Gespräch des Tages

Privatbankiers I - Erfahrung und Vision

Privatbankiers leben von ihrem tadellosen Ruf. Von daher ist diese Spezies Banker in der Regel dezent im Auftreten, ruhig und beherrscht im Ton, verbindlich in der Sache, höchst verschwiegen und niemals aufdringlich oder gar marktschreierisch. Wenn man dann einen Bankier dieser Kategorie deutlich und laut vor "Zorn" schimpfen hört, dann muss also schon einiges passiert sein. Die geplante Bankenabgabe der Bundesregierung bringt in der Tat nicht nur die Verantwortlichen des Privatbankhauses Castell auf die Palme. Dabei wird nicht in Frage gestellt, ob die Kreditwirtschaft als gesamtes für die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zur Verantwortung gezogen werden darf oder ob es neben den ebenfalls zur Sicherheit der Branche beitragenden Regelwerken von Basel III und Ähnlichem weiterer Sicherungsmaßnahmen bedarf.

Aber warum ein Haus, das keinerlei Mittel vom Kapitalmarkt aufgenommen hat und auch nicht aufnehmen will, das sein gesamtes Kreditgeschäft aus Einlagen von Kunden finanzieren kann, die der Cas-tell-Bank größtenteils über Generationen verbunden sind, ein Risiko für das System und damit auch den Steuerzahler darstellen soll, das darf und muss gefragt werden. Hier ist in der Lobbyarbeit offensichtlich einiges schief gelaufen, und dass sich Häuser wie Castell in einem von den beiden Großbanken dominierten, von Kredit-, Regional- und Auslandsbanken aufgefüllten Bundesverband deutscher Banken nicht mehr allzu wohl fühlen, das kann man verstehen. Ein wenig zur Verteidigung des BdB ebenso wie der Regulierer mag angeführt werden, dass es ob der Heterogenität der deutschen Bankenlandschaft natürlich immer Verlierer gibt, wenn man allgemein verbindliche Regeln für alle aufzustellen versucht. Und jeder weiß, wenn man einmal mit Ausnahmen angefangen hat, nehmen diese keine Ende und werden schnell zur Regel.

Die Casteller Fürsten aus dem Gebiet südlich von Würzburg am Rande des Steigerwaldes betreiben Bankgeschäfte nunmehr seit 237 Jahren. Und das wohl auch noch viele weitere Jahre, denn trotz der vielen Knüppel, die einem solchen Haus derzeit zwischen die Beine geworfen werden, hat Ferdinand Erbgraf zu Castell-Castell die Lust am Bankgeschäft nicht verloren. Vielmehr sieht er das Institut als Teil des Vermögens, das er neben dem Weingut und den landwirtschaftlichen ebenso wie den Forstbetrieben von seinem Vater geerbt hat und das es zu erhalten gilt. Darauf kann auch hindeuten, dass im abgelaufenen Geschäftsjahr kräftig investiert wurde, nicht ohne Spuren in der Gewinn- und Verlustrechnung. So schmolz der Jahresgewinn, der traditionell bei zwei Millionen Euro liegt, auf gerade mal 500000 Euro zusammen. Investiert wurde in einen neuen Standort, Mitarbeiter sowie ein neues IT-System verbunden mit dem Wechsel zum genossenschaftlichen Rechenzentrum GAD.

Gleichwohl zeigen sich die Eigentümer "zufrieden" mit 2010 und haben sich auch für die kommenden Jahre einiges vorgenommen: So soll möglichst schnell der "normale" Gewinn von zwei Millionen Euro wieder erzielt werden, auch wenn das Investitionsprogramm noch bis 2012 läuft. Wachstumstreiber soll vor allem das Vermögensverwaltungsgeschäft sein, in dem man "auf der Provisionsseite einiges vor hat". Dabei konzentrieren sich die Casteller rein auf organisches Wachstum. "Zukäufe würden die Geschäftsphilosophie gefährden und schon das Abwerben ganzer Teams passt nicht zu uns, da diese nur schwer zu integrieren sind", so der verantwortliche Vorstandssprecher Thilo H. Wendenburg. Anders als manch größere Privatbank setzen die Verantwortlichen übrigens nicht allein auf mandatierte Vermögensverwaltung. "Es wird auf Dauer nicht funktionieren, nur zu 100 Prozent Vermögensverwaltung, aber keine Beratung anzubieten", weiß Wendenburg. Im Kreditgeschäft, das ausschließlich in der Kernregion betrieben wird, sind dagegen keine großen Sprünge zu erwarten. Zwar habe sich die Investitionsbereitschaft der Kunden wieder spürbar erhöht, doch bewegten sich die Laufzeiten im kurzfristigen Bereich, und auf der Margenseite sei ebenfalls keine Veränderung zu erwarten. Die Kosten werden durch das neue IT-System deutlich sinken. Das alles klingt höchst bodenständig und herrlich normal.

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