Gespräch des Tages

Verbriefungen - Entlastet, aber längst nicht rehabilitiert

Es ist keineswegs immer günstig, der Erste gewesen zu sein. Denn auch für diese Ausprägung gibt es stets eine positive wie eine negative Variante. Wer als Erster einen Berg bestiegen, die Welt umsegelt oder den Mond betreten hat, dem gebührt für alle Zeiten Ruhm und Ehre. Wer aber im wichtigen Wettkampf als Erster aufgegeben oder den ersten Elfmeter verschossen hat, der wird diesen Makel kaum noch los. In einer ähnlich misslichen Lage sind seit gut vier Jahren die Verbriefungen, die seinerzeit als erste Krisenursache in den Blick geraten sind. Dass sich die Finanzkrise inzwischen zu einer Staatsschulden- oder sogar Verfassungskrise ausgeweitet beziehungsweise gewandelt hat, konnte den miserablen Ruf des Verbriefungsinstrumentes kaum heilen, auch wenn es aus heutiger Sicht im Sinne einer reibungslosen Refinanzierung vielleicht besser wäre, wenn die Politik und die Akteure auf den internationalen Finanzmärkten ihm wieder gelassener entgegentreten könnten.

In einem weltwirtschaftlichen Umfeld, das in den großen Volkswirtschaften Europas, der USA und Japans dringlich nach einem substanziellen Schuldenabbau verlangt, das aber angesichts der ebenso notwendigen Regulierungsanstrengungen ein Deleveraging in breitem Ausmaß erwarten lässt, kann heute eine transparente, am realwirtschaftlichen Geschehen orientierte Verbriefung ihren gebührenden Beitrag zu den begehrten besicherten Assets liefern, die die Banken zur Refinanzierung suchen (siehe auch Kreditwesen 14-2011).

Genau das, nämlich den Aufbau eines verlässlichen, Vertrauen erweckenden deutschen Verbriefungsmarktes mit hochwertigen Qualitätsstandards, versucht seit Jahren die hiesige Branche. Die True Sale International GmbH und ihre Mitgliedsunternehmen haben dazu mit dem Deutschen Verbriefungsstandard quasi ein Gütesiegel geschaffen, das sie am Markt zu etablieren suchen. Im Prinzip geht die Entwicklung beziehungsweise Wiederbelebung des deutschen ABS-Marktes durchaus in diese Richtung, aber wesentlich langsamer als die Akteure sich das erhofft haben. Vergleichsweise gut, so wird es auch an den Beiträgen dieses Heftes deutlich, läuft derzeit die Verbriefung von Autokrediten, Autoleasing und Konsumentenkrediten. Unverändert schleppend gestaltet sich dagegen das Verbriefungsgeschäft mit gewerblichen Immobilienfinanzierungen. Und auch mittelständische Unternehmenskredite, die hiesige Banken angesichts der gleichermaßen kleinteilig geprägten Banken- und Unternehmensstruktur in Deutschland in großen Volumina zur Verfügung haben, sind längst nicht so gut im Verbriefungsrennen wie das der Branche als wünschenswert erscheint. Diese nüchterne Bestandsaufnahme gilt trotz der nachweislich auch über die Krise hinweg gezeigten Performance.

Direkt und indirekt bekräftigt wird der solide Ruf des deutschen Verbriefungsmarktes indes durch zwei internationale Organisationen. Sowohl die Europäische Zentralbank als auch der IWF registrieren inzwischen wieder erste Lebenszeichen am europäischen ABS-Markt. Nach dem fast vollständigen Niedergang im Zuge der Finanzmarktkrise erheben sie diesen immerhin wieder von einem vom Aussterben bedrohten Gebilde zu einem zart wachsenden, wenn auch noch sehr gefährdeten Markt. Und beide Institutionen lassen keinen Zweifel daran, dass es im Sinne einer funktionierenden Refinanzierung der Bankenmärkte von höchstem Interesse wäre, neben unbesicherten Schuldverschreibungen und Covered Bonds auch dem ABS- Markt wieder neues Leben einzuhauchen. Ganz im Sinne der kreditbasierten Verbriefungstransaktionen wie sie der TSI vorschweben, stellen sie dabei just jene Kriterien als vorbildlich heraus, auf der sich das deutsche ABS-Gütesiegel gründet, nämlich den Bezug zur Realwirtschaft, Durchschaubarkeit und Transparenz.

Die Rahmenbedingungen für die Verbriefungsmärkte haben sich im Vorfeld des großen diesjährigen TSI-Kongresses insofern gebessert als die gröbsten Berührungsängste der Politik zum ABS-Markt wieder einer nüchternen Betrachtung gewichen sind. Das größte Hindernis einer vernünftigen Einbindung des Verbriefungsmarktes in das künftige Kapitalmarktgeschen geht gleichwohl von den anstehenden Regulierungen aus, sprich den Anrechnungsquoten für ABS bei den Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen. Ob die vertrauensbildenden Maßnahmen der Branche ausreichen, an dieser Stelle eine Gleichbehandlung mit anderen Refinanzierungsinstrumenten zu erhalten?

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