Aufsätze

Effektive Credit Risk Mitigation durch Versicherungen - ein neuer Bancassurance-Ansatz

Konzepten für "Allfinanz" oder "Bancassurance" werden inzwischen seit Jahrzehnten hohe Erfolgspotenziale zugeschrieben. In der Praxis beschränkt sich die Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherungsunternehmen allerdings immer noch weitgehend auf Vertriebsansätze, die es ermöglichen, mit den eigenen Mitarbeitern oder Vertriebspartnern auch die Produkte des kooperierenden Finanzdienstleisters aus der jeweils anderen Branche abzusetzen.

Auf Bankenseite steht dabei das Provisionsinteresse im Vordergrund. Die Provisionen, die durch den Absatz von Versicherungsprodukten generiert werden können, erhöhen den Ertrag, ohne ein Risiko zu erzeugen, und das Provisionsgeschäft erfordert auch keine Eigenkapitalunterlegung in der Bank.

Weitere Verbundbeziehungen zwischen Banken und Versicherungen

Wenngleich die Möglichkeiten einer derartigen Vertriebskooperation noch längst nicht ausgeschöpft sind, liegt der Gedanke nahe, auch weitere Verbundbeziehungen zwischen Banken und Versicherungsunternehmen hinsichtlich ihrer Potenziale für eine zusätzliche Wertschöpfung zu untersuchen. So könnte auf Seiten der Banken eine Stärkung ihres Kerngeschäfts darin liegen, Krediten an Kunden mit Hilfe von geeigneten Versicherungsprodukten eine größere Erfüllungssicherheit zu verleihen.

Wenn in Banken heute über den Einsatz von Versicherungsprodukten im Kreditvergabeprozess diskutiert wird, steht meist die kapitalbildende Lebensversicherung im Vordergrund. Aufgrund ihres Rückkaufswerts kann diese - zumindest nach einer gewissen Ansparphase - als eigenständige Sicherheit für einen Kredit verwendet werden. Allerdings kann eine verstärkte Einbindung auch von anderen Versicherungsprodukten in den Kreditvergabeprozess für die Bank mit erheblichem und messbarem Nutzen verbunden sein.

Die Vorteile liegen nicht nur auf der Bankenseite. Für den Versicherer würde ein verstärkter Produkt- und Vertriebsverbund das eigene Kerngeschäft stärken, indem vermehrt Versicherungsgeschäfte mit Kreditkunden von Banken abgeschlossen werden könnten. Sofern auch die Kreditnehmer in der Folge nicht nur ihre eigene Sicherheitslage erhöhen würden, sondern zudem ihre Bankkredite zu günstigeren Konditionen erhalten könnten, wäre eine klassische Win-Win-Win-Situation für alle drei Marktparteien (Bank, Versicherer und Kunde) entstanden.

Im theoretischen Modell lässt sich die Verbesserung der Kreditwürdigkeit von Bankkunden durch Versicherungen anhand von drei Dimensionen zeigen (siehe auch Abbildung 1):

1. Eine Versicherung stärkt die Werthaltigkeit einer von der Bank im Kreditvergabeprozess hereingenommenen Sicherheit (Beispiel: eine Gebäudeversicherung sichert den Wert einer Immobilie) und wirkt insofern indirekt über die entsprechende Sicherheit auf den Kredit.

2. Die Existenz von ausreichendem Versicherungsschutz reduziert die potenzielle Ergebnisvolatilität beim Kreditkunden, weil außerordentliche Schadenfälle (zum Beispiel vom Bankkunden zu verantwortende Haftpflichtschäden) keine Belastung ihrer Gewinn- und Verlustrechnung hervorrufen und sich insofern auch nicht negativ auf die Kapitaldienstfähigkeit des Kreditnehmers auswirken.

3. Die Versicherung wirkt als eigenständige Sicherheit. Dies ist der Beispielfall der kapitalbildenden Lebensversicherung.

Sicherungszusammenhang identifizieren

Wenn Versicherungsprodukte in derart vielfältiger Form im Kreditprozess eingesetzt werden können, stellt sich die Frage, welche (quantitativen) Auswirkungen damit insbesondere im Hinblick auf die Erfordernis von Wertberichtigungen verbunden sind. Dieser Kernfrage wurde in einer empirischen Untersuchung nachgegangen. Im Rahmen einer Plausibilitätsanalyse wurden zunächst Vorüberlegungen über die allgemeinen Wirkungszusammenhänge zwischen spezifischen Versicherungsprodukten eines Versicherungsunternehmens und Kreditausfällen oder Wertminderungen von Kreditsicherheiten angestellt. Damit sollten für die Kreditwirtschaft erste potenzielle direkte und indirekte Sicherungswirkungen von Versicherungen identifiziert werden. Für diesen Zweck wurden die wesentlichen für gewerbliche Kredite typischen Ausfallgründe identifiziert und nach folgenden Gruppen geclustert:

- Laufende Verlustwirtschaft beziehungsweise negative Rendite im Kerngeschäft.

- Forderungsausfälle von Kunden des Kreditnehmers und Inanspruchnahmen für Dritte.

- Managementprobleme beziehungsweise Managementfehler beim Kreditnehmer.

- Sonderereignisse mit Einmalcharakter (zum Beispiel Streiks).

- Fehlende Versicherungen.

Des Weiteren wurden die üblichen Kreditsicherheiten, die im Falle eines Kreditausfalls zur Senkung der Wertberichtigung beitragen können, zusammengestellt: Grundschulden beziehungsweise Hypotheken, Sicherungsabtretungen, Pfandrechte, Sicherheitsübereignungen, Bürgschaften, Garantien und Versicherungen.

Die Versicherungsprodukte, die zur Senkung des Kreditrisikos grundsätzlich geeignet erscheinen, wurden anschließend spezifiziert und nach dem Kriterium der Anknüpfungspunkte für den Versicherungsschutz (Sachgüter, Nominalgüter, Personen) gegliedert. Die nebenstehende Tabelle gibt einen Überblick. Die Berücksichtigung von personenbezogenen Versicherungsprodukten mag bei einer Fokussierung auf gewerbliche Kredite zunächst verwundern. Allerdings bestehen insbesondere bei Personengesellschaften, aber auch bei Kapitalgesellschaften mit geschäftsführenden Gesellschaftern regelmäßig enge Verknüpfungen zwischen der Leistungsfähigkeit dieser Schlüsselpersonen und der Zukunftsperspektive des Unternehmens.

Befragung

Auf Basis dieser Vorüberlegungen wurde ein vierteiliger Fragebogen konzipiert, der von einem Sample von Genossenschaftsbanken beantwortet wurde.

Der erste Teil, der sich an die Bankvorstände richtete, sollte grundsätzliche Erkenntnisse über die reale und für möglich gehaltene Bedeutung von Versicherungen als Sicherungsinstrumente im Kreditvergabeprozess hervorbringen. Es wurde dabei zum einen nach qualitativen Einschätzungen über die wichtigsten Kreditausfallgründe, über die am besten geeigneten Kreditsicherheiten und über die zur Sicherung der Kapitaldienstfähigkeit zweckdienlichsten Versicherungsprodukte gefragt. Zum anderen wurden Fragen gestellt, die darüber Auskunft geben, ob eine konkretere Einbeziehung der Versicherungsverhältnisse von Gewerbekunden in den Kreditvergabeprozess der Banken vorstandsseitig für zweckdienlich gehalten wird.

Der zweite Teil der Befragung richtete sich an die Leiter der Marktfolge, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Leiter des Firmenkundenbereichs. Diese wurden zunächst im Allgemeinen nach ihrer Einschätzung und ihren Erfahrungen gefragt, wie sich Schadenzahlungen, die von Versicherungsunternehmen nach entsprechenden Schadenfällen an die Versicherungsnehmer (= Kreditnehmer) geleistet wurden, auf die Bewertung dieser Kreditnehmer und die Kreditbeziehungen ausgewirkt haben, und welche Versicherungsprodukte demnach im Rahmen der Kreditvergaberichtlinien schon Berücksichtigung finden oder künftig Berücksichtigung finden sollten.

Anschließend wurde konkret nach den Wirkungen einzelner stichprobenartig ausgewählter tatsächlicher Schadenzahlungen (in anonymisierter Form), die von der R+V-Versicherungsgruppe an Gewerbekunden der Genossenschaftsbanken geleistet wurden, auf deren Kapitaldienstfähigkeit in bezug auf die parallel laufenden Bankkredite gefragt. Dazu wurden je Bank aus den letzten fünf Jahren durchschnittlich zehn Fälle genannt und spezifiziert, bei denen die Versicherungsgesellschaft aufgrund eines Schadenfalls eine Zahlung von mindestens 5 000 Euro geleistet hatte. Diesbezüglich wurden die Befragten um Auskunft gebeten, ob und inwieweit durch die Schadenzahlungen der R+V eine Herabstufung des Kundenratings bei der Genossenschaftsbank vermieden werden konnte, die ansonsten nötig gewesen wäre.

Ferner sollte der Wertberichtigungsbedarf in Euro quantifiziert werden, der durch die betreffenden Schadenzahlungen vermieden werden konnte.

Vermeidung von Wertberichtigungen durch Versicherungen?

Ebenfalls an die Leiter der Marktfolge sowie gegebenenfalls an die Leiter des Firmenkundenbereichs war der dritte Teil des Fragebogens gerichtet. Abermals waren hier zunächst allgemeine Fragen zu beantworten, die Aufschluss über die Häufigkeiten und Größenverteilungen von Kreditausfällen und über die relativen Bedeutungen von Kreditausfallgründen in der jeweiligen Bank geben sollten.

Im Besonderen wurden dann konkrete einzelne Kreditengagements (ebenfalls anonymisiert) von gewerblichen Kunden der Genossenschaftsbanken untersucht, bei denen eine Einzelwertberichtigung vorgenommen werden musste. Jede einzelne Bank, die an der Studie teilgenommen hat, steuerte maximal 25 solcher Fälle bei. Die betreffenden Einzelwertberichtigungen stammen weit überwiegend aus der jüngeren Vergangenheit (Jahre 2004 und 2005). Für diese Kredite wurde im Einzelnen analysiert, welche Ausfallgründe für die Einzelwertberichtigungen verantwortlich waren, welche Versicherungen der Gewerbekunde hatte und welchen Einfluss fehlende Versicherungen auf den Wertberichtigungsbedarf hatten.

Namentlich wurden die Befragten um eine Einschätzung gebeten, ob im jeweiligen Fall Versicherungsprodukte hilfreich gewesen wären, eine Wertberichtigung vollständig zu verhindern oder zu reduzieren, und wie groß dieser Sicherheitseffekt ihrer Meinung nach insgesamt gewesen wäre.

Der vierte Teil des Fragebogens betraf Daten zu den einzelnen Bilanzpositionen und zur Ertragslage der Bank. Die betreffenden Antworten wurden im weiteren Verlauf der Analysen für die Ermittlung von Kennzahlen und zur Modellierung und Simulation von Ergebnissen bei alternativen Kreditvergabestrategien mit oder ohne Berücksichtigung von Versicherungsprodukten herangezogen.

Der gesamte Fragebogen wurde an eine Stichprobe im Umfang von zwölf Banken ausgereicht, die aufgrund ihrer heterogenen geografischen Lage, Größe und Kundenstruktur insgesamt möglichst repräsentativ für die deutschen Genossenschaftsbanken sein sollten. Die Fragebögen wurden mittels persönlicher Interviews bearbeitet, sodass etwaige Rückfragen umgehend behandelt und konsistent gehandhabt werden konnten. Außerdem wurden Unplausibilitäten sofort aufgedeckt und kanalisiert. Im Vergleich zu einer rein schriftlichen Befragung konnten somit bessere Ergebnisse gewährleistet werden. Um sich auf Seiten der Banken ein Bild machen und die Befragung mit den erforderlichen Datengrundlagen auch angemessen vorbereiten zu können, wurde der gesamte Fragebogen mit ausreichender Vorlaufzeit vorab zur Verfügung gestellt.

Um es vorwegzunehmen: Nach der Auswertung aller qualitativen und quantitativen Befragungsergebnisse lässt sich zusammenfassend festhalten, dass zusätzlicher Versicherungsschutz im Kreditportfolio der betrachteten Banken deutlich positive Auswirkungen auf den (dann sinkenden) Wertberichtigungsbedarf hat. Die Ergebnisse sind geeignet, betrieblichen Versicherungen im Kreditvergabeprozess ein deutlich größeres Gewicht einzuräumen, und es stellt sich die Frage, ob es nicht sogar erforderlich ist, standardmäßig vor der Kreditvergabe Fragen nach dem Vorhandensein von Versicherungen zu stellen und zumindest die Kreditkonditionen (wenn nicht sogar die Kreditvergabe selbst) vom Versicherungsportefeuille des potenziellen Kreditkunden mit abhängig zu machen. Ausgehend von der vorliegenden, ersten empirischen Untersuchung auf der Basis eines Samples von teilnehmenden Banken und analysierten Kreditfällen könnte eine breiter angelegte Studie einen gesicherten Aufschluss geben.

Bereits mit der allgemeinen Einschätzung der Wirkungsbeziehungen von Versicherungen auf das Ausfallrisiko von Krediten, die von den Bankvorständen abgegeben wurde (erster Teil des Fragebogens), ergab sich ein recht homogenes Bild. Auch wenn fehlender Versicherungsschutz nur von jedem vierten Befragten als bedeutender Kreditausfallgrund genannt wurde, ist die breite Mehrheit der Befragten der Meinung, dass Versicherungen voll und ganz dafür geeignet sind, das Kreditausfallrisiko zu mindern. Dabei wurden die Forderungsausfallversicherung, die Betriebsunterbrechungsversicherung und die Kapitallebensversicherung besonders hervorgehoben. Teilweise wurden auch die Bonitätssteigerung und der mögliche Einfluss auf Kreditkonditionen und Kreditlinien ausdrücklich als eine positive Wirkung von Versicherungsschutz angesehen.

Ein Drittel der Befragten sieht zudem die mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen verbundenen Provisionen, die die vermittelnde Bank für sich generieren kann, als einen Vorteil an. Alle befragten Bankvorstände äußerten die Ansicht, dass die Versicherungsverhältnisse des Kunden in den Kreditvergabeprozess integriert sein sollten.

Lerneffekt

Zur Einschätzung der allgemeinen Auswirkungen von Schadenzahlungen des Versicherers auf die Bewertung der Kreditnehmer und der Kreditbeziehungen durch die Bank (zweiter Teil des Fragebogens) gab die Hälfte der Leiter "Marktfolge" an, dass die Bonität von Kreditkunden in Problemsituationen konkret gestärkt worden sei. Knapp die Hälfte wies zudem darauf hin, dass es ohne Versicherungen vermehrt zu Wertberichtigungen gekommen wäre. Einer Integration des Versicherungsschutzes in den Kreditvergabeprozess standen die Leiter "Marktfolge" überwiegend positiv gegenüber. Insbesondere die Gebäudeversicherung und die Restkreditversicherung sollten zukünftig stärker Berücksichtigung finden. Jeder zweite Marktfolgeleiter räumte ein, dass die Kreditkonditionen seiner Bank aktuell nicht vom vorhandenen Versicherungsschutz beeinflusst seien. Dass das auch in Zukunft so sein wird, denkt hingegen nur noch ein Viertel der Befragten.

Anschließend wurden 113 konkrete Schadenzahlungen, die gewerbliche Kreditkunden der Bank aus ihren Versicherungsverträgen erhalten haben, analysiert und ausgewertet. Bei der Hälfte der betrachteten Fälle lag das Kreditvolumen der Kunden im Bereich bis etwa 80 000 Euro. Lediglich in 44 Prozent der Fälle war die Leistung aus dem betreffenden Versicherungsvertrag als Kreditsicherheit an die Bank abgetreten.

Nach den Antworten der Leiter "Marktfolge" wäre die generelle Kreditwürdigkeit des Kunden ohne die geleistete Schadenzahlung häufig gesunken. Demnach wäre ohne Versicherungsleistung in gut 15 Prozent der Fälle eine Herabstufung um eine Ratingklasse, in knapp acht Prozent der Fälle um zwei Ratingklassen und in neun Prozent der Fälle gar um drei oder vier Ratingklassen notwendig gewesen. Bei einem Drittel aller Fälle hätte ohne Leistungen aus der Versicherung eine Wertberichtigung vorgenommen werden müssen. Somit hatte die Schadenzahlung der Versicherung in beachtlich vielen Fällen einen messbaren positiven Einfluss auf die Kreditqualität.

Messbare Vermeidung von Einzelwertberichtigungen

Bei der Frage nach der Quantifizierung der aufgrund einer Versicherungsleistung eingesparten Einzelwertberichtigung (EWB) wurde eine Fallunterscheidung durchgeführt. Einerseits wurden die Fälle betrachtet, bei denen der Kredit nicht ausgefallen ist und aufgrund von Schadenzahlungen eine EWB vermieden werden konnte. Die Höhe der in diesen Fällen über alle Banken hinweg vermiedenen Einzelwertberichtigung betrug nach den Angaben der Befragten durchschnittlich je Bank 326 000 Euro.

Andererseits wurden jene Fälle untersucht, bei denen der Kredit zwar ausgefallen ist, in denen ohne die Schadenzahlung der Versicherung jedoch nach Ansicht der Leiter "Marktfolge" eine noch höhere EWB zu bilden gewesen wäre. Aus diesen Fällen ergibt sich infolge der Versicherungsleistungen eine Ersparnis an Einzelwertberichtigungen im Umfang von durchschnittlich 130 000 Euro je Bank.

Bei den 113 betrachteten Fällen konnten also durch Schadenzahlungen des Versicherers beträchtliche Einzelwertberichtigungen vermieden werden. Die durchschnittliche Ersparnis pro Bank lag demnach bei zirka 456 000 Euro. Auf das gesamte Kreditvolumen dieses Samples bezogen beträgt die Ersparnis an Einzelwertberichtigungen etwa zehn bis 15 Prozent.

Die Gründe für Kreditausfälle und die Wirksamkeit von Versicherungsschutz als Instrument der Kreditsicherung (dritter Teil der Fragebogens) können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Auf die Frage nach den wesentlichen Kreditausfallgründen wurde von den Leitern Marktfolge in gut einem Drittel aller Nennungen eine laufende Verlustwirtschaft beziehungsweise eine negative Rentabilität im Kerngeschäft des Kreditnehmers angegeben (Hinweis: Mehrfachnennungen waren möglich). 28 Prozent der Nennungen betrafen Probleme im Management. Solche Kreditausfallgründe sind natürlich per se nicht versicherbar.

Ebenfalls bemerkenswert sind die Ergebnisse der Analyse von 234 konkreten Kreditfällen, bei denen eine Einzelwertberichtigung vorgenommen wurde. Über alle Einzelfälle hinweg lag die tatsächlich vorgenommene EWB in der Summe bei 34,6 Millionen Euro. Nach Einschätzung der Leiter "Marktfolge" - wenn alle Antworten zusammengefasst werden - hätte die kumulierte EWB durch passenden Versicherungsschutz um durchschnittlich zirka 331 000 Euro pro Bank reduziert werden können, was gut zehn Prozent der in diesem Sample gebildeten Wertkorrekturen entspricht.

Zusammenfassend ist damit gut begründet, dass die befragten Bankvorstände und Leiter "Marktfolge" einem verstärkten Einsatz von Versicherungen im Kreditgeschäft positiv gegenüberstehen. Die untersuchten Fälle lassen ebenso den Schluss zu, dass Versicherungsschutz eine positive Auswirkung auf das Kreditgeschäft besitzt. Aus der betrachteten Stichprobe sind nur begrenzt spezifische Erkenntnisse für einzelne Versicherungssparten und -zweige abzuleiten. Weiterhin konnte nicht in allen Fällen eine eindeutige Trennung zwischen Firmen- und Privatkundengeschäft vorgenommen werden. Auch lassen sich keine differenzierten Aussagen über die Wirkungen von Versicherungen auf die Kundenbonität in Form der Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) einerseits und der potenziellen Ausfallhöhen (LGD) andererseits treffen.

Einsatz von Versicherungen und Gesamtbankrentabilität

Nach Auswertung der Fragebögen und Interviews stand ein Datensatz von knapp 350 individuellen Kreditfällen zur Verfügung, sodass auf Basis dieses Samples und der herausgearbeiteten Auswirkungen von Versicherungsprodukten auf potenzielle und tatsächliche Kreditausfälle eine Extrapolation der Ergebnisse auf die Gesamtbankebene möglich war.

Im ersten Schritt wurde aus Jahresabschlussdaten der befragten Kreditinstitute eine Musterbank aufgebaut. Diese Musterbank ist gekennzeichnet durch folgende Jahresabschlusswerte und Kennzahlen:

- Provisionsertrag aus dem Vertrieb von Versicherungen: 1,45 Millionen Euro.

- Risikovorsorge im Kreditgeschäft: 8,69 Millionen Euro.

- Jahresüberschuss nach Steuern: 3,72 Millionen Euro.

- Eigenkapital: 93,6 Millionen Euro.

- RoE (nach Steuern): 3,97 Prozent.

Daraufhin war die (entscheidende) Frage zu beantworten, welche Auswirkungen eine verstärkte Integration von Versicherungsprodukten in den Kreditvergabeprozess auf die Jahresabschlussdaten und Kennzahlen der Musterbank hätte. In diesem Zusammenhang sind drei Stellhebel identifizierbar, die in Abbildung 2 visualisiert sind.

Drei Stellhebel

- Aus adäquatem Versicherungsschutz (im wesentlichen Fallgruppe 2 aus Abbildung 1) resultiert einzelfallabhängig ein tendenziell besseres Kunden-Rating. Die entsprechend geringere Ausfallwahrscheinlichkeit wird zumindest in den fortgeschrittenen Messansätzen der SolvV in eine niedrigere Eigenkapitalunterlegung übersetzt. Dieses frei gewordene Eigenkapital kann dann in zusätzliches margengenerierendes Neugeschäft investiert werden, woraus ein höherer Zinsüberschuss für die Bank resultiert. In der vorliegenden Untersuchung wurde dieser Aspekt jedoch außer Acht gelassen, da er zum einen nur für diejenigen Banken überhaupt Relevanz besitzt, die einen der beiden IRB-Ansätze zur Eigenkapitalunterlegung verwenden, und zum anderen auf Basis der verfügbaren Daten dieser Aspekt sich nicht zuverlässig und mit der erforderlichen Exaktheit prognostizieren lässt.

- Wenn Kreditkunden von Banken einen umfassenden Versicherungsschutz aufweisen, so folgen daraus sowohl eine bessere Kundenbonität (geringere PD) als auch geringere potenzielle Ausfallhöhe (geringerer LGD) aufgrund der Werthaltigkeitsverstärkung von Sicherheiten. Insofern ist davon auszugehen, dass sich die erforderliche Risikovorsorge reduziert (geringerer Wertberichtigungsbedarf).

- Durch einen umfassenderen Versicherungsschutz der Bankkunden generieren die Kreditinstitute zusätzliche Provisionen aus dem Versicherungsvertrieb. Dies stärkt die bankseitige Ertragsposition.

Die beiden letztgenannten Punkte (Reduktion der Risikovorsorge im Kreditgeschäft sowie Erhöhung der Provisionen) liegen der nachfolgenden Jahresüberschuss- Simulation zugrunde.

Zur Ermittlung der potenziellen Reduktion der Risikovorsorge wurden die beiden in der Befragung analysierten Fallkonstellationen ausgewertet. Auf der Grundlage der tatsächlichen Schadenzahlungen konnte ermittelt werden, dass die ersparten Einzelwertberichtigungen im Durchschnitt der betrachteten Banken bei 456 000 Euro lagen. Dies bedeutet, dass aus der Grundgesamtheit aller Kreditengagements, bei denen eine Schadenzahlung der Versicherungsgesellschaft geleistet wurde, durch die Versicherung eine zusätzliche EWB-Bildung in genannter Höhe pro Bank entweder verhindert oder vermindert wurde. Dabei ist bemerkenswert, dass die potenziell erforderliche Risikovorsorge bei Krediten, die durch die Schadenzahlung gänzlich verhindert wurde, zirka dreimal so groß ist wie bei der Gruppe der ohnehin wertberichtigungsbedürftigen Kreditfälle, bei denen die erforderliche Einzelwertberichtigung durch die Leistung der Versicherung reduziert wurde.

Es ist unstrittig, dass nicht alle potenziellen Kreditausfallgründe (zum Beispiel Managementfehler) versicherbar sind. Insofern ist selbstverständlich nicht zu erwarten, dass umfassender Kundenversicherungsschutz die Risikovorsorge der Banken vollständig eliminiert. Die quantitative Auswertung der Stichprobe der EWB-Fälle aus den letzten Jahren ergab, dass Einzelwertberichtigungen von durchschnittlich 331 000 Euro nicht erforderlich gewesen wären.

Zwar baut die Analyse auf einer begrenzten Datenauswahl auf (113 Einzelfälle von Schadenzahlungen seitens der R+V-Versicherung und bis zu 25 EWB-Fälle pro Bank), die aber in den beiden Fallkonstellationen zusammengenommen keinerlei Überschneidungen aufwies. Der folgenden Simulation liegt die These zugrunde, dass ein umfassender Versicherungsschutz von Kreditkunden zu einer 10-prozentigen Reduktion des Wertberichtigungsbedarfs führt.

Der zweite positive Aspekt, der sich für Banken aus der Verbesserung des Versicherungsschutzes ihrer Kreditkunden ergibt, besteht in der Vereinnahmung von Provisionen. Aus den Gewinn- und Verlustrechnungen und internen Controlling-Auswertungen der befragten Banken lässt sich entnehmen, dass durchschnittlich knapp 13 Prozent der Provisionseinnahmen aus dem Vertrieb von Versicherungen stammen.

Aus dem zugrunde liegenden Datenmaterial und den Interviews konnte geschlussfolgert werden, dass eine 20-prozentige Steigerung des Provisionsergebnisses aus dem Versicherungsverkauf realistisch ist.

Zusätzlich ergeben sich natürlich Effekte in Gestalt verminderter Bearbeitungskosten bei einer geringeren Anzahl notleidender Kredite (bei adäquatem Versicherungsschutz hätten 15 Prozent der EWB-Fälle vermieden werden können, wodurch zugleich der Umfang der kostenintensiven Spezialbetreuung hätte reduziert werden können), deren Auswirkungen nicht exakt quantifiziert wurden und die insofern der nachfolgenden dargestellten Ergebnissimulation auch nicht zugrunde liegen.

Rentabilitätserhöhung um einen Prozentpunkt

Unterstellt man also - wie dargestellt eine Reduktion der Risikovorsorge um zehn Prozent und eine Steigerung der Provisionserträge um 20 Prozent, so ergeben sich daraus folgende Simulationsergebnisse: - Provisionen aus dem Vertrieb von Versicherungsprodukten: 1,74 Millionen Euro.

- Risikovorsorge im Kreditgeschäft: 7,82 Millionen Euro.

- Jahresüberschuss nach Steuern: 4,50 Millionen Euro.

- RoE (nach Steuern): 4,80 Prozent.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich die Rentabilität der Musterbank um fast einen Prozentpunkt erhöht - ausschließlich durch die Effekte eines umfassenden Versicherungsschutzes bei den Kreditkunden.

Integration in die Kreditprozesse

Die ermittelten Auswirkungen eines verstärkten Versicherungsschutzes von Kreditkunden sind erheblich. Um das Potenzial, das sich für Banken aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie ergibt, auch realisieren zu können, ist neben zusätzlichen vertrieblichen Anstrengungen und einer engeren Kooperation mit Versicherungsunternehmen vor allem eine systematische Integration von Versicherungsprodukten in die Kreditprozesse der Banken geboten. Wenn die Banken zukünftig in der Lage sind, die Konsequenzen verbesserten Versicherungsschutzes bei ihren Kreditkunden adäquat in PD und LGD zu übersetzen, wird sich dies über die Dotierung der Risikovorsorge auf Basis des Expected Loss vorteilhaft auf die zu bildenden Wertberichtigungen auswirken.

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