Baufinanzierung

Rechtliche Unsicherheiten

Es scheint eine Spezialität des deutschen Gesetzgebers zu sein, bei der nationalen Umsetzung von EU-Richtlinien die Vorgaben schärfer zu formulieren, als es EU-rechtlich erforderlich ist. Kritisiert wurde dies beispielsweise bei der Verbraucherkreditrichtlinie. Und auch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie bildet hier keine Ausnahme.

So heißt es beispelsweise in der EU-Richtlinie, dass ein Kredit nur dann vergeben werden darf, wenn das Darlehen vertragsgemäß erfüllt wird. Während bei dieser passiven Formulierung offenbleibt, ob dies durch den Darlehensgeber selbst erfolgt oder durch seinen Erben, einen Bürgen oder auch eine Lebensversicherung, ist in § 505 a des deutschen Umsetzungsgesetzes der Darlehensnehmer ausdrücklich genannt. Und das wieder lässt sich so verstehen, dass er selbst den Vertrag erfüllen muss und deshalb die Vertragslaufzeit nie länger sein darf als die statistische Lebenserwartung, wodurch eine Kreditvergabe an Menschen über 60 Jahre kaum noch möglich ist. Darin sieht zum Beispiel der Immobilienverband Deutschland (IVD) e.V., Berlin, eine Altersdiskriminierung und fordert, die Originalformulierung aus der EU-Richtlinie zu übernehmen, um diesen Missstand zu beseitigen.

An anderer Stelle hat der deutsche Gesetzgeber zwar die Formulierungen der EU-Richtlinie übernommen. Hier wäre es aber besser gewesen, die EU-Vorgaben etwas zu konkretisieren. Das meint zumindest der Genossenschaftsverband Bayern.

- So heißt es beispielsweise in §505a des Gesetzes, dass ein Darlehensvertrag nur dann abgeschlossen werden darf, wenn es "wahrscheinlich" ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen vertragsgemäß nachkommen kann.

- Und gemäß §505 b darf die Kreditwürdigkeitsprüfung nicht "hauptsächlich" darauf gestützt werden, dass der Wert der Immobilie, des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts voraussichtlich zunimmt oder den Wert des Darlehens übersteigt.

Was genau "wahrscheinlich" oder "hauptsächlich" bedeutet, wird dabei nicht näher konkretisiert.

Wegen solch unbestimmter Rechtsbegriffe ist eine rechtssichere Kreditvergabe dem GVB zufolge kaum noch möglich. Damit, dass der deutsche Gesetzgeber hier seine Möglichkeiten zur Konkretisierung nicht genutzt hat, werde die Entscheidung auf die Gerichtsbarkeit abgewälzt. Und die rechtlichen Unsicherheiten, die sich daraus für die Kreditgeber ergeben, machen die Darlehensvergabe nicht einfacher.

Unter dem Strich scheinen die negativen Auswirkungen der seit März dieses Jahres geltenden Richtlinie tatsächlich deutlich spürbar zu sein. Das bestätigt auch eine Mitte September veröffentlichte Mitgliederumfrage des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) e.V., Berlin, der zufolge 80 Prozent der befragten Unternehmen die Auswirkungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie beim Abverkauf wahrnehmen. 40 Prozent der Unternehmen berichten sogar von kurzfristigen Absagen der Verbraucher aufgrund eines negativen Kreditbescheids kurz vor Vertragsabschluss.

Dass hierfür weniger die Bosheit der Baufinanzierer verantwortlich ist, die ihren Kunden die Eigenheimfinanzierung nicht gönnen, sondern dass die Ursache in Formulierungen des deutschen Gesetzestextes liegt, scheint immerhin mittlerweile auch in der Politik angekommen zu sein. Dem Vernehmen nach drängt Bundesfinanzminister Schäuble auf Korrekturen. Red.

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