Gespräch des Tages

Zahlungsverkehr - Neue Chancen im Debitgeschäft

Der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum (Sepa) wird die deutsche Kreditwirtschaft rund 230 Millionen Euro kosten, hat die Dresdner Bank ausgerechnet. Da ist zum einen die von der EU regulatorisch verordnete Absenkung der Interchange Fee, also die Gebühr, die bei jeder Kartentransaktion von der Händlerbank an den Kartenemittenten abzuführen (und somit vom Handel zu zahlen) ist. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission hat diese sich möglichst nahe der Null-Linie zu bewegen. Hinzu kommen die Kosten für die Chip-Ausstattung aller Karten und die Belastungen durch Kartenmissbrauch, für die im Sepa-Raum trotz des Chip ein deutliches Wachstum prognostiziert wird. Denn um die Einsetzbarkeit der Karten auch im außereuropäischen Ausland sicherzustellen, verbleibt der Magnetstreifen bis auf Weiteres zusätzlich zum Chip auf der Karte.

Neben diesen Risiken für den Business Case des Produkts "Karte" gibt es allerdings auch neue Chancen - und zwar ausgerechnet im Debitgeschäft, das - der "wilden" Lastschriftverfahren wegen - bis vor Kurzem ein Sorgenkind des Retailbankings war: Auch ohne Sepa geht das unterschriftsbasierte Verfahren, an dem die Banken im günstigsten Fall wenig verdienen, zugunsten des PIN-gestützten und profitableren "electronic cash" zurück. Mit der Etablierung des einheitlichen europäischen Zahlungsraums bietet sich die Chance, letzteres Verfahren im Rahmen der EAPS (Euro Alliance of Payment Systems) aufs europäische Ausland auszudehnen. Denn die EAPS ist eine Allianz der Kreditwirtschaft aus den Sepa-Ländern, die sich zum Ziel gesetzt hat, durch bilaterale und multilaterale Vereinbarungen die bisherigen nationalen Debitsysteme untereinander kompatibel und damit Sepa-fähig zu machen.

Freilich konkurriert ec-cash im Sepa-Umfeld mit den Debitmarken der internationalen Kartengesellschaften: mit der Mastercard-Marke Maestro als gut eingeführtem Platzhirsch und mit dem von Visa neu entwickelten V-Pay, für das freilich erst noch ein Akzeptanznetz aufgebaut werden muss. Mastercard hat unlängst mit der geplanten (und dann zurückgenommenen) Senkung der Maestro-Interchange-Fee für Verstimmung bei den Banken gesorgt. V-Pay ist für die Banken das von den Konditionen her attraktivere Produkt, das sich aber eben noch etablieren muss. Angesichts dieser neuen Auswahl bietet sich den Banken die Chance, zum einen die Abhängigkeit von den internationalen Marken zu reduzieren, zum anderen aber auch bei den Debitkarten eine Segmentierung einzuführen und so die Profitabilität zu verbessern.

Das Modell der Genossenschaftsorganisation sieht vor, denjenigen Kunden, die ihre Karte ohnehin nicht verwenden, (und das sind nach Angaben aus dem Verbund immerhin rund 30 Prozent) als Basisversion eine Karte anzubieten, die nur am Kontoaus zugdrucker sowie den Geldautomaten (GAA) des eigenen Hauses einsetzbar ist. Weitere Varianten, die sich dann entsprechend bepreisen lassen, sind die Kombination aus ec-cash und einem internationalen GAA-System (Cirrus oder Plus) oder als "Premium-Karte" das Cobranding mit Maestro oder V-Pay als weltweites (Maestro) beziehungsweise europäisches (V-Pay-)Produkt.

Die Kombination aus ec-cash und Cirrus oder Plus würde den flächendeckenden Einsatz im Inland und an Geldautomaten im Ausland sicherstellen. Am Point-of-Sale im Ausland könnte die Karte zwar nur im Rahmen der EAPS-Vereinbarungen im Euro-Raum zum Zahlen genutzt werden. Damit ließen sich aber die Bedürfnisse der weitaus größten Zahl der Kunden befriedigen - zumal als weltweites Ergänzungsprodukt noch die Kreditkarte verkauft werden kann. Damit wird das Debitgeschäft zum Wettbewerbsfeld mit neuen Ertragspotenzialen, obgleich sich die Problematik der sinkenden Interchange Fee auch hier stellen wird. Im Kreditkartengeschäft wird es dagegen schwieriger. Sinkende Interchange-Sätze werden sich wohl kaum durch steigende Jahresgebühren kompensieren lassen. Sofern sich die Jahresgebühr am Markt überhaupt noch durchsetzen lässt, dann allenfalls in Verbindung mit deutlichem Mehrwert für den Kunden, etwa in Form einer x-prozentigen Gutschrift auf alle Kartenumsätze. Angesichts dieses Szenarios gewinnt der sogenannte "Revolving Credit" für die Rentabilität der Kreditkarte an Bedeutung - möglichst ohne dabei ähnlich hohe Risiken einzufahren wie manche britische und US-Emittenten.

Waren in Deutschland noch bis vor Kurzem die weitaus größte Mehrheit aller "Kreditkarten" sogenannte "Charge Cards", bei denen einmal im Monat der gesamte Betrag abgebucht wurde, bieten neu aufgelegte Kartenprogramme heute meist die Kreditfunktion. Die tatsächliche Inanspruchnahme dieses Kredites kommt in Deutschland aber nur schwer in Gang - zumal das Thema von den Verbraucherschützern und Medien (Stichwort Überschuldungsgefahr) sehr kritisch begleitet wird. Eine Quote von 30 Prozent der Karteninhaber, die den Revolving Credit nutzen, gilt schon als ordentlich. Und auch hier wird die Debitkarte längst zum Wettbewerbsprodukt: Maestro-Karten mit Revolving-Credit-Funktion sind bereits am Markt.

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