Aufsätze

Spezialfondsmanagement im Dienst der Gesamtbanksteuerung

Verbessertes Risikomanagement, um mehr Alpha freizulegen - das Ziel ist den meisten klar. Aber nur wenige Banktreasurer haben die notwendigen Spielräume dafür. Dabei böten die Bankbilanzen reichlich ungenutztes Potenzial, wenn eine konsequente Diversifizierung über alle Bankbücher hinweg stattfände. Große Potenziale liegen somit in der Gesamtbanksteuerung. Ein neuartiges Spezialfondskonzept weist nun den Weg für ein integriertes Risikomanagement, ohne dass das vorhandene Steuerungsinstrumentarium ersetzt werden muss.

Unzureichende Darstellung des Gesamtbankrisikos

Harry Markowitz ist heute Allgemeingut. Seit der erstmaligen Veröffentlichung vor gut einem halben Jahrhundert sind seine Überlegungen zur Portfolio Selection und Risikodiversifikation zum Handwerkszeug jedes Asset Managers geworden. Und doch sind viele Banken und Sparkassen noch weit davon entfernt, diese Erkenntnisse optimal zu nutzen.

Bei vielen Instituten werden Zinsbuch und Kredite unabhängig voneinander betrachtet. Damit ist das Risiko der Gesamtbank nur unzureichend charakterisiert. Um wie viel mehr gilt dies, wenn noch weitere Risikotreiber ins Spiel kommen wie zum Beispiel Beteiligungen, Bauspargeschäft und das Anlagenbuch (Depot A). Alles, was mit Risiko behaftet Ertrag bringt, bietet Diversifizierungspotenzial und gehört in eine integrierte Gesamtbanksteuerung hinein.

Lösung: ein Spezialfonds als "Komplementär". Für die meisten Institute dürfte das indessen als zu aufwendig und mit der angestrebten Cost Income Ratio unvereinbar erscheinen. Für sie hat Allianz Global Investors in Kooperation mit der HSH-N Financial Markets Advisory AG (FMA) ein innovatives Konzept entwickelt, das diese Steuerung quasi extern ermöglicht. Als Mittel zum Zweck fungiert dabei ein Dach-Spezialfonds, der die Diversifizierungsaufgabe übernimmt und zwar, indem er die vorhandene Risikostruktur der Institute durch gegenläufige Risiken - und Ertragschancen! - ausgleicht (siehe Kasten: Ba-lanced-Bank-Konzept). Der Fonds kann als ergänzende Anlage teilweise oder ganz fremdfinanziert werden.

Die Idee ist klar: Eine solche ergänzende Diversifizierung führt dazu, dass das Risikoprofil des gesamten Bankportfolios niedriger liegt als die Summe seiner einzelnen Bücher. Anders gesagt: Der Fonds kann in Titel mit höherem Risikoprofil - und höheren Ertragschancen - investieren, die eine Outperformance gegenüber dem bisherigem Nettoergebnis in Aussicht stellen, ohne das Risikobudget der Bank insgesamt zu erhöhen. Im Durchschnitt, so haben repräsentative Modellrechnungen ergeben, kann damit eine Outperformance von zirka 100 Basispunkten erwartet werden.

Dies ist allerdings nicht allein dem reinen Diversifikationseffekt zuzuschreiben - auf ihn, sprich auf die strategische Asset Allocation, würde mit 50 Basispunkten (bp.) nur rund die Hälfte entfallen. Die andere Hälfte ist der Möglichkeit einer besseren taktischen Asset Allocation - zirka 20 bp. - und den Vorteilen aus der Managerselektion zirka 30 bp. - zuzuschreiben.

Kernstück Benchmarking ...

Herzstück des Konzepts ist die Verschränkung der Gesamtbankanalyse mit einem "handelsüblichen" Asset Management in der Form des Dach-(Spezial-)fonds. Und die erste Frage lautet natürlich: Wie kann man so unterschiedliche Geschäftsformen wie Kreditgeschäft, Immobilienfinanzierung und Bauspargeschäft, Beteiligungen, Direkt- und Fondsanlagen auf "einen einheitlichen Nenner" bringen, um zunächst einmal den aktuellen Risikograd einer Gesamtbank zu bestimmen und Diversifizierungspotenziale aufzuspüren?

Die Antwort: Indem die unterschiedlichen Einzelgeschäfte mit ihren unterschiedlichen Charakteristika (etwa Duration, Rating, Volatilität) in Benchmarks abgebildet und zusammengefasst werden - Benchmarks oder Indizes, die vom Kapitalmarkt her gängig und bekannt sind. Damit wird ein durchgängiges Risikoprofil ablesbar und die Möglichkeit geschaffen, vor dem Hintergrund der Ziele und Steuerungssystematik der Bank die Diversifizierungspotenziale aufzuspüren, die eine Zusatzperformance gegenüber dem Status quo versprechen.

... und Strukturabgleich mit dem Kapitalmarkt

Auf diese Weise wird das Bankportfolio praktisch in ein Kapitalmarktportfolio übersetzt, für das konsistente Ertragsprognosen entwickelt und Risikoszenarien beschrieben werden können. Auf dieser Basis kann somit eine optimierte Asset Allocation der Bank modelliert werden. Diese Optimierung wird in dem Balanced-Bank-Spezialfonds umgesetzt. Wie in einem Brennglas werden also alle Ertrags-Risiko-Diversifizierungsmöglichkeiten aus dem gesamten Bankportfolio in diesem Fonds gebündelt. Der Aufgabenbereich des Banktreasurers für die weiteren Investitionsentscheidungen ist davon unberührt.

Es ist klar, dass der Fonds dafür eine gewisse Größenordnung haben muss. Der Fonds sollte fünf Prozent der Bilanzsumme ausmachen, mindestens aber 50 Prozent des barwertigen Nettovermögens der Bank.

Mehr als nur klassische Markowitz-Optimierung

Mit seiner Konstruktion geht der Fonds noch über die klassische Markowitz-Optimierung hinaus: Denn die Berechnungen von Renditen, Korrelationen und Kovarianzen der Einzelanlagen beruhen nicht nur auf historischen Daten wie bei Markowitz, sondern zudem auf individuellen Expertenprognosen, die in Verbindung mit einer Konfidenzangabe in die Portfolio-Konstruktion einfließen (sogenannte bayesianische Optimierung).

Die Optimierung der Asset Allocation ist aber nicht der alleinige Ertragsbringer des Konzepts. Ein wesentlicher Teil der Outperformance soll auch durch die Allokations- und Selektionsleistung des Asset Managers erbracht werden. Das Vehikel dafür: ein individuell zugeschnittener Dach-Spezialfonds, der in Publikumsfonds investiert. Warum Publikumsfonds? Das Universum an Publikumsfonds ist inzwischen so differenziert und schnell handelbar, dass ein Multi-Asset-/Multi-Stil-Fonds auch in begrenzter Größenordnung effizient gemanagt werden kann. 14 Assetklassen sind vorgesehen: Euribor-Drei-Monate, Renten gleitend zehn Jahre, US Staatsanleihen, Aktien Europa, USA, Japan und Emerging Markets, Corporate Bonds Europa, USA und Global, Emerging Markets Bonds und High Yield Bonds, Wandelanleihen, Rohstoffe und Immobilien/REITs. Die Managementleistung ruht dabei auf drei Säulen:

- erstens einer versierten Managerselektion, die ein intensives Fondsresearch und eine breit angelegte Fondsdatenbank zur Voraussetzung hat;

- zweitens erfolgreichen laufenden taktischen Allokationsentscheidungen, für die Spielräume von maximal plus/minus fünf Prozent je Assetklasse zur Verfügung stehen;

- drittens einer quartalsweisen Überprüfung der strategischen Asset Allocation.

Kaum ein institutioneller Investor wird vermutlich in so dichter Folge sein AL-Modell und die strategische Allokation einer Revision unterziehen. Aber mehr als anderswo gilt auch, dass sich gerade im Bankgeschäft die Märkte schnell ändern können.

Zeitige Anpassung ist da zwingend. Je weniger Risikobudget also für das Gesamtbankportfolio verbraucht wird, desto mehr Alpha bleibt für die Ergebnisrechnung übrig. Das war die Erkenntnis von Markowitz. Das sollte sie auch für eine moderne Gesamtbanksteuerung sein.

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