Aufsätze

Finanzkrisen und Basel III: grundlegende Veränderung der vom Bund gedeckten Exportfinanzierung

Im vergangenen Jahr sicherte die Bundesregierung Exportgeschäfte mit einem Volumen von 29,1 Milliarden Euro gegen wirtschaftliche und politische Nichtzahlungsrisiken ab.1) Dies ist der dritthöchste Wert in der mehr als 63-jährigen Geschichte der Hermesdeckungen.2) Verglichen mit den Jahren vor der globalen Finanzkrise, also bis 2007, liegt die Inanspruchnahme bei den Hermesdeckungen seither mit jährlich etwa 30 Milliarden Euro um die Hälfte über den Vorkrisenwerten. Während sich das Kurzfristgeschäft durch einen stetigen Anstieg recht stabil entwickelt, sind die jährlichen Veränderungen bei den langfristigen Geschäften, oftmals durch einzelne Großgeschäfte geprägt, sehr unterschiedlich.

Bei den Geschäften mit kurzfristigen Zahlungsbedingungen wurde 2012 ein Gesamtbetrag von 17,1 Milliarden Euro und damit deutlich mehr als die Hälfte des gesamten Deckungsvolumens erreicht. Diese relative Stärke des Kurzfristgeschäfts ist aber auch auf ein etwas schwächeres Geschäft mit mittel- und langfristigen Exportkrediten zurückzuführen. Darin dürfte aber auch nach sehr positiven Erfahrungen im ersten Quartal 2013 eher eine zufällige Verschiebung von Großgeschäften in das Folgejahr zum Ausdruck kommen als eine systematische Schwäche.

Absicherung kurzfristiger Exporte in der Krise

Der starke Anstieg der Nutzung von Hermesdeckungen seit 2008 hat verschiedene Gründe. Es wirkte stark marktstabilisierend, dass die Bundesregierung schon frühzeitig angekündigt hatte, Hermesdeckungen stünden im benötigten Umfang für deutsche Exporte zur Verfügung. Die Bundesregierung unterstrich damit ihre Bereitschaft, antizyklisch Absicherungskapazität bereitzustellen.3) Für die Länder der EU und für einige Kernländer der OECD wurden im Bereich kurzfristiger Geschäfte 2009 nach jahrelanger Absenz von diesem den privaten Kreditversicherern vorbehalten Markt Deckungen wieder zur Verfügung gestellt. Hierzu bedurfte es einer Sonderentscheidung der EU-Kommission. Deckungslücken durch den partiellen Rückzug der privaten Kreditversicherer wurden dadurch kompensiert.

Eine sehr hohe Inanspruchnahme der staatlichen Exportkreditgarantien war die Folge. Schon ab Ende 2010 konnte sich der Bund aus diesen "marktfähigen" Risiken wieder zurückziehen, da die privaten Versicherer den Deckungsschutz wieder im benötigten Umfang gewährleisteten. Einen vergleichbaren Sondereffekt gibt es erneut seit April 2012, als die EU-Kommission eine Intervention staatlicher Exportkreditversicherer mit kurzfristigen Absicherungen für Exporte nach Griechenland zuließ.4) Auch hier führt die Zurückhaltung der privaten Kreditversicherer zu einer starken Nachfrage nach Absicherungen beim Bund.

Im Spannungsfeld zwischen Risiko, Kreditlaufzeit und Wettbewerb

Die klassische Form der langfristigen Exportfinanzierung mit einem durch den Bund abgesicherten Finanzkredit hat für den Exporteur grundsätzlich viele Vorteile: Anstelle das Risiko eines Zahlungsausfalls in die eigenen Bücher nehmen zu müssen, wird für ihn das Geschäft sofort bei Lieferung durch die finanzierende Bank bezahlt. Die Bank profitiert von der Hermesdeckung durch die Absicherung des Ausfallrisikos des Kredites durch den Bund in der Regel in Höhe von 95 Prozent und die mit dem exzellenten Rating des Bundes verbundenen niedrigen Kapitalkosten. Dieser Vorteil kann an den Kunden weitergegeben werden.

Für die deutschen Exporteure ist die abgesicherte Finanzierung ein zusätzliches Verkaufsargument, da sie ein besonders wettbewerbsfähiges Finanzierungspaket anbieten können. Genau dies wird seit Längerem im internationalen Wettbewerb von den Exporteuren verlangt. Schon lange reicht es nicht mehr aus, technologisch und preislich das günstigste Angebot zu machen. Die Finanzierung ist heute ein nicht hinwegzudenkender Teil des Gesamtangebots. Hierauf muss ein Exporteur eingehen, will er im internationalen Geschäft erfolgreich sein.

Auch wenn das Exportunternehmen zunächst selbst das Risiko eines Lieferantenkredits trägt und keine Bestellerfinanzierung einer Bank zum Einsatz kommt, kann es die gedeckte Forderung aufgrund der Hermesdeckung im Wege der Forfaitierung zu Geld machen und dadurch die eigene Bilanz entlasten. Diese Möglichkeit hat sich (nicht nur) in der Zeit der Finanzkrise bewährt und wurde durch eine Reduzierung der Selbstbeteiligung beim Lieferantenkredit von 15 auf fünf Prozent und eine Vereinfachung des Verfahrens der Forderungsabtretung erheblich verbessert.

Bei den mittel- und langfristigen Exportgeschäften profitierte die deutsche Exportwirtschaft von der gegenüber Europa deutlich besseren Wirtschaftsentwicklung in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern. Die langfristige Finanzierung solcher Geschäfte erwies sich jedoch als keineswegs unkompliziert. Zum einen praktizierten die Banken eine sehr veränderte Risikopolitik und stellten langfristige Finanzierungen ohne staatliche Absicherung praktisch gar nicht mehr zur Verfügung.

Steigende Nachfrage nach Hermesdeckungen

Zum anderen hatten die Banken auch nicht geringe Probleme, sich selbst fristenkongruent und in der vertraglichen Währung, sofern diese nicht der Euro war, zu refinanzieren. Langfristige Kredite, vor allem solche über hohe Beträge auf Basis des US-Dollars stellten die Banken vor große Probleme. In Bereichen wie der Flugzeugfinanzierung oder bei Projektfinanzierungen führte dies zu deutlichen Veränderungen. Waren vor Ausbruch der Finanzkrise französische Großbanken hier besonders stark, wurden sie in der Folgezeit stärker durch britische, amerikanische und japanische Banken verdrängt.

Prinzipiell steigt somit gerade im Bereich der langfristigen Finanzierungen die Nachfrage nach Hermesdeckungen stark an. Ratingverschlechterungen anderer europäischer Länder machen es den dortigen Exporteuren zusätzlich nicht leicht, ähnlich günstige Finanzierungen anbieten zu können, wie dies den deutschen Exporteuren möglich ist.

Während deutsche Exporteure in Europa die beschriebenen Vorteile haben, stehen sie besonders beim Export schlüsselfertiger Industrieanlagen und bei Megaprojekten im Bereich der Infrastruktur immer häufiger in einem schwierigen Wettbewerb mit zumeist chinesischen oder koreanischen Wettbewerbern, denen sehr günstige Finanzierungen staatlicher Export-Import-Banken oder Entwicklungs-Banken zur Verfügung stehen. Damit können Exporteure aus OECD-Ländern, die über staatliche Finanzierungsinstitute (direct lending institutions) nicht verfügen, nur schwer konkurrieren.5)

Hohe Relevanz der Banken-Refinanzierung

Neben der reinen Deckungskapazität und hohen Absicherungsbereitschaft des Bundes spielen also die Finanzierungs- und Refinanzierungsbedingungen eine immer dominantere Rolle für den Exporterfolg deutscher Unternehmen auf schwierigen Märkten. Der Bund hat mit zahlreichen Verbesserungen bei Absicherungsprodukten und vor allem bei der Möglichkeit, gedeckte Finanzierungen zu Refinanzierungszwecken einzusetzen, auf diese Situation reagiert. Gleichzeitig ändern sich die Rahmenbedingungen spürbar durch die aus Basel III resultierenden Konsequenzen bei den Banken, die diesem Prozess, der anfangs der Bekämpfung der Krisenfolgen geschuldet war, eine ganz eigene Dynamik und Tiefe geben.6)

Mit der mehrfach verbesserten Verbriefungsgarantie steht den Banken die Möglichkeit offen, die gedeckte Finanzkreditforderung zu einer auf erste Anforderung zahlbaren Garantieforderung gegen die Bundesrepublik Deutschland aufzubessern. Dies vereinfacht in signifikanter Weise die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken. Allerdings führt es nach heutigem Verständnis nicht dazu, dass die kreditgebende Bank ihre Bilanz durch den Verkauf der gedeckten Forderung vollständig entlasten kann (True Sale). Denn sollte es zum Forderungsausfall kommen, hat sie den Bund von dessen Zahlungspflicht gegenüber dem Begünstigten aus der Verbriefungsgarantie freizustellen.

Diese Eventualverpflichtung bleibt bei der kreditgebenden Bank bestehen. Ihr steht dann allerdings der (konditionierte) Entschädigungsanspruch aus der Exportkreditgarantie gegen den Bund zu. Die Verbriefungsgarantie hat sich als extrem wirkungsvoll erwiesen und ist zum Muster geworden, dem viele andere europäische Staaten mit vergleichbaren Lösungen gefolgt sind.

Seit jeher ist die Refinanzierung über öffentliche Pfandbriefe für Banken mit Pfandbrieflizenz eine attraktive Refinanzierungsmöglichkeit für hermesgedeckte Finanzkreditforderungen. Als Forderungen gegen den Staat können die mit einer Verbriefungsgarantie ausgestatteten Finanzkredite am Kapitalmarkt oder bei institutionellen Anlegern platziert werden. Der deutsche Pfandbrief konnte während der Finanzkrise durchweg platziert werden und hat sich damit auch in Krisenzeiten als zuverlässige Refinanzierungsquelle erwiesen. Die günstigen Finanzierungskonditionen lassen sich an die Kunden entsprechend weitergeben.

Basel III: ein besonderes Problem für die Handels- und Exportfinanzierung

Um in der Exportfinanzierung tätigen Banken eine stabile Refinanzierung sicherzustellen, hat die KfW eine Refinanzierungslinie bereitgestellt, die ein jährliches Volumen von bis zu 1,5 Milliarden Euro für die Refinanzierung bundesgedeckter Exportkredite hat. Das Programm ist bis zum 31. Dezember 2015 verlängert und von der EU-Kommission beihilferechtlich für zu lässig erklärt worden.

Exportfinanzierende Banken können auf diesem Weg Finanzkredite an Darlehensnehmer außerhalb der Europäischen Union fristenkongruent und zu Marktkonditionen refinanzieren.

Alle Fragen der Bilanzierung und Refinanzierung gedeckter Exportkredite müssen zurzeit im Lichte von Basel III gesehen werden. Die Empfehlungen des Baseler Ausschusses sind eine unmittelbare Folge der globalen Finanzkrise. Basel III und seine Umsetzung auf europäischer und nationaler Ebene sind damit ausschlaggebend dafür, welche Kapitalkosten einer Bank für das Herauslegen eines langfristigen Exportkredites entstehen. Kein anderes Thema beherrscht seit dem Ausbruch der Finanzkrise die Diskussionen der Exportfinanzierer wie dieses. Dabei steht im Vordergrund das Gefühl, dass die Exportfinanzierung von Geschäften der realen Wirtschaft von einer insgesamt sehr geringen Ausfallwahrscheinlichkeit geprägt ist und dass diese hohe Sicherheit von den Baseler Empfehlungen nicht in adäquater Weise widergespiegelt wird. Insbesondere die Gleichstellung der Handels- und Exportfinanzierung mit sehr viel risikoreicheren Bankprodukten hat daher viel Kritik hervorgerufen.7)

Problematische Leverage Ratio

Vor allem die "Leverage Ratio", die eine Mindestabdeckung der Aktiva mit drei Prozent Kernkapital verlangt und alle Aktiva der Bank grundsätzlich gleichbehandelt, erweist sich als problematisch. Es bleibt dabei unberücksichtigt, dass Handels- und Exportfinanzierungen aufgrund ihrer engen Verbindung mit der Realwirtschaft ein geringes Risikoprofil aufweisen. Aber auch die "Liquidity Coverage Ratio" erweist sich als nicht unkompliziert. Sie soll sicherstellen, dass die Bank auch in Krisensituationen hoch liquide ist und dafür in ausreichendem Maße Aktiva besitzt, die sofort zu Geld gemacht werden können. Diese Verpflichtung sowie die "Net Stable Funding Ratio", die eine fristen kongruente Refinanzierung sicherstellen soll, erschwert es den Banken, eine Fristentransformation für die langfristige Exportfinanzierung zu gewährleisten.

Die verbreitete und berechtigte Sorge der Exportfinanzierer besteht darin, dass andere Bankprodukte geringere interne Kosten verursachen und dadurch eine Abwendung einzelner Banken von der Exportfinanzierung und eine Hinwendung zu renditestärkeren Produkten erfolgen könnte. Auch erscheint es als möglich, dass sich vor allem internationale Großbanken auf die Anbahnung und Strukturierung von Geschäften konzentrieren könnten, jedoch weniger auf die Rolle Finanziers, der ein Engagement auch dauerhaft hält.8)

Der Nachweis, dass Handels- und Exportfinanzierungen grundsätzlich weniger ausfallgefährdet sind als viele andere Aktiva der Banken, ist nur mit statistischer Evidenz zu führen. Durch das "ICC Trade Register" für die kurzfristige Handelsfinanzierung, das die Internationale Handelskammer ICC mit Unterstützung der Welthandelsorganisation WTO erstellt hat, darf dies als nachgewiesen gelten.9)

Für die mittel- und langfristige Exportfinanzierung gibt es vergleichbare Bemühungen, an denen die ICC, verschiedene international tätige Banken und die Berner Union, der Weltverband der überwiegend staatlichen Kredit- und Investitionsversicherer beteiligt sind.10) Auch die Europäische Kommission hat die European Banking Authority EBA beauftragt, die Auswirkungen von Basel III auf Handelsfinanzierungen und staatlich gedeckte Exportkredite zu untersuchen, um noch eventuelle Korrekturen vorzunehmen.

Integrierter Dreiklang

Am 16. April 2013 hat das Europäische Parlament die Entwürfe der Eigenkapitalverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR) und der vierten Auflage der Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD IV) zur Umsetzung von Basel III in der EU mit sehr großer Mehrheit angenommen. Die als Trilog bezeichneten Abstimmungen zwischen dem Rat der EU, der EU-Kommission und dem EU-Parlament sind damit im Wesentlichen abgeschlossen. Durch die Umsetzung im Wege einer EU-Verordnung erlangen die Standards unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten der EU. Für die Handels- und Exportfinanzierung enthält die vom EU-Parlament verabschiedete Verordnung eine nicht unbedeutende neue Ausrichtung: Im Rahmen der Leverage Ratio werden Forderungen aus Handelsfinanzierungen und in sehr begrenztem Umfang auch ECA gedeckte Exportfinanzierungen mit einem günstigeren "Conversion Factor", das heißt mit einem herabgesetzten Forderungsgegenwert berücksichtigt. Auf diesem Weg kommt es letztendlich doch zu einer geringeren und damit dem Ausfallrisiko besser entsprechenden Kapitalunterlegung bei Handels- und Exportfinanzierungen. Die Welt der Handels- und Exportfinanzierung hat sich durch die Finanzkrise und durch Basel III grundlegend verändert. Der Bund hat mit vielfältigen Maßnahmen seine Exportkreditgarantien dem geänderten Umfeld angepasst. Dadurch war es möglich, die reale Wirtschaft, vor allem die exportorientierten deutschen Unternehmen und die sie finanzierenden Banken ohne Unterbrechungen mit Risikoabsicherungen zu unterstützen. Der deutsche Exporterfolg ist auch auf dieses hohe Maß an staatlicher Unterstützung zurückzuführen.

Vor allem aber muss sich das Instrument der Hermesdeckungen mit sehr veränderten Verhältnissen bei der Refinanzierung von Exportkrediten arrangieren. Auch dies darf als gelungen angesehen werden. Langfristig kann der deutsche Export nur in einem integrierten Dreiklang, bestehend aus einer leistungsstarken und global agierenden Exportwirtschaft, einem auf die Interessen dieser Kunden ausgerichteten Bankwesen und einer staatlichen Unterstützung durch adäquate Exportkreditgarantien, erfolgreich sein.

Fußnoten

1) Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Jahresbericht 2012 der Exportkreditgarantien des Bundes, S. 10 f., Download über www.agaportal. de. Die Exportkreditgarantien des Bundes werden von der Euler Hermes Deutschland AG und der Pricewaterhouse-Coopers WPG AG als Mandatare im Auftrag und für Rechnung des Bundes bearbeitet.

2) Allgemein zu den Exportkreditgarantien des Bundes vgl. Janus in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage 2011, § 122.

3) Janus, Exportkreditgarantien des Bundes: Exportförderung mit Hermesdeckungen auch in Zeiten der globalen Wirtschaftskrise, ZVersWiss 2010, S. 335ff.

4) Moltrecht, Beihilferecht: Neue Kommissionsmitteilung für die kurzfristige Exportkreditversicherung, EuZW 2013, S. 84.; Pohlücke, Neuer Rechtsrahmen für die Exportkreditversicherung, Versicherungswirtschaft 2013, Nr. 4, S. 26f.

5) Moltrecht, Staatliche Exportkreditversicherung. Die Einbindung der Nicht-OECD-Staaten in die internationale Disziplin, AW-Prax, Februar 2013, S. 40 f.

6) Bischoff/Klasen, Hermesgedeckte Exportfinanzierung. Herausforderungen und Lösungen in der Eurokrise, RIW 2012, S. 769ff.

7) Janus, Basel III: Risiken und Nebenwirkungen für den Export, Nachrichten für Außenhandel, 9. November 2011, S. 3.

8) O'Connell, A possible path for export finance, Trade Finance, Mai 2011, S. 53f.

9) ICC Banking Commission, 2013 Global Risks Trade Finance Report, ICC 2013, S. 15ff.

10) ICC Banking Commission, 2013 Global Risks Trade Finance Report, ICC 2013, S. 26ff.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X