Aufsätze

Position des BMFzur Reform der EU-Einlagensicherungsrichtlinie

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das innerhalb der Bundesregierung für die Einlagensicherung federführend zuständig ist, hat schon sehr früh zu den Überlegungen der Europäischen Kommission für eine Reform der EU-Einlagensicherungsrichtlinie Stellung genommen. Noch vor Veröffentlichung des Richtlinienvorschlags durch die Kommission hat der Bundesminister der Finanzen Dr. Wolfgang Schäuble gegenüber Binnenmarktkommissar Michel Barnier die zentralen Anliegen der Bundesregierung deutlich gemacht. Dabei stand im Vordergrund, dass die von der Kommission angestrebte vollständige Harmonisierung der Einlagensicherung in der EU nicht zu einer Reduzierung des hohen Verbraucherschutzniveaus in Deutschland führen darf.

Insbesondere die Institutssicherung, aber auch die freiwillige Einlagensicherung der Bankenverbände, bieten dem Einleger einen Schutzumfang, der deutlich über die gesetzliche Mindestabsicherung der EU-Vorgaben hinausgeht. Allerdings müssen Einlagensicherungssysteme finanziell besser ausgestattet sein, damit bei zukünftigen Bankenkrisen der Steuerzahler besser geschützt wird und der Finanzsektor selbst die Entschädigung der Einleger trägt.

Präventiv- und Stützungsmaßnahmen statt Entschädigung im Insolvenzfall

Die Bundesregierung war von Beginn der Diskussionen in der Ratsarbeitsgruppe an in einer schwierigen Lage. Institutssicherungssysteme sowie freiwillige Einlagensicherungssysteme existieren außer in Deutschland nur noch in Österreich - allerdings in anderer Ausprägung. Die Kommission stand diesen Systemen kritisch gegenüber, da sie der angestrebten Maximalharmonisierung zuwider laufen. Welches Interesse sollten die 25 anderen EU-Mitgliedstaaten haben, diese deutsch-österreichischen Sonderregelungen aufrechtzuerhalten?

Zum einen hat die Bundesregierung sehr deutlich gemacht, dass es trotz berechtigter Kritik im Detail keinen Bedarf für eine Maximalharmonisierung und damit für eine vollständige Vereinheitlichung gibt. Die bestehenden Systeme in der EU sind wie die Marktstrukturen sehr heterogen und die Kommission konnte den Beweis nicht führen, dass ein einheitliches System nach ihren Vorstellungen besser für künftige Krisen gewappnet ist als die bestehenden Systeme Deutschlands. Gerade die von den Institutssicherungssystemen erfolgreich absolvierten Präventiv- und Stützungsmaßnahmen sind für den Kunden oftmals deutlich vorteilhafter als eine Entschädigung im Insolvenzfall, die neben einer möglichen Kürzung von Ansprüchen immer auch eine Zeitspanne nach sich zieht, in der Einleger keinen Zugriff auf ihr Erspartes haben.

Zum anderen leuchtet nicht ein, warum freiwillige Einlagensicherungssysteme, die nicht staatlich anerkannt sind und damit ein freiwilliges Angebot des Bankensektors darstellen, durch die Richtlinie verboten werden sollten. Die Reform hätte in diesem Punkt zu einer Reduktion statt zu einer Ausweitung des Verbraucherschutzes geführt. Diese Argumente haben letztlich nach langen Auseinandersetzungen dazu geführt, dass nach dem vom Rat gebilligten Kompromissvorschlag sowohl die Institutssicherung als auch die freiwillige Einlagensicherung fortbestehen können.

Problem der Unterfinanzierung

In einem Punkt hat die Kommission allerdings recht: Viele Einlagensicherungssysteme in Europa sind unterfinanziert. So gibt es weiterhin Mitgliedstaaten, in denen die Einlagensicherung ausschließlich ex-post-finanziert ist. Ein solcher Mechanismus hat unerwünschte prozyklische Wirkungen, da Banken im Entschädigungsfall die erforderliche Entschädigungssumme vollständig durch Beiträge aufbringen müssen. Dies birgt Ansteckungsgefahren auf die anderen bislang noch gesunden Institute.

Eine ausreichende ex-ante-Finanzierung, wie sie in Deutschland bereits besteht, ist wesentlich sinnvoller. Bei einer ex-ante- Finanzierung zahlen die Kreditinstitute in einen Fonds ein, aus dem im Fall der Insolvenz eines angeschlossenen Instituts die Einleger dieses Instituts entschädigt werden. Sollte das Fondsvolumen zur Entschädigung nicht ausreichen, müssen Sonderbeiträge von den anderen Instituten im Nachhinein erhoben werden.

Umstritten ist und bleibt das notwendige Volumen dieses Fonds, die sogenannte Zielausstattung. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass es an einer wissenschaftlich überzeugenden Begründung für eine bestimmte Zielausstattung fehlt. Je höher das Fondsvolumen, desto weniger Nachschussbedarf besteht im Entschädigungsfall und desto sicherer ist die Entschädigung der Einleger. Andererseits kann ein zu hohes Fondsvolumen viel Kapital der Kreditinstitute binden, das dann nicht mehr für die Kreditvergabe zur Verfügung steht. Bei jeder ex-ante-Zielausstattung handelt es sich somit um einen Kompromiss, der wohl abgewogen werden muss.

Beitragsbelastung versus Verbraucherschutz

Die Europäische Kommission hatte eine Zielausstattung von 1,5 Prozent der in den angeschlossenen Instituten vorhandenen Einlagen vorgeschlagen, die innerhalb von zehn Jahren anzusparen ist. Da nur ein bestimmter Teil der Einlagen durch die Einlagensicherung gedeckt ist (bis 100000 Euro pro Einleger), hat sich die Bundesregierung dafür eingesetzt, dass diese gedeckten Einlagen als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, da auch nur insoweit ein Entschädigungsrisiko besteht.
Hinsichtlich der Höhe beziehungsweise des konkreten Prozentsatzes dieser Zielausstattung strebt die Bundesregierung jedoch eine deutliche Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Einlagensicherungssysteme gegenüber dem Status quo an, ohne allerdings die Kreditinstitute durch übermäßige Beitragssteigerungen zu überfordern. Derzeit liegen bei Beginn der Trilogverhandlungen die Positionen von Rat (0,5 Prozent der gedeckten Einlagen) und Europäischem Parlament (1,5 Prozent der gedeckten Einlagen) auf dem Tisch. Sicher werden alle Akteure am Ende der Verhandlungen zu einem sinnvollen Kompromiss gelangen, der dem oben skizzierten Spannungsverhältnis zwischen Beitragsbelastung und Verbraucherschutz sachlich gerecht wird.

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