Aufsätze

Risikomanagement bei Contructual Trust Arrangements

Die Ausfinanzierung von Pensionsrückstellungen im Rahmen der
internationalen Rechnungslegung (IFRS, US-GAAP) und die damit unter
anderem auch verbundene Insolvenzsicherung der Pensionszusagen erfährt
unter deutschen Unternehmen in den letzten Jahren zunehmende
Akzeptanz.
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Ein Marktstandard
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Nach rund zehn Jahren Erfahrung mit diesen Konzepten hat sich in der
Gestaltung der Ausfinanzierung inzwischen ein Marktstandard
ausgeprägt. Die Ausfinanzierung findet heute zumeist über die Gründung
einer separaten, rechtlichen Einheit eines Pension Trusts - meist in
Form eines eingetragenen Vereins - statt. Dieser Pension Trust muss
eine institutionalisierte Distanz zum ausfinanzierenden Unternehmen
aufweisen, um zum Beispiel nach IAS 19 als separiertes
Pensionsvermögen anerkannt zu werden. Dies wiederum ermöglicht die
Saldierung von Vermögen und Verpflichtung in der internationalen
Bilanzierung nach IFRS beziehungsweise US-GAAP.
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Zwischen ausfinanzierendem Unternehmen (Treugeber), dem Pension Trust
e.V.(Treuhänder) und den im Insolvenzfall begünstigten Arbeitnehmern
und Pensionären entsteht ein doppelseitiges Treuhandverhältnis, dem
der CTA (Contractual Trust Arrangement) seine angelsächsische
Bezeichnung verdankt. Solche CTA-Gestaltungen weisen eine Reihe
weiterer typischer Merkmale auf. Zum einen sind mit dieser Art der
Ausfinanzierung regelmäßig keine Änderungen der arbeitsrechtlichen
Zusagen und damit beispielsweise auch kein Wechsel des
Durchführungsweges verbunden.
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Zum anderen schlägt sich die Ausfinanzierung weder in der klassischen
HGB- noch in der Steuerbilanz nieder, soweit man von den inhaltlichen
Verschiebungen von beispielsweise Liquidität in längerfristige Anlagen
einmal absieht.
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Diese sicherlich primär von Bilanzierungsfragen motivierte Gründung
separierter Pensionsvehikel wirft allerdings im Vergleich zur früheren
Innenfinanzierung der Pensionsverpflichtungen eine Reihe von
konzeptionellen Fragen auf, die aus Sicht des ausfinanzierenden
Unternehmens unter dem Schlagwort "ganzheitliches Risikomanagement"
subsumierbar sind. Dabei geht es zunächst nicht nur darum, nach
Gründung und Ausfinanzierung des CTA die festgelegte Anlagestrategie
regelmäßig zu überprüfen, sondern bereits vor Start des CTA-Projektes
die mit den Pensionsrückstellungen verbundenen Pensionsrisiken zu
erkennen, zu bewerten und nachfolgend zu managen.
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Den Pensionsrisiken ist dabei eine Eigenschaft zuzuschreiben, die in
dieser Form nur wenige Bilanzpositionen beziehungsweise
Unternehmensbereiche erreichen: eine erhöhte Komplexität. Dies
verdeutlicht Abbildung 1.
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Pensionsrisiken erkennen
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Pensionsrückstellungen können in der Bilanz zwischen Eigen- und
Fremdkapital eingruppiert werden und stehen sowohl im Fokus der
Treasury-Abteilung, der Bilanzbuchhaltung als auch im Fokus der
Personalabteilung (HR) und der Arbeitnehmervertretung. Ein Funding
wirkt unter anderem auf Anlage- und Umlaufvermögen und hat
beispielsweise längerfristige Auswirkungen auf die Liquiditätslage.
Hinzu kommt, dass bestimmte legale (Stichwort: KontraG) sowie
regulatorische (Stichwort: Basel II) Anforderungen die Unternehmen in
der Regel dazu veranlassen, sich über ein ganzheitliches
Risikomanagement Gedanken zu machen. Dieses Risikomanagement sollte
auch Risiken erfassen, die dem Kerngeschäft des Unternehmens
wesensfremd sind.
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Bereits vor dem Start des CTA-Projektes können bestehende
Pensionszusagen dahingehend überprüft werden, ob die mit Ihnen
verbundenen Pensionsrisiken dem Unternehmensinteresse dienen oder
nicht mehr zeitgemäß sind.
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Selbst wenn man von den bekannten und erwarteten Veränderungen in
Bezug auf die sich verändernden biometrischen Risiken absieht, wie sie
sich beispielsweise in Sterbetafeln niederschlagen, kommen auf viele
Unternehmen in den kommenden Jahren erhöhte Liquiditätsbelastungen zu.
Ein Großteil der heute und in Vergangenheit zugesagten
Pensionsleistungen werden fällig, Rückstellungen müssen aufgelöst und
Renten ausgezahlt werden.
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Vor diesem Hintergrund ist vor die Frage der Ausfinanzierung jeweils
die Frage der Adäquanz der gemachten Pensionszusagen zu stellen. Denn
auch wenn die Ausfinanzierung den Barwert künftiger Verpflichtungen
heute bereitstellt, bleibt zunächst die Frage, ob dieser Barwert den
tatsächlichen Wert der Verpflichtungen zu decken in der Lage ist oder
ob nicht ein Systemwechsel zu tendenziell eher beitragsorientierten
Zusagen zumindest für Neuzusagen langfristig eher im
Unternehmensinteresse ist.
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Bewertung der Risiken
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Geht man davon aus, das der gesamte oder auch nur ein Teilbestand der
bestehenden Pensionsrückstellungen ausfinanziert werden soll, stellt
sich zunächst die Frage der Bewertung (Abbildung 2). Allein zwischen
der nach § 6a EStG mit einem Rechnungszins von sechs Prozent
bewerteten Pensionsrückstellung und der nach IFRS/FAS mit einem
marktnäheren Rechnungszins bewerteten Pensionsrückstellung tun sich
zumindest auf Basis des aktuellen Zinsniveaus deutliche Unterschiede
auf, zumal die IFRS-Berechnung auch künftige Veränderungen wie
Gehaltstrends und Rentensteigerungen berücksichtigt.
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Andere mögliche Wege der Ausfinanzierung von Pensionsrückstellungen
wie der deutsche Pensionsfonds mit und ohne Feststellungsverfahren,
auf die im Rahmen dieses Artikels nicht weiter eingegangen werden
soll, weisen teilweise noch höhere Bewertungen auf. Neben der ganz
zentralen Frage des "richtigen" Rechnungszinses haben insbesondere die
Bewertung von Biometrien (zum Beispiel Sterbetafeln) und anderer
Faktoren, die in Zukunft auf die Bewertung wirken (zum Beispiel
Gehaltstrends), einen maßgeblichen Einfluss auf die aktuelle Höhe der
Pensionsverpflichtung. Schließlich sind die im Wesentlichen bilanziell
getriebenen Bewertungen regelmäßig ein gutes Stück von einer
ökonomischen Bewertung (Fair Value) der Verpflichtungen entfernt.
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Sind die mit den eingegangenen Pensionsverpflichtungen verbundenen
Risiken erkannt und bewertet, stellt sich unmittelbar die Frage, wie
diese mittel- bis langfristig gesteuert werden sollen: eher mit Blick
auf das langfristige Pensionsrisiko oder eher mit Schwerpunkt auf das
kurzfristige Liquiditätsrisiko. Die Gestaltungsmöglichkeiten in diesem
Handlungsstrang lassen sich simplifiziert - und wenn man von der oben
angesprochenen, sicherlich zu prüfenden Umgestaltung der betrieblichen
Pensionszusagen absieht - durch Abbildung 3 darstellen.
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Kurz- versus langfristige Risiken
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In der historisch gesehen "klassischen" Innenfinanzierung ist zwar die
Liquiditätsbelastung vermeintlich am geringsten, das langfristige
Pensionsrisiko aber sicherlich am höchsten, weil wie bereits
angedeutet, ein wesentlicher Teil der klassischen Leistungszusagen
deutscher Unternehmen in den nächsten Jahren kapitalisiert werden
dürfte. Da ein Großteil der Arbeitnehmer mit Leistungszusage in Rente
gehen wird, ist mit den entsprechenden Liquiditätswirkungen zu
rechnen. Sowohl der Pensionsfonds mit Feststellungsverfahren als auch
der CTA sind in der Lage, die Pensionsrisiken zu vermindern, nicht
jedoch gegen null zu führen.
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Insbesondere der CTA bewirkt schließlich keine Veränderung der
arbeitsrechtlichen Zusage, hat keine beziehungsweise geringe
Auswirkungen auf die Handels- und Steuerbilanz und finanziert nur den
nach IFRS berechneten Barwert künftiger Verpflichtungen aus, aber eben
nicht den Fair Value. Damit kann es in der Folge, insbesondere durch
einen mangelnden Gleichlauf der
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Entwicklung von ausfinanzierten Assets und Liabilities, zu
Unterdeckungen kommen, die ihre Wirkung entweder in Richtung
Liquiditätsbelastung (Nachschuss) oder Bilanzaufwand entfalten können.
Die Pensionsverpflichtung weist in ihrer Variabilität leider keine
perfekte Korrelation zu Inflation und Zinsniveau auf, sondern ist
einer Vielzahl weiterer Einflüsse unterworfen.
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CTA-Implementierung
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Diesen Folgen entgegenzuwirken, sollte bereits im Rahmen des
Implementierungsprojektes Gegenstand strategischer Untersuchungen,
beispielsweise im Rahmen einer Asset-Liability-Management
(ALM)-Studie, und einer sinnvollen organisatorischen Gestaltung der
Kapitalanlage sein. Während sich wesentliche Teile eines
Ausfinanzierungsprojektes regelmäßig mit den rechtlichen
Notwendigkeiten (Treuhandverträge), den gewünschten bilanziellen
Effekten (Saldierung) und der Gründung und Organisation des
spezifischen Pension Trusts (e.V.) befassen, ist es insbesondere die
ALM-Studie, die unter Berücksichtigung sämtlicher unter IFRS als "plan
asset" qualifizierter Vermögensgegenstände eine geeignete langfristige
Kapitalanlagestruktur (Strategic Asset Allocation) herausarbeiten
muss.
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Dabei sollten moderne ALM-Studien integriert modelliert sein.
Insbesondere unter IFRS führt eine Veränderung der Zinsstruktur nicht
nur zu Veränderungen der Aktiva, sondern zumindest mittelfristig auch
zu Veränderungen der Passiva.
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Wie jedoch insbesondere die zu Anfang des Jahrzehnts zur Schwäche
neigenden Kapitalmärkte, zu einem guten Teil aber auch nicht
risikoadäquate Kapitalallokationen oder zu optimistische
Ertragserwartungen gezeigt haben, ist das strikte Festhalten an einer
einmal definierten Anlagestrategie nicht unbedingt in jedem Fall das
richtige Mittel zur Vermeidung von Unterdeckungen und Nachschüssen.
Die Berücksichtigung beziehungsweise die Prüfung der Eignung
dynamischer Komponenten im Sinne eines operativen
Asset-Liability-Managements sollten bereits in der ALM-Studie angelegt
sein.
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Gleiches gilt für die Organisation der Kapitalanlagen selbst. Nicht
nur Klumpenrisiken sollten vermieden werden, sondern die Struktur der
Kapitalanlagen sollte sich im Grundsatz inhaltlich den unter IFRS
geforderten allgemeinen Anforderungen wie jederzeitiger Bewertbarkeit
und Veräußerbarkeit anpassen können. Dies dient nicht nur zur
Erreichung der Anerkennung als "plan asset" unter IFRS, sondern hilft
vor allem auch, um die in der Folge der Ausfinanzierung notwendigen
Handlungsspielräume in Bezug auf die gegebenenfalls auch kurzfristige
Veränderbarkeit der Kapitalanlagestruktur sicherzustellen. Auf dem Weg
von der Innenfinanzierung zur Ausfinanzierung via CTA entsteht ein
neues Entscheidungsfeld im Management, denn eine eindeutige Zuordnung
von Assets bedingt in der Folge eine erhöhte Aufmerksamkeit
insbesondere der Treasury-Abteilung und des CFO.
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Strategisches und Operatives Asset-Liability-Management eines CTA
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In der Folge der Implementierung eines CTA stellt sich die Frage, auf
welche Art und Weise die mit der Ausfinanzierung via CTA für den
Treugeber verbundene erhöhte Transparenz der Pensionsrisiken bewertbar
und damit auch gestaltbar gemacht werden kann. Zum einen gehört
sicherlich dazu, die einmal gewählte strategische Struktur in
regelmäßigen Intervallen, zum Beispiel alle ein bis drei Jahre, im
Rahmen einer weiteren ALM-Studie zu überprüfen. Mit Hilfe einer
regelmäßigen Studie ist der Treugeber in der Lage, strategisches
Risikomanagement zu betreiben und auf strukturelle Veränderungen im
Verhältnis von Assets und Liabilities zu reagieren. Eine ALM-Studie
ist jedoch nicht in der Lage, kurzfristige Risiken zu erfassen, die
sich möglicherweise innerhalb eines Jahres ergeben können.
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An dieser Stelle konnte ein professionell arbeitender Asset Manager
von der Kreditwirtschaft lernen: Risikosteuerungssysteme, die
kurzfristig orientiert sind, werden seit Anfang bis Mitte der
neunziger Jahre von Kreditinstituten eingesetzt, um beispielsweise den
Value-at-Risk einer Gesamtbank über einen Tag zu bestimmen und
nachfolgend zu managen. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen hat
inzwischen auch in der Lebensversicherungsbranche ein systematischer
Prozess eingesetzt, der aufgrund der erwarteten veränderten
aufsichtsrechtlichen Anforderungen (Stichwort: Solvency II) auch in
dieser Branche eine kürzerfristige Bewertung der Passiva sicherstellt.
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In Analogie zu einer Value-at-Risk-Steuerung könnte also das Ziel
eines operativen Risikomanagementinstruments im institutionellen Asset
Management sein, die Über- beziehungsweise Unterdeckung von Pensions-
und anderen Verpflichtungen (Liabilities) im Vergleich zu einem
Vermögensbestand (Plan Assets) eines CTA zu ermitteln, diese einem
Stresstest zu unterziehen und damit eine Grundlage für gegebenenfalls
nötige Anlageentscheidungen zur Verfügung zu stellen. Wie Abbildung 4
verdeutlicht, würde ein solches Instrument folgende Schritte
beinhalten:
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- Schritt 1: Bewertung der Aktiva,
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- Schritt 2: Bewertung (Schätzung) der Passiva,
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- Schritt 3: Berechnung des tatsächlichen Risikopuffers
(Surplus/Deficit),
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- Schritt 4: Berechnung der Risikopuffer-Reserve mittels Stresstest,
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- Schritt 5: Weitergabe der aktuellen Ergebnisse inklusive
Anpassungsvorschlägen für Allokationsveränderungen bei drohender oder
tatsächlicher Unterdeckung.
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Regelmäßige Aktualisierung des Verpflichtungsumfangs
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Neben der zumindest für alle liquiden Anlageformen relativ einfach zu
erstellenden Bewertung von Aktiva kommt dabei einer regelmäßigen, zum
Beispiel monatlichen Aktualisierung des Verpflichtungsumfangs eine
zentrale Bedeutung zu. Dies gilt natürlich auch in Abhängigkeit vom
zugrunde liegenden Risikenbestand. Ein in sich stark diversifiziertes,
großes Kollektiv wird unterjährig geringere Veränderungen aufweisen,
als ein sehr junger Anwärter- oder ein sehr alter Rentnerbestand.
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Dennoch verändert sich die Verpflichtungsstruktur unterjährig
regelmäßig durch veränderte Zusagen, eine veränderte Restlaufzeit
(Zuschreibung des Rechnungszinses) und Rentenzahlungen. Das heißt
nicht, dass man monatlich ein aktuarielles Gutachten benötigt. Man
muss nur konsequent die in aktuariellen Gutachten enthaltenen
Informationen nutzen. Damit ist für den mit ALM-Modellen vertrauten
Asset Manager zumindest eine gut fundierte Schätzung des sich
unterjährig verändernden Verpflichtungsumfangs möglich.
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Ein weiterer wichtiger Bestandteil eines solchen
Risikosteuerungsmechanismus ist die sinnvolle Festlegung eines
minimalen Deckungsgrades. Hier kann man sich bei 100-prozentiger
Ausfinanzierung den IFRS-Korridor zunutze machen oder sich
beispielsweise unternehmensindividuell an der erwarteten
Liquiditätslage (maximaler Nachschuss p.a.) des Treugebers
orientieren. Wesentlich hierbei ist, dass der bei 100-prozentiger
Ausfinanzierung normalerweise nicht vorhandene Risikopuffer (Assets =
Liabilities in t0) durch die Definition sinnvoller Deckungsgrade
steuerbar gemacht wird, weil es schlichtweg nicht möglich ist, die
sich üblicherweise aus der Veränderung der Verpflichtungen ergebenden
Ertragserfordernisse mit dem risikofreien Zins zu erwirtschaften.
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Das Kernelement einer solchen Risikosteuerung bildet ein Stresstest,
der kurzfristige Kapitalmarktrisiken abschätzt und beispielsweise via
Extremwerttheorie (EVT) eine theoretisch gut fundierte
Maximalverlustannahme pro Anlageform beziehungsweiseklasse liefert. Je
nach Ergebnis zeigt sich das Portfolio als risikotragfähig (positiver
Risikopuffer nach Stresstest) oder bedarf einer Reduktion der
Anlagerisiken mittels Umschichtung, um wieder zu einem positiven
Ergebnis zu gelangen.
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Managementinformationssystem
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Eine solche Risikosteuerung erfolgt über ein
Managementinformationssystem mit dem Ziel, die gewünschte Transparenz
zu schaffen, indem Über- und Unterdeckungen vor und nach Stresstests
jederzeit bestimmt werden können. Verkürzte Reaktionszeiten und die
Möglichkeit, frühzeitig auf Veränderungen im Verhältnis von Assets zu
Liabilities reagieren zu können, stellen gerade für das CTA-Management
ein sinnvolles Hilfsmittel dar, um die zur Deckung der
Pensionsverbindlichkeiten erforderlichen Zielrenditen besser erreichen
zu können.

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