Genossenschaftsverbund 2011

Pensionsverpflichtungen: Auslagerung von der Bank zum Versicherer

Eigenvorsorge ist für Arbeitnehmer heute unverzichtbar - und die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist dabei ein wichtiger Baustein. Während im europäischen Ausland Pensionsfonds und Versicherungslösungen mit Kapitaldeckung dominieren, hat in Deutschland lange Zeit der weitaus größte Teil der Betriebe auf Pensions- oder Direktzusagen gesetzt. Auch heute noch ist die Pensionszusage aufgrund ihrer flexiblen Gestaltung insbesondere für Vorstände, Geschäftsführer und Führungskräfte der bevorzugte Durchführungsweg. Von den gesamten Deckungsmitteln in Höhe von 453,8 Milliarden Euro für bAV, bezogen auf das Jahr 2008, stellen Pensionsrückstellungen mit rund 245,1 Milliarden Euro den Löwenanteil. Davon sind viele noch nicht ausreichend ausfinanziert. BilMoG - Schub für Auslagerung Aufgrund des 2010 verabschiedeten Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) spricht vieles dafür, dass die noch nicht abgesicherten Pensionsverpflichtungen zunehmend entweder rückgedeckt oder ausgelagert werden. Denn das BilMoG hat zur Folge, dass - entgegen der bisherigen Praxis - der ausgewiesene Wert für Pensionsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz auseinanderfällt und somit die Pensionsverpflichtungen für diese Bilanzen in getrennten versicherungsmathematischen Gutachten bewertet werden müssen. Hierbei wird zunehmend deutlich, dass die gebildeten Rückstellungen nicht ausreichen, die zugesagte Versorgung zu finanzieren. Die Folge ist, dass die mit der Pensionszusage verbundenen Kosten weiter steigen. Hinzu kommt, dass sich durch die höhere BilMoG-Verpflichtung das Kreditrating der Unternehmen verschlechtern kann. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung über den Durchführungsweg Pensionszusage ist unabhängig von vorhandenen Vermögenswerten insolvenzsicherungspflichtig. Der starke Anstieg der Beiträge für den Pensions-Sicherungs-Verein VVaG im Jahr 2009 auf einen Spitzenwert von 14,2 Promille offenbarte weitere Kostenrisiken der Pensionszusagen. In vielen Unternehmen wird daher der Wunsch nach Alternativen geäußert. Die Lösung: Die Auslagerung der Versorgungsverpflichtungen auf externe Durchführungswege der bAV, mit der sich das Unternehmen gleichzeitig von den biometrischen Risiken befreien und eine Ausfinanzierung der Verpflichtung bis zum Eintritt des Versorgungsfalles erreichen kann. Die Volksbank eG Seesen mit ihren rund 200 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme gut 600 Millionen Euro hat hier eine Vorreiterrolle übernommen und schon frühzeitig Überlegungen über eine Auslagerung angestellt. Vor dem Hintergrund der bestehenden Kapitalmarktsituation und der zu erwartenden zusätzlichen Handelsbilanz-Belastung aus der Umstellung auf die neuen BilMoG-Regelungen bat der Vorstand der Volksbank eG Seesen die R+V Versicherung um eine Situationsanalyse und passende Lösungsvorschläge. Als Experte für Vorsorgen und Versichern in der genossenschaftlichen Finanzgruppe hat R+V eine langjährige bAV-Erfahrung. Das Angebotsspektrum umfasst alle fünf Durchführungswege in der betrieblichen Altersversorgung. Allein in den vergangenen fünf Jahren begleitete die Gesellschaft über 100 größere Auslagerungen mit einem Beitragsvolumen von rund 900 Millionen Euro. Auslagerungsmodelle sind immer individuelle Lösungen. Welches Modell für den Kunden optimal geeignet ist, hängt stets davon ab, wie weit er die biometrischen Risiken auslagern möchte und welche finanziellen Mittel er aufzuwenden bereit ist. Zu biometrischen Risiken zählen Risiken, die das Leben und den Lebensunterhalt betreffen, also beispielsweise vorzeitiger Tod, Pflegebedürftigkeit, Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit, aber auch die Langlebigkeit. Entscheidung für das Kombinationsmodell Zusammen mit der Volksbank eG Seesen erarbeitete R+V daher für die Auslagerung eine auf die Bedürfnisse der Bank abgestimmte Gesamt- und Kapitalanlagestrategie. Experten-Know-how steuerte dabei auch die R+V-Tochtergesellschaft Compertis bei, die Beratungsgesellschaft für betriebliches Vorsorgemanagement. In einem ersten Schritt wurde errechnet, welcher Aufwand für die Auslagerung der bestehenden Pensionszusagen notwendig ist. Hierfür wurden mehrere alternative Angebote erstellt, die dem Vorstand der Volksbank eine transparente Entscheidungsgrundlage lieferten. Die Bank hat sich letztlich für eine Auslagerung nach dem R+V Kombinationsmodell entschieden. Beim Kombinationsmodell erfolgt die Auslagerung der bestehenden Pensionszusagen auf die Versorgungskasse genossenschaftlich orientierter Unternehmen (VGU) e. V., die rückgedeckte R+V-Unterstützungskasse, und auf den R+V Pensionsfonds. Mit dieser Kombination lässt sich bei der Auslagerung eine steuerliche Optimierung erzielen. Der R+V Pensionsfonds ist dabei sehr flexibel und bietet neben Pensionsplänen mit versicherungsförmigen Garantien auch solche ohne Garantie - sogenannte chancenorientierte Pensionspläne mit einer Nachschussmöglichkeit. Bei ihnen kann der Arbeitgeber abwägen, das verbleibende Nachschussrisiko entweder selbst zu tragen oder zu einem höheren Beitrag alle mit der Pensionszusage verbundenen Risiken vollständig auf den Pensionsfonds auszulagern. Dies geschieht dann in Form eines versicherungsförmigen Pensionsplans. Konservative Zinskalkulation und Sicherheitsvariante Der Vorteil der chancenorientierten Variante liegt darin, dass eine Ausfinanzierung der übernommenen Verpflichtungen zu Konditionen möglich ist, die annähernd den Rückstellungen entsprechen, die nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften gebildet wurden. Damit ergeben sich nur geringe handelsbilanzielle Auswirkungen. Das wesentliche Merkmal des chancenorientierten Pensionsplans ist, dass der Pensionsfonds keine versicherungsförmigen Garantien gibt. Kommt es zu einer Unterdeckung, muss der Arbeitgeber zusätzliche Mittel für den Pensionsfonds bereitstellen. Ist das im Pensionsfonds vorhandene Vermögen aufgrund der Wertentwicklung höher als benötigt, können Mittel an den Arbeitgeber zurückgegeben werden. Als einziger Durchführungsweg ermöglicht der Pensionsfonds bei noch aktiven Anwärtern und bei ausgeschiedenen Mitarbeitern mit unverfallbaren Anwartschaften die Übertragung des bisher erdienten Teils der Verpflichtung (past service), und zwar durch Zahlung eines Einmalbeitrags. Für den künftig noch zu erdienenden Teil der Verpflichtung (future service) wird aus steuerlichen Gründen die VGU eingeschaltet, da die Beiträge hier in unbegrenzter Höhe steuerfrei zugewendet werden können. Beim chancenorientierten Pensionsplan hängt die Höhe der Zuwendung im Wesentlichen von der vereinbarten Zielverzinsung und den verwendeten Rechnungsgrundlagen ab. Die Volksbank eG Seesen hat in Abstimmung mit R+V bewusst eine eher konservative Kalkulation des chancenorientierten Pensionsfonds gewählt. Im Rahmen des Kombinationsmodells hat sich die Volksbank auch beim "future service" für die Sicherheitsvariante entschieden. Die Zuwendungen an die VGU für die Absicherung des "future service" wurden in Rentenversicherungen der R+V Lebensversicherung AG mit einer Garantieverzinsung von 2,25 Prozent angelegt. Überschüsse, die während der Anwartschaftszeit entstehen, werden zur Verbesserung der Leistungen verwendet. Überschüsse in der Rentenbezugszeit dienen als Ausgleich für noch vorzunehmende Anpassungen. Jeder Versorgungsberechtigte der Volksbank eG Seesen erhält in jedem Fall seine zugesagten Leistungen aus der ursprünglichen Pensionszusage. Für die Betriebsrentner erfolgte die Auslagerung über VGU gegen Zahlung eines Einmalbeitrages, da der zu zahlende Einmalbeitrag bereits im Jahr der Umstellung steuerlich in voller Höhe als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Entscheidend sind dabei die Rahmenbedingungen des jeweiligen Unternehmens. Sie ergeben sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen der verfügbaren Liquidität, dem handelsrechtlich verkraftbaren Aufwand und den steuerlichen Auswirkungen. Steuer- und Kostenvorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Für die Entscheidung der Volksbank eG Seesen war zudem ausschlaggebend, wie unterschiedlich die steuerliche Wirkung der verschiedenen Modelle (versicherungsförmiger Pensionsplan versus chancenorientierter Pensionsplan) ausfällt. Werden wie bei der Volksbank eG Seesen - die Verpflichtungen vollständig übertragen, muss die steuerliche Pensionsrückstellung gewinnerhöhend aufgelöst werden. In der Handelsbilanz kann sich die Rückstellungsauflösung im Zusammenhang mit den Anwärtern über zwei bis drei Jahre erstrecken, abhängig von den bei den externen Versorgungsträgern angesammelten Deckungsmitteln. Gleichzeitig stellen die an die Unterstützungskasse gezahlten Beiträge in voller Höhe gewinnmindernde Betriebsausgaben dar. Beim Pensionsfonds ist der Teil des zu zahlenden Einmalbeitrages, der den aufzulösenden Rückstellungsbetrag übersteigt, in den zehn folgenden Jahren gleichmäßig als Betriebsausgabe anzusetzen. In der Vergangenheit scheiterte die Übertragung von Versorgungsverpflichtungen auf einen externen Versorgungsträger häufig an den Beiträgen, die der Arbeitnehmer durch die Übertragung zu versteuern gehabt hätte. Der Gesetzgeber erlaubt auf Antrag, dass der Einmalbeitrag, der an den Pensionsfonds gezahlt wird, für den Versorgungsberechtigten lohnsteuerfrei bleibt. Aufgrund des Antrages ist dem Arbeitgeber aber nur die Betriebsausgabenabzugsfähigkeit auf zehn Jahre erlaubt. Erst die Leistung aus dem Pensionsfonds unterliegt beim Arbeitnehmer einer Besteuerung. Im Zusammenhang mit der Versteuerung der Leistungen aus der Unterstützungskasse bleibt die Auslagerung für den Versorgungsberechtigten steuerneutral. Die Zuwendung des Arbeitgebers an die Unterstützungskasse ist steuerfrei und die Leistung wird wie bei der Pensionszusage als nachträglicher Arbeitslohn versteuert. Positive Erfahrungen Die Erfahrungen der Volksbank eG Seesen mit der Auslagerung sind insgesamt sehr positiv. Zum einen konnte die Bank durch die Auslagerung der Rentenverpflichtungen die damit verbundenen Aufwände steuerlich vorziehen. Zum anderen wurden die biometrischen Risiken ausgelagert. Aufgrund der von der Bundesbank festgelegten Zinssätze nach BilMoG ist die Bank überdies vor einer Bilanzvolatilität abgeschirmt. Nicht zu vergessen ist die Reduzierung der Verwaltungskosten, da die externen Versorgungsträger Pensionsfonds und Unterstützungskasse der R+V die Rentenauszahlungen vornehmen. Eines ist schon jetzt absehbar: Die gesetzliche Absenkung des Rechnungszinssatzes von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent für Lebensversicherungen Anfang 2012 führt dazu, dass Auslagerungen ab dem kommenden Jahr zu einem höheren Einmalaufwand führen werden, sofern die versicherungsförmige Variante gewählt wird. Es ist daher zu erwarten, dass noch in diesem Jahr viele andere Unternehmen Überlegungen über eine Auslagerung vornehmen. Welche maßgeschneiderte Lösung am Ende gewählt wird, hängt von den ganz spezifischen Rahmenbedingungen und individuellen Wünschen des Unternehmens ab. Eine Komponente ist jedoch immer unverzichtbar: die kompetente, ganzheitliche Beratung durch den Versicherungspartner.

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