Aufsätze

Bankgesellschaft Berlin - ein "vorprogrammierter" Krisenfall? Folge 3

Im Zuge der Gründung der Bankgesellschaft Berlin waren teils gegensätzliche Ziele verfolgt worden. Die geplante Holding sollte dem Rechtsmantel der alten Berliner Bank entsprechen, was die Aquisition von strategischen Investoren und von Eigenkapital vereinfachte, die Fungibilität der Anteile erhöhte und damit die Aktivierung von Landesvermögen ermöglichte, und zudem Streitigkeiten mit Altaktionären der BB vermied. Weiterhin sollte der öffentlich-rechtliche Status der Landesbank erhalten bleiben, da andernfalls ein Verlust des Traditionsnamens "Berliner Sparkasse" drohte und die Gewährträgerhaftung des Landes mit einem guten Rating und damit günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten verbunden war. Die bisherige Sonderstellung einschließlich Steuerbefreiung der IBB sollte durch die Einbringung der Landesbank in die Holding jedoch nicht tangiert werden.

Als atypisch stille Beteiligung

Diese Ziele konnten letztlich dadurch erreicht werden, dass die Landesbank (ohne IBB)1) zu 75 Prozent als atypisch stille Beteiligung in die Bankgesellschaft eingebracht und ein umfassendes Vertragswerk zwischen der Holding, dem Land Berlin und den einzelnen Kreditinstituten abgeschlossen wurde. Entsprechend der rechtlichen Konstruktion bestand ein getrennter Marktauftritt der Gründungsinstitute und der Holding: "Unter dem Dach einer die Gruppe steuernden Holding, die gleichzeitig als Bank für das Investmentbanking des gesamten Konzerns zuständig ist, sind rechtlich selbstständige Tochterbanken mit ganz unterschiedlichen Geschäftsschwerpunkten und Kulturen angesiedelt. Die Holding steuert den Konzern allein nach Rentabilitätskriterien, so daß die Töchter ihren eigenständigen Marktauftritt beibehalten und sich weiterhin erfolgreich positionieren können2.") Aus der gewählten Konstruktion resultierte demnach die Kontinuität bisher bestehender Organisations- und Geschäftsstrukturen der Einzelinstitute. Deutlich wird dies anhand des Filialnetzes im Retail- und Firmenkundengeschäft, das 1996, bei insgesamt 439 Filialen und Niederlassungen des Konzerns, 114 Geschäftsstellen der BB in Berlin und Brandenburg, elf nationale Niederlassungen der BB, 113 Filialen der Allbank, 172 Filialen der LBB in Berlin, sechs Regionaldirektionen der LBB in Brandenburg, die Berliner Niederlassung der Berlin Hyp sowie zehn Geschäftsstellen der damals bereits vereinigten Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank umfasste. Trotz zahlreicher Überschneidungen im Berliner Stadtgebiet, auf das 1996 immerhin drei Viertel aller Filialen entfielen, verringerte sich deren Zahl seit 1994 nur unwesentlich um zwölf.

Die heterogene Konzernstruktur zeigt sich auch in der Zusammensetzung des Konzernvorstandes, der sich 1994 ausschließlich aus Vertretern der Tochterbanken zusammensetzte. Den Sprecherposten teilten sich Steinriede (BB) und Moser (LBB), den Aufsichtsratsvorsitz übernahm Edzard Reuter (BB).

Umstrukturierungen Ungeachtet der angedeuteten Kontinuität der Einzelinstitute, war der Konzernaufbau mit wesentlichen Umstrukturierungen im Beteiligungsportfolio verbunden:

- Zum 1. Januar 1995 wurde die Allbank mit der DSK Deutsche Spar- und Kreditbank zur zweitgrößten deutschen Privatkundenbank vereinigt.

- Die Luxemburger Tochterinstitute von LBB und BB wurden zum 1. Januar 1995 zur Bankgesellschaft Berlin International S. A. fusioniert.

- Gemeinsam gründeten LBB, BB und BGB im Dezember 1994 die Bankgesellschaft Berlin Finance (Ireland) plc. als Refinanzierungsgesellschaft in Dublin.

- Aufgrund von Rechtsstreitigkeiten sowie Verhandlungen mit der Nord-LB als Großaktionär der Braunschweig-Hannoverschen Hypothekenbank konnte die geplante Fusion mit der Berlin Hyp erst zum 1. Januar 1996 realisiert werden.

- Die LBB Immobilien- und Baumanagement mbH wurde 1996 in die Immobilien- und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG) umgewandelt, in der das gesamte Immobiliengeschäft der Bankgesellschaft gebündelt werden sollte. Die IBG umfasste Ende 1996 rund 30 mittelbare und unmittelbare Beteiligungen sowie mehr als 140 Objektgesellschaften und beschäftigte etwa 1 230 Mitarbeiter.

- Die Überkreuzbeteiligungen von BB und LBB wurden ausgebaut und erstreckten sich 1996 auf 22 verbundene Unternehmen sowie vier weitere Beteiligungen.

Strategische Maßnahmen bis 1996

Bei der Konzerngründung waren wesentliche Teilbereiche der BB, wie zum Beispiel der Treasury, Stabs- und Serviceabteilungen sowie wichtige Beteiligungen, Grundstücke und Handelsbestände bei der BGB AG (Berliner Bank alt) verblieben. Das operative Geschäftsfeld der Holding im Bereich Investmentbanking musste jedoch erst mit hohem Aufwand ausgebaut werden. Die Mitarbeiterzahl der Holding nahm von 1994 bis 1996 um etwa 200 auf 882 Angestellte zu. Die Bilanzsumme stieg von etwa 32 Milliarden DM auf 73,3 Milliarden DM. Ursprünglich war geplant, den Ausbau des Investmentbanking mittels einer Aquisition zu beschleunigen. Die Übernahme des britischen Fondsmanagers Gartmore scheiterte jedoch. Neben dem Aufbau des Investmentbanking oblag der Holding der Aufbau eines konzerneinheitlichen Risikomanagements.

In dieser Hinsicht konnten jedoch nur Teilerfolge erzielt werden. Bezüglich der Handelsrisiken im ohnehin bei der Holding konzentrierten Investmentbanking finden sich bereits im Geschäftsbericht 1996 quantitative Informationen auf Basis des "Value at Risk" Ansatzes. Entgegen den Ankündigungen im Geschäftsbericht 1994 fehlen entsprechende Angaben aber für das Kreditgeschäft. Erst der Geschäftsbericht 2000, der deutliche Defizite und Verfahrensmängel in den vorherigen Jahren einräumt, bietet umfangreichere Informationen über die Risikoposition des Konzerns im Kreditgeschäft.

Zur "(...) Sicherstellung einer gleichbleibenden Qualität (...) sowie zur Erzielung von Synergieeffekten"3) wurden die Bankbetriebe von LBB und BB in der LBB Betriebsservice GmbH und der BB Betriebsservice GmbH zusammengefasst und mit weiteren Betriebsgesellschaften in der neuen Service-Zentrale (Projekt "Brunnenstraße") konzentriert, wo etwa ein Achtel der Konzernmitarbeiter beschäftigt werden sollte. Bezüglich einer Vereinheitlichung der Software verständigte man sich auf die von der LBB genutzte dvg-Plattform der Nord-LB, die zum 1. Januar 1996 bei den Hypothekenbanken eingeführt wurde. Die Umstellung der BB war mit Problemen verbunden, die erst Ende 1996 als "(...) weitgehend bereinigt (...)"4) galten. Laut Berliner Zeitung hatte die BB einige Zeit "(...) ihr Kreditengagement nur schätzen können."5) Ernsthafte Bemühungen bei der Umsetzung der Kostensynergien im Konzern dürften erst ab 1996 ergriffen worden sein. Im Rahmen von "Maßnahmen zur strategischen Ergebnisverbesserung" der Unternehmensberatung McKinsey sollten bis 1998 rund 1 900 Stellen abgebaut werden, davon 1 640 bei LBB und BB. Von Seiten der Unternehmensberater war sogar ein Abbau von 4 000 Stellen gefordert worden.

Geschäftsfelder und Geschäftsentwicklung

Im Privatkundengeschäft trat der Konzern in Berlin unter den vier Marken Allbank, Berliner Bank, Berliner Sparkasse und Weberbank an, was Vorstandssprecher Moser wie folgt begründete: "Es gibt in der Mentalität der Kunden große Unterschiede. Bestimmte Kunden würden niemals von der Berliner Bank zur Sparkasse oder umgekehrt wechseln".6) Konkrete Aussagen bezüglich der Abgrenzung von Marktsegmenten lassen sich allerdings aus den veröffentlichten Informationen des Konzerns nicht entnehmen. Angesichts nachlassender Konjunktur und steigender Arbeitslosigkeit entwickelten sich die Privateinlagen eher unerfreulich, während das Konsumentenkredit- und das Baufinanzierungsgeschäft Zuwächse verzeichneten.

Im Firmenkundengeschäft war die Bankgesellschaft mit den Marken Berliner Bank und Landesbank Berlin vertreten. Während das Einlagevolumen im Geschäft mit Firmenkunden gesteigert werden konnte, entwickelte sich das Kreditgeschäft eher schleppend. Im Zuge wirtschaftlicher Stagnation sowie einer nachlassenden Kreditnachfrage gingen die Margen zurück, während im Gefolge der Insolvenzwelle das Risikopotenzial der Bank stetig anstieg. Die Berliner Bank wurde mehrfach in spektakuläre Firmeninsolvenzen verwickelt, wie 1995 in die des österreichischen Bauunternehmens Makulan oder des Lebensmittelherstellers Moksel. Bereits 1994 musste Vorstandssprecher Moser einräumen, dass man im Firmenkundengeschäft praktisch keinen Gewinn erwirtschaftet hatte.

Wie schlecht es um die Risikosituation des Konzerns im Firmenkundenbereich bestellt war, zeigte sich im Geschäftsjahr 1996. In einer Radikalkur wurde die Risikovorsorge im Kreditgeschäft auf brutto 2,5 Milliarden DM angehoben. Davon entfielen etwa 200 Millionen DM auf die Berlin Hyp, 400 Millionen DM auf die Landesbank sowie 1,6 Milliarden DM auf die Berliner Bank. Ausschlaggebend dürften die wirtschaftlichen Probleme in Ostdeutschland und Ostberlin gewesen sein. Einen Überblick der Entwicklung der bilanziellen Nettorisikovorsorge gibt die Abbildung 2.

Angesichts dieser krisenhaften Entwicklung war 1994 die Steigerung des Provisionsergebnisses zu einem der primären Konzernziele erklärt worden, ohne dass in den Folgejahren ein nachhaltiges Wachstum hätte erzielt werden können. Günstiger entwickelte sich der Bereich kommunale Finanzierungen, auf den 1996 rund 26 Prozent des Kreditvolumens entfielen, auch wenn die Margen in der Regel niedriger als im Firmenkundenbereich lagen. Hier waren insbesondere die LBB und die Berlin Hyp tätig.

Der Geschäftsbereich Investmentbanking wurde vor allem durch die Holding BGB AG wahrgenommen. Trotz einer starken Volumenausweitung blieb das Ergebnis der Holding bis 1996 negativ, soweit Gewinnabführungen der Tochtergesellschaften außer Acht gelassen werden. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Holding zahlreiche Verwaltungsaktivitäten für die Tochterbanken übernahm, womit die Frage eines positiven Deckungsbeitrages durch das Investmentbanking letztlich offen bleibt. Im Geschäft mit internationalen Schuldverschreibungen erwies sich die Landesbank von herausragender Bedeutung für die Refinanzierung des Konzerns. 1995 und 1996 entfielen über 50 Prozent des gesamten Emissionsvolumens von 62,1 Milliarden DM auf die LBB, die wiederum Kredite an andere Konzerngesellschaften weiterleitete.

Immobiliengeschäft

Unter Einbeziehung von Bürgschaften und (konzerninternen) Krediten an Banken entfiel 1994 bis 1996 etwa ein Drittel des Gesamtkreditvolumens auf das Immobiliengeschäft. Kernregion war der Raum Berlin/Brandenburg, als "(...) nicht nur der angestammte Markt der Bankgesellschaft, sondern in den nächsten Jahren wohl auch der wichtigste Immobilienmarkt Mitteleuropas."7) Allein die Braunschweig-Hannoversche Hypothekenbank wies ein regional breit gefächertes Geschäft auf. Bis 1996 konnte der Umfang des Immobiliengeschäftes noch einmal deutlich ausgeweitet werden. Im Rahmen der Strategie "rund um die Immobilie" sollte nicht nur das Finanzierungsgeschäft im engeren Sinne, sondern "(...) die gesamte Wertschöpfungskette des Immobiliensektors (...)"8) abgedeckt werden, wobei vor allem das Geschäft mit Geschlossenen Immobilienfonds ausgebaut wurde.

Das Emissionsvolumen steigerte sich von einigen hundert Millionen DM 1993 auf 2,7 Milliarden DM 1996. Am Fondsvertrieb war neben den Konzernbanken ein Netzwerk von über 600 Vertriebspartnern beteiligt. Die Fondsgestaltung wie auch der gesamte Dienstleistungsbereich "rund um die Immobilie" oblag bis zur Gründung der IBG im Jahr 1996 den Tochtergesellschaften der Landesbank. Der Ausweis von Andienungsgarantien mit Laufzeiten über 25 Jahre von 1,2 Milliarden DM in 1995 und 2,2 Milliarden DM in 1996 kann als Indiz angesehen werden, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt riskante Garantieverpflichtungen eingegangen worden waren.

Angesichts der Lage auf dem Berliner Immobilienmarkt ist davon auszugehen, dass sich die Risikosituation im Immobiliengeschäft spätestens seit 1996 deutlich verschlechterte. Absehbare Schwierigkeiten?

Bereits drei Jahre nach ihrer Gründung befand sich die Bankgesellschaft Berlin in einer bedrohlichen Situation, die sich vor allem aus der ungünstigen Ertragslage ergab. Dies wirkte sich auf die Eigenkapitalquoten nach KWG aus. 1994 konnte man auf eine "(...) ausgezeichnete Eigenkapitalausstattung (...) von insgesamt 14,3 Prozent, davon ein Kernkapital von 7,6 Milliarden DM oder 11,6 Prozent der Risikoaktiva (...)"9) verweisen. Bis 1996 war die Gesamtkapitalquote auf acht Prozent zurückgegangen. Es stellt sich die Frage, inwieweit sich diese Probleme auf die Gründung des Konzerns sowie dabei begangene "Fehler" zurückführen lassen.

Im Rahmen der Konzerngründung scheinen betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte nicht unbedingt ausschlaggebend gewesen zu sein. Vielmehr spielten die Haushaltsinteressen des Landes sowie die ungünstige Eigenkapitalsituation der BB eine wesentliche Rolle. Im Zuge der gegensätzlichen Interessen zahlreicher Akteure, wie etwa den Parteien des Abgeordnetenhauses, den Gewerkschaften HBV und ÖTV, dem DSGV oder den Gründungsinstituten, schied eine gesellschaftsrechtlich unproblematische Fusion relativ frühzeitig aus. Da die weitere Diskussion vor allem durch die Frage des Erhalts des öffentlich-rechtlichen Status der Sparkasse geprägt war, wurden Aspekte wie etwa die Risikoabschirmung oder betriebswirtschaftliche Fragen in den Hintergrund gedrängt.

So waren im Rahmen des Zusammenschlusses, wie etwa Sanierungsvorschläge von McKinsey 1996 verdeutlichen, Synergiepotenziale weder eindeutig identifiziert noch ausreichend genutzt worden. Dementsprechend stiegen im Rahmen des Aufbaus der Bankgesellschaft, wie bereits von Vorstandssprecher Moser prophezeit, der Arbeitsbedarf und damit die Verwaltungskosten stetig an, was Abbildung 2 verdeutlicht.

Eine einheitliche Unternehmensstrategie lässt sich nur bedingt feststellen. Insbesondere die vor der Konzerngründung vorhandene Konkurrenzsituation zwischen LBB und BB scheint auch im Rahmen des Konzerns weiterhin fortbestanden zu haben. Entsprechende Spannungen zeigten sich schon im Rahmen des Gründungsprozesses bei der Gestaltung der rechtlichen Konzernstruktur sowie der Bewertung der Konzerngesellschaften.

Der Zusammenschluss war demgegenüber verbunden mit einer deutlichen Zunahme an Komplexität, wie etwa die Probleme bei der Einführung einer einheitlichen Konzernsoftware oder beim Aufbau des Risikomanagements belegen. Durch die Expansion und die Gründung weiterer Tochtergesellschaften wurde der Konzern zunehmend unübersichtlich. Diese Entwicklung dürfte die Steuerungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt haben, auch deshalb, da anscheinend keine stichhaltigen Zahlen über die Risikosituation vorlagen.

Die Gründung der Bankgesellschaft dürfte zudem durch die Erschließung der Eigenkapitalreserven von WBK und LBB sowohl der Berliner Bank (neu) als auch der Berlin Hyp ein Wachstum ermöglicht haben, das ohne einen Zusammenschluss nicht denkbar gewesen wäre. Gleiches gilt für den Ausbau des Investmentbanking der BGB AG. Da die Refinanzierung des Konzerns weitgehend durch die Landesbank erfolgte, die das eingeworbene Kapital als Kredit weiterreichte, war mit der Gründung des Konzerns effektiv ein erhöhtes Risiko der LBB und damit eine Ausweitung der Gewährträgerhaftung des Landes verbunden.

Alternative Erklärungsansätze der Krise

Diese Ausführungen machen deutlich, dass die Bankgesellschaft bereits zum Zeitpunkt der Gründung mit ernst zu nehmenden Schwächen belastet war. Daraus lässt sich jedoch nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass in der Gründung des Instituts die entscheidende Ursache des späteren Scheiterns zu sehen ist. Vielmehr sprechen die folgenden Gesichtspunkte dafür, dass es auch bei einem Verzicht auf einen Zusammenschluss der Berliner Kreditinstitute zu ähnlichen Krisensituationen gekommen wäre.

Sowohl die Landesbank als auch Berlin Hyp und Berliner Bank hatten in der relativ kurzen Boomphase zwischen 1990 und 1993 ihr Engagement im Firmenkunden- und Immobiliengeschäft massiv ausgeweitet. Mit dieser Expansionsstrategie

verbunden war ein Anstieg der Beschäftigtenzahlen und damit der Verwaltungskosten. Infolge der konjunkturellen Abschwächung ab 1993 kamen Firmenkunden zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten.

Als Resultat dieser Entwicklung ist die erste Wertberichtigungskrise der Bankgesellschaft Berlin 1996 zu sehen, die vor allem die im Firmenkundengeschäft stark engagierte Berliner Bank betraf. Es erscheint unwahrscheinlich, dass im Zuge der damaligen Risikovorsorge sämtliche "Altlasten" seit Beginn der neunziger Jahre bereinigt worden waren. Mit dem Einbrechen des Berliner Immobilienmarktes wurde absehbar, dass auch in diesem Bereich umfassende Wertberichtigungen erforderlich sein würden. Dies betraf insbesondere die stark im Immobilienbereich engagierten Institute LBB und Berlin Hyp. Eine weitere Wertberichtigungskrise war somit absehbar und hätte wohl auch ohne Gründung der Bankgesellschaft zu einer ernst zu nehmenden Belastung der Gründungsinstitute geführt.

Mitverantwortlich für die hohen Geschäftsrisiken und die steigenden Verwaltungskosten des Konzerns war eine Strategie, die auf schnelles Wachstum ausgerichtet war. Allerdings kann diese Geschäftspolitik nicht, wie etwa der Untersuchungsausschussbericht des Abgeordnetenhauses suggeriert, als Folge der Gründung der Bankgesellschaft Berlin interpretiert werden. Die Entwicklung der beteiligten Kreditinstitute macht deutlich, dass bereits im Vorfeld des Zusammenschlusses eine entsprechende strategische Ausrichtung erfolgt war. Dementsprechend kann die Gründung der Bankgesellschaft zumindest für den Fall der BB als Maßnahme interpretiert werden, die bisherige "Allfinanzstrategie" weiterhin verfolgen zu können.

Als einziges der Gründungsinstitute hatte die BB bereits vor der Wiedervereinigung den "Absprung" aus dem subventionierten und räumlich beschränkten Berliner Bankenmarkt gesucht. Diesen Expansionsbemühungen war trotz guter konjunktureller Rahmenbedingungen in den achtziger Jahren nur wenig Erfolg beschieden. Vielmehr hatten die damit verbundenen Investitionen sowie hohe Wertberichtigungen die Eigenkapitalbasis der BB nachhaltig geschwächt.

Die damaligen Probleme der BB können als Anpassungsschwierigkeiten eines Kreditinstituts angesehen werden, das aus einem subventionierten Markt heraus versuchte, in bereits besetzte Marktsegmente vorzustoßen. In ähnlicher Form können die Fehlentwicklungen im Rahmen der Gründung der Bankgesellschaft als Folgen von Transformationsprozessen interpretiert werden. Mit Ausnahme der BB waren sämtliche Gründungsinstitute fast ausschließlich im subventionierten Berliner Bankenmarkt tätig gewesen. Die Erfahrungen der Berliner Pfandbrief-Bank beschränkten sich weitgehend auf das Geschäft im sozial geförderten Wohnungsbau.

Es ist anzunehmen, dass die rasche Expansion dieser Institute in einem dynamischen Wachstumsmarkt mit hohen Risiken verbunden war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf die kurze Boomphase der Berliner Wirtschaft zu Beginn der neunziger Jahre eine lange rezessive Periode folgte und dass auch andere Berliner Kreditinstitute, wie etwa die Berliner Volksbank, die Grundkreditbank oder die Köpenicker Bank, von existenzbedrohenden Entwicklungen betroffen waren. Aus dieser Perspektive erscheint die Krise der Bankgesellschaft Berlin als ein Beispiel für Anpassungsprobleme, die sich im Rahmen der Transformation von geschlossenen und subventionierten hin zu offenen Bankenmärkten ergeben können.

Der vollständige Beitrag ist nach Erscheinen dieser letzten Folge zusammen mit einem umfangreichen Literatur- und Quellenverzeichnis als Diskussionsbeitrag Nr. 2008/1 des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin im Internet veröffentlicht. Vergleiche www.wiwiss.fu-berlin.de/verwaltung-service/bibliothek/diskussionsbeitraege/diskussionsbeitraege-wiwiss/2008/index.html.

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