Gespräch des Tages

Treasury-Management-Systeme - Unternehmens-Finanzen im Griff?

Rudolf Schlett, Regional Vice President Central Europe, Trema Germany GmbH, Frankfurt am Main, schreibt der Redaktion: "In der Welt des Treasury ist man Abkürzungen gewohnt. Eine weitere Buchstaben-Kombination versetzt die Fachleute in Begeisterung: STP steht für Straight Through Processing und ist das Zauberwort für durchgängige Automatisierung von Treasury-Management-Prozessen. Die Kosten für die entsprechenden Technologie-Systeme im Hintergrund lassen sich durch ein großes Einsparungspotenzial rasch wieder erwirtschaften, sind die Lösungshersteller überzeugt. Kosteneinsparungen sind nur einer der Treiber für die Einführung eines STP-Treasury-Management-Systems: Gesetzliche Anforderungen von Sarbanes Oxley bis KonTraG verlangen den Nachweis, dass die selbstverständliche Transparenz des unternehmensweiten Finanzleistungsvermögens und die Kontrolle über das Finanzmanagement tatsächlich vorherrschen.

In neun von zehn Fällen fehlt es Prozessen im Corporate Treasury an Transparenz, weil die notwendigen Daten nicht aus einer Quelle stammen, sondern in unterschiedlichen Systemen verstreut sind. Beispielsweise nutzen Niederlassungen für ihre Kontenführung eine Bank-Workstation, die das lokale Finanzinstitut zur Verfügung gestellt hat. Das unternehmensweite Treasury dagegen nutzt ein bestimmtes System für ihre Valuta, ein weiteres für die Schulden- und Investment-Verwaltung und ein drittes für das Cash-Management. Fehlende Schnittstellen zwischen diesen unterschiedlichen Quellen erschweren durchgängig automatisierte Prozesse und einen Datenaustausch in Echtzeit. Die Folge daraus sind oft widersprüchliche Daten, so dass sich Fragen wie 'wie viel Barreserven haben wir weltweit?' oder 'wie sieht unser Exposure gegenüber dem einen oder anderen Geschäftspartner aus?' nicht ohne weiteres beantworten lassen.

Dieses Manko haben Unternehmen weltweit offenbar erkannt: Marktbeobachter von IDC/Financial Insights prognostizieren bis 2008 einen Sprung von 400 auf 600 Millionen US-Dollar für die jährlichen Investitionen in Treasury-Management-Anwendungen. Die jüngsten Lösungen bilden den gesamten Entwicklungszyklus von Geldgeschäften für alle erdenklichen Finanzinstrumente - wie Forex und Geldmarkt, Schulden und Investment, unternehmensinterne Anleihen oder Darlehen - ab. Dabei orientieren sie sich an der klassischen Unterteilung der Aufgabenbereiche von Front-, Middle- und Back-Office. Sichtbar für den Mitarbeiter im Front-Office ist zunächst nur die graphische Oberfläche des Systems an seinem Computer-Arbeitsplatz, über den er die Prognose für einen Cash-Flow eingibt. Die eingegebenen Grunddaten stehen weiteren nachgelagerten Stationen sofort zur Verfügung - eine der wichtigsten Voraussetzungen für STP. So kann unmittelbar danach begonnen werden, Positionen neu zu berechnen und gemäß dem Risiko interne Hedges zu arrangieren. Stehen die internen Hedges, kann die konsolidierte Position geprüft werden - das System erlaubt eine Gruppierung beispielsweise nach Währung oder Laufzeit - und die Netto-Position extern gehedgt werden. Direkt im Anschluss erfolgt die Risikoprofil-Prüfung im Middle-Office.

Kommt das Geschäft zustande, geht eine Benachrichtigung an das Back-Office, das automatisch eine Nachricht mit den Geschäftsdetails an die beteiligten Parteien schickt. Nach dem Datenabgleich erfolgt die endgültige Bestätigung. Da dem Cash-Management die Forecasting-, Funding- und Hedging-Daten von Anfang an zur Verfügung stehen, kann parallel an der täglichen Cash-Disposition gearbeitet werden und die Cash-Konzentration und das Funding lassen sich aus externen Bank-Accounts anschieben. Die eigentliche Zahlung erfolgt über direkte Verbindungen zu den verschiedenen externen Banken. Die Kontenabstimmung geschieht automatisch auf Grundlage des Bankenauszugs, der im Gegenzug zurückkommt. Hier hat die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) die technologische Grundlage geschaffen, auf der die meisten Hersteller ihre Lösungen aufsetzen. Der Zyklus schließt mit der finalen Buchung in einem integrierten Buchhaltungs-Modul.

Das Treasury-Management-System stellt auch die Verbindung zu externen Datenquellen wie zu Reuters, Forecast-Systemen, ERP-Anwendungen oder zusätzlichen Risikomanagement-Systemen für sehr komplexe Bewertungen her. Die Definition von Regeln und Ausnahmen bei der Einführung eines solchen Systems ermöglicht es, möglichst viele Arbeitsschritte zu automatisieren und maximales STP zu erreichen - mit dem entsprechenden Einsparungspotenzial.

Philips beispielsweise hat mit einer solchen Lösung durch das Netting von Zahlungen seine üblichen rund zwei Millionen Transaktionen pro Jahr auf 840 000 reduziert. 630 Einheiten des weltweiten Elektronik-Herstellers und -Lieferanten arbeiten in 40 Ländern mit solchen Cash-Management-Modulen. Externe und unternehmensinterne Zahlungs- und Finanzierungsaktivitäten sind darüber in einer so genannten Payment Factory zusammengefasst. Sie gibt die Standards für die Zahlungsprozesse vor und verringert die Anzahl der lokalen Bankbeziehungen, weil vor allem die Transaktionen der Standorte untereinander nicht mehr über externe Finanzinstitute ablaufen, sondern über Inhouse-Konten abgewickelt werden. Damit hat Philips seine externen Bankverbindungen von 50 auf zwei reduziert."

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