Gespräch des Tages

Privatkundengeschäft - Auf Wachstum gebaut

Sich in einschlägigen Konditionenvergleichen ganz an der Spitze zu halten, fällt den Marktführern einer Branche naturgemäß schwer. Denn angesichts ihrer oft recht großen Volumina laufen sie Gefahr, mit Kampfkonditionen sehr schnell ihre Ertragsgrundlagen zu schmälern. Das haben speziell im Einlagengeschäft schon seit rund zwei Jahrzehnten die Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Wettbewerb mit den aufkommenden Direktbanken erfahren müssen. Und in diesem Sinne musste sich längst auch die ING-Diba, die sich erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten in den Segmenten des Tagesgeldgeschäftes und der Baufinanzierung in die Spitze hochgearbeitet hat, daran gewöhnen, in Rankings der Tagesgeldkonditionen nicht mehr absolut vorne zu rangieren, je mehr sie in die Spitzengruppe der größten deutschen Einlagensammler aufrückte. Die große Kunst besteht für die ING-Diba wie auch für die Ortsbanken der Verbünde darin, am Markt als gut, günstig und vertrauenswürdig wahrnehmbar zu bleiben. Wirksame Image- beziehungsweise Vertrauensbildung wiegt nämlich im Zweifel gewisse Rückstände bei den Konditionen auf.

Sowohl mit den aktuellen Platzierungen im vorderen Feld in den gängigen Ranglisten für Tagesgeld als auch mit dem Vorstoß zur Konditionengestaltung beim Dispokredit - sprich der Zinssenkung und dem gleichzeitigen Verzicht auf einen höheren Zinssatz beim Überziehungskredit (siehe auch bank und markt 3-2014) - hat die ING-Diba einmal mehr recht erfolgreich an einer positiven Imagebildung gearbeitet. Selbst an heiklen Stellen wie den von vielen Sparern zu Recht als ärgerlich empfundenen Konditionen unterschieden für Neu- und Bestandskunden betreibt die Bank aktive Imagepflege. Auch er empfinde angesichts der aktuellen Zinsdifferenz von 0,25 Prozentpunkten ein gewisses Unbehagen gegenüber den vielen treuen Altkunden, hat der Vorstandsvorsitzende Roland Boekhout offensiv eingeräumt. Aber solche vorübergehenden Anreize seien nun einmal das einzig wirksame Mittel in der Neukundenakquise. Wer einen anderen, vergleichbar Erfolg versprechenden

Weg wisse, solle ihm das kundtun, die ING-Diba werde dann konstruktiv darüber nachdenken.

So einfach verzichten kann die Bank auf solche Anreize zu Neukundengewinnung nicht. Denn das Geschäftsmodell ist nach wie vor stark auf Wachstum ausgerichtet. Das spiegelt sich im Berichtsjahr 2013 an nahezu allen Zahlen: So ist die Bilanzsumme deutlich auf 127 (120) Milliarden Euro angewachsen. Plus vier Prozent auf 8,1 Millionen bei der Anzahl der Kunden, plus zwölf Prozent auf 1,1 Millionen bei den Girokonten und plus 16 Prozent auf 6,8 Millionen als Zahl der Trades im Wertpapiergeschäft. Beim Blick auf die Bestandsgrößen sieht sich die Bank mit einem Plus von neun Prozent auf 104 Milliarden Euro bei den Spargeldern hinter der Kombination aus Deutsche Bank/Postbank auf dem zweiten Rang. Für den Bestand an Baufinanzierungen wird ein Wachstum von vier Prozent auf 62 Milliarden Euro gemeldet, bei den Verbraucherkrediten wird der Bestand nach einer Steigerung um 13 Prozent auf vier Milliarden Euro veranschlagt. Und - neu, aber interessant - im Commercial Banking wird das Wachstum des Kreditvolumens nach einem rasanten Anstieg mit 67 Prozent angegeben - auf fünf Milliarden Euro.

Letzteres Geschäftsfeld zu stärken und innerhalb des Konzerns als Kompetenzzentrum weiterzuentwickeln, wird als eine der strategischen Aufgaben für die Zukunft gesehen. Das kann sicher grundsätzlich die Balance zwischen Aktiv- und Passivseite der Bilanz verbessern. Inwieweit diese Hinwendung zum Corporate Banking und insbesondere die damit verbundene Übernahme von Aufgaben im Bereich der strukturierten Finanzierung für die gesamte ING-Gruppe freilich das so typische Grundkonzept der einfachen Bankgeschäfte mit Privatkunden verwässern könnte, für das die Bank hierzulande steht, wird man in den kommenden Jahren aufmerksam im Auge haben dürfen.

Die Zahlen 2013 stehen allerdings noch eindeutig der Vermutung entgegen, als wären im harten Wettbewerb des deutschen Privatkundengeschäftes kaum noch Erfolge zu erzielen. Bei der ING-Diba schlägt sich das starke Wachstum jedenfalls auch in der Ertragsrechnung nieder. Deutlich zugenommen hat mit plus 19 Prozent nicht nur das Zinsergebnis (auf 1,408 Milliarden Euro), sondern von vergleichsweise niedrigem Niveau aus zumindest der Steigerungsrate nach auch das Provisionsergebnis (plus 56 Prozent auf 70 Millionen Euro). Auf der Kostenseite macht sich der Personalaufbau um 180 Mitarbeiter bemerkbar (plus 15 Prozent auf 265 Millionen Euro), während der Sachkostenanstieg mit zwei Prozent auf 399 Millionen Euro moderat ausfiel. Dokumentiert wird die Effizienzsteigerung durch eine auf 46 (52) Prozent verbesserte Cost Income Ratio. Mit dem starken Anstieg des Ergebnisses vor Steuern um 42 Prozent auf 691 (486) Millionen Euro, dürfte die Bank hierzulande unter die zehn ertragstärksten Institute 2013 aufrücken. Und eine Steuerposition von 217 (161) Millionen Euro verhilft sicher bei den Finanzministern und Kämmerern zu einigen Sympathiepunkten.

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