Aufsätze

Deutsche Vertragsstandards für Kredittransaktionen?

Bereits seit einiger Zeit wird in Deutschland kontrovers diskutiert, inwieweit es Sinn macht, Unternehmensfinanzierungen, M&A Transaktionen oder auch Kreditverkäufe mit umfangreichen englischsprachigen nach Common-Law-Konzepten erarbeiteten Vertragsdokumentationen durchzuführen. Diese Vorgehensweise ist umso mehr fragwürdig, wenn für den Vertrag dann insgesamt deutsches Recht zur Anwendung kommen soll. Der Grund für diese Entwicklung liegt auf der Hand, die Refinanzierung der Kreditgeber beziehungsweise Investoren sowie die Syndizierung von Krediten.

Mögliche Vorteile für Investoren, Verkäufer und Kreditnehmer

Auf der anderen Seite ergeben sich in der Praxis eine ganze Reihe von praktischen Problemen, insbesondere bei Forderungstransaktionen mit deutschen Kreditnehmern. Zunächst einmal unterliegen die Kreditverträge in aller Regel deutschem Recht - soweit Immobilien als Sicherheiten oder als Transaktionsobjekt betroffen sind, gehen die entsprechenden Sicherheiten, das heißt Grundschulden immer nach deutschem Recht über. Die Voraussetzungen dafür wurden durch ein Risikobegrenzungsgesetz aus dem Jahr 2008 (weiter) verschärft.1) Auch in der Folgezeit gab es bei der Übertragung von Grundschulden immer wieder Komplikationen, was die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. März 2010 eindringlich dokumentiert.2) Demnach darf der Erwerber eines Darlehens und einer Grundschuld, die es absichert, nur dann gegen den Kreditnehmer vollstrecken darf, wenn er auch - nachweisbar - in den ursprünglichen Sicherungsvertrag eingetreten ist.

Angesichts dieser Umstände haben zahlreiche wichtige Marktteilnehmer, besonders die großen Geschäftsbanken, eigene Vertragsdokumentationen für den Verkauf von Corporate Loans beziehungsweise Single Names entwickelt. Solche Standards fehlen dagegen immer noch im Bereich der Portofoliotransaktionen, die den deutschen Markt in den Jahren 2003 bis 2007 geprägt und zu einem zweistelligen Milliardenvolumen geführt haben.3) Damit ist offensichtlich, dass deutschsprachige Vertragsstandards Vorteile für alle Beteiligten, das heißt Investoren, Verkäufer und die betroffenen Kreditnehmer bringen könnten.

Hinzu kommt die aktuelle Marktsituation für den Handel mit notleidenden Krediten - der seit 2007 kontinuierlich rückläufig ist. Ursächlich hierfür war zum einen ein möglicher Reputationsschaden insbesondere bei regionalen Banken und/oder Sparkassen, aber auch die Finanzkrise seit der Lehman-Insolvenz im September 2008. Zunächst würde man denken, dass die globale Krise zu mehr Verkaufsdruck bei dem betroffenen Kreditinstituten geführt hat, doch bis heute ist das Gegenteil zu beobachten: Wertberichtigungen kann im Augenblick niemand gebrauchen, und hinzu kommen bei einigen Banken staatliche Beteiligungen sowie die bereits angesprochene kritische Haltung zu Kreditverkäufen. Insgesamt droht damit ein für die Volkswirtschaft sehr wichtiger Markt illiquide zu werden. Dabei war die Liquidität dieses Marktes in den Jahren 2003 bis 2006 ursächlich dafür, dass die Blase notleidender Kredite in den Büchern deutscher Institute ohne einen Crash, wie etwa in Südostasien, abgebaut werden konnte. In dieser Situation konnten in allen drei Säulen des deutschen Bankensystems akzeptierte Vertragsstandards mit einer deutsch-englischsprachigen Dokumentation Abhilfe schaffen. Vorteilhaft ist dabei, dass es dafür Vorbilder in den USA und dem Vereinigten Königreich gibt. Dass standardisierte Transaktionsprozesse sogar für ursprünglich nicht fungible Kreditforderungen möglich sind, beweisen eindringlich die Erfolge verschiedener Finanzmarktinitiativen. So wurden beispielsweise 1995 in New York die Loan Syndication and Trading Association (LSTA) gegründet sowie in London 1996 die Loan Market Association (LMA).

Loan Market Association

Die LMA ist ein internationaler Interessenverband mit Sitz in London, Großbritannien. Die Vereinigung verfügt mittlerweile über mehr als 420 Mitglieder aus dem Finanzbereich, insbesondere Banken, Finanzinvestoren, aber auch internationale Rechtsanwaltskanzleien. Die LMA wurde gegründet, um den in den neunziger Jahren noch jungen europäischen Markt für syndizierte Kredite durch eine allgemein anerkannte Muster-Vertragsdokumentation zu fördern und damit eine gängige Marktpraxis im Primär- und Sekundärmarkt für syndizierte Kredite zu etablieren.4) Die Musterkreditverträge wurden unter Geltung englischen Rechts entwickelt, deren Standard-Klauseln den Interessen der Banken und Kreditnehmer gerecht werden sollen.5) Zu den im europäischen Markt mittlerweile weit verbreiteten und als Standard akzeptierten Vertragsmustern gehören insbesondere solche für Konsortialkredite zur allgemeinen Unternehmensfinanzierung (Investment Grade), für Akquisitionsfinanzierungen (Leverage Finance) und für den Verkauf notleidender Forderungen (Non-performing Loans).

Entstehung und Gründung der LMA:

Vertreter diverser Konsortialbanken trafen sich im Laufe des Jahres 1996 zu verschiedenen Meetings. Die Bandbreite der Teilnehmer des Marktes für syndizierte Kredite war durch die Anwesenheit der wesentlichen international tätigen Konsortialbanken gewährleistet. Das Hauptziel dieser Treffen bestand darin, durch das Setzen von standardisierten Prozessabläufen und Marktpraktiken einen fairen und effizienten Sekundärmarkt für Kredite in Europa zu fördern. Einer Vielzahl von Banken fehlte eine Möglichkeit, das in die Kreditgeschäfte investierte Kapital effektiv zu verwalten.

Ende 1996 gegründet

Vor diesem Hintergrund verfolgten bereits einige der beteiligten Banken mit Interesse den Entwicklungsprozess der New Yorker LSTA, die - soweit diese bereits verfasst worden waren - Grundlagen für die Loan Market Association schufen. In der zweiten Hälfte des Jahres 1996 wurde die Kanzlei Clifford Chance mit dem Entwurf der Vertragsentwürfe beauftragt sowie die Bank of England damit betraut, die erforderlichen Genehmigungen sowie die Unterstützung der zuständigen Behörden einzuholen. Schließlich wurde die LMA im November 1996 gegründet.6)

Anfangsphase: Die anfänglichen Ziele der LMA bestanden in der 1. Standardisierung und Vereinfachung der Übertragung und Abtretung von Kreditforderungen, 2. Einführung von allgemeinen Praktiken für Marktaktivitäten, 3. Einführung eines Kreditbewertungssystems sowie 4. darin, Kreditnehmer, Banken und andere Marktteilnehmer vom Verdienst standardisierter Prozessabläufe und Marktpraktiken zu überzeugen.7)

Dokumente: Mit der Konzeption des sogenannten Secondary Trading Documents (Par/near Par), einem Vertragsmuster für Sekundärhandel von Krediten im September 1997, produzierte die LMA ihre erste Dokumentation, mit der sie am Markt eine erstaunliche Nachfrage erzielte. Es folgten die Entwicklung des Code of Practice for Par Trades, die Einführung von allgemeinen Praktiken für Marktaktivitäten im Bereich des Sekundärhandels sowie die Veröffentlichung von Studien zur Implementierung eines Kreditbewertungssystems, die erstmals den Einblick in das Secondary Pricing von Krediten ermöglichten.

Die Weiterentwicklung der Standards erfolgte dabei in Absprache mit Vertretern der Kreditnehmer, in Abstimmung mit der Association of Corporate Treasurers in London. Die LMA begann 1999 mit der Erstellung von Mustern für den Handel von Schuldkrediten (Distressed Debt Trading Document) sowie für die allgemeine Unternehmensfinanzierung (Investment Grade Primary Syndicated Loan Document).8) Im Juni 2001 folgte die Erstellung von Guidelines für die Übertragbarkeit von Krediten (Guidelines on Loan Transferability), im Januar 2004 die Entwicklung von Musterverträgen im Bereich der Akquisitionsfinanzierung (Leverage Loan Primary Document). Vom Oktober 2006 datiert die Entwicklung von (Neben-)Abreden in Kreditverträgen zu Finanzkennzahlen (Financial Covenants) und schließlich die Erstellung von Mustern für Rahmenkredite (Facility Agreements) nach deutschem Recht.9)

Fortlaufender Überarbeitungsprozess

Die Dokumente der LMA unterliegen einem fortlaufenden Überarbeitungsprozess.10) Während die LMA ihre Standards zunächst auf Großbritannien fokussierte, öffnete sich der kontinentaleuropäische Markt für syndizierte Kredite rasch und führte unter anderem auch in Deutschland sukzessive zu einem Wandel der bilateralen Kreditausreichung hin zu Konsortialkrediten. Die Standards der LMA hielten bald nicht nur Einzug in Deutschland, sondern auch in weiteren kontinentaleuropäischen Staaten. Aus den ursprünglich sieben Gründungsmitgliedern im Jahr 1996, wurden bald 100 Mitglieder (1998). Im Juli 2003 überstieg die Mitgliederanzahl 200 und erreichte im Mai 2010 die bislang höchste Mitgliederanzahl von über 420.11)

Die Erstellung von Vertragsstandards zog das Erfordernis nach sich, Praktiken für Marktaktivitäten zu definieren, die für Klarheit und Nachhaltigkeit unter den Teilnehmern am Markt für syndizierte Kredite sorgten. Bei der Ausgestaltung bildeten Effizienz und die vereinfachte Kodifizierung üblicher Prozessabläufe den Schwerpunkt, um einen reibungsloseren Ablauf im Markt sicherzustellen.

Als sich in den späten neunziger Jahren ein lebhafter Sekundärmarkt für Kredithandel entwickelt hatte und die Transaktionsgrößen anstiegen, konkretisierte sich der Regelungsbedarf im Hinblick auf Insiderhandel im Bereich der Primary Deals im Sekundärmarkt. Um Unsicherheiten im Markt entgegenzuwirken, entwickelte die LMA daher Formeln, die Kreditnehmer zu angemessenem Verhalten verpflichteten und Rechtsfolgen für das Verhalten der Kreditnehmer im Zusammenhang mit sensiblen Themen gewährleistete.12)

Weiterbildung

Die Aus- und Weiterbildung im Bereich der LMA-Standards erfolgte anfänglich durch Roadshows in zahlreichen Finanzmetropolen Europas. Die erste LMA-Konferenz fand im Juni 1999 in Frankfurt am Main statt. Die Veranstaltungen dienten dem Zweck, nicht nur über die Existenz der LMA, sondern auch über die Tatsache zu informieren, dass es sich hierbei nicht nur um einen auf Großbritannien ausgerichteten Interessenverband handelte. Die LMA hielt darüber hinaus stets den Dialog mit diversen Kreditvereinigungen in den verschiedenen Staaten aufrecht.

Der Austausch ermöglichte eine Zusammenarbeit auch im Hinblick auf nationale Unterschiede. Zu großen Teilen weisen die Standards jedoch große Unterschiede zu den nationalen Regulatoren auf. In einigen Fällen führen die Standards zur Modernisierung der Vertragsstandards, namentlich im Asien-Pazifik-Raum. Durch die Anstellung von weiterem Fachpersonal konnte die LMA schließlich ein professionelles Aus- und Weiterbildungssystem etablieren, sodass im Oktober 2003 die ersten LMA-Schulungen (Training on LMA Investment Grade Documents) stattfanden und seit

Mai 2005 der LMA Certificate Course existiert.13) Die LMA mit Sitz in London hat mittlerweile Einfluss auf den gesamten Euromarkt für syndizierte Kredite und richtet Veranstaltungen in den Finanzzentren Westeuropas, Zentral- und Osteuropas sowie in Skandinavien und dem Mittleren Osten aus.14)

Organisation

Die Umsetzung der erklärten Ziele der LMA gestaltete sich anfänglich zeitintensiv, da nur mit freiwilligen Mitarbeitern auf ehrenamtlicher Basis gearbeitet wurde. Die geplante Struktur der LMA wies zwar bereits in den Anfängen einen Vorstand (LMA Board) sowie ein Komitee (LMA Committee) auf, doch erst wurde 1999 die erste Geschäftsführerin (Executive Director) bis heute Clare Dawson - bestellt. Obwohl die Mitglieder der LMA stets von der Aufgabe der Vereinigung überzeugt waren, war die anfangs zögerliche Besetzung des Stammpersonals dem Umstand geschuldet, dass keineswegs abzusehen war, dass das Erfordernis eines Stammpersonals nach der Implementierung der geplanten Standards fortbestehen würde. Vor dem Hintergrund dieser Ungewissheit gestaltete sich die Besetzung der Gremien mit qualifiziertem Fachpersonal lange Zeit schwierig.15)

Die Struktur des Komitees hat sich weiterentwickelt und verfügt aktuell permanent über sechs verschiedene Arbeitskreise (Practice Groups):16)

Agency: Die Mitglieder dieses Arbeitskreises sind Praktiker, die einschlägige Themenbereiche auf ihre Relevanz für die nachstehenden Arbeitskreise untersuchen und verteilen sowie Best-Practice-Empfehlungen aussprechen.

Distressed Debt: Dieser Arbeitskreis aus Praktikern und Juristen hält die bestehenden Standards im Bereich Distressed Debt auf rechtlich und praktisch neuestem Stand unter Berücksichtigung der Best-Practice-Empfehlungen.

Documentation: Aus Praktikern und Juristen setzt sich dieser Arbeitskreis mit der Aufgabe zusammen, neue Vertragsstandards zu entwickeln sowie bestehende Dokumente im Hinblick auf Gesetzesänderungen beziehungsweise Neuerungen sonstiger Regularien und Marktpraktiken zu überarbeiten.

Loan Operations: Ziel dieses Arbeitskreises ist die Bestimmung und Identifizierung der wesentlichen Marktanforderungen im Hinblick auf Prozessabläufe im Kreditwesen.

Par Trading Practices: Dieser Arbeitskreis besteht aus Praktikern, die die bestehenden Vertragsstandards im Bereich Par Trading Practices auf rechtlich und praktisch neuestem Stand halten und die Best-Practice-Empfehlungen zu berücksichtigen.

Tax: Dieser Arbeitskreis bestimmt und identifiziert steuerrechtliche Fragestellungen und Probleme, mit denen Teilnehmer des Marktes für syndizierte Kredite konfrontiert werden und nimmt entsprechende Änderungen der bestehenden Vertragsdokumentation vor.

Zusätzlich zu vorbenannten Arbeitskreisen berufen der Vorstand (LMA Board) und der Ausschuss (LMA Committee) fach- und themenspezifische Arbeitskreise (Practice Groups) zu Sonderthemen ein.17)

Loan Syndications and Trading Association

Das amerikanische Pendant zur LMA ist die Loan Syndications and Trading Association (LSTA)18). Die LSTA ist eine Non-Profit-Organisation, die gegründet wurde, um Standards, Marktpraxis und Geschäftsprozeduren festzulegen, welche die Liquidität des Sekundärmarktes für Geschäftskredite von kommerziellen Banken erhöhen sollen.19)

Entstehung und Gründung: Die heutige LSTA wurde 1995 gegründet. Sie verfolgt vergleichbar mit der LMA - den Anspruch, Standarddokumente zu generieren, um den Erfordernissen des damals in den USA rapide ansteigenden Marktes für Kredithandel gerecht zu werden.

Noch im Jahr 1991 belief sich das Handelsvolumen im Sekundärmarkt in den USA auf acht Milliarden US-Dollar. In nur vier Jahren war das Volumen dann um 325 Prozent gestiegen, sodass das Handelsvolumen 1995 rund 34 Milliarden Euro betrug. Problematisch und durch das steigende Handelsvolumen spürbarer waren Verzögerungen bei der Abwicklung der Transaktionen, die unterschiedlichen Standards geschuldet waren und oft zu langwierigen Verhandlungen der Verträge im Einzelfall führte. Angetrieben durch die Devise "time is money", rief daher eine Gruppe von zwölf US-amerikanischen Händlern die sogenannte Debt Traders Association ins Leben. Das für die Initiative - insbesondere für eine Beauftragung von Anwaltskanzleien - erforderliche Startkapital stellten ING, Morgan Guaranty Trust Co. of New York und Goldman Sachs zu je 100000 US-Dollar sowie weitere Banken20) zur Verfügung, sodass die Debt Traders Association 1995 gegründet werden konnte.

Käufer- und Verkäuferseite vertreten

Die Organisation wurde 1996 in Loan Syndications and Trading Association (LSTA) umbenannt und verfügt heute (Stand Oktober 2010) über 317 Mitglieder. Zu ihren Mitgliedern gehören sowohl Marktteilnehmer der Käufer- als auch der Verkäuferseite, so beispielsweise Handels- und Geschäftsbanken, Investmentbanken, andere Kreditinstitute, Versicherungen, Investmentfonds und Hedgefonds, Rechtsanwaltskanzleien sowie Steuerberaterbüros.

Erhebung und Auswertung von Marktdaten: Die Einführung eines monatlichen erscheinenden Secondary Loan Pricing Service, einem Bewertungssystem für Kredite im Sekundärmarkt, welches anfänglich den Händlern einen umfänglicheren Einblick in den Handel ihrer Kollegen und der von ihnen quotierten Preise ermöglichte, war eine der ersten Errungenschaften der LSTA. Ende 1995 verfügte die Organisation trotz anfänglichen Widerstrebens der Händler - die für das Bewertungssystem erforderlichen Angaben zu quotierten Preisen (bid/offer prices) zu publizieren bereits über Marktpreise von 155 verschiedenen Kreditinstituten, bis im Jahr 1999 die Veröffentlichungen schließlich täglich erfolgten (seit dem sogenannten LSTA/LPC MTM Pricing) und heute über Marktpreise von rund 2400 Instituten verfügt. Durch die Implementierung eines Pricing Services erzielte die LSTA verlässliche Richtwerte, die institutionellen Anlegern einen bequemen Handel ermöglicht.21)

Leveraged Loan Index

Eine weitere wichtige Entwicklung verzeichnete die LSTA durch die Etablierung eines sogenannten Leveraged Loan Index im Oktober 2001, der Aufschluss über die Parameter der unterschiedlichen Kapitalerträge am Leveraged Loan Market gibt. Die Etablierung des Index erfolgte in Zusammenarbeit mit der Ratingagentur Standard & Poor's. Der Index ist heute über Bloomberg abrufbar.

Dokumente: Auch die Anstrengungen der LSTA trugen in den vergangenen 15 Jahren dazu bei, die Liquidität, Effizienz und Transparenz am Kreditmarkt durch die Erstellung von standardisierten Dokumenten zu verbessern. Die Erstellung der Dokumentation durch die LSTA für den Bereich des Sekundärmarktes erfolgte zunächst (1996) im Kleinen durch den Entwurf von Confirmations for Secondary Trades of "Performing, or Par, Loans". Am Prozess der Dokumentationserstellung nehmen bereits zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Anwälte der beauftragten Kanzleien, sondern auch diverse Vertreter von Marktteilnehmern unterschiedlicher Couleur teil. Auch die Dokumente werden stetig aktualisiert und überarbeitet. 1997 wandte sich die LSTA sodann umfangreicheren und komplizierteren Dokumenten zu. Es folgten das Concept of Delayed Compensation sowie die Distressed Trade Confirmation.

Im Folgejahr erstellte die LSTA die sogenannte T + 20 als eine Konvention über das Closing von Distressed Debt Transaktionen sowie ein Konzept zur Delayed Compensation on Distressed Trades. Es wurden Dokumente wie Confidentiality Agreements (Vertraulichkeitsvereinbarungen), Assignment Agreements for Par and Distressed Loans (Abtretungsverträge) sowie später Distressed Trade Purchase and Sale Agreements (Kaufverträge) entwickelt. Im Anschluss daran befasste sich die LSTA mit dem Bereich des Primärmarktes. Die Erstellung standardisierter Dokumente für den Primärmarkt versprach auch für den Bereich des Sekundärmarktes Transparenz und Effizienz. So wurden Musterkreditverträge, Bestimmungen zu Vertragsänderungen- und Ergänzungen (Amendment Provisions), administrative Fragebögen (Administrative Questionnaire) sowie Abtretungs- und Übertragungsvereinbarungen (Assignment and Assumption Agreement) konzipiert. Als sich schließlich der Kredithandel im Bereich des Distressed Debt sowohl national als auch international entwickelte, konzentrierte sich die LSTA auf Sachverhalte im Zusammenhang mit Insolvenzen und Kreditderivaten.

In diesem Zusammenhang entwickelte die LSTA in Zusammenarbeit mit der Bond Market Association die sogenannte Model NOL (Net Operating Loss) Order. Hierbei handelt es sich um Standards, die dem Insolvenzschuldner im Rahmen eines Verfahrens nach Chapter 11 des amerikanischen Insolvenzrechts ein gewisses Maß an Liquidität sichern. Die LSTA ist darüber hinaus in Bereichen engagiert, die von steuerrechtlicher oder regulatorischer Bedeutung für den Kreditmarkt sind.22)

Organisation: Die LSTA ist eine Non-Pro-fit-Organisation mit Sitz in New York, USA, deren Organisation der Struktur der LMA ähnelt. Die LSTA verfügt über einen Vorstand (LSTA Board) sowie über einen sogenannten LSTA Staff, der durch den Geschäftsführer (Executive Director) geleitet wird.23)

Der Distressed-Debt-Markt

Soweit es Kredite gibt ist auch die Existenz von notleidenden Krediten (Distressed Credit) unvermeidbar.

Der Ursprung - Entwicklung des Dis-tressed-Debt-Marktes in den USA: Der heutige Markt für Kredithandel in Europa hat seinen Ursprung in den USA. Ende der 1980er Jahre hatten die Vereinigten Staaten mit der Savings & Loan Crisis (S&L Crisis) zu kämpfen. Da der Kreditmarkt zusammenzubrechen drohte, rief der USamerikanische Senat die Resolution Trust Corporation (RTC) ins Leben, die Milliarden an Steuergeldern für den Ankauf und die Restrukturierung von Kreditengagements investierte. Die RTC refinanzierte sich durch den Verkauf von Kreditportfolios. Frühe Investoren erzielten beim Ankauf der Kredite einen hohen Abschlag und oftmals erhebliche Gewinne. Die insofern erfolgreichen Investments gaben dem Markt für (notleidende) Kredite den erforderlichen Auftrieb für den heutigen Distressed-Debt-Markt.

Faule Bankenkredite und überbewertete Immobilien ließen Anfang der 1990er Jahre die Bubble Economy in Japan platzen, sodass Japan in eine Phase von Deflation und hoher Staatsverschuldung rutschte, die wirtschaftliche Stagnation auf hohem Niveau bedeutete. Mitte der 1990er Jahre begannen US-amerikanische Investoren schließlich Distressed Debt in Japan und anderen Ländern Asiens zu kaufen. 1997 expandierte die LSTA schließlich ihr Portfolio und veröffentlichte eine Reihe von Dokumenten für den Kredithandel mit notleidenden Krediten.24) Ende der 1990er Jahre erstreckten sich die Distressed-Debt-Aktivitäten auf Länder der ganzen Welt.25)

Entwicklung des Distressed-Debt-Marktes in Europa: Erst zu Beginn der 1990er Jahre hatte der Handel mit notleidenden Krediten in Großbritannien ein Volumen erreicht, bei dem von einem Markt für notleidende Kredite gesprochen werden kann. Auslöser hierfür war die Rezession Großbritanniens in den Jahren 1990 bis 1992, die infolge steigender Zinssätze im September 1992 mit dem "Black Wednesday", dem Ausstieg Großbritanniens aus dem Europäischen Währungssystem (European Exchange Rate Mechanism - ERM), endete. Der Anstieg der Zinssätze und abnehmende Kreditnachfragen zeichneten sich am Markt für syndizierte Kredite ab, sodass erster Handel im aufsteigenden Markt für notleidende Kredite (distressed market) beispielsweise durch den britischen Medienkonzern WWP Group oder Saatchi & Saatchi stattfand.26)

Während der Anfangsjahre des Distressed-Debt-Marktes in Großbritannien, hatte der Handel mit notleidenden Krediten in den USA bereits eine dominierende Stellung eingenommen. Im Zuge des sogenannten "London Approach" vollzogen die britischen Geschäftsbanken eine Restrukturierung, die zu diesem Zeitpunkt erforderlich war, um den Kollaps von gefährdeten Unternehmenskrediten zu vermeiden. Im Gegensatz dazu zeigten sich europäische Banken eher zurückhaltend. Eine Standardisierung der Dokumente im Bereich Distressed Debt erfolgte vor diesem Hintergrund zunächst nicht. Trotz Zurückhaltung in Kontinentaleuropa erwies sich der Handel mit notleidenden Krediten als so reizvoll, dass sich der Markt stetig entwickelte und wuchs.

Impuls durch den Kredit für den Bau des Eurotunnels

Die Entwicklung des europäischen Marktes ist einem wesentlichen Engagement zu verdanken - dem Kredit für den Bau des Eurotunnels. Das lange geplante und sehr kostspielige Tunnelbauprojekt von drei europäischen Ländern, dem einige fehlgeschlagene historische Baupläne vorangingen, wurde 1994 vollendet. Bedeutung im Zusammenhang mit der Entwicklung des Distressed-Debt-Marktes erlangte der Kredit aufgrund der Ausreichung durch 200 verschiedene Banken. Infolge von Bauverzögerungen, Rechtsstreitigkeiten und anderen Problemen während und nach dem Bau, mussten die Tilgungspläne vielfach restrukturiert werden, sodass eine Vielzahl der beteiligten Banken mit dem Verkauf notleidender Kredite konfrontiert waren und sich die Marktpraktiken dadurch bedingt schnell entwickelten.

Ende der 1990er Jahre verfügte der Markt über diverse Dokumente im Bereich Distressed Debt, die jedoch zwingend durch einen allgemeingültigen Standard ersetzt werden mussten. Im März 1999 expandierte die LMA daher ihr Portfolio und veröffentlichte eine Reihe von Dokumenten für den Kredithandel mit notleidenden Krediten und erstellte damit die ersten Vertragsbedingungen für den gesamten Distressed-Debt-Handel. Ein Update der Dokumente erfolgte im Jahr 2005.27) Die Entwicklung des Marktes, bestärkt durch die Erstellung von standardisierter Dokumentation setzte sich fort und wurde krisenbedingt sogar verstärkt, als im März 2000 die sogenannte Dotcom-Blase platzte. Die geplatzte Spekulationsblase betraf insbesondere die vielzitierten Dotcom-Unternehmen der New Economy und führte vor allem in Industrieländern zu Vermögensverlusten fürKleinanleger.

Bedingt durch die Vielzahl an Opportunitäten, die sich für den Distressed-Debt-Markt Anfang des neuen Jahrhunderts boten, waren die vergangenen Jahre durch einen starken Anstieg der Investitionsvolumina geprägt. Die Kombination aus starker Nachfrage und limitiertem Angebot veränderte die Marktdynamik dramatisch. Spürbare Auswirkungen auf den Markt hatte schließlich die Einführung neuer Eigenkapitalvorschriften für Banken nach BaselII. Die Sicherung einer angemessenen Eigenkapitalausstattung von Instituten und die Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen sowohl für die Kreditvergabe als auch für den Kredithandel durch verstärkte Ausrichtung der Eigenkapitalanforderungen am tatsächlichen Risiko, bewegte viele Kreditinstitute dazu, ihre Bücher über den Kredithandel zu managen.28)

Das stetige Wachstum des Distressed-Debt-Marktes schwappte von Großbritannien auch in andere Länder Europas. Aktiv wurden insbesondere deutsche Banken seit dem Jahr 2003, die damit auf verstärkte Nachfrage von Investoren und dem Bedürfnis nach Restrukturierung und Refinanzierung reagierten. Im Bereich Distressed Debt wurden in der Hochphase in den Jahren 2003 bis 2004 in Deutschland mehr als 65Transaktionen mit einem Volumen von mindestens 45 Milliarden Euro getätigt.29)

Deutsche Vertragsstandards: die bisherigen Aktivitäten

Ausgangspunkt der Diskussion über deutsche Vertragsstandards für NPL-Transaktionen war eine informelle Arbeitsgruppe aus Juristen und Bankern, die sich im Vorfeld des NPL Forums 2010 an der Frankfurt School of Finance & Management gebildet hatte. Die Ergebnisse dieser Gespräche wurde dann von den Autoren dieses Beitrags im Mai 2010 der Öffentlichkeit vorgelegt und mit den 300 Konferenzteilnehmern diskutiert.30) Daraufhin wurde durch die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e. V. gemeinsam mit der Frankfurt School of Finance & Management eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen.

Die erste Sitzung folgte am 25. Juni 2010 mit Vertretern aus allen drei Säulen des deutschen Bankensystems, Investoren und Servicern sowie zahlreichen Beratern aus führenden Anwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Daran angeschlossen hat sich auf Einladung der Commerzbank ein Workshop im September 2010 sowie ein Meeting mit der Geschäftsführerin der LMA, Clare Dawson, Ende Oktober 2010. Erste Ergebnisse des Kick-off-Meetings und der Workshops waren, dass im Bereich Corporate Loans Ansatzpunkte für die Fassung von deutschen Standards gesehen werden. Eine Ausnahme davon bilden zum Beispiel Förderdarlehen. Insgesamt ist aber in diesem Bereich genügend Liquidität im Markt vorhanden, sodass kein dringender Handlungsbedarf gesehen wird. Hinzu kommt, dass dies für Regionalbanken eher von untergeordneter Bedeutung ist.

Anders stellt sich die Situation im Real Es-tate/Retail-Portfoliogeschäft dar, dort werden Standardisierungen nach Einschätzung der Beteiligten derzeit benötigt - die LMA stellt hierfür auch keine Muster zur Verfügung - um den Prozessablauf zu fördern sowie die Liquidität des Marktes anzuschieben. Als Plattform einer Vertragsstandardisierung in Deutschland könnte die Frankfurt School of Finance & Management in Abstimmung mit führenden Banken beziehungsweise Bankenvereinigungen aus den drei Säulen des deutschen Bankensystems und der Bundesvereinigung Kreditverkauf und Servicing e. V. dienen.

Der Beitrag geht zurück auf den Vortrag auf dem NPL Forum 2010. Er gibt allein die persönliche Meinung des Autors wieder. Der Verfasser ist den Rechtsanwälten Dr. Simon Grieser und Dr. Jörg Wulfken von Mayer Brown für die Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Präsentation sowie allen Teilnehmern des NPL Forums für die offene Diskussion dankbar.

Fußnoten

1) Schalast, Das Risikobegrenzungsgesetz - Konsequenzen für die Kreditvergabe und für Kredittransaktionen, Betriebs-Berater 2008, S. 2190 ff.

2) BGH Urteil vom 30. März 2010, XI ZR 200/09, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen.

3) Grieser/Wulfken/Penndorf, Vertragsgestaltung von Kreditportfoliotransaktionen in Schalast (Hrsg.): NPL Jahrbuch 2009/2010, 79ff. und insbesondere 129ff.

4) Schaffelhuber/Sölch, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1, 3. Auflage 2009, § 31, Rn.1.

5) Freitag/Derleder/Knops, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 54, S. 1403.

6)/7) Tim Richie, Loan Market Association - Ten Years in the Euroloan Markets, 2006, S. 15f.

8) Karl Clowry, Journal of International Banking & Finance Law/2008 Vol.23, S.1.

9) Tim Richie, Loan Market Association - Ten Years in the Euroloan Markets, 2006, S. 17.

10) So Oktober 2005: Revised LMA Distressed Debt Trading Document; June 2009 Revised Leverage Loan Primary Document; November 2009 Revised Secondary Trading Document completed, merging par and distressed.

11) http://www.loan-market-assoc.com/.

12)/13) Tim Richie, Loan Market Association - Ten Years in the Euroloan Markets, 2006, S. 19 und 20.

14) http://www.loan-market-assoc.com/.

15) Tim Richie, Loan Market Association - Ten Years in the Euroloan Markets, 2006, S. 19f.

16)/17) http://www.loan-market-assoc.com/pages. aspx?p=12.

18) Allison Taylor/Alicia Sansone, The handbook of loan syndications and trading, S. 61ff.

19) Bridget Marsh/Ted Basta, Loan Syndications an Trading: An Overview of the Loan Syndications & Trading Association and the Lerveraged Loan Market, S.1.

20) Bank of America, Bank of Montreal, Bankers Trust Company, Bear Sterns Cos., Inc., Chemical Bank, Citibank, First Chicago, Lehman Brothers, Inc., Merrill Lynch & Co.

21) Bridget Marsh/Ted Basta, siehe FN 19, S. 2.

22) Allison Taylor/Alicia Sansone, The handbook of loan syndications and trading, S. 67, 76ff.

23) http://www.lsta.org/aboutlsta.aspx?id=98.

24) Vgl. C III.

25) Simon Gottlieb Grieser/Jörg Wulfken, Performing and Non-Performing Loan Transactions Across the World- A Practical Guide, 2009, S.[4]f.

26)/27)/28) Iain Burnett, Loan Market Association - Ten Years in the Euroloan Markets, 2006, S. 128.

29) Simon Gottlieb Grieser/Jörg Wulfken, Performing and Non-Performing Loan Transactions Across the World - A Practical Guide, 2009, S.5. 30)Siehe JUVE 7/2010, 60.

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