Genossenschaftsverbund

Das Kreditvermittlungsgeschäft über Vertriebsplattformen

Der Wettbewerb unter Banken und Finanzdienstleistern im Privatkundengeschäft ist über die vergangenen Jahre intensiver geworden. Eindimensionale Erklärungsansätze mit Stichworten wie verstärkte Werbemaßnahmen oder Lockvogelangebote erläutern nicht alleine den Erfolg oder Misserfolg von einzelnen Marktteilnehmern. Denn der Privatkundenmarkt als Ganzes ist in Bewegung geraten und neue Vertriebswege müssen besetzt werden.

Gehör verschaffen im Internetkonzert

Im Wesentlichen wird auch heute das Bankgeschäft mit dem Privatkunden von drei Konstanten bestimmt: das gesamte Marktvolumen ist relativ gleichbleibend, der Wettbewerb unter den Marktteilnehmer nimmt stetig zu, und der Druck auf die eigenen Margen steigt. Daher verwundert es nicht, dass Befragungen seit Jahren und regelmäßig nachweisen, dass Banken(-vorstände) europaweit von erodierenden Zinsmargen ausgehen.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben Finanzdienstleister in den vergangenen Jahren stets auf der Produktionsseite Chancen zur Kostenersparnis und Nutzung von Synergieeffekte gesucht und umgesetzt. Diese Tendenz war und ist in allen drei Säulen des deutschen Bankensystems feststellbar. Der Segen des Kaufmanns liegt bekanntlich im Einkauf. Gut, wenn man die Kosten senkt. Gut, wenn man Produktionsschritte verschlankt und somit beschleunigt sowie verbilligt.

Filialgestützte Banken wie Sparkassen und die Mehrzahl der deutschen Genossenschaftsbanken sehen sich heute - vor allem im Kreditgeschäft - einer Vielzahl aktiver Marktteilnehmer gegenüber: Bausparkassen, Direktbanken, freie Vermittler und Finanzvertriebe. Erschwerend kommt hinzu, dass beispielsweise 60 Prozent aller Recherchen zur Baufinanzierung heute im Internet beginnen. Das Internet verschafft dem Konsumenten eine relative Transparenz. Eine einzelne und regional aufgestellte Genossenschaftsbank hat es schwer, sich im Internetkonzert aller Marktteilnehmer Gehör zu verschaffen.

Eine Vielzahl von Vertriebsplattformen

Auch große Investitionen in den eigenen Internetauftritt führen nicht automatisch zu mehr Geschäft. Der Vertriebsweg Internet ist heute aber sehr wichtig und ebenso stark umkämpft. Eine einzelne Bank oder eine ganze Bankengruppe kann aber eine neue Art von Vertriebsweg, einen Drittvertrieb, via Internet für sich erschließen: die Zusammenarbeit mit freien Vermittler und Finanzvertrieben über Vertriebsplattformen.

Es gibt im deutschen Markt eine Vielzahl in Betracht kommender Betreiber von Vertriebs- beziehungsweise Kreditplattformen: Hypoport (Europace), Interhyp (e-hyp) sowie Pro-Direct-Finance (Monto). Gemeinsam ist diesen Anbietern, dass die im Internet sowieso schon sui generis vorhandene Transparenz der Bankangebote über die Vertriebsplattformen für professionelle Marktteilnehmer nutzbar gemacht wird. Mit Blick auf die einzusetzenden Ressourcen ergibt ein Engagement über Kreditplattformen einen deutlich stärkeren Hebel beziehungsweise besseren Return on Investment als nahezu jede andere singuläre (Vertriebs-)Maßnahme vor Ort.

Wie jeder andere Vertriebsweg muss auch dieser intensiv gepflegt werden. Man muss feste Ansprechpartner anbieten, man muss bestehende Kontakte zu einzelnen freien Vermittlern oder Finanzvertrieben pflegen, man sollte die eigene Vertriebsphilosophie bekannt machen, aber auch den Vertriebsansatz der angeschlossenen Vertriebe kennen. Diese Maßnahmen sind zeitintensiv, bilden aber das Rückgrat, auf dem die aktuelle oder zukünftige Zusammenarbeit basieren sollte.

Alleinstellungsmerkmale anstreben

Als Anbieter von Produkten auf Vertriebsplattformen, also als Produzent, ist es wichtig, ein oder mehrere Alleinstellungsmerkmale anzustreben beziehungsweise anzubieten. Zuallererst differenziert man sich sicherlich bei homogenen Produktangeboten über die Kondition. Aber Produktausgestaltungen spielen eine ebenso wichtige Rolle. Genauso ist die Geschwindigkeit, mit der man angetragenes Geschäft abarbeitet (Prozess- und Zusagegeschwindigkeit), mindestens ein weiterer entscheidender Wettbewerbsvorteil in einem per se gepflegten Vertriebsweg. Eigener Erfahrung nach sollte man anstreben, konditionstechnisch zu den besten zehn Angeboten zu zählen. Der Zuschlag des Geschäfts entscheidet sich nicht ausschließlich an der Kondition, sondern eben auch anhand der soeben aufgezählten Kriterien wie Produktausgestaltung, Geschwindigkeit in der Bearbeitung oder Bekanntheitsgrad bei den angeschlossenen Vertrieben.

Provision

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die angebotene und zu zahlende Provision an den Vermittler. Marktüblich werden beispielsweise bei Baufinanzierungen als Ausgangsbasis rund ein Prozent der Darlehenssumme als Provision gezahlt. Hierbei besteht für den angeschlossenen Vertrieb die Möglichkeit, Teile seiner Provision an den Kunden in Form eines noch weiter reduzierten Sollzinssatzes weiterzureichen. Oder aber auch gegen einen Konditionsaufschlag erhöhte Provisionen zu generieren. Die Provision ist in dieser Gestalt auch Verhandlungsmasse zwischen angeschlossenem Vertrieb und Endkunde.

Vorbehalte stellen sich in diesem Szenario ein, wenn man an die mögliche Anonymität des Vermittlers und des Endkunden denkt. Die PSD Bankengruppe hat den Vertriebsweg Vertriebsplattform vor drei Jahren gestartet. Signifikante Unterschiede in der Qualität des angetragenen Geschäfts können nicht festgestellt werden. Schwarze Schafe, die versuchen über diesen Vertriebsweg betrügerisch zu agieren, wird es auch dort geben; allerdings unterscheidet sich dies von keinem anderen Vertriebsweg. Welche Vor- und Nachteile von Vertriebsplattformen lassen sich heute feststellen?

Vorteile:

- schnelle Erschließung und Gewinnung eines neuen Vertriebskanals,
- Ausweitung eines margenträchtigen Geschäftsfeldes,

- weitgehend standardisiertes und schrankfertiges Geschäft,

- überwiegend Neukunden mit höheren Durchschnittssummen.

Nachteile:

- gestiegene Preissensibilität,

- Steuerungsprobleme in Bezug auf die angetragene Menge an Geschäft,

- Cash-Flow, das heißt Provision fällt unterjährig, Erträge erst in Folgejahren an,

- Kundenschutz für den Vermittler (in der Regel Ein-Produkt-Nutzer).

Nach mehreren Jahren mit und auf Vertriebsplattformen entfielen im Jahr 2010 über zehn Prozent des Baufinanzierungsneugeschäfts der PSD Bankengruppe von insgesamt 2,2 Milliarden Euro auf den "neuen" Vertriebsweg Kreditplattformen. Das Engagement der PSD Banken auf unterschiedlichen Vertriebsplattformen muss man im Angesicht dieser Zahlen als Erfolgsgeschichte bezeichnen. Dabei treten die PSD Banken bis jetzt nur als Produzenten in Erscheinung. Die ersten PSD Banken nutzen in der Zwischenzeit die Vertriebsplattformen auch als aktive Vermittler, um Baufinanzierungen an Drittinstitute zu vermitteln. Es wird sich ebenso noch erweisen müssen, ob die in der Regel fehlenden Möglichkeiten des Cross-Sellings oder Schwierigkeiten in Bezug auf kommende Prolongationen das Geschäft nachhaltig beeinträchtigen werden.

Vertrieb von Passivprodukten?

Neben dem Baufinanzierungsgeschäft bieten die PSD Banken seit diesem Jahr auch den Ratenkredit als Produzenten über Plattformen an. Auch hier zeigen erste Erfahrungen, dass dieses Angebot bei den Vermittlern platziert werden muss. Erfahrungsgemäß sind darüber hinaus die Darlehenssummen geringer, allerdings sind die dahinter liegenden Prozesse im Falle der PSD Bankengruppe so schlank, dass qualitativ gutes Geschäft entstehen kann.

Mit Blick auf die Passivseite ist bereits angedacht, dort auch Passivprodukte zu vertreiben, allerdings ist dies im Hinblick auf die aktuelle Zinslandschaft und den üblichen Provisionsregelungen derzeit wenig attraktiv. Somit bleibt die weitere Entwicklung dieses Vertriebsweges spannend.

Rudolf Conrads , Vorstandsvorsitzender des Verbandes , Verband der PSD Banken e.V.
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