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"Wer die Scoreformel offenlegen will, leistet Vorschub für Missbrauch und Betrug"

Die Schufa hat Mitte Februar eine Stellungnahme zur Open-Schufa-Initiative veröffentlicht. Im Folgenden zitiert die Redaktion daraus.

"Die unter dem Namen "Open Schufa" von AlgorithmWatch und der Open Knowledge Foundation initiierte Kampagne will nach eigenen Angaben die Scoreformel "knacken" und ruft Verbraucher dazu auf, ihre Schufa-Datenübersichten mit ihren persönlichen und schutzbedürftigen Informationen einzusenden. Die Schufa bezeichnet das Vorhaben als klar gegen die übergeordneten Interessen von Wirtschaft, Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland gerichtet. Denn wer die Scoreformel gegenüber der Allgemeinheit offenlegen will, leistet Vorschub für Missbrauch und Betrug und führt die Allgemeinheit unter dem Deckmantel der Transparenz in die Irre. Denn wer, wenn nicht derjenige, der seinen Score manipulativ verbessern möchte, sollte ein Interesse daran haben, die Details eines wissenschaftlich anerkannten und in der Praxis bewährten Berechnungsverfahrens zu kennen?

Der ehrliche Verbraucher wäre der Dumme

Zudem birgt eine Offenlegung der 2014 vom BGH als "schützenswertes Betriebsgeheimnis" bezeichneten Verfahren der Schufa zur Berechnung der Rückzahlungswahrscheinlichkeiten eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Denn es wird riskiert, dass die hochwertige und datenschutzkonforme Dienstleistung der Schufa dann auch aus Ländern heraus angeboten werden kann, die weit geringere Ansprüche an Datenschutz und Datensicherheit stellen. Es darf stark bezweifelt werden, dass das Unterfangen der Initiatoren also im Interesse der Allgemeinheit ist. Vielmehr erzeugt die ausschließlich auf die Schufa fokussierte Initiative den Eindruck einer interessegeleiteten Kampagne. Irritierend ist zudem, dass AlgorithmWatch finanziell von der Bertelsmann-Stiftung unterstützt wird, die zu dem Konzern gehört, dem auch eine große Auskunftei angehört, die gerade in den für Verbraucher besonders relevanten Branchen Handel und E-Commerce marktführend ist und mit der Schufa im Wettbewerb steht. Dieser Marktteilnehmer wird jedoch nicht betrachtet.

Fokus der Kampagne auf die Schufa ist zu eng

Scoringverfahren finden heutzutage in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft und des privaten Lebens Anwendung: Medizin, Meteorologie, Kriminalitätsbekämpfung, Werbung, Touristikindustrie, Vergleichsportale, Soziale Netzwerke und Suchmaschinen, Handel und eCommerce sowie Rabattsysteme, Medien, etc. sind nur einige Beispiele, in denen - und zwar mit weit größerem Einfluss auf die Gesellschaft - Algorithmen und Scoringverfahren zum Einsatz kommen. Ferner verwenden privat zunehmend gerne genutzte Sprachassistenten, aber auch das digitale Fotoalbum (zum Beispiel zur Sortierung von Fotos nach Personen) solche Verfahren. Die anfallende Datenmenge übersteigt bei Weitem den Umfang des ausschließlich auf kreditrelevante Daten beschränkten Datenbestands der Schufa. Das Kredit-Scoring der Schufa betrifft nur einen relativ kleinen Anwendungsbereich.

Wer sich mit der Frage der gesellschaftlichen Auswirkung von Scoringverfahren befassen will, fokussiert mit alleiniger Auswahl der Schufa als Kampagnenziel objektiv das falsche Unternehmen und ignoriert, dass es weitaus größere und im Sinne der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Relevanz einflussreichere Marktteilnehmer gibt.

Die Schufa warnt - ebenso wie Daten- und Verbraucherschützer - die Verbraucher regelmäßig davor, die Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz an einen Dritten weiterzugeben. Denn wer die Datenübersicht einer anderen Person in der Hand hat, kann die darin enthaltenen Informationen auch jederzeit missbräuchlich verwenden oder gar für betrügerische Zwecke nutzen. Die Datenübersicht enthält persönliche und schützenswerte Daten wie zum Beispiel: Kreditverträge, Bankkontoinformationen, Kreditkarteninformationen, Anfragen von Unternehmen, bei denen man auf Ratenzahlung oder Rechnung eingekauft hat und gegebenenfalls auch Informationen zu Zahlungsstörungen. Deswegen ist die Schufa schon von Gesetzes wegen zu höchsten Anforderungen an den Schutz dieser Daten verpflichtet.

Datenschutz bei Open-Schufa-Initiative ungeklärt

Diese Informationen gehen einen Dritten schlicht nichts an, denn der unbefugte Leser erhält sofort alle Informationen, die notwendig sind, um zum Beispiel im Internet betrügerisch einzukaufen oder sich als jemand auszugeben, der er gar nicht ist.

Vor diesem Hintergrund ist es fragwürdig, wenn die Initiative "Open Schufa" Verbraucher dazu aufruft, ihre besonders schützenswerten Informationen einzusenden, zumal sich die Frage stellt, inwieweit überhaupt die notwendigen Vorkehrungen für Datenschutz und Datensicherheit der eingesandten Daten getroffen worden sind."

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