Kreditwesen-Weintipp

NEW GENERATION - Die 111 besten deutschen Jungwinzer präsentiert von STUART PIGOTT WEINGUT BERGDOLT

"Carolins Weine sind noch deutlich eigenständiger, als es meine Weine je waren", sagte mir ihr Vater Rainer Bergdolt neulich ganz direkt, "ich hatte immer ein wenig Angst davor". Rainer Bergdolts trockene Rieslinge und Weißburgunder waren aber beileibe keine Kuschelweine, sondern immer mutige Gewächse mit viel Rückgrat. Doch es stimmt, dass die Weine zugleich filigraner und origineller geworden sind, seit Carolin Bergdolt (Jahrgang 1978) mit dem Jahrgang 2007 die Verantwortung dafür übernommen hat. Vielleicht hat das auch ein wenig mit ihrem langen und gewundenen Weg über Berlin, Neuseeland und die Wein-Uni in Geisenheim zurück ins Familienweingut zu tun. Das kam mir in den Sinn, als ich ihre Weine im neuen Verkostungsraum inmitten des park artigen Gartens probierte. Hier fühlt man sich sehr weit weg vom Klischee des Pfalz-Weins. Carolin misst ihre Weine nicht mit denen der Nachbarn, sondern sieht sie in einem wesentlich größeren Kontext.

Mit dem Rucksack durch Australien und Neuseeland reiste Carolin Bergdolt nach ihrer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau, sie lebte ein Jahr lang in Berlin, wo sie Regieassistentin bei einer Theaterproduktion war und sich ihr Geld im Weinfachhandel verdiente. Danach wusste sie genau, was sie wollte, und ging nach Geisenheim, um Önologie und Weinbau zu studieren. Von da an war alles auf das zukünftige Engagement im elterlichen Betrieb ausgerichtet, auch die weinbaulichen Praktika, etwa in einem neuseeländischen Pinot-Noir-Betrieb in Central Otago und in der österreichischen Wachau.

Das Weingut, das sich seit zweihundertfünfzig Jahren im Besitz ihrer Familie befindet, wurde vor sieben Jahrhunderten als Hofgut von Benediktinern des Klosters St. Lamprecht gegründet. Heute zählt es weltweit zu den besten Erzeugern von trockenen Weißburgundern. Die Brüder Rainer und Günther Bergdolt haben schon in den letzten Jahrzehnten beständig ihren Weinstil verfeinert. Sie machen formidable Weine mit Frische, Tiefe, Substanz und wahrem Potenzial, die sich in der Flasche gut entwickeln können und lange haltbar sind. Nun ist auch die Tochter und Nichte Carolin Bergdolt mit dabei und bewährt sich glänzend. An allen anstehenden Entscheidungen ist sie beteiligt, auch an der Umstellung der fünfundzwanzig Hektar Weinberge auf ökologischen Anbau, den sie noch weiterintensivieren möchte.

"Spannung, Mineralität, Saftigkeit, Kraft und Eleganz" bescheinigt Carolin Bergdolt ihrem Favoriten, dem 2012er Weißburgunder trocken aus dem Duttweiler Kreuzberg, der wie auch der Mandelberg eine Erste Lage ist. Die Winzerin, die gern kocht, empfiehlt ihn zu Meeresfrüchten.

Weintipp aus der Zeitschrift:

FINE Das Weinmagazin - Special No.2

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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