Aufsätze

Einige rechtliche Aspekte zum Comeback von Bitcoins

Der Wirbel um Bitcoins hat sich gelegt - jedenfalls, soweit er die erratischen Kursentwicklungen betrifft. Betrug Anfang des Jahres 2013 der Wert eines Bitcoins noch 10 US-Dollar, so war dieser Betrag gegen Ende des Jahres bis auf 1 200 US-Dollar gestiegen, um sodann steil abzustürzen. Bei Fertigstellung des Manuskriptes Ende Juni 2014 lag er bei rund 600 US-Dollar. Die Ursache für Aufstieg und Fall setzten verschiedene Entwicklungen.

Hype mit risikobereiten Anlegern und Spielern

Den Aufstieg hatte eine konstant wachsende Zahl von Anhängern privaten Geldes und privater Währungen, vor allem aber ein wahrer Hype mit entsprechend risikobereiten Anlegern und Spielern ermöglicht. Parallel dazu blühten die Wortschöpfungen für dieses staatsfreie Instrument des Zahlungsmittels und das zugrunde liegende System des Zahlungsverkehrs. Sie förderten die Vorstellung, es handele sich bei Bitcoins um eine Form von Geld oder Währung, hinter dem in der Rechtsordnung freilich stets ein Währungssouverän als Garant des Systems steht. So entstanden munter Bezeichnungen wie "Geld aus dem Nichts", "Cyber-Währung", "Internet-Geld". Bitcoin-Freaks sahen das gerne. Es schenkte ihrem Geschöpf und Vehikel die Legitimation einer positiv belegten Terminologie. Sie sorgte für weitere Beachtung und Verbreitung.1)

Den Fall verursachten - gemeldete - Hacker-Angriffe und virtuelle Diebstähle bei der größten Bitcoin-Börse und anderen Handelsplattformen. Außerdem bewegten die erratischen Kursschwankungen zunehmend Zentralbanken und Aufsichtsbehörden zu öffentlichen Warnhinweisen. Und schließlich griffen Staaten ein, die entweder ganz oder teilweise den Erwerb oder den Handel mit Bitcoins verboten. Je größer der dadurch betroffene Marktanteil war, desto tiefer erfolgte regelmäßig der Kurssturz.2)

Abseits der Schlagzeilen folgen nun Entwicklungen, die dem System aus ganz anderen Aspekten gelten - und zum Teil eine beachtliche Resonanz sichern.

Weder Geld noch Währung

Die Resonanz beseitigt nicht die bislang bestehende Unsicherheit über die rechtliche Bewertung von Bitcoins. Noch hält sich die nahezu einhellige Meinung, bei Bitcoins handele es sich rechtlich gesehen weder um Geld noch um eine Währung. Über Ordnung, Aufbau und konkrete Ausformung von beidem bestimmt als Teil seines Hoheitsrechts der Staat (oder die Stelle, auf die er sein Recht zur Ausübung übertragen hat). Hierbei handelt es sich um ein allgemein gültiges, weltweit beanspruchtes Monopol. Kein Staat hat bislang das privat organisierte System oder Bitcoins als (staatliches) Geld und genauso wenig als (staatliche) Währung eingeführt oder anerkannt.3) Jeder Staat würde damit sein souveränes Herrschafts- und Steuerungsinstrument schwächen: Gäbe er die Währungspolitik aus der Hand, indem er seine Währung "privatisierte", würden - um nur ein Beispiel zu nennen - Wachstums- und Dämpfungsimpulse für die Wirtschaft ins Leere laufen.

Selbst die große Anzahl von Notenbanken nach der Reichsgründung von 1871 (bis in die Zeit des Nationalsozialismus) emittierte zwar auf Reichswährung denominierte Banknoten, unterlag aber dabei der strikten Steuerung und Kontrolle durch die Exekutive.4) Modelle bis hin in die heutige Zeit vertreten5) freilich die Lösung eines Wettbewerbs zwischen staatlicher Währung und privaten Währungen, in dem sich die jeweils bessere behaupten werde. Es gibt zudem für die reale Welt keinen virtuellen Staat, in dem dies verbindlich festgesetzt werden könnte. Eine Geldanmaßung oder Anmaßung einer Währung durch Private bleibt insoweit rechtlich unerheblich. Daher verwundern Berichte, im Kreise von Zentralbanken sei nicht ausgemacht, ob eines Tages Bitcoins nicht auch als Währung anerkannt werden könnten.6)

USA als Schrittmacher?

Natürlich sind Bitcoins anerkannt - wie die Schlagzeilen melden. Jedoch: als jeweils etwas ganz anderes denn als Geld oder Währung in rechtlicher Bedeutung. Den einzelnen Gesetzeszwecken angemessen und auf Erfüllung dieses Zweckes begrenzt als Rechnungseinheiten, Geldersatz, Finanzinstrumente, privates Geld. Aber auch hier gilt: Der Name ist (so lange) Schall und Rauch, wie das (Währungs-)Gesetz damit nichts verbindet.

Auch am Finanzplatz New York ist man sich bei der Qualifizierung von Bitcoins aus rechtlicher Sicht nicht einig. Man geht aber dort - wie schließlich auch bei der Einführung des Euro nach langem Zögern - pragmatisch vor. Sinn und Zweck ist offensichtlich, den Handelnden vor Ort - kontrollierte(!) - Freiräume zu eröffnen, die sonst anderweitig, sprich: an anderen Plätzen zum Schaden des eigenen wahrgenommen werden. So hat dort die Finanzaufsicht vor Kurzem eine Ausschreibung veröffentlicht. Darin werden Bieter eingeladen, ein Angebot zur Eröffnung und Betrieb einer Bitcoin-Börse einzureichen.

Bezeichnend für das Angebot sind die in dem Beschluss der Behörde veröffentlichten Erwägungsgründe. Es geht darin nicht nur um die fundamentalen (und von anderen Behörden der USA vertretenen) Ziele der Stabilität der Finanzmärkte sowie des Verbraucherschutzes, sondern auch um die Wirksamkeit des Gesetzesvollzugs gegenüber der Pseudoanonymität der Nutzer virtueller Währungen sowie um den Schutz der Verlässlichkeit des Handels mit virtuellen Währungen durch eine angemessene Regulierung. Es wäre blindäugig, diese Probleme zu übersehen - so heißt es - und entspreche nicht einer angemessenen Strategie der Aufsicht. Das übergreifende Ziel sei die Verbindung angemessenen regulatorischen Schutzes mit der Zulassung innovativer Entwicklungen.7)

Zahlungsverkehr in Bitcoins

Nahezu gleichzeitig veröffentlichte das Federal Election Committee eine "Advisory Opinion". In ihr wurden - ohne dass einer rechtlichen Kategorisierung vorgegriffen werden sollte - grundsätzlich Bitcoins zur Spende als anything of value zugelassen. Nahezu gleichzeitig erschienen Warnungen der US Securities and Exchange Commission (SEC) an Investoren vor Investitionen in Bitcoins, die ein erhöhtes Risiko durch Betrug schaffen würden.8) Pragmatisch gesehen widersprechen die Maßnahmen einander nicht. Denn jeder Stellungnahme liegt ein bestimmter Schutz- und Aufsichtszweck zugrunde.

Die Erwägungsgründe der Finanzaufsicht des Bundesstaates New York deuten gleichzeitig auf einen anderen bemerkenswerten Sachverhalt. Es geht darin auch um die Entwicklung neuer Zahlungsplattformen, die man nicht behindern wolle. Offenbar formieren sich hier bereits Newcomer gegen alteingesessene Konkurrenten. Denn wenn auch "Bitcoins" als Investment risikobehaftet sein mögen - die zugrunde liegenden Systeme zur Übertragung sind offenbar so interessant, dass sie die Grundlage für eine erweiterte "Zukunft des Bezahlens" bilden könnten. Hierzu wird bereits seit einiger Zeit angeführt, Bitcoin-Nutzer könnten praktisch ohne Kosten Zahlungen rund um den Globus ausführen. Dies stelle verglichen mit klassischen Systemen einen nicht zu unterschätzenden Vorteil dar. Der bisherige Nachteil liegt ebenfalls auf der Hand: Zur Nutzung des Systems muss unter anderem staatlich verantwortetes Geld in Bitcoins konvertiert werden, die der Empfänger wiederum gegebenenfalls in staatliches Geld tauschen wird. Es fallen also Tauschkosten an. Erst eine fühlbare Erhöhung des Volumens der Transaktionen bei Bitcoins, die nicht in Währung umgetauscht werden, würde hier Erleichterungen schaffen.9)

Steuern und Bitcoins

Ihre steuerliche Behandlung als bloßes Wirtschaftsgut kann deren Ende bedeuten. Klar ist dabei die übliche steuerliche Behandlung von Gewinn aus Veräußerungsgeschäften mit Bitcoins. Im Kern geht es aber um die Frage, ob der bloße Umsatz von Bitcoins - anders als der von Währungen - der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Dabei kann der Gesetzgeber - und dessen Interpreten in den Finanzbehörden - eine Entwicklung fördern und einen Innovationsschub bewirken oder aber bestehendes Recht quasi als Abwehrdispositiv zementieren. Großbritannien hält etwa - zur Förderung des Finanzplatzes - den Handel von Bitcoins von der Umsatzsteuer frei.

Im Zuge einer längeren Prüfung hat das Bundesministerium für Finanzen im Bundestag auf eine Anfrage klarstellen lassen: Anders als der Handel mit Sorten, die gegenständlich greifbar seien, fielen die virtuellen Bitcoins nicht hierunter und seien als normales Wirtschaftsgut im gewerblichen Handel mit Umsatzsteuer zu belegen. Dies führt bei den Verwendern, die für Waren Zahlung in Bitcoins akzeptieren, zu einer doppelten Steuerbelastung, weil der spätere Verkauf der Bitcoins zusätzlich auch (umsatz-)steuerpflichtig macht.10) Vonseiten des Finanzministers will man die aktuelle Regelung offenbar nicht ändern. Steuerliche Gegebenheiten sind indes nicht gottgegeben; der Gesetzgeber kann sie ändern. Dies wird hierzulande aus vielen Gründen, die zum Monopol staatlicher Währungen geführt haben, einstweilen nicht geschehen.

Bankenaufsichtliche Behandlung

Liegt das Ziel der Steuerpolitik unter anderem darin, dem Staatshaushalt einen Anteil an Umsätzen und Einkünften zu verschaffen, so fokussiert die Bankenaufsicht unter anderem die Abwehr von Gefahren für den Bestand der Finanzwirtschaft. Einen Teil der Gefahren bergen Risiken aus Finanzinstrumenten. Als solche wertet die Bankenaufsicht für diese Zwecke bestimmte Bitcoins-Positionen. Es handele sich um die Denominierung einer "nicht staatlichen Ersatzwährung in der Form von Rechnungseinheiten".11) Ein besonderer Beitrag für die Schaffung oder Erhaltung eines Bitcoin-Marktes könne in Verbindung mit einem damit gegebenen Dienstleistungselement eine Erlaubnispflicht auslösen. Weitere Elemente führten unter Umständen zu zusätzlichen erlaubnispflichtigen Tatbeständen. Im Ergebnis geht es also der Bankenaufsicht um die Unterlegung von Risiken mit Kapital, wenn erforderlich.

Ausgeprägte Münzen?

Grundsätzlich schützen entwickelte Staaten staatliches Geld vor Verwechslung. Das Geld fremder Staaten wird insbesondere durch das Weltprinzip geschützt, wonach Fälschungstaten weltweit verfolgt werden. Ausgenommen hiervon bleibt erkenntliches Fantasiegeld. Eine greifbare Bitcoin-Münze will die Kanalinsel Alderney prägen. Das Projekt gilt einer Goldmünze mit dem Nennwert von 500 Bitcoins.

Alderney gehört zur Insel Guernsey und ist - wie alle Kanalinseln - nicht Bestandteil des Territoriums der EU. Lediglich die Liberalisierung des Warenverkehrs und der Handelspolitik finden kraft Beitrittsprotokolls mit dem Vereinigten Königreich Anwendung. Daher hat sich in Alderney auch - neben den übrigen Kanalinseln und der Isle of Man - ein vor den Grenzen der EU gelegenes Finanzzentrum entwickelt.12) Spezialisiert ist man dort - wie passend - auf elektronische Glücksspiele.

Beaufsichtigt wird das Bankwesen von der Bank of England. Die Münzprägungen in Geldzeichen erfolgen bei der Royal Mint. Diese hat nunmehr das Bitcoin-Münz-Projekt einer Gedenkmünze mit einem aktuellen Wert von 500 Pfund auf Eis gelegt. Nach dem Zusammenbruch von Mt. Gox mit erheblichen Verlusten etlicher Anleger fürchtet man - wie vermeldet - ein Reputationsrisiko.13)

Fortsetzung von Auf und Ab

Fest steht, dass sich das Auf und Ab um die Zulassung und Verwendung von Bitcoins fortsetzen wird. Meldungen, im Bundesstaat Kalifornien der USA seien Bitcoins als "Zahlungsmittel" zugelassen worden, wird unmittelbar darauf heftig widersprochen. Es ist in der Tat lediglich ein Gesetz in Kraft getreten, das die bisherige Pflicht aufhebt, Zahlungsverbindlichkeiten nur in US-Dollar auszugleichen.14)

Abschluss des Manuskripts am 30. Juni 2014. Das Manuskript enthält zum Teil Ausführungen eines wesentlich umfangreicheren Beitrages des Verfassers; dieser umfangreichere Beitrag befindet sich derzeit in Vorbereitung zum Druck.

Fußnoten 1) Beispielsweise FAZ vom 8. Dezember 2013, S. 33P
2) Vgl. nur FAS vom 16. März 2014, S. 34; FAZ vom 1. April 2014, S. 23; FAZ vom 6. Dezember 2013, S. 24, vom 19. Dezember 2013, S. 18; vgl. vor allem Sorge/Krohn-Gimberghe, Die Zukunft des Bezahlens, ZfgK 14-2013, 741 ff. (743).

3) Das betont die US-Steuerbehörde (Stand Ende März 2014) laut FAZ vom 27. März 2014, S. 19.

4) Zum Beispiel § 3 ff. des Privatnotenbankgesetzes vom 30. August 1924, vgl. Koch-Schacht, Die Reichsgesetzgebung über Münz- und Notenbankwesen; 1926, insbesondere S. 283 ff.

5) Vgl. etwa Wolfram Engels, Der Kapitalismus und seine Krisen, 1996, S. 319 ff., mit dem Vorschlag zur Gründung einer privaten Währungsbank.

6) The Wall Street Journal online vom 10. Dezember 2013, www.wsj.de/article/SB10001 424 0527023040 145045 79249491897050588.html

7) Public Order on Virtual Currency Exchanges vom 11. März 2014, www.dfs.ny.gov/about/po_ve_03112014.htm

8) Advisory Opinion 2014-02 vom 8. Mai 2014, siehe www.fec.gov./pages/fecrecord/2014/june/ao2014-02.shtml

9) Siehe nur Karl, Smart Investor 2/2014, S. 21; siehe auch Sorge/Krohn-Gimberghe, Die Zukunft des Bezahlens; ZfgK 14-2013, S. 741 ff. (742)

10) Siehe BT Drucks. 17/14530, S. 40 ff. und www.banktip.de/News/28837/keinesteuerbefreiungbeibitcoins.hmtl vom 27. Mai 2014.

11) Siehe Bitcoins: Aufsichtliche Bewertung und Risiken für Nutzer, www.bafin.de/shared/DOCS/veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2014/fabj-14 vom 30. Dezember 2013.

12) Zum Ganzen: More about Alderney, www. century.gg/where_is_alderney.html; zur Stellung der Ka nal inseln im Kontext des EU-Vertrages Voss, Offshore-Banking auf Guernsey, Magisterarbeit 1991, Europa-Institut der Univ. des Saarlandes, S. 34 ff.

13) Siehe FTonline vom 25. April 2014, http://webcache.googleusercontent.com/search?hl=de&rlz =1T4ADRA_de.DE354DE3

14) "AB 129 repeals an outdated restriction on the use of 'anything but the lawful money of the United States'", http://asmdc.org./members/a07/ newsroom/pressreleases/legislationadressingalternativecurrencieslikebitcoinspassestheassembly, vom 4. Juli 2014; im gesamten Zusammenhang siehe http://business.chip.de/news/Bitcoinsnichtmehrillegalin-Kalifornien_70730911. hmtl. - Der ganze Vorgang befördert Bitcoins natürlich nicht zur Währung; lediglich das Verwendungsverbot für sie ist aufgehoben. Ein Verwendungsverbot gibt es freilich auch nicht in der Bundesrepublik und - soweit absehbar - im weiteren Euroraum.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X