Aufsätze

Discount-Zertifikate an der Börse Stuttgart: Marktqualität und Preissetzung

Eines der bekanntesten und am meisten verbreiteten strukturierten Finanzprodukte ist das Discount-Zertifikat. Es ermöglicht dem Anleger in Zeiten stagnierender oder leicht sinkender beziehungsweise steigender Kurse positive Renditen zu erwirtschaften. Ebenso sind Discount-Zertifikate aufgrund eines großen Sicherheitspuffers in volatilen Märkten, das heißt bei stark schwankenden Kursen, sehr beliebt. Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse basieren auf einer ausführlichen empirischen Studie, die die Bepreisung von klassischen Discount-Zertifikaten an der Börse Stuttgart im Handelssegment Euwax im Jahre 2007 untersucht. Unterschiedliche Basiswerte Mit über 390000 notierten Wertpapieren ist die Euwax Europas größter Handelsplatz für strukturierte Produkte. Eine Vielzahl privater Anleger nutzt die Vorteile und Innovationen, sei es auf Produktebene, im Handel oder der Marktüberwachung, die den Erfolg der Euwax im letzten Jahrzehnt geprägt haben. Zertifikate werden auf eine Vielzahl verschiedener Basiswerte emittiert, von welchen die wichtigsten Indizes und Aktien sind. Im Jahre 2008 bildeten sie die Basis für 80 Prozent aller am deutschen Markt gehandelten Zertifikate. Diese Studie konzentriert sich aus diesem Grund ausschließlich auf Discount-Zertifikate mit Aktien als Basiswert. Beim Kauf eines Discount-Zertifikates erhält der Investor eine Art Sicherheitspuffer auf den entsprechenden Basiswert. Das heißt, dem Käufer wird ein Abschlag auf den eigentlichen Kurs gewährt und er kann den Titel somit unterhalb des eigentlichen Wertes erwerben. Als Kompensation dafür ist das Gewinnpotenzial des Papiers nach oben durch eine Schranke, den Cap, begrenzt. Je größer der gewährte Rabatt ist, desto geringer fällt die entsprechende maximal mögliche Rendite aus. Zusätzlich muss der Besitzer von auf Aktien emittierten Zertifikaten sowohl auf Dividendenzahlungen als auch auf Stimmrechte verzichten. Bei Emittierung eines Discount-Zertifikates wird eine Laufzeit festgelegt, die in den meisten Fällen zwischen sechs Monaten und drei Jahren liegt. Die Auszahlung richtet sich nach dem Kursstand am Verfallsdatum des Produktes. Liegt der Kurs über oder auf dem Cap, wird dem Investor ein Betrag in Höhe des Caps gutgeschrieben. Befindet sich der Kurs unterhalb des Caps, erhält der Besitzer des Zertifikates entweder den Basiswert selbst oder eine Auszahlung in gleicher Höhe. Hieraus leitet sich die maximal mögliche Gewinnspanne als Differenz zwischen Preis des Zertifikates und Cap ab, sie steigt mit der Laufzeit des Produktes. Zertifikate sind sogenannte Inhaberschuldverschreibungen der herausgebenden Institute, welche in den meisten Fällen Banken sind, wie zum Beispiel die Deutsche Bank, die Dresdner Bank oder die BNP Paribas. Hieraus ergibt sich ein Nachteil gegenüber einem klassischen Indexfonds oder gewöhnlichen Spareinlagen. Beim Kauf eines Zertifikates leiht der Investor der Bank Geld und diese garantiert ihm eine produktspezifische Auszahlungsstruktur. Der Besitzer des Zertifikates hat allerdings keinen Einfluss auf die Verwendung des Geldes und im Falle einer Insolvenz des Emittenten sind die Gelder nicht durch den Einlagensicherungsfonds geschützt. Investoren sollten daher bei der Auswahl der Produkte auch immer ein starkes Augenmerk auf die Bonität des jeweiligen Emittenten legen. Handel an der Börse Stuttgart Das Handelssegment Euwax wurde 1999 als spezielles Segment der Börse Stuttgart eingerichtet. Es bietet Anlegern neben weiteren strukturierten Produkten auch die Möglichkeit, Discount-Zertifikate zu handeln. Um den besonderen Anforderungen des Handels mit diesem Produkt gerecht zu werden, wurde ein Marktmodell entwickelt, welches die Stärken menschlicher Dienstleistung in Form des Quality Liquidity Provider (QLP) mit dem elektronischen Handelssystem Xontro verbindet. Zum Emittieren eines Discount-Zertifikates müssen die Banken das geltende Regelwerk und etwaige Ausführungsbestimmungen der Euwax anerkennen und einen sogenannten Emittentenvertrag mit der Börse Stuttgart abschließen. Somit ist gesichert, dass alle handelbaren Produkte den expliziten Anforderungen der Euwax entsprechen. Nachdem der Anleger über seine Bank eine Order für ein Discount-Zertifikat an der Börse Stuttgart aufgegeben hat, fließt diese in das Orderbuch des entsprechenden Produktes. Sobald das Handelssystem eine potenziell ausführbare Handelssituation erfasst, wird der Preisermittlungsprozess angestoßen. Während dieser läuft, ist das Orderbuch des elektronischen Handelssystems gesperrt. Ordereinstellungen, -änderungen oder -löschungen gelangen während dieser Zeit nicht in das Orderbuch, sondern werden nach der Beendigung der Sperre chronologisch in das Orderbuch aufgenommen. Vermeidung nicht marktgerechter Preise Jedes Wertpapier wird von einem Quality-Liquidity-Provider (QLP) betreut, der die Stärken menschlicher Dienstleistung in den Handelsprozess mit einbringt. Als erster Schritt im Preisbildungsprozess wird eine Liquiditätsanfrage für die entsprechende Order beim QLP gestellt. Dieser überprüft, ob sich gegenüberstehende Kundenorders ausführbar sind und entscheidet, ob er selbst Liquidität bereitstellt. Weiterhin kann er eine Liquiditätsanfrage an den Market-Maker - laut Börsenordung der Emittent eines verbrieften Derivates beziehungsweise ein von ihm beauftragter Dritter - stellen. Der Market-Maker ist nunmehr verpflichtet, verbindliche Quotes mit entsprechendem Volumen zu stellen. Zur weitestgehenden Vermeidung nicht marktgerechter Preise überprüft der QLP die übermittelten Preise anhand der permanent übermittelten Taxen und den zuletzt berichteten Handelspreisen. Der QLP stellt nunmehr für die entsprechende Order verbindliche Bid- beziehungsweise Ask-Preise, welche nicht außerhalb der Market-Maker-Quotes liegen dürfen. Innerhalb des vom QLP gestellten Rahmens wird der Auktionspreis durch das elektronische Handelssystem nach dem Meistausführungsprinzip ermittelt, das heißt es werden aus den potenziell ausführbaren Preisstufen diejenigen korrespondierenden Bid- und Ask-Preise gesucht, die den größtmöglichen Umsatz ermöglichen. Der abschließend final ermittelte Auktionspreis wird an die Bank des Privatanlegers übermittelt. Durch die Verankerung des Best-Price-Prinzips in der Börsenordnung wird die aufgegebene Order für ein Discount-Zertifikat an der Börse Stuttgart mindestens zu der vom Emittenten gestellten Quote ausgeführt. Durch die Ausführung gegen eine andere Kundenorder beziehungsweise durch die Bereitstellung von zusätzlicher Liquidität durch den QLP, kann ein sogar noch besserer Handelspreis erreicht werden. Zusätzlich garantiert die Handelsüberwachung einen fairen, ordnungsgemäßen Ablauf des Handels an der Börse Stuttgart. Der faire Preis Da die Emittenten wie dargestellt zumeist selbst als Market Maker für die permanente Handelbarkeit ihrer Produkte Sorge tragen, wird der Preis einer Ausführung in den meisten Fällen maßgeblich durch sie beeinflusst. Die beschriebene Studie analysiert das Preissetzungsverhalten mehrerer Bankinstitute, wobei ein Preis dann als fair bezeichnet wird, wenn er mit dem finanzmathematisch errechneten Wert übereinstimmt. Ein fairer Preis sagt in diesem Sinne nichts über den Spread als Differenz der Kauf- und Verkaufspreise aus. Das Risiko eines zugunsten des Emittenten bewerteten Zertifikats wird in der Literatur oft als Pricingrisiko bezeichnet und wurde über die Jahre mehrfach mit unterschiedlichen Ergebnissen untersucht. Vor allem ältere Studien finden ein relativ hohes Pricingrisiko, während neuere Untersuchungen geringere Preisunterschiede zwischen dem fairen Wert des Produktes und dem Handelspreis dokumentieren. Eines der Hauptziele der vorliegenden Studie ist es deshalb, das Pricingrisiko von Discount-Zertifikaten auf Aktien an der Stuttgarter Börse über einen langen Zeitraum zu bewerten und mögliche Einflussfaktoren auf die Bepreisung von Discount-Zertifikaten herauszustellen. Zur Bestimmung des Pricingrisikos wird deshalb der theoretische Wert des Produktes mit dem an der Börse beobachteten Kurs verglichen. In der Studie wurden festgestellte Handelspreise an der Börse Stuttgart als Datenpunkte verwendet. Die Preisdifferenz wird im Folgenden als Prämie bezeichnet und anhand einer Formel berechnet, wie sie schon in früheren Untersuchungen verwendet wurde: (1) Prämie = DZ(Markt)- DC(Theoretisch) ---------------------------------- DC(Theoretisch) Sie berechnet sich aus der Differenz des Marktpreises und dem ermittelten theoretischen Wert, dividiert durch den theoretischen Wert. Folglich gibt die Prämie in der Regel die prozentuale Abweichung des Emittentenpreises vom finanzmathematischen Wert an. Der tatsächlich vom Anleger zu zahlende Preis für das Produkt ist an der Börse beobachtbar. Der theoretische Wert wird auf Basis mehrerer Inputparameter berechnet, die im folgenden Absatz diskutiert werden. Finanzmathematische Bewertung Im Allgemeinen ist es möglich die Auszahlungsstruktur von strukturierten Produkten durch den Einsatz verschiedener Finanzinstrumente nachzubilden beziehungsweise wie es in der Fachsprache heißt zu duplizieren. Discount-Zertifikate bilden hier keine Ausnahme. Konstruieren lassen sich diese durch eine Longposition (Kauf) des Basiswertes und die Shortposition (Verkauf) einer Kaufoption (Call) mit einem Strikepreis in Höhe des Caps und ausgestattet mit einer gleichen Laufzeit. Veranschaulicht wird dieses Vorgehen in der Abbildung, die sowohl die Performance des Basiswertes und des Calls als auch die Struktur des Zertifikates in Abhängigkeit des Kursverlaufes wiedergibt. Die finanzmathematische Bewertung eines Zertifikats ergibt sich folglich aus der Addition der zugrunde liegenden einzelnen Finanzinstrumente. Im Fall des Discount-Zertifikates ist das der Wert der Aktie, bereinigt um alle zukünftig erwarteten Dividenden, abzüglich des Callpreises. Der Aktienkurs ist zu jeder Zeit an den Märkten beobachtbar. Die finanzwissenschaftliche Bewertung des Calls gestaltet sich allerdings schwieriger. Zur großen Mehrheit der Basiswerte der emittierten Produkte findet man an den Börsen keine Optionen, die dieselbe Laufzeit und einen Strikepreis exakt in Höhe des Caps des Zertifikats aufweisen. Die bekannteste und sehr weit verbreitete finanzmathematische Methode zur Bewertung einer Option ist die sogenannte Black- und Scholes-Formel. Unter Zuhilfenahme einer Reihe von Annahmen kann mit dieser Methode, basierend auf den Parametern Aktienkurs, Strikepreis, Restlaufzeit, risikoloser Zinssatz, Dividenden und Volatilität, der theoretische Wert einer Option errechnet werden. Volatilitätseffekte Alle aufgezählten Inputfaktoren können, mit Ausnahme der Volatilität, direkt am Markt beobachtet werden. Eine Möglichkeit zur Bestimmung der Volatilität, also der Standardabweichung der Aktienrendite, ist die Nutzung der sogenannten impliziten Volatilität. Hierzu berechnet man die Volatilität, die durch am Markt beobachtbare Optionen auf denselben Basiswert, impliziert wird. Da im Modell von Black und Scholes die Volatilität von Optionen mit unterschiedlichen Strikepreisen und Laufzeiten konstant ist, kann die implizite Volatilität von Eurex-Optionen zur Berechnung der Call-Optionen im strukturierten Produkt genutzt werden. In der Realität trifft die Annahme konstanter Volatilitäten jedoch nur teilweise zu, da sogenannte Smile- und Sneer-Effekte und Term-Strukture-Effekte auftreten können. Folglich verändern sich die Volatilitäten bei unterschiedlichen Strikepreisen und Restlaufzeiten. Um die Auswirkungen dieser Effekte auf die Ergebnisse so gering wie möglich zu halten, wurden in der Studie implizite Volatilitäten von Eurex-Optionen verwendet, die möglichst ähnliche Attribute aufwiesen wie die in das Zertifikat integrierten Call-Optionen. Der Studienumfang Untersucht werden Handelsdaten der Börse Stuttgart über das gesamte Jahr 2007. Auf die Einbeziehung von Daten aus dem Jahr 2008 wurde verzichtet, um mögliche Einflüsse der Finanzkrise auf die Bepreisung von Discount-Zertifikaten zu umgehen. Als Basiswerte werden zehn Dax-Aktien mit der durchschnittlich größten und zehn Dax-Aktien mit der durchschnittlich kleinsten Marktkapitalisierung ausgewählt. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die ausgewählten Aktien und ihre durchschnittliche Marktkapitalisierung im Jahre 2007 wieder. Analysiert werden die acht Emittenten, die in diesem Zeitraum die meisten Discount-Zertifikate emittiert hatten und gleichzeitig auch die meisten Transaktionen aufwiesen. Dabei wurden jeweils die 25 meistgehandelten Papiere berücksichtigt. Um die Vergleichbarkeit mit anderen Studien zu wahren, wurden Zertifikate mit einer Restlebensdauer von sieben Tagen oder weniger gelöscht. Ebenso sind alle Zertifikate ausgeschlossen worden, für die keine implizite Volatilität berechnet werden konnte oder die offensichtlich falsche Resultate aufwiesen. Außerdem wurden alle Beobachtungen der ersten und letzten 15 Minuten jedes Handelstages nicht betrachtet, um mögliche Einflüsse der Handelseröffnung beziehungsweise des Handelsendes auszuschließen. Somit weist dieser Datensatz noch 20975 getätigte Transaktionen auf. Der gewählte Ansatz besitzt den Vorteil, dass durch Transaktionen ermittelte Preise und nicht unverbindliche Preisinformationen in die Analyse einfließen. Zur Bestimmung des theoretischen Wertes werden Aktienkurse von Xetra- und Eurex-Optionen über Thomson Reuters Datascope Tick History bezogen. Der Euribor und die effektiven Dividendenzahlungen stammen ebenfalls von Reuters. Die Marktkapitalisierungen der einzelnen Aktien sind von Bloomberg. Sehr geringes Pricingrisiko Das Ergebnis der Studie liegt mit einer Prämie von zirka 0,5 Prozent deutlich unter früheren Resultaten und findet somit ein sehr geringes Pricingrisiko, dem die Anleger ausgesetzt sind. Da Privatanleger beim Handel von Discount-Zertifikaten keinen Zugang zum Derivatemarkt benötigen und einen Kostenvorteil durch weniger Einzeltransaktionen erhalten, sorgen Dis-count-Zertifikate für einen zusätzlichen positiven Nutzen bei einer entsprechenden Anlagestrategie. Zusätzlich besteht bei einem Investment in Discount-Zertifikate durch die Vielzahl von Produkten eine größere Flexibilität als bei einem Investment in den Basiswert. Die Auszahlungsstruktur kann genau gemäß der Bedürfnisse einer individuellen Anlagestrategie ausgesucht werden. Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die wesentlichen deskriptiven Werte des untersuchten Datensatzes. Die errechnete Prämie liegt bei 0,76 Prozent, allerdings ist zu beachten, dass die analysierten Daten auf Transaktionsdaten beruhen und somit dem Einfluss des Spreads, der Differenz aus Kauf- und Verkaufskurs, ausgesetzt sind. Da die Datenbasis aus mehr Kauf- als Verkaufsordern besteht, wird gemäß der Annahme eines durchschnittlichen Spreads von 0,5 Prozent die Prämie auf zirka 0,5 Prozent nach unten korrigiert. Sowohl das Maximum als auch das Minimum der Prämie liegen mit 17 Prozent und minus 9,7 Prozent in einem angemessenen Rahmen. Niedrige Anzahl von Ausreißern Bei genauerer Betrachtung ihrer Verteilung fällt eine geringe Anzahl von Ausreißern ins Auge. Weiterhin ist erkennbar, dass der Großteil der Discount-Zertifikate nach ihrem theoretischen Wert oder leicht teurer gepreist sind. Aufgrund der sehr heterogenen Datenbasis kann keine definitive Aussage über das Preissetzungsverhalten einzelner Institute gemacht werden. Trotzdem ist zwischen allen Studien, die Dis-count-Zertifikate analysieren, eine chronologische Tendenz von einer geringer werdenden Prämie zu erkennen. Gründe hierfür sind möglicherweise die zunehmende Konkurrenz am Markt durch eine immer größere Anzahl von verfügbaren Produkten sowie eine kontinuierliche Verbesserung der Börseninfrastruktur, die es den Instituten ermöglicht, sich immer besser gegen offene Positionen aus Zertifikatgeschäften auf den Aktien- und Op-tions-Märkten abzusichern. Relatives Alter und Moneyness Zusätzlich zur absoluten Größe der Prämie untersucht die Studie auch verschiedene Variablen, die einen Einfluss auf das Pricingrisiko haben. In früheren Arbeiten wurden vor allem das relative Alter (RA) der Zertifikate und die Moneyness (M) der integrierten Call-Option betrachtet. Das relative Alter eines Zertifikates ergibt sich aus der Differenz des Beobachtungszeitpunktes und des Emissionsdatums, geteilt durch die Gesamtlaufzeit des Produktes. Auf einer Skala zwischen null (bei Emission) und eins (am Verfallsdatum) zeigt es an, in welchem Lebensabschnitt sich das Zertifikat befindet. Bisherige Studien zeigen, dass das relative Alter zumeist einen negativen Einfluss auf die Prämie besitzt. Das heißt mit zunehmendem Alter werden die Zertifikate im Durchschnitt billiger. Dies wird in den bisherigen Untersuchungen mit ihrem Lebenszyklus begründet. Da die Produkte in der Phase nach der Emittierung vor allem gekauft werden, ist es für die Banken von Vorteil, den Preis hier etwas höher anzusetzen. Im Gegensatz dazu steigt die Anzahl der Verkäufe zum Ende der Laufzeit eines Zertifikates im Durchschnitt an. Daher ist es für die Emittenten sinnvoll, das Produkt unterhalb des theoretischen Wertes zu bepreisen. Die Moneyness einer Option errechnet sich aus dem aktuellen Kurs des Basiswertes, geteilt durch den Strikepreis der Option. Sie gibt an, ob die Call-Option "im Geld" (M > 1), "am Geld" (M ~ 1) oder "aus dem Geld" (M < 1) liegt. Andere Studien (vergleiche Wilkens et al. (2003) oder Baule et al. (2004)), die ebenfalls Discount-Zertifikate analysieren, fanden einen positiven Zusammenhang zwischen der Moneyness und der Prämie. Da der Wert der Call-Option bei einer geringen Moneyness beinahe null ist, muss der Wert des Discount-Zertifikates knapp unter dem momentanen Kurs des Basiswertes liegen, es bleibt also kaum ein Spielraum, um eine Prämie zu "verstecken". Bei steigender Moneyness wird der Call-Optionswert für den Investor weniger transparent und bietet damit die Möglichkeit eine erhöhte Prämie zu verlangen. Den Einfluss von Variablen auf eine bestimmte Größe kann mittels einer Regressionsanalyse bestimmt werden. Eine gegebene Variable, der Regressand, wird dabei durch einen oder mehrere Regressoren erklärt. Im vorliegenden Fall entspricht die Prämie Prämiet dem Regressanden und die Variablen relatives Alter RAt und Moneyness Mt den Regressoren. Gemäß dem Grundprinzip der linearen Regression werden die Geradenparameter unter Minimierung der Summe der quadratischen Abweichungen der Kurve zu den Beobachtungen geschätzt. Das Vorzeichen und die Größe des jeweils errechneten Parameters der Geradengleichung dokumentieren somit den Einfluss des Regressors auf den Regressand. Hedging der Emittenten Wenn Banken Zertifikate emittieren, sichern sie diese offenen Positionen durch Glattstellen ab, indem sie die verkauften Zertifikate selbst duplizieren. In der Fachsprache wird dieser Vergang als Hedging bezeichnet. Je nach Basiswert kann die Beschaffenheit des Hedgingmarkets eine andere sein und das Duplizieren für die Institute einfacher oder schwerer machen. Da aus dieser Sicht ein Aufschlag auf die Prämie bei schlechteren Hedgingmarktsituationen erwartet werden kann, untersucht die Studie auch den Einfluss der Volatilität der Eurex-Optionen auf das Preissetzungsverhalten. Für jeden Basiswert und jedes Institut wurde eine Regression folgender Form aufgestellt und mit Hilfe der "Methode der kleinsten Quadrate" die einzelnen Parameter geschätzt: (2) Prämie = alpha + Beta1 x RAt + Beta2 x Mt + Beta3 x Vt +ut Tabelle 3 bietet eine Übersicht über die ermittelten Ergebnisse. Die dargestellten Werte sind die gemittelten Parameterschätzer von insgesamt 126 separat für jeden Emittenten (acht Institute) und jeden Basiswert (20 Aktien) durchgeführten Regressionen.1) Der negative Einfluss des relativen Alters konnte mit einem Signifikanzniveau von zehn Prozent bestätigt werden, die Prämie nimmt also, im beobachteten Zeitraum, über die Laufzeit der Zertifikate ab. Der Einfluss der Moneyness konnte in dieser Analyse statistisch nicht belegt werden. Auf dem Ein-Prozent-Signifikanzlevel wurde hingegen ein positiver Einfluss der Volatilität der integrierten Call-Optionen festgestellt. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Institute mögliche Hedgingschwierigkeiten durch eine erhöhte Volatilität an die Kunden weitergeben. Das adjustierte R[2] ist ein Maß für den Erklärungsgehalt des Regressionsmodells für die Prämie. Es nimmt Werte zwischen null (kein Erklärungsgehalt) und eins (perfektes Modell) an. Mit einem Ergebnis von 0,71 liefert das Regressionsmodell hierfür einen guten Wert. Ein vorteilhaftes Investment? Anleger sehen sich bei Discount-Zertifikaten, wie auch bei anderen Zertifikatformen, einem Pricingrisiko, durch das herausgebende Institut ausgesetzt. In der vorliegenden Studie wurden die meistgehandelten Discount-Zertifikate an der Börse Stuttgart für das gesamte Jahr 2007 auf dieses Risiko hin untersucht. Dabei wurde eine geringe Prämie von 0,5 Prozent als Aufschlag auf den finanzmathematisch fairen Wert dokumentiert. Die Prämie nimmt über den Lebenszyklus des Zertifikates ab und wird außerdem von der Volatilität im Hedgingmarkt beeinflusst. Bei Zugang zum Derivatemarkt und entsprechenden Kenntnissen ist es für Investoren auch möglich, sich selbst die Auszahlungsstruktur eines Discount-Zertifikates zu duplizieren, allerdings zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass bei gegebener Anlagestrategie eine direkte Investition in Discount-Zertifikate sinnvoller erscheint. Der Nachteil einer eigenen Duplikation liegt vor allem in den höheren Transaktionskosten und einer mangelnden Flexibilität der verfügbaren Call-Optionen. Angesichts der festgestellten geringen Durchschnittsprämie, die auch in einer Studie von Baule aus dem Jahr 2009 bestätigt wurde, liegen die Vorteile im Durchschnitt bei einem Investment in Discount-Zertifikate. Es fällt auf, dass das kleinste Pricingrisiko solche Discount-Zertifikate aufweisen, bei denen die unterliegende Option eine besonders geringe Volatilität besitzt. Es bleibt zu betonen, dass der Privatanleger bei Auswahl des Produktes vor allem auf eine für ihn passende Auszahlungsstruktur und eine gute Bonität des Emittenten achten sollte, um das Ausfallrisiko zu minimieren. Die Autoren danken dem Securities Industry Research Centre of Asia-Pacific (SIRCA) und der Börse Stuttgart für die zur Verfügung gestellten Daten. Fußnote 1)Nicht jeder Emittent hatte für jeden Basiswert ein passendes Produkt emittiert.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X