Aufsätze

Lehrjahre mit IAS/IFRS - Erfahrungen aus der Bankenperspektive

Die führenden deutschen Banken des privaten Bankgewerbes haben 1998 die Chance ergriffen, auf der Basis des Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetzes erstmals gesetzlich befreiende IAS-Konzernabschlüsse anstelle der bisherigen HGB-Abschlüsse vorzulegen. Unter ihnen waren auch die Hypovereinsbank unter Leitung von Wolfgang Sprißler und die Commerzbank. Die privaten Banken hatten sich zuvor stark für diese Möglichkeit eingesetzt. Einer effektiven und aussagekräftigen Finanzberichterstattung, die international akzeptiert und verstanden wird, kam bereits damals eine Schlüsselstellung zu.

Wandlung der IAS/IFRS

Bereits auf den ersten Blick fällt auf, wie sehr sich die IAS/IFRS seit damals gewandelt haben. Ihr Umfang hat sich mehr als verdoppelt, und auch die Anzahl der Standards ist deutlich gewachsen. Betrachtet man die Entwicklung aus der Nähe, so werden verschiedene Ursachen erkennbar.

Ein Grund für das Anwachsen der Standards ist sicherlich ihre immer größer werdende Bedeutung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die ursprünglich "rein privaten" Standards in den vergangenen zehn Jahren in vielen Ländern zu einem Teil der Rechtsordnung geworden sind. Mittlerweile wird sogar in den USA ihre Anerkennung von staatlicher Seite vorangetrieben. Diese Entwicklung führte dazu, dass an die IAS/IFRS immer höhere Anforderungen gestellt wurden. So sollten die Standards als Gesetze insgesamt "vollständiger" werden, was dazu führte, dass es heute zum Beispiel einen eigenen Standard für Landwirtschaft (IAS 41) und Bodenschätze (IFRS 6) gibt.

Einen weiteren Grund für das Anwachsen der Standards im Hinblick auf ihren Umfang und ihre Komplexität hat die Finanzdienstleistungsbranche geschaffen. Mehr denn je war sie in den vergangenen Jahren ein Motor für ständige Produktinnovationen. Neue, zum Teil sehr komplexe Finanzprodukte wie Credit Default Swaps, strukturierte Produkte, neue eigenkapitalnahe Refinanzierungsformen und der Einsatz von Zweckgesellschaften (Special Purpose Entities oder abgekürzt SPE) stellten neue Anforderungen an die Rechnungslegung und haben sich teilweise direkt in den Standards niedergeschlagen.

So führten zum Beispiel die strukturierten Produkte zu einer Revision des IAS 39 (IAS 39.10 bis 13) und die SPEs zu einer eigenen Standardinterpretation (SIC-12), wobei dieses Thema bis heute Gegenstand intensiver Diskussionen im IASB ist und selbst auf der Agenda der Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten steht.

Die Banken sind hier also nicht ganz "unschuldig" an der Entwicklung. Sie sind als Treiber und als Getriebene der Entwicklung anzusehen, da gerade durch ihre Innovationen bei den Finanzinstrumenten das IASB dazu veranlasst wurde, die Standards ständig umfangreicher und komplexer zu gestalten. Als bilanzierende Unternehmen standen und stehen sie seitdem vor der Aufgabe, diese teilweise sehr komplizierten Standards umzusetzen, was insbesondere an die IT-Systeme eine beträchtliche Herausforderung darstellt.

Orientierung an Prinzipien versus Detailregelungen

Auch wenn es also durchaus Gründe für das Anwachsen des Umfangs der IAS/IFRS gibt, kann man diese Entwicklung kritisch hinterfragen. Denn es war das IASC selbst, das im Dezember 2000 in einer Erklärung anlässlich seiner Transformation in das IASB betonte, dass man an der prinzipienbasierten Gestaltung der IAS/IFRS festhalten wolle. Zudem haben die Erfahrungen mit den detaillierten Regelungen des US-GAAP verdeutlicht, dass solche Rechnungslegungssysteme keineswegs immer überzeugendere Ergebnisse erzielen. Daher sollte ein Hauptaugenmerk des IASB in den kommenden Jahren darauf liegen, zumindest das Anwachsen des Standardwerks abzubremsen und den prinzipienorientierten Ansatz nicht aus den Augen zu verlieren.

Allerdings muss allen nach den IAS/IFRS bilanzierenden Banken klar sein, dass gerade eine prinzipienbasierte Rechnungslegung ihnen ein hohes Maß an Verantwortung überträgt. Denn je komplexer die Finanzprodukte werden, umso mehr kommt es in einem solchen System darauf an, diese Prinzipien sinnvoll anzuwenden und fehlende Regelungen im Detail nicht als Freibrief misszuverstehen. Dies gilt im Übrigen natürlich auch für die Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsbehörden, die diesen Prozess begleiten und überwachen müssen.

Spezielle Standards für Banken?

Bei der Umsetzung eines prinzipienorientierten Ansatzes stellt sich für jeden Standardsetter die Frage, an welchen Prinzipien die Standards auszurichten sind. Dabei muss man auch die Frage beantworten, ob diese Prinzipien für alle Unternehmen gleich sind oder ob es nicht Unternehmensgruppen gibt, die aufgrund ihrer Besonderheiten so spezifische Merkmale aufweisen, dass für sie besondere Regelungen (mit entsprechenden Prinzipien) geschaffen werden sollten.

Diese Frage stellt sich insbesondere bei Banken. Das EU-Bilanzrecht und das deutsche HGB sehen solche speziellen Regelungen für die Bilanzierung vor. Auch das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee hat für die Segmentberichterstattung und den Risikobericht eigene Standards für Banken herausgegeben (DRS 3-10 und DRS 5-10). Mit dem IAS 30 (aufgehoben 2005 durch IFRS 7) gab es auch vorübergehend einen eigenen Standard für Banken, der aber fragmentarischer Natur war und nur Vorschriften zu Anhangsangaben enthielt.

Moderne Feststellungen

Dieser Standard betonte mehrfach, dass die Geschäftstätigkeit von Banken sich von der anderer Unternehmen unterscheide und daher sich auch andere Anforderungen an die Rechnungslegung und das Reporting ergäben (IAS 30.3). In IAS 30.6 hob das IASC damals die "spezielle Charakteristik" der Geschäftstätigkeit der Banken hervor. In IAS 30.34 wurde festgestellt, dass es essenziell wäre, dass die Fälligkeitskategorien der Vermögenswerte und Schulden bei einer Bank gleich wären.

Weiter hieß es dort: "Dadurch wird das Ausmaß der Fristenkongruenz und folglich die Abhängigkeit der Bank von anderen Liquiditätsquellen deutlich". In IAS 30.35 wurde festgestellt, dass "die Gliederung von Vermögenswerten und Schulden nach Restlaufzeiten die beste Grundlage für die Beurteilung der Liquidität einer Bank sei". Dabei könnte es "notwendig sein, die Angaben im Abschluss durch Informationen über die Wahrscheinlichkeit von Rückzahlungen innerhalb der Restlaufzeit zu ergänzen" (IAS 30.39).

Diese Feststellungen muten insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Finanzkrise durchaus modern an. Umso fraglicher erscheint es dann aber, dass das IASB in der Folgezeit eine andere Strategie einschlug und es ablehnte, bankspezifische Regelungen im Financial Reporting zu schaffen. Der IAS 39, der 1999 herausgegeben wurde und den Ansatz und die Bewertung von Finanzinstrumenten regelt, nennt zwar immer wieder in seinen Beispielen Banken, aber er ist eben kein bankspezifischer Standard. Auch der IAS 32 und IFRS 7, die ergänzend neben dem IAS 39 zu den Finanzinstrumenten erlassen wurden, sind keine spezifischen Bankenstandards. Das IASB betont im IFRS 7, mit dem IAS 30 zugleich aufgehoben wurde, sogar ausdrücklich, dass man keine bankspezifischen Regelungen mehr schaffen wolle (IFRS 7 BC 6).

Die IAS/IFRS als Teil der Unternehmenssteuerung in Banken?

Im Rahmenwerk (Framework) der IFRS wird seitens des IASB in Ziffer 11 festgestellt, dass die veröffentlichten IAS/IFRS-Jahresabschlüsse auf den Informationen basieren, die auch das Management zur Messung der Rentabilität des Unternehmens nutzt. Mit IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) und IFRS 8 (operative Segmente) hat das IASB zudem Standards herausgegeben, die den Anspruch erheben, als Schnittstellen zwischen interner Steuerung und externem Reporting zu fungieren, und in IFRS 3 BC 375 betont das IASB, dass die Umsetzung des IFRS 3 "starke interne Controlling-Systeme" voraussetze.

Dies verdeutlicht die Überzeugung des IASB, dass die von ihm veröffentlichten Standards in einer engen Verbindung zur internen Steuerung der Unternehmen stehen. Hierauf beruht auch die Namensänderung von "IAS" hin zu "IFRS", wobei das "Accounting" durch das "Financial Reporting" ersetzt wurde.

Grundsätzlich sind diese Bestrebungen des IASB sehr zu begrüßen. Denn bei effizient geführten Unternehmen werden sich die besonderen Merkmale ihrer Geschäftstätigkeit in ihren internen Steuerungssystemen widerspiegeln. Wenn darauf die externe Berichterstattung aufbaut, wird überflüssige Doppelarbeit und ein Leben in zwei Welten (interne Steuerung und externe Berichterstattung) vermieden. Aber gerade ein Rechnungslegungssystem wie die IAS/IFRS, das explizit seinen engen Bezug zur internen Steuerung der Unternehmen betont, muss dann darauf achten, dass seine Vorschriften auch tatsächlich den besonderen Eigenschaften der jeweiligen Branchen gerecht werden. Oder etwas provokant gefragt: Warum schafft das IASB spezielle Standards für Bodenschätze und Landwirtschaft, aber nicht (mehr) für Bankgeschäfte?

Das Aktiv-Passiv-Management als spezielles Merkmal des Bankgeschäfts

Der zentrale Steuerungsansatz bei Banken ist neben der Kreditrisikosteuerung insbesondere das Aktiv-Passiv-Management im Hinblick auf Zinsen und Liquidität. Hier wird seit längerer Zeit bereits hinterfragt, ob IAS 39 diesem Umstand wirklich ausreichend Rechnung trägt. Wer als Rechnungsleger einmal den Versuch gemacht hat, den Kollegen im Treasury IAS 39 nahe zu bringen, wird schmerzlich erfahren haben, wie weit das IASB von seinem Anspruch entfernt ist, bei Banken interne risikobasierte Steuerung und externe Berichterstattung anzugleichen. Denn die Kategorien des IAS 39 sind grundsätzlich unabhängig von ihrer Refinanzierung festzulegen, und genau dies entspricht nicht der Sichtweise einer typischen Bank.

Allerdings ist nicht zu verkennen, dass in diesem Punkt bei den diversen Überarbeitungen des IAS 39 gewisse Fortschritte erzielt wurden. So finden sich in den Bestimmungen zur Kategorie "Fair Value through profit and loss" erstmals Ansätze, bei der die Bewertung von Finanzinstrumenten in Beziehung dazu gebracht wird, wie ihre Steuerung erfolgt. Dabei lässt der Standard auch die Bildung von Portfolios aus Aktiva und Passiva zu. Dieser Ansatz ist allerdings nicht ausreichend für Banken, denn der vollständige Fair-Value-Ansatz dieser Kategorie bringt teilweise neue Probleme mit sich. Wie später noch dargelegt wird, ist ein Fair Value insbesondere bei illiquiden Märkten alles andere als einfach zu ermitteln und die Bilanzierung der Veränderung des eigenen Credit Spreads bei Verbindlichkeiten ist heftig umstritten.

Aus Sicht der Banken bündelt sich in IAS 39.84 wie unter einem Brennglas das zentrale Problem. Diese Vorschrift untersagt ausdrücklich das Hedge Accounting auf Nettopositionen im Rahmen der Aktiv-Pas-siv-Steuerung. Solange diese Vorschrift Bestand hat, kann das IASB nicht wirklich für sich in Anspruch nehmen, eine Finanzberichtserstattung geschaffen zu haben, die in Einklang mit der internen Steuerung von Banken steht. Bis zur Aufgabe dieses Prinzips werden die IFRS für Banken letztlich häufig doch nur "Rechnungslegung" sein, deren Einhaltung als gesetzliche Pflicht natürlich nicht zur Disposition steht, die sich aber nur bedingt mit der internen Steuerung deckt und damit auch nur teilweise einen konstruktiven Beitrag hierzu leistet. Es ist zu bedauern, dass der Begriff "Portfolio" alleine im IAS 39 mehr als 240-mal auftaucht und trotzdem die Banken sich mit ihrer Portfoliosteuerung darin so wenig wiederfinden.

Flexible Märkte und Strategien versus starre Bilanzierung

Hinzu kommt, dass Märkte ständig in Bewegung sind und sich damit die Strategie der betroffenen Unternehmen immer wieder anpassen muss. Gerade in den mitunter hektischen Finanzmärkten sind Banken gezwungen, ihre Geschäftspolitik und damit ihre Portfoliosteuerung ständig neu zu adjustieren. Die aktuelle Finanzkrise hat vor Augen geführt, wie groß die externen Schocks sein können, denen Banken dabei ausgesetzt sind. Man mag zu Recht bezweifeln, ob als Reaktion darauf eine pauschale Aufgabe der Fair-Value-Bewertung in solchen Fällen sachgerecht ist, zumal von den Befürwortern bislang noch nicht hinreichend deutlich gemacht wurde, wann eine solche Maßnahme überhaupt zulässig sein soll. Aber es würde durchaus der internen Risikosteuerung mancher Bank in solchen Situationen entsprechen, wenn das absolute Umwidmungsverbot des IAS 39.50 für die Kategorie "Fair Value through profit or loss" gelockert würde.

Dies gilt insbesondere in Zeiten von illiquiden Märkten, wie sie derzeit zum Teil zu beobachten sind. Wenn eine Bank im Rahmen ihrer Geschäftspolitik beschließt, illiquid gewordene Finanzinstrumente entgegen der bisherigen Absicht nun langfristig zu halten und deren Refinanzierung hierfür gesichert ist, dann ist kein vernünftiger Grund erkennbar, warum diese Vermögenswerte weiterhin als Handelsbestand ausgewiesen werden sollten. Dies gilt umso mehr, als die Ermittlung des Fair Value in illiquiden Märkten eine sehr schwierige Angelegenheit ist und die Einschätzungsspielräume dabei zwangsläufig sehr hoch sind. Dies haben bislang auch die teilweise sehr umfangreichen Diskussionspapiere und Entwürfe diverser Standardsetter nicht geändert.

An die Dokumentation einer solchen Umwidmung sollten hohe Anforderungen gestellt werden, um einen zu großen Gestaltungsspielraum von vorneherein zu verhindern, und entsprechende Anhangsangaben könnten die notwendige Transparenz herstellen. So könnte man zum Beispiel von der Bank verlangen darzulegen, was die Gründe für die Umwidmung waren und wie sich diese in ihre Aktiv-Passiv-Steuerung und ihr Risikomanagement einfügt.

Letztlich dürften bei illiquid gewordenen Finanzinstrumenten ein einfacher, aber nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführter Impairment-Test und entsprechende Anhangsangaben für einen Leser des Abschlusses aussagekräftiger und wirklichkeitsnäher sein als ein fragwürdiger Fair Value, dessen Ermittlung er im Zweifel sowieso nicht nachvollziehen kann. Zudem dürfte es kaum mit dem True and Fair View vereinbar sein, wenn eine Bank weiterhin Handelsbestände ausweist, für die es derzeit keinen Markt gibt, und sie damit weiterhin scheinbare Liquidität ausweisen muss. Entscheidend in einem Mixed Model ist die Absicht des Managements und gerade diese kann sich in außergewöhnlichen Situationen ändern. Die Rechnungslegung muss darauf reagieren können.

Liquidität als Gegenstand der zentralen Banksteuerung

Die aktuelle Finanzkrise hat verdeutlicht, von welch hoher Bedeutung die Liquidität gerade bei Banken ist. Wenn es nochmals eines Beweises für die Besonderheiten des Bankgeschäfts bedurft hätte, so dürften die letzten Monate diesen erbracht haben. Allerdings muss fairerweise gesagt werden, dass Liquiditätsrisiken sich kaum mit den Mitteln der Bilanzierung abbilden lassen. Da das IASB aber selbst den Anspruch erhoben hat, eben nicht nur Standards zur Rechnungslegung (Accounting) zu schaffen, sondern auch zur umfassenden Finanz-Berichterstattung (Financial Reporting), muss es sich auch an diesem Anspruch messen lassen. Umso fragwürdiger erscheint es, warum gerade die Vorschriften des IAS 30 mit ihren umfangreichen Vorschriften zur Liquiditätssteuerung aufgehoben und durch die sehr dürren Anhangsangaben des IFRS 7 ersetzt wurden und das IASB "ersatzweise" in IFRS 7 BC 41 einfach auf die Bestimmungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht verweist. Den Hinweis auf das Bankenaufsichtsrecht könnte man in gewisser Weise als Beleg dafür ansehen, dass das IASB sich an das Thema "Banken" doch nicht so recht herantraut.

Das umfangreiche Regelwerk der Bankenaufsicht gilt zudem nur für Banken und ist der beste Beleg dafür, dass das Bankgeschäft Besonderheiten aufweist, die spezielle Regelungen hierfür notwendig machen. Wer - wie das IASB - also selbst von der Notwendigkeit einer besonderen Berichterstattung für Banken ausgeht und deshalb auf das Bankenaufsichtsrecht verweist, muss sich fragen lassen, warum er eine solche Notwendigkeit bei den Regelungen zum Ansatz und zur Bewertung von Finanzinstrumenten nicht anerkennt und sogar ausdrücklich verbietet (IAS 39.84). Dies gilt umso mehr, als Liquiditätsrisiken nur durch eine Aktiv-Passiv-Analyse ermittelt werden können, wie das IASB im früheren IAS 30.34 - 35 ausdrücklich anerkannt hat.

Anstöße für die Bilanzierung aus dem Aufsichtsrecht?

Wenn man aus den einzelnen Standards ein Gesamtbild des IASB von Banken entwerfen sollte, so könnte man sagen, dass Banken sich zwar nach dessen Auffassung auf der Basis eines Aktiv-Passiv-Ansatzes auf Portfolioebene steuern und auch eine Risikoberichterstattung vornehmen sollen, aber beim Ansatz und der Bewertung von Finanzinstrumenten diese Steuerung ignorieren und wie jedes andere Unternehmen bilanzieren sollen.

Dies vermag nicht zu überzeugen und die Bankenaufsicht, auf die das IASB ja in IFRS 7 verweist, ist ihrerseits auch keineswegs bereit, aus ihrer Sicht nicht sachgerechte Entscheidungen des IASB zu akzeptieren. Als Beispiel hierfür kann man die Reaktion auf eines der in der letzten Zeit am meisten diskutierten Themen anführen. Während das IASB es ausdrücklich befürwortet, dass die Verschlechterung der eigenen Kreditwürdigkeit bei der Bewertung der eigenen Verbindlichkeiten zu Gewinnen und damit auch zu mehr Eigenkapital führen soll, lehnt es der deutsche Gesetzgeber in § 6 KonÜV ab, dies als aufsichtsrechtliches Eigenkapital anzuerkennen. Auch bei der Definition des bilanziellen und aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals gibt es Unterschiede und es wäre zu begrüßen, wenn hier ein stärkerer Dialog zwischen Bankenaufsicht und IASB stattfinden würde.

Bei der weiteren Diskussion sollte für Banken generell geprüft werden, inwieweit Ansätze aus dem Aufsichtsrecht auch in der Finanzberichterstattung genutzt werden können. Das Baseler Regelwerk in seiner neuen Fassung (Basel II) lässt abhängig vom Stand des internen Risikomanagements einer Bank die Anwendung von internen Modellen zur Berechnung des notwendigen aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals zu.

Dieser Ansatz beruht auf der Erkenntnis, dass die Banken als Branche nicht nur besondere Merkmale aufweisen, sondern auch die Banken selbst nicht immer über einen Kamm geschoren werden sollten. Entscheidend ist, dass das Risikosteuerungsmodell zum Geschäftsmodell der jeweiligen Bank passt und damit sachgerecht die Risiken darstellt.

Dies sollte selbstverständlich nicht als Freibrief dafür genutzt werden, zukünftig frei nach Belieben zu bilanzieren. Es werden weiterhin international verbindliche Standards gebraucht werden, die eine vergleichbare Bilanzierung bei vergleichbarer Geschäftstätigkeit gewährleisten. Aber sie sollten so viel Flexibilität bieten, dass unterschiedliche Risikoprofile auch beim Ansatz und der Bewertung von Finanzinstrumenten differenzierter berücksichtigt werden können.

Banken mit einem stabilen Geschäftsmodell (stabile Refinanzierung und einem hohen Maß an Fristenkongruenz) sollte es möglich sein, diese Stabilität im Einklang mit ihrer Unternehmenssteuerung in der externen Finanzberichterstattung darzustellen. Solange diese Prinzipien gewährleistet werden, ist dabei nur von sekundärer Bedeutung, ob dies im Rahmen bankspezifischer oder allgemeiner Standards gewährleistet wird.

Blick für das Wesentliche wahren

Die Erfahrungen der Banken nach zehn Jahren IAS/IFRS sind letztlich ein Spiegel der Entwicklung dieser Jahre. Die IAS/IFRS sind eine Erfolgsstory und sie sind dies nicht zuletzt durch die fortschreitende Globalisierung geworden. Es gibt keine Alternative zu ihnen. Die Banken profitieren einerseits von dieser Entwicklung, aber sie haben andererseits auch für das IASB und sich selbst Probleme geschaffen. Denn durch ihre ständige Produktinnovation haben sie das IASB insbesondere bei den Finanzinstrumenten vor neue Herausforderungen gestellt und damit die permanente Weiterentwicklung der Standards ausgelöst, die zu einer wachsenden Komplexität führt. Dadurch wird es zunehmend schwieriger, die grundlegenden Prinzipien und Ziele der Standards nicht aus den Augen zu verlieren.

Die IAS/IFRS als das internationale Regelwerk des Financial Reporting sollte die Geschäftstätigkeit der Unternehmen wiedergeben. Wie das IASB nicht verkennt, sind Banken "spezielle Wesen", bei denen die Aktiv-Passiv-Steuerung der Finanzinstrumente auf Portfolio-Basis eine zentrale Rolle einnimmt. Dies sollten zukünftige Standards wieder stärker in den Vordergrund stellen, wobei einzuräumen ist, dass die dynamische Entwicklung im Bankgeschäft und die Erfahrungen der aktuellen Finanzkrise diese Aufgabe nicht einfacher gemacht haben. Letztlich wird dies nur durch einen permanenten Dialog aller Beteiligten gewährleistet werden können.

Die voranstehenden Ausführungen verdeutlichen, wie viel Arbeit hier zukünftig noch zu leisten ist. Der Projektplan des IASB ist randvoll und die Flut der Diskussionspapiere kaum noch überschaubar. Gerade in solche Zeiten ist eine langjährige Erfahrung von zentraler Bedeutung, um den Blick für das Wesentliche nicht zu verlieren. Insofern bleibt zu hoffen, dass Wolfgang Sprißler seine neu gewonnene, freie Zeit nach seinem Ausscheiden aus der operativen Verantwortung dazu nutzt, mit seinem Wissen und seiner großen Erfahrung noch lange aktiv an der Lösung dieser Probleme mitzuarbeiten.

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