Schwarmfinanzierung

" Insellösungen sind bei der Finanzierung nicht ideal" Interview mit Levin Brunner

Bild 14

Die Diskussion um das Kleinanlegergesetz hat gezeigt, wie wichtig es für die Crowdfunding-Branche war, sich zu organisieren, um Einfluss auf die Regulierung nehmen zu können, meint Levin Brunner. Für Banken hat er gute Nachrichten: Crowdinvesting sollte immer nur ein Baustein einer guten Unternehmensfinanzierung sein. Es geht also nicht darum, den klassischen Bankkredit zu ersetzen. Red.

Wie lange ist Conda mittlerweile am Markt? Wie viele Projekte mit welchen Finanzierungssummen wurden währenddessen finanziert?

Seit Ende 2014 treten wir gemeinsam in Österreich, der Schweiz und Deutschland als Conda auf. Davor haben wir aber auch schon in den einzelnen Ländern Crowdinvesting-Projekte finanziert. Insgesamt haben wir über zehn Millionen Euro investiertes Kapital von über 5 000 Investoren für 46 Projekte vermittelt. Das größte Projekt war die Vermittlung von drei Millionen Euro für die Stadion-Gesellschaft von Rapid Wien.

In der Branche gibt es ja ganz unterschiedliche Ausrichtungen der einzelnen Plattformen. Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Im Unterschied zu vielen anderen Plattformen, die sich auf internetaffine Geschäftsmodelle oder Start-ups im Sinne des nächsten Facebook fokussieren, zielen wir stärker darauf ab, Investitionen auch in regionale Unternehmen und kleine und mittelständische Unternehmen zu ermöglichen. Die Wachstumschancen mögen dabei nicht so exorbitant hoch sein, aber auch das Risiko ist dementsprechend wesentlich geringer. Außerdem ist ja gerade Deutschland als Land der mittelständischen Unternehmen bekannt.

Gibt es im Vorfeld eine Prüfung des Finanzierungsvorhabens? Wenn ja: Wer nimmt die vor und wie sieht sie aus?

Aufgrund der Vielzahl von Anfragen durchlaufen die Projekte natürlich einen Selektions- und Validierungsprozess, bevor sie auf die Plattform kommen. Zu den beiden wichtigsten (aber nicht einzigen) Stationen zählt sowohl die Sichtung des Businessplans durch ein Advisory Board, in dem etliche gestandene Unternehmer, Wirtschaftsprüfer, erfahrene Investoren und Branchenexperten sitzen, als auch die Durchsicht wichtiger Unternehmensunterlagen, wie zum Beispiel Umsatzsteueranmeldungen oder auch Jahresabschlüsse wichtiger Verträge.

Bei wie vielen Kampagnen gibt es einen Lead-Investor? Wie finden sich solche Lead-Investoren?

Da es neben der Crowd nur fließende Grenzen zwischen einem "Lead-Investor" und einem "normalen Investor" gibt, habe ich hierzu keine klaren Zahlen. Aus unserer Sicht ist die Kombination eines klassischen Investors und vielen Crowdinvestoren für alle Beteiligten aber eine perfekte Kombination.

Welcher Anteil der Crowdfunding-Kampagnen ist erfolgreich, wie viele erreichen ihr Finanzierungsziel nicht?

Es gibt auch immer wieder Kampagnen, die nicht zum gewünschten Erfolg führen. Etwa zehn Prozent der Projekte erreichen das Funding-Minimum nicht. Hierfür gibt es zwei Hauptgründe.

- Einerseits stellt sich ab und an heraus, dass das Geschäftsmodell zu komplex ist und es der Crowd nicht eingängig genug präsentiert werden konnte.

- Andererseits wird der Aufwand einer Crowdinvesting-Kampagne oft unterschätzt.

Während dieser Zeit muss sehr viel kommuniziert werden. Dies reicht von der Veranstaltung von Events bis hin zur zeitnahen Beantwortung von Fragen in den Social-Media-Plattformen. Wenn ein Team während der Kampagne hierfür nicht genügend Aufwand betreibt, kann das dazu führen, dass die Kampagne nicht das gewünschte Ziel erreicht.

Wir hatten auch schon Fälle, in denen der schnelle Erfolg des Unternehmens zum Misserfolg der Kampagne geführt hat. Der Grund war, dass die vielen Bestellungen mit hohem personellem Aufwand erfüllt wurden und dadurch die Kommunikation mit der Crowd gelitten hatte.

Ist das Crowdfunding eher Ersatz oder Ergänzung zu anderen Finanzierungsformen?

Ganz generell möchte ich dem Vorurteil entgegentreten, dass es sich in dieser Frage um ein Entweder - Oder handelt. Es sollte immer ein Und sein. Eine Bank vermittelt immer nur Fremdkapital. Mit einem Crowdinvesting bei Conda bekommt man als Unternehmer wirtschaftliches Eigenkapital. Insellösungen sind bei der Finanzierung nicht ideal. Es kommt immer auf das Gesamtbild an.

Wir sehen Crowdinvesting immer nur als einen Baustein einer guten Unternehmensfinanzierung. So kann es zunächst einen Business Angel geben. Im nächsten Schritt wird dann über ein Crowdinvesting eine größere Eigenkapitalbasis geschaffen, um dieses Kapital dann über einen KfW-Kredit bei der Hausbank nochmals zu ergänzen.

Welche Anforderungen haben Investoren und Unternehmen an eine Crowdfunding-Plattform?

Investoren sollen die Möglichkeit erhalten, sich direkt am wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen beteiligen zu können. Der gesamte Investitionsprozess soll möglichst unkompliziert und absolut rechtssicher sein. Und wir wollen Investoren natürlich ein möglichst breites Spektrum an Unternehmen bieten, an denen sie sich beteiligen können.

Wer sind die Investoren, die auf Conda investieren?

Prinzipiell wirklich jeder. Es gibt keinerlei Restriktionen. Jede volljährige Person kann investieren. Dann teilen sich die Investoren in zwei Hauptgruppen. Einerseits die Investoren mit Beträgen von 100 bis 300 Euro, die sich an einem Projekt beteiligen, weil sie es toll finden und dabei sein wollen. Die anderen legen den Fokus auf Zahlen und investieren durchschnittlich etwa 3000 Euro pro Investment. Hier steht die Rendite im Vordergrund.

Hatten Sie auch schon Fälle, in denen Investoren ihr Geld verloren haben?

Wir hatten noch keinen Fall, in dem das Geld der Crowdinvestoren wirklich verloren ging. Auch bei den Fällen, in denen sich die Geschäfte nicht so wie geplant entwickelten, hat sich die Plattform sehr stark für die Interessen der Investoren eingesetzt und bis dato immer eine für alle Seiten gute Lösung gefunden.

Warum sind Sie dem Bundesverband Crowdfunding beigetreten?

Im Zuge der Einführung des Kleinanlegerschutzgesetzes wurde sehr schnell klar, dass die noch junge Branche sich organisieren muss, um gestalterisch Einfluss auf die Regulierung zu nehmen. Zur Erinnerung: Der erste Entwurf des Gesetzes hätte unweigerlich zum Tod des Crowdinvesting geführt. Wir haben - mit einigen anderen Plattformen - damals noch unorganisiert versucht, den Gesetzgeber zu unterstützen, damit sowohl für Anleger als auch für Startups ein verlässlicher Rechtsrahmen geschaffen wird. Das ist auch einigermaßen gut gelungen, hat aber gezeigt, dass künftig eine Interessenvertretung erforderlich ist. Deshalb sind wir Gründungsmitglied des Bundesverbands Crowdfunding geworden.

Im Wesentlichen soll der Verband als Interessenvertretung der Branche gegenüber der Politik und anderen Interessengruppen fungieren. Darüber hinaus soll er Aufklärungsarbeit leisten und vor allem auch im Interesse der Anlegewr und des Anlegerschutzes Branchenstandards etablieren.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X