Gespräch des Tages

DZ Bank - Ordentlich kaufmännisch

Wolfgang Kirsch neigt nicht zu allzu überschwenglichen Reaktionen und Emotionen. Natürlich kann er sich herzlich freuen. Das wird er im Stillen über das ausgesprochen gute Ergebnis des Jahres 2010 seiner DZ Bank auch tun. Aber er ist eben auch ein guter Kaufmann. Und der blickt stets mit einer gewissen Portion Vorsicht nach vorne. Und was da so alles auf die Bankenbranche und damit auch das genossenschaftliche Spitzeninstitut zukommt, kann einem schon die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Von daher tut der DZ-Bank-Chef sehr gut daran, das Erreichte nicht überzubewerten, sondern die Spannung zu halten. Denn egal, ob Eigenkapitalunterlegung von Beteiligungen und Liquiditätsanforderungen nach Basel III, Bankenabgabe oder Einlagensicherung - die DZ Bank muss das alles aus eigener Kraft meistern. Ein "Anpumpen" der Volks- und Raiffeisenbanken im Rahmen einer neuerlichen Kapitalerhöhung soll unbedingt vermieden werden. Was bleibt ist das Legen stiller Reserven und das Thesaurieren von Gewinnen. Für beides braucht man über mehrere Jahre hinweg gute, wenn nicht gar sehr gute Ergebnisse. "Ordentlich" war denn auch das Höchste, was sich Kirsch als Eigenlob zum Ergebnis 2010 entlocken ließ.

Dabei entspricht das Vorsteuerergebnis von 1,62 Milliarden Euro nicht nur einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr, sondern ist ganz sicher eines der besten des vergangenen Jahrzehnts. Erst recht, wenn man das Augenzwinkern des Vorstands mit Hinweis auf die Vorsorgebildung richtig deutet. Hier wurde einiges in die stillen Reserven nach § 340 KWG eingestellt und so die Substanz gestärkt. Gleichzeitig wurden 142 Millionen Euro an Dividendensumme an die Aktionäre ausgeschüttet, um nicht nur das Kapital zu stärken, sondern mit Blick nach vorne den Investorenkreis zu pflegen und "einen angemessenen Ausgleich der Interessen" sicherzustellen. Das gilt vor allem, da sich die DZ Bank von ihren unter den neuen Anforderungen "nutzlos" gewordenen hybriden Kapitalbestandteilen sukzessive trennen wird und dafür Ersatz in Form harten Eigenkapitals benötigt. Die Dimension der notwendigen Anstrengung zeigt sich, wenn man berücksichtigt, dass ohne hybride Kapitalbestandteile die Kernkapitalquote, die sich seit 2008 um insgesamt 3,2 Prozentpunkte auf 10,6 Prozent per Jahresende 2010 verbessert hat, "nur" 7,7 Prozent beträgt.

Auch die Bilanzstruktur ist wieder ein Stück weit angenehmer geworden. Die Verantwortlichen stellen alle Aktiva auf den Prüfstand und wägen sehr genau zwischen Eigenkapitalbelastung und dem Beitrag zur Gewinnerzielung und -thesaurierung ab. Allein 2010 sank die Bilanzsumme der DZ-Bank-Gruppe um 5 Milliarden Euro auf 383,5 Milliarden Euro, von 2008 bis heute wurden die risikogewichteten Aktiva um mehr als ein Viertel auf 87 Milliarden Euro abgebaut. Im Mittelstandsgeschäft wurde die Refinanzierung auf kurzfristigere Mittel umgestellt, was die angesichts des Wettbewerbsdrucks enger werdenden Margen teilsweise ausgleicht, da die Zinsaufwendungen gesenkt werden konnten.

Hinzu kommt das Volumenwachstum: Ausleihungen an den Mittelstand legten um 17 Prozent zu, das Förderkreditvolumen stieg gar um fast 50 Prozent. Im Privatkundengeschäft profitierte die DZ Bank vor allem von dem deutlich erhöhten Absatz an Zertifikaten, der von 3,3 auf 3,7 Milliarden Euro zulegte. Das Ziel für dieses Jahr lautet hier 5 Milliarden Euro, wobei die Konkurrenzsituation zu Investmentfonds trotz enger Absprachen mit der Union sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Die Frage wird sein, für welches Produkt der Kundenbetreuer in der Ortsbank welche Provision erhält. Es bleibt festzuhalten, dass das genossenschaftliche Spitzeninstitut den Spagat zwischen eigenem Geschäftsmodell samt betriebswirtschaftlicher Ertragsbetrachtung und den Wünschen und Nöten der Primärgenossenschaften gut hinbekommt. Das war nicht immer so, und das macht Mut!

Noch keine Bewertungen vorhanden


X