Frage an ...

... Jürgen Hilse - Ist die selbstbestimmte Führung der Marke Sparkasse in einem stark überhitzten Wettbewerb möglich?

Halten wir zunächst fest: In unserem Marktbereich sind wir die Nummer eins. Außerdem gehört die Marke Sparkasse zu den besonders vertrauenswürdigen Marken in Deutschland. Diese Tatsache hat die jüngste Studie zu diesem Thema wieder bestätigt - und zwar nach wie vor, in einem stark überhitzten Wettbewerb. Das ist die gute Nachricht.

Machtübernahme durch die Marketingabteilungen

Die schlechte Nachricht ist, dass durch alte und neue Anbieter am Markt eine tägliche Verunsicherung der Verbraucher stattfindet. Dabei geht es weniger um wirkliche Verbesserungen des Preis-Leistungs-Verhältnisses oder um ein ausgeprägtes Verhältnis zwischen Wachstum und Ertrag.

Vorrangiges Ziel scheint das schnelle Wachstum von relativen Marktanteilen geworden zu sein. Es geht nicht mehr darum, auf die eigenen Stärken zu setzen, sondern um die permanente Beobachtung der anderen Anbieter. Im Kern haben die Marketingabteilungen in weiten Teilen unserer Branche die Macht übernommen.

Das ist eine erste Gefahr, die es zu erkennen gilt. Die zweite Gefahr ist die Leitidee des niedrigen Preises. Die gesamte Branche des Kreditwesens scheint gerade dabei zu sein, diese Leitidee zu akzeptieren. Mit nicht absehbaren Folgewirkungen für das Funktionieren eines ganzen Marktes.

Zudem sei auf eine wichtige Tatsache hingewiesen: Die Teilung des Marktes. In reifer werdenden Märkten gibt es eine Entwicklung ähnlich einem Naturgesetz. Immer neue Teilmärkte bilden sich. So ist das auch bei den Geldinstituten.

Beispiele aus unserer Historie sind die Bausparkassen und die Fondsgesellschaften. Dann etablierten sich Finanzvertriebe und Autobanken. Neuerdings sind die Distanzbanken hinzugekommen. Wie gehen wir von der Sparkasse mit diesen neuen Segmenten um? Das ist der entscheidende Punkt, mit dem sich die Sparkassenvorstände auseinander setzen müssen.

Profil und Differenz zum Wettbewerb

Wie soll in einem solchen Umfeld die selbstbestimmte Führung einer Marke Sparkasse noch möglich sein? Meine erste These ist, dass unsere Marke umso stärker wird, je komprimierter sie arbeitet. Wir stärken unsere Position durch adäquate Produkte und Leistungen. Adäquat zu unseren Qualitätsversprechen, die im genetischen Code unserer Marke Sparkasse konkret festgelegt sind.

Er dokumentiert, was die Sparkasse zur Sparkasse macht. Und macht das spezifische Erfolgsmuster transparent, dem die Marke Profil und Differenz zum Wettbewerb verdankt. Die Bausteine, Komponenten und Interaktionsmuster sind die konkreten Ursachen für das Vertrauen und die Bindung unserer Kunden an die Marke Sparkasse. Der bisher gültige genetische Code wurde 2000 erarbeitet.

Seitdem haben sich der Markt und die Rahmenbedingungen verändert, und die Sparkassen haben sich weiter entwickelt. Vor diesem Hintergrund wurden sämtliche Teile überprüft und modifiziert beziehungsweise ergänzt. Als neuer Baustein wurde die bedürfnisorientierte und strukturierte Beratung eingefügt.

Das Schlimmste wäre die Nachahmung fremder Bereiche oder neuer Segmenten von Wettbewerbern. Dadurch können wir nur schwächer werden. Und deshalb gilt: Unter der Marke Sparkasse hat eine Distanzbank keine Existenzberechtigung.

Mut zu Innovationen

Die zweite These lautet: Die Leistungen unseres Angebots müssen ständig mit Mut zu Innovationen überdacht werden. Wenn wir uns das Preisdiktat aufzwingen lassen, verlieren wir den Blick und die Kraft für neue Innovationen entlang der Bausteine und Grundprinzipien unserer Marke.

Ein Beispiel für diese These ist das Sparkas-sen-Finanzkonzept. Diese Idee basiert auf dem Gedanken des dynamischen Bewegungsgleichgewichts in den finanziellen Verhältnissen unserer Kunden. Wir sind die Marke Sparkasse, die sich um das finanzielle Gleichgewicht unserer Kunden in jeder Lebensphase kümmert. Das ist gleichzeitig der Leitgedanke unserer Geschäftsstrategie, die alle Bereiche unseres Tuns durchdringt.

Prinzip der Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen Handeln

Ein weiteres Beispiel ist das Prinzip der Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen Handeln. Es beinhaltet Ökonomie, Ökologie und Soziales. Sowohl in der Unternehmensführung der Sparkassen wie in der Beratung unserer Kunden wenden wir den Grundsatz der Nachhaltigkeit an. Er passt hervorragend zu unserem Markenbild.

Auch hier liegt ein Chancenspielraum für die Sparkassenvorstände. Vor Ort in den jeweiligen Geschäftsgebieten sind diese Ideen in konkrete Produkte und Dienstleistungen umzusetzen.

Eine symbiotische Beziehung mit dem Geschäftsgebiet

Jede Sparkasse steht in einer symbiotischen Beziehung mit ihrem Geschäftsgebiet. Was der Region förderlich ist, stärkt auch die Sparkasse. Umgekehrt bedeutet Schaden für die Region zugleich Schaden für die Sparkasse. Dieser Zusammenhang verpflichtet die Sparkasse zum Prinzip der Nachhaltigkeit. Sie richtet ihr wirtschaftliches Handeln darauf aus, die aktuellen Geschäftsziele zu realisieren, ohne nachfolgenden Generationen die Grundlage zu entziehen. Indem die Sparkasse dem gemeinen Nutzen in der Region dient, stärkt sie die Prosperität der Kunden und fördert damit das eigene Geschäft.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die selbstbestimmte Führung der Marke Sparkasse auch in einem überhitzten Wettbewerb möglich ist. Sie ist sogar notwendig, um die erreichte Position der Marktführerschaft im Wettbewerb halten zu können.

Markenführung integraler Bestandteil der Unternehmensführung

Natürlich muss die Markenführung integraler Bestandteil der Unternehmensführung sein. Allein die Marktposition sichert noch nicht das Überleben. Die Steuerung muss - einem Balanceakt ähnlich - mehrere Ziele im Auge haben. So sind für uns Produktivität, Liquidität, Mitarbeiterbindung, Innovation, Rentabilität und Gemeinwohl gleichwertig zu berücksichtigen.

Dass dieser Balanceakt gelingt, beweisen die Sparkassen schon heute. Das Vertrauen und die Sympathie der Bevölkerung und unserer Kunden in die Marke Sparkasse sind eine hervorragende Basis, um selbstbestimmt und selbstbewusst in die Zukunft zu gehen.

Literaturangaben

Die Entstehung der Marken von Al Ries + Laura Ries, Frankfurt am Main, Redline Wirtschaft 2005

Marken im Bermuda-Dreieck von Manfred Schmidt, FAZ-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen, Frankfurt am Main 2003

Die Zwischenüberschriften sind von der Redaktion gesetzt.

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