Aufsätze

Risikomanagement und Compliance zur Bedeutung der Bonitätsbeurteilung im Firmenkundengeschäft

Sind Beschaffung und Verarbeitung personenbezogener Daten stets nachvollziehbar? Dient die Verwendung dieser Daten dem freigegebenen Zweck? Decken Struktur und Tiefe die notwendigen Anforderungen ab? Diese Fragen müssen sich Unternehmen stellen, die Risiken steuern, erfolgreiche Kreditentscheidungen fällen und gleichzeitig Compliance-konform handeln wollen. Letzteres umfasst sämtliche Maßnahmen für ein rechtmäßiges Verhalten im Sinne aller gesetzlichen Gebote und Verbote. Noch immer fallen bei den meisten Unternehmen jedoch die Kosten für deren Nicht-Einhaltung höher aus als der Aufwand für die konsequente Umsetzung der Compliance*). Doch mit zunehmender Sensibilisierung von Geschäftskunden und Öffentlichkeit werden Compliance- und Antikorruptions-Programme inzwischen als Wettbewerbsvorteil erkannt. Denn risikoorientiertes Compliance Management schützt nicht nur vor Strafen, sondern auch vor Reputationsverlust.

Bonitätsrelevant: Beteiligungen und Entscheidungsträger

Eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung aller genannten Risiken spielen zuverlässige und transparente Wirtschaftsinformationen. Oftmals sind es Hintergrundinformationen über Beteiligungen und Entscheidungsträger, die bei Kreditentscheidungen ausschlaggebend sind. Hierbei zählt nicht die Menge, sondern die Prägnanz der Daten. Komprimierte Informationen und Hintergrunddaten, die sich auf entscheidungsrelevante Fakten und Kennzahlen konzentrieren, bietet etwa die Schufa mit der Kompaktauskunft.

Die Basis bilden Informationen wie Branchenspezifika, Gesellschafter, Bilanzdaten, Zahlungserfahrungen sowie Daten zu Personen der ersten Führungsebene, Aktivität/Beständigkeit und Rechtsform, die zu Kennzahlen wie einem Bonitätsindex verdichtet werden. Dieser unterstützt und ergänzt die unternehmensinternen Erfahrungen und individuellen Einschätzungen von Risiken, etwa bei der Kreditvergabe.

Da die Entscheidungsträger eines Geschäftspartners stark die Geschicke eines Unternehmens prägen, kann seine persönliche Bonität die Solvenz des Unternehmens ebenso positiv wie negativ beeinflussen. Daher sollten bei der Beurteilung von Unternehmen auch Negativmerkmale zu Personen der Führungsebene berücksichtigt werden. Einige Wirtschaftsauskünfte beinhalten diese bereits. Diese Informationen sind umso relevanter je weniger Mitarbeiter ein Unternehmen hat. Denn bei einem kleinen Unternehmen ist die Prägung durch den Geschäftsführer auch im Hinblick auf die Kreditwürdigkeit stärker als etwa bei größeren Unternehmen mit entsprechend komplexeren Entscheiderstrukturen, in denen das finanzielle Unternehmensrisiko auf viele Schultern verteilt ist.

Mit den jüngsten Novellierungen des "Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten" rückt die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weiter in den Fokus des Risikomanagements. Unterschiedliche Wirtschaftsbereiche und Unternehmen sind nun verpflichtet, noch genauer hinter die Kulissen ihrer Vertragspartner zu schauen, um das Risiko zu minimieren. Mit der wachsenden Globalisierung steigt die Gefahr, dass Gewinne aus schweren Straftaten in den Finanzkreislauf eingeschleust, "gewaschen" und legalisiert werden.

Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz/GwG) wurde mit dem Ziel eingeführt, diese Gewinne im Ergebnis aufzuspüren und die Ausbreitung von organisierter Kriminalität und Terrorismus einzudämmen. Auch Unternehmen werden dazu angehalten, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen. 2008 wurden die EU-Vorgaben aus Brüssel in deutsches Recht transferiert. Zum 29. Dezember 2011 und zum 1. März 2012 traten nun wesentliche Neuerungen in Kraft: Unternehmen werden in die Pflicht genommen, die Identität ihrer Geschäftspartner festzustellen, zu überprüfen und zu dokumentieren, wenn sie eine neue Geschäftsbeziehung eingehen, Transaktionen ab 15000 Euro vornehmen, einen Verdacht hegen oder die Identität beziehungsweise Angaben ihres Geschäftspartners anzweifeln.

Vornehmlich betrifft diese Regelung Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, aber beispielsweise auch Versicherungsunternehmen und-mittler, Rechtsanwälte und Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Personen, die gewerblich mit Gütern handeln. Die in allgemeine, vereinfachte und verstärkte Sorgfaltspflichten unterteilten Auflagen unterscheiden sich nach Art des Vertragspartners. Bestehen Geschäftsbeziehungen mit juristischen Personen wie einer GmbH, die durch ihren Geschäftsführer vertreten wird, muss die Identifizierung dieses Vertragspartners gemäß den Allgemeinen Sorgfaltspflichten bereits vor der Begründung der Geschäftsbeziehung oder Durchführung einer Transaktion erfolgen (§ 3 Abs. 1 GwG).

In der Regel wird diese Identifizierung anhand von Informationen und Unterlagen zum Vertragspartner durchgeführt. Festzustellen sind die Firma, der Name oder die Bezeichnung, die Rechtsform, die Registernummer sowie Anschrift und Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen Vertreter. Doch damit nicht genug: Zu den Sorgfaltspflichten zählt darüber hinaus die Feststellung des sogenannten "wirtschaftlich Berechtigten", der natürlichen Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, auf deren Veranlassung eine Transaktion durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung begründet wird.

Zudem kann ein Unternehmen verpflichtet sein, Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung einzuholen sowie abzuklären, ob der Vertragspartner nicht für einen anderen wirtschaftlich Berechtigten handelt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GwG). Die erhobenen Angaben sind aufzuzeichnen und in der Regel fünf Jahre aufzubewahren (§ 8 GwG).

Hinter den Kulissen: der "wirtschaftlich Berechtigte"

Im Kern geht es für die Verpflichteten also um zwei Fragen: Wer ist der potenzielle Vertragspartner und wer ist die treibende Kraft hinter den Kulissen? Das sind keine leichten Fragen, reicht es doch zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten nicht aus, lediglich die beteiligten Gesellschafter zu betrachten. Vielmehr ist es notwendig, die gesamte Beteiligungsstruktur des Anfrageobjektes beziehungsweise des Vertragspartners mit sämtlichen zwischengeschalteten Gesellschaften bis zu den Endpunkten zu analysieren. Das heißt, Verflechtungen bis zur Identifikation der wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen zu durchdringen oder zu einer Endgesellschaft im Sinne des GwG gelangen: zu einer Organisation, deren Gesellschafterdaten nicht ermittelbar sind.

Teilweise lassen sich Verschachtelungen und zwischengeschaltete Gesellschaften in mehrere hundert Ebenen herunterbrechen. Dementsprechend kompliziert stellt sich eine unternehmensintern durchgeführte Aufzeichnung und Analyse sämtlicher Beteiligungsverhältnisse dar. Die Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten liefert jedoch auch im Sinne des Risikomanagements wertvolle Informationen: So kommen Unternehmen nicht nur ihren Allgemeinen Sorgfaltspflichten aus dem GwG-Kontext nach, sondern sie generieren darüber hinaus Informationen über Beteiligungsverhältnisse, die gleichwohl bonitäts- und damit risikorelevant sein können.

Bei der Recherche des wirtschaftlich Berechtigten wird im Wesentlichen die einschlägige Vermutungsregel angewandt, wonach mangels Erkenntnismöglichkeit gegenüber Stimmrechtsverteilungen grundsätzlich jede natürliche Person, die direkt oder indirekt mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält, als wirtschaftlich berechtigt im Sinne des GwG zu erachten ist. Im Regelfall kann entsprechend auf die Kontrollstrukturen geschlossen werden, die ügbenrdwie äquivalent mit den Eigentumsverhältnissen sind. Bei Kommanditgesellschaften wird die Ausübung der Kontrolle auch dem Komplementär aufgrund seiner dominanten Stellung als "Vollhafter" unterstellt.

Die Kombination aus Betrachtung der Eigentums- und Haftungsverhältnisse und sowohl der direkten als auch indirekten Gesellschafterbeziehungen unterstreicht die potenzielle Komplexität einer fundierten und belastbaren Analyse. Wirtschaftsauskunfteien verfügen heute nicht nur über "flache" Datenbanken, sondern können ebenso Beziehung zwischen Unternehmen und Personen abbilden. Damit sind sie in der Lage neben einfachen Abfragemöglichkeiten auch komplexe Fragestellungen, wie die Detektion von wirtschaftlich Berechtigten durch vollautomatische Suchläufe zu beantworten. Auf Basis entsprechender Regelwerken und Technologien können sie zahlreiche Datendienstleistungen als Unterstützungsleistung für die Erfüllung von Compliance getriebenen Obliegenheiten anbieten oder auch Auskünfte mit den geforderten Kerninformationen erteilen.

Die Informationsprodukte ermöglichen außerdem die Erhebung von Identifizierungsmerkmalen zum wirtschaftlich Berechtigten, wie Nachname und Vorname gemäß der gesetzlichen Mindestanforderung und weitere Identifikatoren wie Geburtsdatum und Anschrift - wertvolle Informationen, vor allem bei erhöhtem Risiko im Sinne des aktuellen GwG, das eben nicht mehr von einem starren Pflichtenkatalog geprägt ist.

Vielschichtiges Rechercheverfahren

Die exakte Bewertung von Bonitätsrisiken und Sicherheiten ist die Grundlage für ein erfolgreiches Kreditrisikomanagement. Externe Wirtschaftsauskünfte bieten eine valide Entscheidungsgrundlage - vorausgesetzt, sie berücksichtigen Hintergrund- und Beteiligungsinformationen. Denn die Bonität des Entscheidungsträgers in einem Unternehmen hat einen erheblichen Einfluss auf die Solvenz des Geschäftspartners. Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Auflagen zur Geldwäscheprävention müssen Unternehmen ihre Geschäftspartner seit der Novellierung des GwG bereits vor Eingehen der Geschäftsbeziehung "identifizieren". Bei juristischen Personen spielt die Ermittlung des "wirtschaftlich Berechtigten" eine zentrale Rolle. Dies setzt ein vielschichtiges Rechercheverfahren voraus. Je aussagekräftiger herangezogene Wirtschaftsauskünfte sind, desto stärker profitieren Unternehmen und Institute.

*) Studie mit 46 befragten multinationalen Unternehmen, Ponemon Institute Inc., 2011.

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