Interview

Redaktionsgespräch mit Heinz-Werner Schulte "Das Vertrauen in die Sparkassen ist gewachsen, weil deren Geschäftsmodell verstanden wird."

In Bankerkreisen kursieren seit gut zwei Jahren mehr oder weniger ernst gemeinte Warnungen, sich in seinem Umfeld nur ja nicht als Banker oder gar Vorstand eines Kreditinstitutes erkennen zu geben. Spüren auch Sie den Imageverlust der Bankmanager, oder sind Sparkassenvorstände weitgehend davor gefeit?

Meinem Eindruck nach sind die Kreissparkasse Ludwigsburg und auch ihr Vorstand im Verlauf der Finanzkrise und erst recht nach der Lehman-Insolvenz in der Öffentlichkeit als Hort der Stabilität und Fels in der Brandung wahrgenommen worden. Es gab auf Vorstandsebene im vergangenen Jahr viele Gespräche mit Privat- und Firmenkunden, die Fragen gestellt oder Anmerkungen zu aktuellen Ereignissen vorgetragen haben. Dabei war immer wieder zu spüren, dass das Vertrauen in die Sparkassen gewachsen ist, weil deren Geschäftsmodell verstanden wird.

Wie haben Sie in Ihrem Haus den bisherigen Verlauf der Finanzkrise erlebt? Hat die Lehman-Pleite für die Kreissparkasse Ludwigsburg noch einmal eine Zäsur gebracht?

Die Finanzmarktkrise hatte unterschiedliche Etappen und Ausprägungen, auf die sich die Sparkassenorganisation früh eingestellt und angemessen reagiert hat. Die Einsicht in die große Bedeutung des Risikomanagements war auf Sparkassenebene längst breit verankert. Und die Implementierung der relevanten Systeme ist in vielen Häusern ohnehin sehr intensiv vorangetrieben worden. Insofern hat die Finanzkrise die Bedeutung der Risikotransparenz und der Risikosteuerung in der Breite der Organisation nur noch einmal bestätigt.

Die Entwicklung im Fall Lehman habe ich insofern als Zäsur empfunden als sie noch einmal klar verdeutlicht hat, welche großen Unterschiede es in den Geschäftsmodellen der deutschen Kreditwirtschaft gibt. Das leicht verständliche Kerngeschäftsmodell der Sparkassen - Geld vor Ort von Kunden aufzunehmen und Geld an Kunden auszuleihen - hat dabei eine enorme Aufwertung erfahren, weil es sich anders als die Ausrichtung anderer Institute auch in der Krise als tragfähig erwiesen hat. Es ist in den beiden stürmischen letzten Jahren noch einmal überaus deutlich geworden, dass Sparkassen sich auch in schwierigen Zeiten im Wettbewerb behaupten können.

Haben sich nach Lehman die Refinanzierungsbedingungen für die KSK Ludwigsburg wesentlich geändert?

Für uns stellt sich diese Problematik nicht. Denn die Kreissparkasse Ludwigsburg ist ein passivlastiges Unternehmen. Die Refinanzierung erfolgt überwiegend über die Kundeneinlagen, die Kundenaktiva sind traditionell weitaus geringer als die Kundeneinlagen. Unser Blick gilt deshalb mehr der Zinsstrukturkurve. Angesichts deren steilen Verlaufs sowie der reichlich vorhandenen Liquidität im Markt profitieren wir derzeit von der insgesamt positiven Entwicklung der Fristentransformation und der Konditionsbeiträge.

Wie ist im ersten Halbjahr 2009 das Geschäft Ihres Hauses verlaufen?

Der Geschäftsverlauf in den ersten sieben Monaten 2009 war insgesamt zufriedenstellend. Wir registrieren positive Entwicklungen im Bauspargeschäft und der Baufinanzierung. Und es gibt eher verhaltene Tendenzen im Wertpapier- und im Einlagengeschäft. Dort spüren wir die veränderten Strukturen und die Risikoaversion der Kundschaft beziehungsweise die Konkurrenz der Direktbanken.

Welche Entwicklung hat speziell das Kreditgeschäft genommen? Was halten Sie von der anhaltenden Diskussion um eine Kreditklemme?

Eine Kreditklemme kann ich wirklich nicht sehen. Die Kreditbestände in unserem Haus sind gerade im mittelständischen Firmenkundengeschäft seit Jahren wachsend. In den Abschnitten der Unternehmensfinanzierung, die wir überblicken können, ist jedenfalls eine Verringerung des Kreditangebotes nicht festzustellen. Auch im laufenden Jahr verzeichnen wir ein Wachstum des Kreditgeschäftes zwischen drei und vier Prozent.

Gibt es in Ihrem Haus eine zusätzliche Nachfrage von Neukunden, die ihre Unternehmensfinanzierung zuvor über den Kapitalmarkt bestritten haben und nun erleben müssen, dass sich ihre Geschäftspartner aus dem privaten Bankensektor stärker zurückhalten oder ganz zurückziehen?

Solche Fälle mag es geben, aber das ist ganz sicher nicht das typische Unter-nehmenskunden-Klientel unseres Hauses. Unser Geschäft ist allgemein von überwiegend langfristig gewachsenen Kundenverbindungen in der Region geprägt.

Hier hat es zwar auch die eine oder andere Strukturveränderung und Verschiebung der Verbindungen gegeben, aber als sehr dramatisch habe ich das nicht empfunden. Unsere Klientel ist sehr stabil geblieben.

Haben Sie von Ihren Wettbewerbern Privat- und/oder Unternehmenskunden akquirieren können? Im Jahr 2008 konnten wir für die Sparkasse zweifellos einen Vertrauenszuwachs registrieren, insbesondere im Herbst, als viele Menschen über die Sicherheit ihrer Anlagen besorgt waren. Allerdings sind ja aus ordnungspolitischen Überlegungen heraus die Konkurrenten nicht verschwunden. Auch deshalb ist im laufenden Jahr das Vertrauen in die gesamte Kreditwirtschaft wieder ein Stück weit zurückgekehrt, und die Fokussierung auf die Sparkassen und Genossenschaftsbanken hat sich wieder abgeschwächt.

Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft wird derzeit für dieses und für das kommende Jahr mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet. Haben Sie besondere Vorkehrungen getroffen, diese Risikokomponente besonders in Grenzen zu halten?

Die Kreissparkasse Ludwigsburg hat schon in den vergangenen Jahren viel Wert darauf gelegt, die Risiken des Aktivgeschäftes zu erkennen und auch steuern zu können. Die dafür notwendigen Rating-Systeme wurden schon sehr frühzeitig eingeführt. Und auch die Limite und die Verfahren zur Steuerung sind bereits gut etabliert. Intensiviert haben wir in diesem Jahr noch die Kundenbeziehungen und damit einhergehend die Frequenz der Kundenbetreuung. Die Kunden erwarten eine enge Begleitung, und wir verlangen umgekehrt eine größere Transparenz und schnellere Taktfolge der Unternehmensinformationen. Derzeit richten wir unsere Kreditentscheidungen nicht nur an den Ergebnissen des Vorjahres aus, sondern berücksichtigen zusammen mit den Kunden auch deren Zwischenergebnisse des laufenden Jahres.

Haben Sie die Mitarbeiterzahlen aufgestockt oder bedeutet das Mehrarbeit für die vorhandenen Leute?

Die Mitarbeiter im Kreditgeschäft sind in der Tat sehr gefordert. Die veränderte Gesamtlage hat zu einer Fokussierung der Analyse der Risiken geführt. Aber in unserem Hause sind die Ausbildung und die Kapazitäten vorhanden, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.

Schon bisher haben wir sehr viel Wert auf eine gründliche Analyse des Aktivgeschäftes gelegt. Dementsprechend hat dieses Geschäftsfeld schon in der Vergangenheit sowohl ertragsstark als auch risikoarm gearbeitet. Insofern profitieren wir von der Struktur unseres Geschäftes. Die Dimension des Aktivseite passt zum Haus und ermöglicht eine gute Abfederung der Risiken im Gesamtgeschäft.

Wie beurteilen die Kunden ihre derzeitige Ausrichtung des Kreditgeschäftes? Registrieren Sie keine Klagen über höhere Anforderungen, strengere Vergaberichtlinien und zu lange Prüfungszeiten der Anträge.

Die kontinuierliche Verbesserung der Ergebnisse unserer turnusmäßigen Erhebungen der Kundenzufriedenheit im Retail- und im Firmengeschäft lässt darauf schließen, dass die Kunden unsere intensivierte Betreuung honorieren. Die verstärkten Kontakte geben auch ihnen die Möglichkeit, rechtzeitig die richtigen Weichen zu stellen. Das wird akzeptiert.

Wie beurteilen Sie die Risikolage auf Sparkassenebene allgemein? Haben Sie losgelöst vom eigenen Haus Sorge um die Haftungsgrundlagen in der Sparkassenorganisation?

Im laufenden Jahr werden alle Bankgruppen erfahren, dass die mittelständische Firmenkundschaft einem Abschwung ausgesetzt ist, den wir so noch nicht erlebt haben. Dieser trifft den Großraum Stuttgart als traditionell exportgeneigte und stark im Automobilbereich verankerte Region ganz besonders. Auf der anderen Seite ist die Sparkassenorganisation mit ihren Früherkennungssystemen auf diese Herausforderungen besonders gut eingestellt. Mit den verfeinerten Instrumenten der Risikoanalyse gelingt es auch in solchen Phasen extremer Belastungen, ein insgesamt zufriedenstellendes Ergebnis zu erwirtschaften. Nach allen bisherigen Erkenntnissen wird die

Sparkassenorganisation die besonderen Belastungen des Firmenkundengeschäftes zwar spüren, aber sie kann damit auch umgehen und wird sie bewältigen. Die Sparkassen sind auf zwei nicht ganz einfache Jahre 2009 und 2010 eingestellt, sie haben die Kraft und die Steuerungsmechanismen, um mit diesen Herausforderungen fertig zu werden.

Muss die Schieflage der Sparkasse Köln/Bonn Sie und Ihre Sparkassenkollegen nicht umtreiben? Oder liegt das für die Sparkassen in Baden-Württemberg weit weg in einem anderen Verbandsgebiet?

Eine der guten Errungenschaften der deutschen Sparkassenorganisation ist die solidarische Haftung aller Institute. Rund 440 Sparkassen stehen füreinander und für die Solidität und die Bonität der Gruppe. Das hat sich in der Vergangenheit bewährt, als es die verschiedensten Schwierigkeiten in der Branche gab, und es wird auch in Zukunft positive Wirkung haben, sprich für die Kunden Sicherheit und Vertrauen bedeuten.

Wie geht man in der S-Finanzgruppe allgemein mit Schieflagen oder schwierigen Fällen von Schwesterinstituten um? Wie behandelt man sie im Kollegenkreis?

Alle Regionalverbände haben Gremien, die sich fortlaufend intensiv mit der Risikosituation ihrer Mitgliedsinstitute beschäftigen. Sie steigen dabei in der Betrachtungsweise sehr tief ein. Ähnlich wie bei den Frühwarnsystemen für das Kreditgeschäft gibt es dabei überall Regularien, um mit gefährdeten Sparkassen in Kontakt zu treten. Dies erfolgt zeitnah und ist mit einem Rat zur strategischen Aufstellung verbunden. Auf dieses gut eingespielte Verfahren kann man sich als Sparkassenvorstand verlassen.

Wie wirkt sich die regionale Wirtschaftsentwicklung mit der schwierigen Lage der Automobilbranche und ihrer Zulieferer auf das Einlagengeschäft Ihres Hauses aus?

Im laufenden Jahr ist bei den Kunden eine Vorsicht in den Anlageentscheidungen zu spüren. Sie legen sich noch kurzfristiger fest und wollen angesichts der Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung Liquidität vorhalten - auch unter Verzicht auf höhere Renditen. Die Anlagefristen werden tendenziell kürzer und das Volumen langfristiger Einlagen geringer.

Wo sehen Sie zurzeit überhaupt noch Wachstumsfelder für Ihr Haus beziehungsweise für den Sparkassensektor insgesamt?

Die Kreissparkasse Ludwigsburg hat einige Entwicklungslinien formuliert, in denen sie deutliche Wachstumschancen sieht. Das gilt beispielsweise für den Vermögensaufbau und die Vermögensverwaltung. Wir leben hier in einer Region, die insgesamt prosperiert und zu ordentlichen Entwicklungen im Privat- und Firmenkundenbereich führt. An dieser Stelle kann unser Haus in Zukunft sicher eine größere Rolle spielen als bisher und Akzente setzen. Das ist ein erstes ausbaufähiges Kerngeschäftsfeld.

Zweitens ist das Thema der Risikoabsicherung wichtig für uns. Wir betreiben seit über zehn Jahren eine hauseigene Versicherungsagentur, die uns sehr viel Freude macht. Die Absicherung von Risiken ist eine Dienstleistung, die die Kunden gerade in der jetzigen Phase der wirtschaftlichen Entwicklung von uns erwarten. Wir haben dafür schon gute Experten im Hause, auch im Filialgeschäft. Aber hier können wir sicher noch etwas bewegen.

Und ein dritter Wachstumsbereich ist die mittelständische Unternehmung, die in unserem Geschäftsgebiet traditionell eine besondere Rolle spielt. Nicht zu allen Unternehmerfamilien/Unternehmerkunden

haben wir schon die Verbindung, die wir uns wünschen, und sehen somit durchaus noch Potenzial. Wir haben uns beispielsweise in den vergangenen zwei Jahren noch einmal ganz besonders für das kleinteilige Gewerbekundengeschäft fit gemacht, weil wir spüren, dass wir für diese spezielle Bedürfnisberatung noch nicht gut genug aufgestellt sind. Dieses Geschäftsfeld wollen wir künftig noch ausbauen.

Welche Bedeutung hat für Ihr Haus der S-Finanzcheck? Allem optischen Eindruck nach wird dieses Instrument in Ihrer Zentrale derzeit besonders stark forciert.

Auch wenn der Finanzcheck derzeit stark sichtbar beworben wird, gehört das Instrument der ganzheitlichen Kundenberatung schon seit vielen Jahren zu unseren besonderen Anliegen. Der Ansatz hat sich zuletzt aber noch einmal sehr positiv verändert, weil er heute mit einer wesentlich verbesserten IT-Unterstützung angeboten werden kann. Die Möglichkeit, dem Kunden im Beratungsgespräch ganzheitlich seine Chancen sichtbar zu machen, bietet eine typische Win-Win-Situation. Sie wird einem echten Kundenbedürfnis gerecht, und die Sparkassen haben die große Chance, diese Entwicklung konstruktiv zu begleiten.

Das Konzept ist ja nicht neu. Hat es allein durch die Technik erst heute den Schwung bekommen, der eigentlich schon vor Jahren hätte kommen können?

In der Tat wird die neue Dimension wesentlich durch die stringente IT-Unterstützung durch die Finanz-IT ermöglicht. Unser Dienstleister macht wirklich gute Angebote, wie sich eine Sparkasse in der ganzheitlichen Beratung darstellen kann. Parallel dazu gibt es in den Sparkassenakademien sehr konzentrierte Schulungsangebote für das fachliche Training der Mitarbeiter. Und nicht zuletzt haben wir im Controlling-Bereich inzwischen auch Messinstrumente, die den Finanzcheck noch besser zum Einsatz kommen lassen.

Welche konkreten Auswirkungen hat die Neujustierung der Sparkassenstrategie, wie sie Anfang des Jahres 2009 von den DSGV-Gremien beschlossen worden ist, auf Ihr Haus?

Die Beschlüsse zur strategischen Ausrichtung der Sparkassen unterstreichen noch einmal die besondere Geschäftsstrategie der Sparkassen - nämlich mit den Kunden vor Ort eine Nähe zu praktizieren, die ihresgleichen sucht. Und in Abgrenzung zu rein erwerbswirtschaftlichen Geschäftsmodellen anderer Banken verfolgen Sparkassen das Ziel, den öffentlichen Auftrag zu erfüllen. In unserem Haus haben wir deshalb diese DSGV-Beschlüsse zum Anlass genommen, die strategische Steuerung zu überarbeiten, um die Schwerpunkte noch einmal zu diskutieren und Kundennähe und öffentlichen Auftrag genau zu definieren.

Wer ist Ihr größter Wettbewerber am Markt? Die Genossenschaftsbanken?

Wenn man die eigenständigen Genossenschaftsbanken in unserem Geschäftsgebiet addiert, trifft das sicherlich zu. Auf dem zweiten Platz folgt dann schon die Baden-Württembergische Bank.

Das führt nahtlos zum Thema Landesbanken: Wie dringlich ist aus Ihrer Sicht eine Konsolidierung? Welche Chancen räumen Sie ihr derzeit ein? Und wie beurteilen Sie nach den Entwicklungen rund um die LBBW, die Bayern-LB, die WestLB und die HSH Nordbank die ursprüngliche Beschlusslage auf Sparkassenebene in Richtung auf eine Verdichtung auf drei Landesbankblöcke? Die Konsolidierung der Landesbanken ist und bleibt eine ganz wichtige Aufgabe, der sich die

Sparkassenorganisation zwingend stellen muss. Und wie die Beschlusslage in den Gremien zeigt, tut sie das auch. Dabei spielt die Sparkassenseite in den Entscheidungen sicher eine wichtige, aber nicht die alleinige Rolle. Denn sie ist auf Abstimmung mit der Landespolitik und den Landesbanken selbst angewiesen. Diese Bemühungen sollten nicht nachlassen.

Müssen Sie eine zu starke Einmischung der Bundespolitik in die Landesbankenkonsolidierung befürchten? Wer sollte die Dinge in die Hand nehmen?

Die Verantwortung für die Konsolidierung liegt bei verschiedenen Partnern, sprich bei allen Eigentümern. Die Bundespolitik darf man hier ebenfalls nicht außer Acht lassen. Die Diskussion und schließlich die Regelungen um das Bad-Bank-Konzept offenbaren hier noch erheblichen Diskussionsbedarf, um ausgewogene Bedingungen für alle herzustellen. Eine nun sichtbare klare Benachteiligung von Sparkassen gegenüber Aktionären durch die Bundespolitik kann ich nicht verstehen. Das ist nicht akzeptabel.

Sind Sie mit der Arbeit des DSGV zufrieden? Welche dringlichen Aufgaben sehen Sie für den Spitzenverband in naher Zukunft?

Der DSGV hat unter seinem Präsidenten Heinrich Haasis in ganz schwieriger Zeit hervorragend die Situation der Sparkassen als Hort der Stabilität deutlich herausgestellt. Die Politik signalisiert gegenüber dem DSGV-Präsidenten viel Vertrauen und Wertschätzung. Wir alle sind aufgefordert, in unserer Öffentlichkeitsarbeit nicht nachzulassen, die besondere Stellung der

Sparkassenorganisation immer wieder herauszuarbeiten und für die richtigen Schlussfolgerungen zu werben.

Wie beurteilen Sie die Aktivitäten des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg in den Zeiten der Finanzkrise?

Die vergangenen zwei Jahre waren auch für den Sparkassenverband Baden-Württemberg eine Zeit mit vielen Herausforderungen. Der Verband und sein Präsident Peter Schneider haben dabei immer wieder in vielen Vorträgen und Veranstaltungen klargemacht, wofür die Sparkassen stehen.

In der Öffentlichkeit wurde das Geschäftsmodell Sparkasse verankert, und auch in der Landespolitik wurde klargestellt, dass unabhängige Sparkassen unverzichtbar sind, um den Wohlstand in Baden-Württemberg aufrechtzuerhalten oder steigern zu können. Auch durch den Einsatz von Peter Schneider persönlich ist es gelungen, ein Markenzeichen zu setzen und in der Öffentlichkeit zu platzieren.

Welchen Einfluss haben die regionalen Sparkassen in den vergangenen Monaten auf die strategische Neuausrichtung der LBBW ausgeübt? Haben Sie ein breites Meinungsspektrum registriert?

In der baden-württembergischen Sparkassenorganisation wurde sehr intensiv über die Finanzmarktkrise, die Situation der Landesbanken insgesamt und speziell die der LBBW diskutiert. Es wurden Strategien erörtert und Abstimmungsverfahren festgelegt. Und es hat klare Entscheidungen gegeben, die dann auch die Richtung für den Verband gewiesen haben. Das war ein sehr offener Prozess, der klare Beschlusslagen hervorgebracht und der LBBW die strategischen Weichenstellungen für die Zukunft ermöglicht hat.

Zeichnet sich unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden der LBBW wirklich eine nennenswerte strategische Kurskorrektur ab?

Die Landesbank Baden-Württemberg hat aufbauend auf den Gutachten von Unternehmensberatungsgesellschaften und Wirtschaftsprüfern ihren strategischen Ansatz überprüft und mit ihren Eignern abgestimmt. Sie hat die Weichen für die Bewältigung der Risiken gestellt, die unzweifelhaft in der Bank vorhanden waren. Und sie hat die Möglichkeiten ausgelotet, sich für die Zukunft erfolgreich aufstellen zu können. Nun ist die Jahresmitte 2009 sicher zu früh, ein Fazit zu ziehen. Aber so wie in der Bankenlandschaft insgesamt eine Erholungstendenz zu erkennen ist, darf man auch der LBBW bescheinigen, sich sehr gründlich mit dem Management ihrer Risiken beschäftigt und dabei schon erste Erfolge erzielt zu haben. Welche Erwartungen haben die Sparkassen als Miteigner an die strategische Positionierung der Landesbank Berlin?

Die Landesbank Berlin ist von den Sparkassen erworben worden, um die Bundeshauptstadt Berlin nicht zu einer sparkassenfreien Zone werden zu lassen. Insofern gilt es zunächst einmal für die Sparkasse Berlin, sich mit ihrem hervorragenden Geschäftsmodel zu positionieren und wie alle anderen Sparkassen in Deutschland ein ertragreiches Geschäft aufzubauen. Überlegungen, inwieweit die Landesbank Berlin im Rahmen des Konsolidierungsprozesses der Landesbanken eine Rolle spielen kann, stehen sicher in den zuständigen Gremien zur Diskussion, aber zunächst geht der Erfolg der Sparkasse vor.

Welche Gemeinschaftsunternehmen sollten (könnten) dort angesiedelt werden? Wie lange kann man diese Fragen aufschieben?

Die Landesbank Berlin ist erst einmal gefordert, die nicht einfache Geschichte ihres Hauses zu bewältigen und die Erträge zu generieren, die die Organisation von ihr erwartet. Sollte es im Rahmen der deutschen Sparkassenorganisation neue Aufgaben geben, etwa Entwicklungen zur Bildung von Kompetenzschwerpunkten, dann bietet sich dafür auch die Landesbank Berlin als ein möglicher Stützpunkt an. Aber um solche Kompetenzen abzubilden und weiterzuentwickeln, bedarf es sicher eines gemeinsamen und ganzheitlichen Ansatzes im deutschen Landesbankensystem insgesamt.

Beliebtes Stichwort Großsparkassen und Landesbanken: Haben sich die Gewichte zuletzt eher zur Sparkassenseite verschoben? Brauchen Großsparkassen die Landesbanken weniger als früher?

Die Sparkassen, und zwar auch die großen, brauchen Landesbanken. So gibt es Bereiche, die unser Haus sehr intensiv mit der LBBW bearbeitet, beispielsweise die Wertpapierabwicklung und das Auslandsgeschäft. Insofern besteht in der Sparkassenorganisation unbestritten und durch die Krise unverändert die Überzeugung, dass eine Kooperation und eine Zusammenarbeit mit einer Landesbank unverzichtbar ist.

Aber könnte man diese Aktivitäten nicht gerade im Auslandsgeschäft mit seinen sogenannten Country Desks nicht wesentlich straffen oder zu einer Einheit zusammenlegen? Ist das nicht ein klassisches Feld, auf dem die Sparkassen auf eine einheitliche Landes-banken-Lösung drängen müssten?

Die Plattform Country Desk hat sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Und es ist durchaus ein breites Interesse von Landesbanken an diesem Instrument spürbar. Das könnte in der Tat ein Anstoß sein, die Zusammenarbeit zwischen den Landesbanken in verschiedenen Geschäftsfeldern noch zu intensivieren.

Die in der Sparkassenorganisation verfolgten Gedanken sind ja gerade durch die Erkenntnis geprägt, nicht siebenmal die Felder Zahlungsverkehr, Auslands-, Wertpapiergeschäft und anderes vorzuhalten, sondern eine Fokussierung vorzunehmen, die dann auch von der Ertragsentwicklung zu besseren Ergebnissen beiträgt als bisher.

Die Zusammenarbeit Sparkasse/Landesbank müsste demnach in ihrem Fall nicht unbedingt auf die LB-BW hinauslaufen, sondern Sie könnten sich durchaus vorstellen, in Bereichen wie dem Kredit-Pooling, dem Asset Management oder dem Immobiliengeschäft mit verschiedenen Landesbanken beziehungsweise Kompetenzzentren zusammenzuarbeiten ...?

In der Sparkassenorganisation wird seit Jahren und auch in der Zukunft daran gearbeitet, die Verbundarbeit effizient und für die Sparkassen vorteilhaft zu organisieren. Dass ein Verbund sich mit seiner Leistung besser am Markt aufstellen kann als der Einzelne und sich bei Qualität, Quantität und Preisgestaltung Vorteile erarbeiten kann, ist vom Gedanken her ja bestechend. Das ist allerdings in der Sparkassenorganisation nicht in allen Bereichen gelungen. Aufgabe wird es deshalb sein, die Geschäftsfelder, die in der Gruppe als veränderungsbedürftig angesehen werden, genau zu prüfen und zusammen mit den Landesbanken, S-Versicherern, und Bausparkassen Vorschläge zu machen, wie man zu besseren und effizienteren Strukturen kommen kann.

Stichwort Kapitalmarktgeschäft: Welche Ambitionen hat eine Großsparkasse wie Ihre in diesem Geschäftsfeld? Sind sie aktiver geworden?

Die Kreissparkasse Ludwigsburg ist ein Handelsbuchinstitut mit einem sehr stark entwickelten Arm für das Depot-A-Geschäft. Wir arbeiten mit einem eigenen Management und einer aktiven Steuerung daran, in diesem Feld die gewünschte Substanz zu generieren.

Die LBBW hat immer wieder betont, durch ihren eigenen Retailarm oder das eigene Firmengeschäft besonders gute Einblicke in die Bedürfnisse der Sparkassen zu haben. Empfinden die baden-württembergischen Sparkassen und speziell Ihr Haus das auch so?

Nein! Die Entwicklung von qualitativ hochwertigen und effizienten Produkten und Dienstleistungen einer Landesbank für die Sparkassen ist keineswegs davon abhängig, ob die Landesbank auch selbst in diesen Geschäftsfeldern tätig ist. Um sich auf die Interessen der Kunden und Geschäftspartner im Verbund einzustellen, muss man nicht das gleiche Geschäft ausüben wie diese.

Zumindest öffentlich wurde das Konkurrenzverhältnis zur BW Bank von den Sparkassen zuletzt nur noch sehr spärlich thematisiert. Wieso wird dieses Spannungsverhältnis nicht deutlicher angeprangert?

Die Entwicklung des Retailarms der LBBW hat sich historisch ergeben. Aber die Bewältigung der daraus resultierenden Konflikte ist ebenso wie die Landesbankenkonsolidierung sicher eine der großen Aufgaben in der Sparkassenorganisation. Die Haltung der Sparkassen dazu ist relativ klar. Wir sehen das Subsidiaritätsprinzip als Ausgangspunkt unserer Überlegungen und sind davon überzeugt, dass derjenige den Retailarm zu steuern und zu entwickeln hat, der am nächsten bei den Kunden ist und deren Vertrauen genießt.

Welche Bedeutung hat heute noch der Arbeitskreis der Großsparkassen?

Der Arbeitskreis der Großsparkassen dient grundsätzlich dem Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedshäusern. Und es besteht Einigkeit, dass dies auch so bleiben und das Gremium nicht öffentlichkeitswirksam vermarktet werden soll. Es gibt demnach weder Sprecher noch externe, offizielle Verlautbarungen zu sparkassenpolitischen Themen. Sondern es findet lediglich regelmäßig und sehr traditionell ein Austausch von Benchmarks und Entwicklungen statt.

Dienen die informellen Treffen nicht auch der Bündelung der besonderen Anliegen von Großsparkassen? Gibt es keine nennenswerten Interessenunterschiede zwischen großen und kleinen Sparkassen die offensiv angesprochen und in den Gremien vertreten werden müssen? Im Genossenschaftssektor melden sich die kleinen Institute durchaus mit gebündelter Meinung zu Wort.

Es gehört zu den bemerkenswert guten Ergebnissen der Arbeit der regionalen Sparkassen- und Giroverbände, einen sehr intensiven Austausch zwischen den Sparkassen der jeweiligen Region zu pflegen. Es gibt ihn in kleinteiligen Bezirken, in Konferenzen der Verwaltungsratsvorsitzenden, der Vorstände und der Träger. Und er umfasst vielfältige fachbezogene Arbeitskreise. Damit gelingt es in der Sparkassenorganisation sehr gut, den notwendigen Interessenausgleich zwischen kleineren und größeren Sparkassen herbeizuführen.

Dass die Entwicklung in der Sparkassen- und Genossenschaftsorganisation unterschiedlich wahrgenommen wird, mag mit der reinen Zahl an Instituten zu tun haben. Die Interessen von derzeit rund 438 Sparkassen - die zudem in ihren Größenordnungen vergleichbarer geworden sind - in den einzelnen Regionen zu erfassen und zu kanalisieren ist einfacher als bei 1 200 Genossenschaftsbanken.

Der Erfolg des Interessenausgleichs in unserer Organisation darf gleichwohl der Struktur und der Arbeit der regionalen Sparkassen- und Giroverbände zugeschrieben werden. Die Sparkassen haben ihre Unverzichtbarkeit gerade in jüngster Zeit nachhaltig unter Beweis gestellt und spielen gesellschaftspolitisch in der Daseinsvorsorge eine besondere Rolle.

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