Gespräch des Tages

Landesbanken I - Gespannte Gelassenheit

Es ist nur ein scheinbarer Widerspruch, mit Blick auf die Landesbanken in Mainz und Frankfurt gleichzeitig von Gelassenheit und Anspannung zu sprechen. Erstere bezieht sich auf die zuletzt erreichte Positionierung am Markt. Aber das daraus resultierende Selbstbewusstsein schützt in beiden Häusern nicht vor Unruhe. Denn die Ungewissheit der Entwicklungen rund um die Landesbank Berlin, die von der LRP wie von der Helaba nur sehr begrenzt beeinflussbar sind, können bekanntlich erhebliche Auswirkungen auf den weiteren Weg des Sparkassensektors und damit auch auf die beiden nicht direkt beteiligten Landesbanken haben.

Vom heutigen Ergebnis her beruhigend wirkt aber in beiden Häusern erst einmal die Ertragsentwicklung im vergangenen Jahr. In Mainz war die Ertragsrechnung von einem rückläufigen Zinsüberschuss (minus 7,7 Prozent) auf knapp 280 Millionen Euro, einem deutlich gewachsenen Provisionsüberschuss (plus 15,2 Prozent) auf 91,6 Millionen Euro sowie einem mehr als verdoppelten Nettoertrag aus Finanzgeschäften (52,2 Millionen Euro) geprägt. Dass sich die Verwaltungsaufwendungen um 11,6 Prozent auf knapp 216 Millionen Euro erhöht haben, ist bei rückläufigem Verwaltungsaufwand (67,9 nach 70,8) Millionen Euro ausschließlich auf den Anstieg der Personalkosten zurückzuführen. Letzterer resultiert nicht zuletzt aus 64 neuen Mitarbeitern - für die Bank ein ermutigender Beleg für den Aufbau neuer Geschäftsfelder. Wie stabil diese Ergebniskomponenten nach den Neuordnungen im LBBW-Konzern künftig sind, wird sich erst in den kommenden Abschlüssen zeigen. Auffällig stark ist im Berichtsjahr 2006 jedenfalls in Mainz (minus 65,9 Prozent auf 15,1 Millionen Euro) wie auch in Frankfurt (minus 70,5 Prozent auf 40,0 Millionen Euro) der Aufwand aus Risikovorsorge/Bewertungsergebnis zurückgegangen. Und diese Gunst wird sicher nicht von Dauer sein.

Ebenfalls durch letzteren Effekt begünstigt, erreichte die Helaba ein Betriebsergebnis nach Bewertung in Höhe von 466,4 Millionen Euro, das wegen der vollständigen Berücksichtigung der Frankfurter Sparkasse und der Vollkonsolidierung der Hannover Leasing freilich nicht mit dem Vorjahr vergleichbar ist. Zudem werden in Frankfurt anders als in den Vorjahren die Zinsen für stille Einlagen nicht im Zinsaufwand ausgewiesen, sondern als Teilgewinnverwendung gezeigt. In ihrem "Als-ob-Vergleich" weist die Helaba auf der Ertragsseite eine Steigerung des Nettoergebnisses aus Finanzgeschäften um gut 70 Prozent aus, die maßgeblich auf ein überdurchschnittlich gutes Handelsgeschäft mit komplexen Zinsprodukten im zweiten Halbjahr zurückgeführt wird. Die deutliche Erhöhung des sonstigen betrieblichen Überschusses um mehr als 40 Millionen Euro resultiert ebenso aus der Erstkonsolidierung der Hannover Leasing wie mehr als die Hälfte des Anstiegs der Verwaltungsaufwendungen (plus 87 Prozent). Durch eine Steigerung der Ertragseffizienz bei ausgewählten Tochtergesellschaften und der LBS will man in Frankfurt die Cost Income Ratio von 68,1 (67,9) Prozent in Richtung der angestrebten 60 Prozent bringen.

Mindestens ebenso wichtig für die entspannte Berichterstattung sind in beiden Landesbanken neben dem passablen Ergebnis 2006 die strategischen Fortschritte. Jedes auf seine Art haben beide Häuser in den letzten Jahren an Profil gewonnen. So spricht es jedenfalls für konstruktive Arbeitsteilung mit der LBBW, wenn Friedhelm Plogmann nicht nur selbstbewusst und überzeugt gemeinsame Grundprinzipien wie die Vermeidung von Doppelarbeiten, keinen Wettbewerb im Konzern und ein "Gesicht" zum Kunden vorträgt, sondern auch sehr konkret eine ganze Reihe von Tätigkeitsfeldern auflisten kann, auf die sein Institut fokussiert ist. Das fängt an beim Kompetenzzentrum im Immobiliengeschäft für Frankreich und den Benelux-Ländern, reicht über das Asset Management Consulting für institutionelle Kunden und führt hin bis zu regionalen Umsatz- und branchenbezogenen Abgrenzungen im Firmengeschäft. Auch die starke Stellung der Luxemburger LRP-Tochter im Gesamtkonzern stärkt das Selbstwertgefühl in Mainz. Und aus LRP-Sicht wirkt es sehr motivierend, wenn gewisse Zuständigkeiten oder zentrale Aktivitäten aus Stuttgart nach Mainz verlagert und dort verstärkt auf- und ausgebaut werden. Dass mit Hans-Joachim Strüder der zuständige LBBW-Vorstand mit Zustimmung der Ba Fin diese Funktion auch bei der LRP ausübt, spricht freilich auch für kluge Stuttgarter Weitsicht. Bestimmte Rahmenbedingungen im Investmentbanking sind bei allem Bemühen um eine Aufwertung des Finanzplatzes Stuttgart in der Nähe Frankfurts vielleicht doch ein bisschen besser angesiedelt.

Günther Merl kann ebenfalls auf eine gut funktionierende Zusammenarbeit verweisen, nicht mit einer anderen Landesbank, sondern innerhalb der hessisch-thüringischen Sparkassenorganisation. Die Verbindlichkeit der Leistungsabnahme und die Vereinbarungen zu einer gemeinsamen Risikopolitik gelten als Orientierungsmaßstab für andere Regionen. Darüber hinaus hat er das Immobiliengeschäft zum echten Ertragsbringer ausgebaut, mit der Helaba Invest das Asset Management gestärkt, mit der Fraspa (und der 1822 direkt) das Privatkundengeschäft hereingeholt, mit der Hannover Leasing die Finanzierungskompetenz erweitert und selektiv Auslandsstützpunkte eröffnet. Kurzum, er hat eine Bank gebaut, die in ihrer Mischung aus Wholesale und Retailgeschäft ein wenig mit der LBBW vergleichbar ist - wenn auch in kleinerem Format. Insofern ist es vielleicht auch kein Zufall, dass man in Frankfurt wie in Stuttgart das eigene Haus als "europäische Regionalbank mit internationaler Reichweite" (Merl) wahrgenommen wissen will.

Nicht direkt beeinflussbar bleibt Berlin: Sollte dort der DSGV den Zuschlag erhalten, so lassen sich die vorsichtigen Äußerungen der Landesbankenchefs zu möglichen Szenarien deuten, wird man über die Zukunft der Wholesale-Teile der Dekabank und der Landesbank Berlin im Sparkassenlager heftig nachdenken müssen.

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