Bankmanagement-Glossar

Was ist V-Pay?

Von Ewald Judt und Claudia Klausegger - Nachdem Maestro viele Jahre die einzige Möglichkeit für europäische Banken war, grenzüberschreitende Online-PIN-Debitkarten auszugeben, wurde 2005 von Visa Europe mit V-Pay eine Debitlösung mit zwei Spezifika präsentiert:

V-Pay ist eine Debitfunktion mit Chip und PIN. V-Pay-Transaktionen können nur mit PIN und nicht auf Magnetstreifenbasis abgewickelt werden. Der Chip basiert auf der EMV-Technologie.

V-Pay ist eine Debitkartenfunktion, die sowohl bargeldlose Zahlungen an PoS-Terminals als auch Bargeldbezüge an Geldausgabeautomaten in Europa ermöglicht. V-Pay-Transaktionen sind außerhalb Europas nicht möglich.

Allerdings sind auf Karten mit V-Pay-Funktionalität auch andere von Visa Europe zugelassene Kartenfunktionen möglich. Derartige Kartenfunktionen sind zum Beispiel Visa Electron, eine Debitfunktion der Visa-Organisation, die weltweite PoS-Transaktionen mit Unterschrift zulässt, oder Plus, die Geldausgabeautomatenfunktion der Visa-Organisation, die weltweit Bargeldbezüge an Geldausgabeautomaten ermöglicht. In diesen Fällen oder wenn auf einer Karte mit V-Pay auch die Funktion eines nationalen Debit-Schemes enthal ten ist, ist zusätzlich zum Chip auch ein Magnetstreifen auf der Karte.

Die europäischen Banken haben durch das Scheme die Möglichkeit, sich bei der Ausstattung ihrer Debitkarten zwischen der etablierten Maestro- und der neuen V-Pay-Funktion entscheiden zu können, nachdem es bislang zu Maestro keine Alternative gab. Voraussetzung für eine Ausgabe von Karten mit der V-Pay-Funktion ist - sofern sie nicht mit anderen Funktionen ergänzt sind

- ein dichtes V-Pay-Akzeptanznetz in Europa. Während dies bei Geldausgabeautomaten bereits weit fortgeschritten ist, bedarf es noch der Überzeugung von hunderttausenden von Handels- und Dienstleistungsbetrieben durch die Acquirer in Europa. Hier ist V-Pay allerdings auf einem guten Weg. Visa Europe hat für V-Pay verbindliche Zusagen von Acquirern aus nahezu allen Ländern, die Akzeptanz auf deren EMV-Terminals sicherzustellen. Bis zur Etablierung der Sepa zum 1. Januar 2011 dürfte ein engmaschig gestricktes Netz von PoS-Terminals vorhanden sein, das Karten mit V-Pay abwickeln kann.

Günstige Gebührenstruktur soll Banken motivieren

Nicht zuletzt durch eine günstige Gebührenstruktur versucht Visa Europa Banken zur Ausgabe von Karten mit V-Pay zu motivieren. Banken in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz haben bereits Zusagen gemacht, V-Pay-Karten auszugeben. Die ersten sind von einigen Banken bereits emittiert worden. Als Zielgruppen für das System können gesehen werden:

Kunden europäischer Banken, die noch keine Debitkarte haben (und daher wahrscheinlich an einer weltweiten Funktion keinen Bedarf haben).

Jene Karten(-besitzer) von Domestic-Debit-Card-Schemes, die bislang keine grenzüberschreitende Funktion auf ihren Karten haben.

Bankkunden, die bislang eine Debitkarte mit der Maestro-Funktionalität haben.

Das Branding kann bei diesen Karten eine Single-Brand-Solution sein, wobei nur das V-Pay-Logo als Akzeptanzhinweis aufscheint, oder aber eine Co-Brand-Solution mit einem oder mehreren Akzeptanzhinweisen zusätzlich zum V-Pay-Logo. Kommt es mit einem Domestic-Debit-Scheme (zum Beispiel in Deutschland mit ec-Cash beziehungsweise Girocard oder in Italien mit Pago-Bancomat) zu einer Co-Brand-Solution wird der Karteneinsatz für nationale und für grenzüberschreitende Transaktionen auf zwei unterschiedlichen Logos und Regelwerken basieren.

Nach Maestro tritt mit V-Pay eine weitere grenzüberschreitende Debitlösung in die Arena des bargeldlosen Zahlens in Europa ein. Der Markt hierfür ist trotz nachhaltiger Bemühungen der europäischen Banken in den letzten Jahren, Barzahlungen durch Kartenzahlungen zu ersetzen, noch massiv ausbaubar. Dies zeigt sich insbesondere, wenn man die Anzahl der jährlichen Transaktionen mit Debitkarten am PoS sieht. Sie bewegen sich in Europa im Durchschnitt bei vier Debit-PoS-Transaktionen pro Monat und Karte und können laut Marktuntersuchungen vier Mal so häufig sein. Die PoS-Transaktionen werden nicht nur im jeweiligen "Inland" steigen, sondern auch grenzüberschreitend - ob im "kleinen Grenzverkehr" in Nachbarregionen, im "Ausland" beim Sightseeing oder bei Urlaubsaufenthalten in anderen Ländern; ob im Euroland oder darüber hinaus.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien und Geschäftsführer der PayLife Bank GmbH; ewald. judt[at]paylife[dot]at/www.paylife.at. Dr. Claudia Klaus egger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Mana gement der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu-wien[dot] ac.at.

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