrung des Hedge-Fund- Managers und nach der Qualität der Beziehung zu ihm.

Die Portfoliokonstruktion ist mehr als ein rein mechanischer Prozess. Die Kenntnis, wie die Risiken der einzelnen Manager interagieren, ist für eine effiziente Diversifikation der Strategierisiken von großer Bedeutung, da die Manager-Diversifikation nicht automatisch eine Diversifikation der Strategierisiken zur Folge hat. Das Portfolio sollte darüber hinaus so konzipiert werden, dass es für die Dauer des Anlagehorizonts des Anlegers das gewünschte Risikoprofil aufweist. Hierzu sind ein gutes Urteilsvermögen und Erfahrung wichtiger als die Analyse einzelner Positionen oder Engagements. Diese sind Momentaufnahmen, deren Informationswert im Verhältnis zum Zeithorizont des Anlegers in der Regel nur kurze Zeit relevant sind.

Laufende Risikomessung und -management

Durch das laufende Risikomanagement und die -messung werden die aktuellen Struktur- und Strategierisiken auf Anlage- und Portfolioebene permanent beurteilt. Die ständige Überwachung und das Management sind das tragende Gerüst eines soliden Kontrollsystems. Hierfür sind Disziplin, die Implementierung von Prozessen und die ex-ante Definition korrigierender Maßnahmen im Falle eines Risikoereignisses erforderlich.

Eine kontinuierliche Due Diligence kommt einer dynamischen Überprüfung der Strategierisiken eines Hedge Funds gleich. Besonderes Augenmerk sollte potenziellen Veränderungen der Handelsmodelle und -algorithmen, Erweiterungen der Palette der gehandelten Instrumente und Veränderungen der geografischen Allokationen geschenkt werden.

Darüber hinaus müssen die Strategierisiken auf Fondsebene intern eingehend überwacht und gesteuert werden, um frühzeitige Warnhinweise auf Stilverschiebungen (Style Drift) und Performanceverschlechterungen zu erhalten. Die Analyse von Stilverschiebungen ist wichtig, da Hedge-Fund-Manager Risiken in ihren Kompetenzbereichen eingehen sollten. Stilverschiebungen sind bei Strategien, die an Attraktivität verlieren, häufiger zu beobachten.

Die laufende Risikoüberwachung beinhaltet auf Portfolioebene die Überprüfung der Asset Allocation. Hierzu muss die Entwicklung der Performancefaktoren systematisch überwacht werden. In welchem zeitlichen Abstand solche Überprüfungen durchzuführen sind, hängt von der Liquidität der zugrunde liegenden Strategien ab. Die Risikoüberwachung auf Portfolioebene bedingt die laufende Aggregation der eingegangenen Risikoengagements.

Die vorrangige Aufgabe von Funds-of-Hedge-Funds in Bezug auf die Risikokontrolle ist die Vermeidung von Strukturrisiken und die Erarbeitung eines Risikoprofils, das den Bedürfnissen der Anleger entspricht. Strukturrisiken sind deshalb zu vermeiden, weil der Anleger für diese Art von Risiko nicht entschädigt wird. Eine sorgfältige Due Diligence und die damit verbundene Analyse des Geschäftsmodells tragen dazu bei, diese Risiken zu minimieren. Die verbleibenden Strukturrisiken werden durch die Manager-Diversifikation weiter reduziert.

Die Forderung nach umfassender Transparenz für alle Hedge Funds muss relativiert werden: Es ist eine Transparenz erforderlich, die der zugrunde liegenden Strategie angemessen ist. Eine sorgfältige Due Diligence und Risikoüberwachung geben ausreichenden Aufschluss über das Risikoprofil.

Aufgabe des gesamten Unternehmens

Risikomanagement kann nicht auf die Berichterstattung der Erfüllung regulatorischer Vorschriften beschränkt werden. Das Risikomanagement ist vielmehr in den gesamten Anlageprozess integriert und als eine Aufgabe des gesamten Unternehmens zu betrachten. Risiken sind die Kehrseite von Renditen. Die Wahl von Hedge Funds dient der Identifizierung und Bewertung von Risiken. Bei der Asset Alllocation und Portfoliokonstruktion hingegen steht die Risikoattribution im Vordergrund. Im Rahmen dieser Parameter fällt dem unabhängigen Risikomanagementteam, das vom Management unterstützt wird, die Aufgabe zu, die Konstanz und Angemessenheit des Risikomanagements sicherzustellen.

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