Interview

Redaktionsgespräch mit Werner Böhnke - "Wer Veränderung will, muss bereit sein, sich auch selbst zu verändern."

Die WGZ Bank ist 125 Jahre geworden, und außerhalb der Bank hat es niemand gemerkt. Wieso hat sich Ihr Haus bei den Feierlichkeiten vergleichsweise stark zurückgenommen?

Die Feierlichkeiten zum 125. Geburtstag der WGZ Bank waren von Anfang an zurückhaltend geplant. Das hat schlicht und einfach mit der (Finanz-)Welt zu tun, in der wir derzeit leben, auch wenn die WGZ Bank alles in allem bislang gut durch die Finanzkrise gekommen ist. Anders als im Jahre 1984, als die Bank ihren 100. Geburtstag mit einer Großveranstaltung in Münster gefeiert hat, sind wir diesmal zu der Auffassung gekommen, dass ein solches Format nicht in die heutige Landschaft passt. Die Gremien haben sich deshalb schon früh dafür ausgesprochen, die Geburtstagsfeier diesmal in kleinerem Rahmen zu halten. Dennoch wollten wir einen besonderen Akzent setzen: Genau am Geburtstag der Bank, am 11. Juli, haben wir das Jubiläum mit der Gründung unserer Stiftung verknüpft. Am 3. September, anlässlich einer Feier in kleinerem Rahmen, wurde diese von der Bezirksregierung anerkannt. Die Schaffung von etwas Bleibendem war sozusagen unser Jubiläumsgeschenk.

Wie ist die Stiftung ausgestattet, und welcher Stiftungszweck ist festgelegt? Die Stiftung ist mit fünf Millionen Euro dotiert, und sie hat sich auf der Grundlage der Prinzipien der genossenschaftlichen Idee der Förderung der wirtschaftlichen und gesellschafts politischen Bildung verschrieben. Insbesondere die wirtschaftliche Vorbildung in Schulen sowie die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Wirtschaftswissenschaften sollen unterstützt und gefördert werden.

Ist mit Blick auf die 125-jährige Geschichte der WGZ Bank aus Ihrer Sicht eine besondere Unternehmenskultur gewachsen?

Es ist der WGZ Bank gut gelungen, deutlich zu machen, wofür das Unternehmen steht. Die Bank hat zu dienen, und dazu stellt sie sich kundenorientiert auf. Dieses Grundverständnis ist auf allen Ebenen verankert. Meine Standardfrage an die Mitarbeiter lautet: Was ist der Unternehmenszweck? Und die Antwort: Unsere Kunden und Anteilseigner erfolgreich machen, auf dass die WGZ Bank erfolgreich ist und auf Dauer bleibt. Man muss die Kundenorientierung Tag für Tag in allen ihren Ausprägungen leben. Das ist ein entscheidender Aspekt unserer Unternehmensführung. Er führt in der Folge zu wachsendem Vertrauen untereinander, zu Geschlossenheit und zu einem ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühl.

Was ist das besondere an dem Verhältnis der WGZ Bank zu ihren

Mitgliedsinstituten? Beim Blick auf beide großen Verbünde hat man den Eindruck, die WGZ Bank hat beziehungsweise nimmt sich bei der strategischen Positionierung und Umsetzung der Strategie viel weniger Freiheiten als andere Zentralinstitute.

Die entscheidende Frage lautet: Wie schafft man es, die Basis einzubinden und mitzunehmen? Wir müssen immer sehr sorgfältig darauf achten, unsere Partner, Kunden und Eigentümer nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen, sondern wir müssen alle Aufgaben und Herausforderungen stets von unserem Grundauftrag her angehen. Die WGZ Bank ist der subsidiäre Dienstleister der Volks- und Raiffeisenbanken. Die Primärbanken haben der Bank Eigenkapital zur Verfügung gestellt, auf dass diese ihnen zu Diensten ist. Wenn man jemandem zu Diensten sein will, sollte man sich ständig dafür interessieren, was seine Erwartungen sind und das dann in die eigene Arbeit aufnehmen. Diese Art der lebendigen Interaktion kostet zwar hier und da viel Zeit, aber sie ist wichtig für die von allen Beteiligten angestrebte Akzeptanz. Deshalb führen wir diesen Prozess der Meinungsbildung und Meinungsfindung sehr intensiv. Das hat sich für beide Seiten bewährt.

Sie haben es erwähnt, das 125. Geschäftsjahr war für die WGZ Bank mit ganz wichtigen Entscheidungen verbunden. Wie haben Sie das alles persönlich erlebt?

Noch ist 2009 ja nicht zu Ende. Aber auch in der Rückschau auf neun Monate darf man gewiss schon von bewegten Zeiten sprechen. Persönlich kann ich mich freilich mit Blick auf meine 40 Jahre in dieser Organisation an kein einziges Jahr erinnern, in dem wir keine Bewegung hatten. Es gab immer wieder neue herausfordernde Themen.

2009 wird allerdings rückblickend sicher als ein weiteres Jahr gelten, das auch für die WGZ Bank mit besonders großen Herausforderungen verbunden war. So haben wir - der IFRS-Rechnungslegung geschuldet - im Konzern für das Berichtsjahr 2008 zum ersten Mal einen Jahresfehlbetrag ausweisen müssen. In der gleichen Rechnungslegung haben wir dann zum 30. Juni 2009 eine beträchtliche Gegenbewegung gesehen, sprich einen annähernd gleich hohen Halbjahresüberschuss ausgewiesen. Das hat uns gefreut, aber wir sind für 2009 und auch für 2010 weiter auf erhebliche Herausforderungen eingestellt. Die Krise ist noch nicht vorüber.

Und dann war da noch die erneut angepeilte und dann doch wieder geplatzte Fusion mit der DZ Bank. Wie haben Sie im eigenen Umfeld den Widerstand Ihrer Gremien und das letztlich doch überraschende Scheitern erlebt? Haben Sie die Befindlichkeiten Ihrer Platzbanken falsch eingeschätzt?

Nein, keineswegs! Wir haben das Thema seit September vergangenen Jahres stets sehr exakt behandelt. Bis in die Frühjahrskonferenzen hinein waren wir intensiv mit den Mitgliedsbanken im Dialog und haben all die Szenarien und neuen Sachlagen vermittelt, die nicht zuletzt in Folge der Lehman-Insolvenz aufgetreten und teilweise auch in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind.

Aber es blieb das große Restrisiko durch die Phänomene einer Finanzmarktkrise, die wir in dieser Schärfe noch nie gesehen haben. Wir standen schlicht und einfach vor der Situation, dass es für ganze Assetklassen keine Marktwerte mehr gab. Wenn der Wirtschaftsprüfer sagt, der bilanzielle Ansatz zum Stichtag ist vertretbar, hat das nichts mit dem künftigen Wert der Assets zu tun. Ein einmal gefundenes Bewertungsverhältnis hingegen ist irreparabel. Deshalb sind wir bis zum Schluss konstruktiv geblieben und haben gesagt: Lassen wir diese Positionen, mit deren Bewertung wir uns so schwer tun, bei den Alteigentümern, um die gemeinsame Zukunft von individuell eingegangenen Risiken zu entlasten, und zwar für beide Seiten. Durch dieses Nadelöhr sind wir in den Verhandlungen bedauerlicherweise nicht gekommen.

Hätten Sie im Blick zurück gleichwohl in Sachen Fusion mit der DZ Bank Dinge anders gemacht?

Dass wir bei ganz spezifischen Portfolios nicht zu der Vereinbarung gefunden haben, möglicherweise in Zukunft auftretende Belastungen bei den Alteigentümern zu belassen, bedauere ich. Die letzten Monate zeigen aber auch, wie gut beide Banken dennoch mittlerweile zusammenarbeiten.

Welche Art von Reaktionen aus dem Genossenschaftslager haben Sie nach dem Scheitern der DZ-WGZ-Fusion am 1. April erreicht? Gab es wenigstens ein paar aufgeregte emotionale Unmutsbekundungen zum Scheitern? Es ist erstaunlich wenig nach außen gedrungen ...

Wir haben uns mit den Frankfurter Kollegen darauf verständigt, nach vorne zu schauen - also kein Blick zurück, und im Zorn schon gar nicht. In unserem Eigentümerkreis blicken wir auf ein breites Verständnis, für das Umfeld der DZ Bank kann ich das nicht beurteilen. Alle verantwortlichen Akteure und Entscheidungsträger so ist es ja auch einvernehmlich kommuniziert worden - standen vor Phänomenen einer nie da gewesenen Finanzmarktkrise. Alle waren sich einig, jetzt gemeinsam Dinge auf den Weg zu bringen, die ohnehin notwendig sind. Und alle haben sich auch daran gehalten. Dafür bin ich dankbar. In dem halben Jahr nach der Entscheidung hatten und haben wir eine gute Stimmung und eine gute Situation in der Gruppe mit konzentriertem Blick nach vorn. Das zeigen auch die Kooperationen zwischen beiden Häusern, mit denen wir viel erreichen.

Als DZ Bank und WGZ Bank verkündet haben, trotz Scheitern der Fusion ihre gute bisherige Zusammenarbeit weiter ausbauen und wichtige Projekte realisieren zu wollen, klang das nach einer bemühten Floskel für solche Fälle. Mit der Personalie Thomas Ullrich wird das relativiert.

Welche Auswirkungen hat dessen momentane Doppelfunktion als IT-Vorstand beider Häuser für die genossenschaftliche Gruppe? Welche Projekte werden jetzt gemeinsam vorangetrieben?

Beide Institute haben ein Interesse daran, Kosten und Investitionen für dringlich anstehende Projekte zu teilen. Beide versuchen sich in möglichst einheitlichen IT-Welten zu bewegen. Das größte diesbezügliche Projekt ist zurzeit "Geno-Sys-WP", eine gemeinsame Wertpapierabwicklung für die Organisation. Dieses Vorhaben ist in enger Zusammenarbeit der beiden Zentralbanken mit den übrigen Verbundadressen federführend bei Thomas Ullrich angesiedelt (siehe dazu Beitrag Ullrich in diesem Heft - Red.). Weitere gemeinsame Maßnahmen im Zahlungsverkehr und in der Marktfolge Kredit werden angegangen. Und beide Häuser haben sich vorgenommen, von einander zu lernen und für die bessere Lösung offen zu sein. Niemand klebt an seinen Verfahren. Wir haben die ausdrückliche Zielsetzung, die Harmonisierung der IT in einem von Partnerschaft und Vertrauen getragenen Geist voranzutragen.

Und diesen Geist spüren Sie wirklich schon wieder?

Ja, das spüren wir auf Vorstandsebene, auf Ebene der Führungskräfte und das spüren auch die Mitarbeiter in beiden Häusern. Sie gehen konstruktiv miteinander um, weil sie wissen, dass es von der Führung beider Zentralbanken dringlich erwünscht ist, in den Themen IT, Organisation, Prozesse, Verfahren eng miteinander zu arbeiten. Denn letztlich - und das ist die zentrale Zielsetzung - nützt das den Volks- und Raiffeisenbanken.

Gerade die Umstellung von Technik mit all den Problemen der Migration funktioniert nur, wenn auf allen Ebenen ein Grundverständnis für die Dauer solcher Prozesse da ist. Ist das so plötzlich gewachsen?

Diese Vermutung in all ihren Konsequenzen zu bestätigen, wäre heute noch zu früh. Solche Einsichten müssen reifen, und die Bereitschaft dafür kann erst allmählich geweckt werden. Aber allein die Tatsache, dass diese Themen jetzt personell in einer Hand liegen, zielt klar in diese Richtung. Sie führt dazu, dass falsch verstandene, konkurrierende Überlegungen unterbleiben. Wenn der Blick souverän darauf gerichtet wird, was für beide Seiten das beste ist und weder WGZ noch DZ Bank an einem System festhalten, nur weil sie es entwickelt haben, dann ist das ein ganz gewaltiger Schritt nach vorne. Wer der Veränderung das Wort redet, muss Bereitschaft zeigen, sich auch selbst zu verändern.

Wird diese Ausrichtung auch anhalten, wenn die Zeit der personellen Überschneidung beim IT-Vorstand in einem halben Jahr vorbei ist?

Der Geist der Zusammenarbeit wird erhalten bleiben. Davon bin ich fest überzeugt. Dafür ist natürlich nicht nur Thomas Ullrich der Garant.

Den gemeinsamen Antritt bei VR Circle haben wir bereits an dieser Stelle dargestellt (siehe Kreditwesen 19-2009).

Welche anderen gemeinsamen Projekte zwischen DZ und WGZ laufen noch?

Zu nennen ist insbesondere die gemeinsame Arbeit im Private Banking. Beide Zentralbanken verstehen dieses Geschäftsfeld als eine subsidiäre Aufgabe. Denn für das Privatkundengeschäft sind die Volks- und Raiffeisenbaken zuständig. Die WGZ Bank hat in diesem Segment seit vielen Jahren ein Leistungsbündel entwickelt, mit dem sie ihren Geschäftsbanken im gehobenen Privatkundengeschäft zur Verfügung steht. Diese Lösung wollen wir nun gemeinsam mit der DZ Bank Schritt für Schritt bundesweit anbieten. Es beginnt die Phase der Vorstellung bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken, im Übrigen auch in enger Abstimmung mit dem BVR.

Welche Rolle spielen dabei die DZ Bank International oder DZ Bank Schweiz?

Allgemein geht es darum, die Unterstützung für die Volks- und Raiffeisenbanken im Private Banking zu verbessern. Das ist für die Arbeit der genannten DZ-Bank-Töchter, zu denen auch die Einheit in Singapur gehört, nur nützlich. Auch diese Einheiten sind damit natürlich in das Projekt eingebunden. Wir wollen den Primärbanken in diesem Segment einen kompetenten Ansprechpartner geben, sie aber selbst entscheiden lassen, ob sie den Support und die Dienstleistung einsetzen oder nicht.

Kann die WL Bank vernünftig allein existieren?

Man muss selbstverständlich prüfen, ob die WL Bank nicht nur in der Gegenwart, sondern noch viel wichtiger auch perspektivisch erfolgreich sein kann. Und da sind wir sehr zuversichtlich. Denn wir haben schon vor Jahren dafür Sorge getragen, dass deren IT-Welt die gleiche ist wie die der Volks- und Raiffeisenbanken in unserem Geschäftsgebiet. Das war ein strategisch wichtiger und wertvoller Schritt. Die WL Bank ist damit speziell im Retailgeschäft gut unterwegs und findet eine hohe Akzeptanz. Und ein erfolgreiches Unternehmen sollte man laufen lassen.

Stichwort Kapitalerhöhung erst einmal bei der WGZ Bank: Wie ist der Stand der Dinge und wozu brauchen Sie überhaupt die Kapitalmaßnahme in dieser Höhe?

Wir haben aus einem zurückliegenden HV-Beschluss noch genehmigtes Kapital in Höhe von rund 54 Millionen Euro. Das wollen wir jetzt unseren Mitgliedsbanken anbieten. Mit den Offerten sind wir draußen. Im Moment läuft der Dialog mit den Volks- und Raiffeisenbanken. Wir beraten diese bei der Gestaltung, weil wir das Angebot mit der Möglichkeit verbunden haben, zu günstigen Konditionen auch Nachrangkapital zu zeichnen. Ich bin dankbar für die wohlwollende Begleitung unserer Eigentümer.

Die WGZ Bank will sich damit rechtzeitig aufstellen und auf alle möglichen Marktentwicklungen vorbereitet sein. Wenn wir diese Kapitalerhöhung durchgeführt haben, wird unsere Kernkapitalquote in der Gruppe über 9,5 Prozent liegen.

Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Kapitalerhöhung bei der DZ Bank?

Wir nehmen an der Kapitalerhöhung teil, ohne es an irgendwelche Bedingungen zu knüpfen. Inzwischen liegt bekanntlich das positive Votum unseres Aufsichtsrates vor.

Aber an größeren Anteilen an der R+V haben Sie dennoch weiter Interesse? Wieso?

Ja, wir würden unseren Anteil an der R+V von derzeit 15,7 Prozent gerne auf den Umsatzanteil unserer Volks- und Raiffeisenbanken an dem Versicherer aufstocken, der zwischen 23 und 24 Prozent liegt. Damit wollen wir einem seit Langem geäußerten Wunsch unserer Mitgliedsbanken nachkommen - und zwar gerade auch deshalb, weil wir damit zugleich zu einer weiteren Eigenkapitalentlastung der DZ Bank beitragen wollen. Wir sind dazu in konstruktiven Gesprächen.

Und wie sind die relevanten Quoten zu berechnen? Sicher doch unter Einbeziehung des WGZ-Anteils an der DZ Bank?

Durchgerechnet, das klingt für den Betrachter zunächst sehr charmant, um ernsthaft zu widersprechen. Aber dann bitte ich doch auch darum, sehr genau die Dividenden zu berücksichtigen, die zwischen den Beteiligten fließen.

Wie stehen Sie zu den Entscheidungen Ihrer Organisation zur Reform der BVR-Sicherungseinrichtung?

Das ist ein wichtiges Signal in die Gruppe und auch nach außen. Wenn es darauf ankommt, zeigt der Genossenschaftssektor Geschlossenheit und Stärke und nimmt als eine der ersten Bankengruppen Beobachtungen und Folgen der Finanzmarktkrise in seine künftige Ausrichtung auf. Man muss dem BVR in dieser Angelegenheit ein großes Kompliment für die sachliche und inhaltliche Arbeit machen. Ein positives Abstimmungsergebnis von über 98 Prozent hat es in solchen Fragen seit geraumer Zeit nicht mehr gegeben. Der hohe Grad an Zustimmung ist Anerkennung für die intensive Meinungs- und Willensbildung in den Monaten vor der Abstimmung. Das hat zu dieser breiten Akzeptanz verholfen.

Was bedeutet die Entscheidung für die WGZ Bank? Welche finanziellen Mehrbelastungen sind absehbar? Gibt es belastbare Beispielrechnungen?

Konkret haben wir beschlossen, dass Assetklassen, die bisher nicht als relevant galten, künftig in die Berechnung des Beitrages für die gruppeneigene Sicherungseinrichtung mit eingehen sollten, weil die Finanzmarktkrise gezeigt hat, dass Wertpapiere keineswegs risikolose Positionen sind. Das ist eine konsequente Gedankenführung und Umsetzung. Für die WGZ Bank führt das aber in der Tat zu Mehrbelastungen, weil wir als Liquiditätsspeicher der Volks- und Raiffeisenbanken natürlich ein Wertpapierportfolio haben, auf das wir künftig Beiträge zur Sicherungseinrichtung zahlen müssen. Aber das ist in Ordnung, weil auch die genossenschaftliche Bankengruppe erkennen musste, dass Wertpapierpositionen besondere Risikopositionen enthalten. Es ist richtig und wichtig, dass der BVR das Projekt erfolgreich auf den Weg gebracht hat.

Mit Zahlen möchte ich hier allerdings nicht operieren, weil die Belastung von Jahr zu Jahr unterschiedlich ist und es beispielsweise auf die Struktur der Papiere zum Jahresende und auf die Beitragsentwicklung ankommt. Bei den Kalkulationen werden wir aber künftig zu berücksichtigen haben, dass Wertpapierpositionen auch bei der Bemessung des Beitrags an die Sicherungseinrichtung eine Rolle spielen. Wir selbst werden unsere Dispositionen unverändert vor dem Hintergrund der Risikotragfähigkeit des Unternehmens und unserem Anspruch an die Risikodiversifizierung treffen, und nicht primär unter dem Aspekt der Kosten bei der Sicherungseinrichtung.

Wie weit sind in der WGZ Bank die erwarteten Wertaufholungen im Wertpapierbestand mittlerweile realisiert? Und mit welchen Risiken im Firmenkundengeschäft kalkulieren Sie für das laufende Jahr und für 2010?

Wir bleiben in beiden Aspekten vorsichtig in unserer Einschätzung. Denn wir haben eine Wirtschafts- und Finanzsituation, die wir alle so noch nicht erlebt haben. Alle Akteure tun sich enorm schwer, die zukünftige Entwicklung zu prognostizieren. Mit Blick auf unsere Wertkorrekturen des vergangenen Jahres in der IFRS-Welt sehe ich dennoch eher weitere Wertaufholungen. Ob die sich noch in diesem Jahr zeigen, vermag ich aber nicht abzuschätzen. Festzuhalten bleibt, dass unser operatives Geschäft unverändert gut läuft.

Hinsichtlich der Risikolage im Firmenkundengeschäft ist nach den Erfahrungen aus anderen Abschwungphasen mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung auch ein

Anstieg der Risikoanforderungen im klassischen Kreditgeschäft zu erwarten. Auch deshalb sorgen wir schon jetzt vor und planen entsprechend. Wir haben Budgets formatiert, die noch nicht belegt sind, anders formuliert, wir haben mit einem vorsichtigen Bewertungsansatz einen gewissen Puffer gelegt. Das war immer die Bilanzpolitik der WGZ Bank.

Wie ist die Arbeitsteilung der WGZ Bank mit dem Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverband? Kommt man sich nicht ins Gehege? Wird die Trennlinie ständig neu festgelegt oder ist das historisch gewachsen?

Es gibt den klaren Wunsch der Primärbankstufe an uns: Wir sind in all den marktorientierten Themen der Begleiter und Unterstützer der Volks- und Raiffeisenbanken. In diese Rolle sind wir über Jahrzehnte hineingewachsen. Ich sehe die Zusammenarbeit in anderen Regionen etwas anders austariert, aber hier hat sie sich sehr gut bewährt und stößt auf die volle Akzeptanz der Primärstufe. Kundenthemen und Markt sind in erster Linie Aufgabe der WGZ zusammen mit ihren Primärinstituten. An dieser Stelle gibt es keinen Dissens mit dem Regionalverband.

Welche Dienstleistungen für Ihre Primärbanken sind der WGZ Bank derzeit besonders wichtig?

Im Augenblick forcieren wir das Thema Service Center, sprich wir möchten Volks- und Raiffeisenbanken von Backoffice-Tätigkeiten entlasten. Wir sind dazu auch in Gesprächen mit der DZ Bank. Gemeinsam wollen wir die Dinge auf den Weg bringen, aber immer in der Rolle des subsidiären Offertengebers und nicht im Sinne einer übergeordneten Instanz, die vorgibt, wie die Dinge zu machen sind.

Ist die GAD in dieses Projekt eingebunden?

Ja, ganz fest, weil das Ganze immer technisch und organisatorisch flankiert sein muss. Verstehen Sie Ihr Service Center als Konkurrenzprodukt zu dem ähnlich klingenden Projekt der Fiducia mit der Berliner Volksbank?

Es steht die gleiche Zielsetzung dahinter. Wir wollen prüfen, ob wir an dieser Stelle Schritt für Schritt zu einem Gesamtkonzept finden, das wir dann auch bundesweit unter Begleitung des BVR in einer gewissen Einheitlichkeit anbieten.

Wie sind Sie bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Wirtschaft und damit indirekt auch der Geschäftsgrundlagen für die Banken gestimmt? Herrscht immer noch der Pessimismus vor, wie er bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen herauszuhören war?

Als Pessimist will ich an dieser Stelle keineswegs erscheinen. Denn wir haben offenkundig Mittel und Wege gefunden, mit der Krise umzugehen. Sie ist aber noch nicht vorbei. Wer sich die Lage der Wirtschaft insgesamt über alle Branchen hinweg anschaut, der kann die Wirkungen nicht ausblenden. Der Einbruch der Exporte von einem Viertel und bekannt werdende Umsatzrückgänge von 20, 30, 40 oder gar über 60 Prozent werden in diesem und im kommenden Jahr noch Auswirkungen zeigen. Also ist es klug, Realist zu bleiben und zu sein, und nicht die euphorischen Stimmungen zu teilen, die gelegentlich schon wieder zu hören sind. Aber man darf auch keinen zusätzlichen Pessimismus in die Wirtschaft hineintragen. Bewusst eine schlechte Stimmung zu verbreiten, würde es der Wirtschaft zusätzlich erschweren, sich wieder zu erholen. Unternehmenslenker sind über alle Branchen hinweg aufgerufen, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein.

Heißt das für Ihr Firmenkundengeschäft eher Defensive?

Nein, nicht generell, man darf nicht verkennen, dass die Unternehmen vergleichsweise gut aufgestellt in die Krise gegangen sind und viele sich durch flexible Reaktionen auch vergleichsweise gut behaupten. Gerade für uns als solides und kundenorientiertes Unternehmen bieten sich Chancen. Wir freuen uns, Kontakt zu Unternehmen knüpfen zu können, die wir schon lange zu unseren Wunschadressen zählen. Für uns gilt es, in solchen Fällen wie auch bei den Verbindungen im Bestand, sehr genau hinzuschauen. Aber gerade über unsere Firmenkundenmannschaft höre ich im Markt viele anerkennende Bemerkungen.

Wie sehen Sie die genossenschaftliche Gruppe insgesamt im Herbst 2009 aufgestellt, und was sind derzeit die größten Herausforderungen?

Insgesamt ist die Gruppe gut aufgestellt. Sie zeigt sich ausgangs des Jahres 2009 geschlossen und konzentriert. Sie erkennt Marktchancen, die sich gerade in Krisenzeiten ergeben. Und es stellt sich in einer erfreulichen Breite das Bewusstsein ein, diese Chancen auch entschlossen nutzen zu wollen. Die Mitgliederversammlung des BVR ist insoweit auch als ein Zeichen zu sehen.

Wir haben gute Chancen, auch in anspruchsvollen Marktsituationen unseren Erfolg zu generieren. Es geht uns dabei zwar auch ums Verdienen, aber in erster Linie um das Dienen. Das als den prägenden Geist der Gruppe erlebbar zu machen, ist die große strategische Aufgabe.

Und Brüssel lässt Sie dabei in Ruhe? Wie bewerten Sie die Äußerungen von Neelie Kroes zur deutschen Bankenstruktur? Kann man die aus Ihrer Sicht so stehen lassen. Oder muss die Genossenschaftsorganisation gegenüber Brüssel klarer Position beziehen?

Die Bemerkungen aus Brüssel sind in der Tat höchst ärgerlich. Warum schaut man beim Stichwort "Drei-Säulen" nicht genauer hin? Diese Finanzkrise zeigt doch, dass es gerade in Deutschland falsch ist, von den Banken zu sprechen. Wo bleibt die Differenzierung?

Wenn wir weiterhin den wichtigen Beitrag leisten wollen, mit der dezentralen Aufstellung als berechenbarer und verlässlicher Versorger in regionalen und lokalen Märkten aufzutreten, dann muss man möglicherweise viel stärker artikulieren, wo die Gefahren liegen, wenn man diese Strukturen zerschlägt. 16 Millionen Eigentümer stellen eine Einzigartigkeit dar, die man den Positionen oder gar Angriffen aus Brüssel gelegentlich stärker entgegen halten sollte.

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