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Small Caps - kleine Titel, große Wirkung!

An Aktien führt in 2014/2015 kein Weg vorbei. Das Investment-Umfeld für Aktien ist tatsächlich sehr attraktiv. Es gibt einen synchronisierten, weltweiten Wirtschaftsaufschwung mit niedrigen Zinsen und einer niedrigen Inflation. Das ist eine hervorragende Ausgangsposition, die es den Unternehmen ermöglicht, ein starkes Ergebniswachstum zu zeigen. Den stärksten Schwung wird die Eurozone haben - und dabei ist das größte Wachstum in den Peripherieländern zu erwarten. Gerade dort ist man mit Small Caps hervorragend aufgestellt, weil dort der Anteil kleinerer Unternehmen besonders hoch ist.1)

Nicht zu unterschätzende Investmententscheidung

Wie sieht es aber aus mit der Allokation von institutionellen Investoren in das Aktiensegment Small Caps? Ein Fondsmanager, der ein europäisches Aktienportfolio ohne deutsche Titel bildet, wird einige Fragen seiner Kunden beantworten müssen. Ein Portfolio ohne kleinkapitalisierte Unternehmen (Small Caps) wird dagegen kaum Fragen provozieren. Dabei repräsentieren beide Bereiche etwa ein ähnliches Indexgewicht (Abbildung 1).2)

Diese meist nicht aktiv geforderte oder bewusste Untergewichtung von Small Caps hat aber wichtige Implikationen: Die Ertragschancen können sinken, und das Rendite-Risiko-Profil verschlechtert sich. Vor dem Hintergrund niedriger Zinsen aber weiterhin hoher Renditeforderungen der Anleger ist es nicht nur wichtig, die Aktienquote zu erhöhen, sondern sich speziell über die Wahl des richtigen Aktiensegments und der richtigen Aktienprodukte Gedanken zu machen. Denn mit der richtigen Struktur des Aktienportfolios kann ein Anleger sein Performancepotenzial deutlich verbessern und gleichzeitig sein Risikobudget entlasten. Eine Entscheidung zwischen "Large oder Small" ist nicht notwendig, vielmehr sollte die Entscheidung lauten "Large und Small Caps". Erst die Kombination erschließt Anlegern die vielfältigen Möglichkeiten eines wirklich europäischen Portfolios.

Strategische Allokation

Anfang der neunziger Jahre konnten die Wirtschaftswissenschaftler Eugene Fama und Kenneth French neben den im Capital Asset Pricing Model erklärenden Faktor Beta auch noch den positiven Einfluss von Aktien mit geringerer Marktkapitalisierung (Small Caps) auf die durchschnittliche Aktienrendite empirisch belegen. Doch man muss gar nicht so weit in die Vergangenheit blicken. Auch in der jüngeren Vergangenheit konnten Anleger von Investments in Small Caps profitieren. Vergleicht man die Wertentwicklung der letzten zehn Jahre des Stoxx Europe 50 (repräsentativ für Standardwerte) mit dem Stoxx Europe TMI Small Index als typische Small Cap Benchmark, so haben die Small Caps um sechs Prozent per annum besser abgeschnitten. In den letzten zwölf Monaten erhöhte sich die Outperformance von Small versus Large sogar auf neun Prozent (Abbildung 2).3)

Selbst risikoadjustiert schneidet der Small-Cap-Markt hervorragend ab: in elf der letzten 15 Jahre wurde eine bessere Sharpe Ratio erreicht.4)

Bereits die Beimischung eines passiven Small-Cap-Produktes zu einem bestehenden Large-Cap-Portfolio bietet entscheidende Vorteile. Die Abbildung 3 zeigt, dass das Risiko-Rendite-Profil durch Small Caps hätte deutlich verbessert werden können.5)

Über die dargestellten Zeiträume erzielten Anleger selbst mit einer geringen Beimischung von Small Caps zu einem bestehenden Large-Cap-Portfolio mindestens eine Ertragssteigerung und in vielen Fällen sogar eine Risikoreduktion.

Unterschiedliche Strukturen der Marktsegmente

Ein wichtiger Erklärungsfaktor der signifikant höheren Performance von Small Caps liegt auch in den unterschiedlichen Strukturen der Marktsegmente. So sind derzeit im Stoxx Europe 50 nur Unternehmen aus neun Ländern vertreten. Im Stoxx Europe TMI Small ist die Auswahlmöglichkeit mit 18 Ländern deutlich größer. Gerade attraktive, vom Mittelstand geprägte Märkte wie Norwegen, Portugal und Österreich werden durch Large Caps nur ungenügend abgebildet (Abbildung 4).

Mit der Beschränkung auf Large Caps wäre es somit nicht möglich, einige europäische Länder überhaupt abzudecken. Selbst wenn einige Large-Cap-Investitionen möglich sind, wie am Beispiel Norwegen, so wäre das Ergebnis ein unzureichend diversifiziertes Portfolio mit einer hohen Gewichtung typischerweise in den Sektoren Banken, Versorger und Telekommunikation. Erst die Berücksichtigung von Small Caps in der Anlagepolitik erlaubt hier eine adäquate Abdeckung der europäischen Länder sowie Ausnutzung dieses gesamten Renditepotenzials.6)

Nach Jahren der Stagnation haben die Euroland-Peripherieländer selber das Potenzial, hinsichtlich Wirtschaftswachstum überproportional zu überraschen. So hat sich nicht nur die konjunkturelle Erholung im Euroraum zum Ende des Jahres 2013 stärker beschleunigt als erwartet, sondern auch die im ersten Quartal 2014 veröffentlichten Makrodaten aus der Peripherie fielen durchweg positiv aus. Die Lohnstückkosten sind dort in den letzten Jahren gesunken, wodurch sich die Wettbewerbsfähigkeit erhöht hat. Die expansive Geldpolitik der EZB sowie das Niedrigzinsumfeld bieten günstige Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen, was die Konjunkturerholung die nächste Zeit zusätzlich unterstützen wird. Somit bieten sich Small Caps als Aktieninvestment an, um an dem wirtschaftlichen Aufschwung und steigenden Unternehmensgewinnen gerade in der Peripherie zu partizipieren. Wie Abbildung 5 zeigt, lässt sich allein mit Large Caps weniger stark an dem Aufschwung der Peripherie partizipieren.7)

Beispiel Ölindustrie

Ein ähnlicher Effekt wie bei den Ländern ist ebenfalls auf Sektorebene zu beobachten. Im Stoxx Europe 50 sind Unternehmen aus 14 Sektoren enthalten, im Stoxx Europe TMI Small sind es bereits 19.8) Bestimmte attraktive Sub-Sektoren beziehungsweise Themen lassen sich besonders gut über Small Caps abdecken. Das folgende Beispiel zur Ölindustrie soll dies veranschaulichen. Während ein Investor mit Aktien des durch die großen Öl-Konzerne dominierten Ölsektors in den letzten fünf Jahren eine gute absolute Performance erzielte, realisierte er aber gegenüber dem Gesamtmarkt eine Underperformance von kumuliert fast 40 Prozent (Abbildung 6, Stoxx Europe Oil & Gas Index NR). Mit ausgewählten Titeln des eher mittelständisch geprägten Öl-Service-Segments, welche auf die Planung, Erstellung und den Betrieb von Öl- und Gasprojekten spezialisiert sind, waren signifikant höhere Renditen zu erzielen.9)

Neben der verbesserten regionalen Abdeckung kann der Anleger über Nebenwerte also eine optimierte Sektor- und Länderstruktur erreichen. Insbesondere innovative Geschäftsideen werden von kleiner kapitalisierten Unternehmen auf den Markt gebracht. Firmen, die sich mit ihren Produkten in hochspezialisierten Nischen etablieren, weisen interessante Wachstumsgeschichten auf. Die Herausforderung des Investors besteht darin, die spezifischen Risiken in diesem Segment zu steuern. Aktives Management und fundamentale Analysen sind daher geeignet, dieses Outperformancepotenzial der Small Caps zu erschließen.

Wie Nadeln im Heuhaufen

Gerade das Marktsegment der Small Caps erscheint uns prädestiniert für aktives Management. Da sich Analysten und Investoren oft viel intensiver mit den starken Indexgewichten der Large Caps beschäftigen, führt die fehlende Beachtung bei Small Caps zu erstaunlichen Informationsineffizienzen und einer langsameren Verarbeitung der Informationen in den Aktienkursen. Wird etwa die Allianz von mehr als 30 Analysten analysiert, so sind es bei Wincor Nixdorf noch fast 20 Analysten, aber bei Villeroy & Boch nur noch drei10) (Abbildung 7)!

Wenn der Finanzkrise etwas Positives abgerungen werden kann, dann ist es, dass die Kapazitäten bei Brokern zur Analyse von Small Caps eher noch weiter abgebaut wurden. Eine gute Nachricht für jeden aktiven Manager. Jede Ineffizienz gilt es zu entdecken und in Outperformance umzuwandeln.

Fundamentale Analysen sind also wesentliche Erfolgskriterien im Aktiensegment "Small Caps". Vielleicht auch, weil mehr der "Unternehmer" als das "Unternehmen" im Fokus steht. Das ist zwar nur die Kurzfassung, beschreibt aber ganz anschaulich, dass neben der Analyse der reinen Unternehmenskennzahlen vielmehr die qualitative Analyse des Managements und der Produkte ausschlaggebend ist. Kennzeichnend für Nebenwerte ist zudem, dass es sich meist um einfache und verständliche Geschäftsmodelle handelt, wo die Einflussfaktoren klarer und die Effekte unmittelbarer sind. Standardwerte sind vielfach Mischkonzerne mit einer komplexen Struktur, einer Vielzahl von Produkten und einer heterogenen Abhängigkeit von Wachstumszyklen in unterschiedlichen Sektoren und Ländern.

Bei Small Caps lassen sich viel klarer die entscheidenden Wachstumstreiber und Erfolgsfaktoren ableiten. Zudem erlauben kleinere Unternehmen einen viel direkteren Kontakte zwischen Investoren und Vorstandsebene, was den Informationsaustausch deutlich verbessert und beschleunigt.

Mit eigener, sorgfältiger Fundamentalanalyse bietet sich eine attraktive Chance "die Story auszugraben", sich rechtzeitig zu positionieren und die Marktineffizienz in positive aktive Rendite umzuwandeln. Unterstützt wird diese Analyse durch die bei fokussierten Unternehmen stärker im Vordergrund stehenden unternehmensspezifischen Einflussfaktoren - ein klarer Vorteil für einen auf Einzeltitel ausgerichteten Investmentansatz.

Chancen für ein aktives Management

Das Marktsegment der kleinkapitalisierten Unternehmen ist in mehrfacher Sicht interessant. Neben dem strukturell höheren Renditepotenzial, das Small Caps gegenüber Large Caps bieten, sind die Chancen für ein erfolgreiches aktives Management besonders hervorzuheben. Anleger, die bereits in Large Caps investiert sind, profitieren zudem von einer Verbesserung des Risiko-Rendite-Profils. Daher stellt die Nichtberücksichtigung von Small Caps das eigentliche Risiko dar. Wer in Aktien investieren will, muss sich zumindest mit der Beimischung von Small Caps intensiv beschäftigen. Die oftmals nicht bewusste, aber signifikante Untergewichtung von Small Caps stellt somit eine bedeutsame (Nicht-)Entscheidung dar. Investoren sollten also die große Wirkung der kleinen Titel nicht länger vernachlässigen.

Fußnoten

1) Nachfolgend sind Small Caps als Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von maximal fünf Milliarden Euro (Streubesitz) definiert. Large Caps beginnen ab einer Marktkapitalisierung von mindestens zehn Milliarden Euro (Streubesitz).

1) Thomson Reuters, 06/2014: Diese Information dient lediglich der besseren Darstellung und darf nicht als Anlageempfehlung aufgefasst werden. Stoxx® ist eine eingetragene Marke der Stoxx Limited.

3) Morningstar, 06/2014: Historische Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.

4) Morningstar, 06/2014: Historische Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.

5) Thomson Reuters, 06/2014: Historische Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.P
6) Thomson Reuters, 06/2014: Diese Information dient lediglich der besseren Darstellung und darf nicht als Anlageempfehlung aufgefasst werden.

7) Stoxx, 06/2014: Diese Information dient lediglich der besseren Darstellung und darf nicht als Anlageempfehlung aufgefasst werden.

8) Stoxx, 06/2014: Diese Information dient lediglich der besseren Darstellung und darf nicht als Anlageempfehlung aufgefasst werden.

9) Thomson Reuters, 06/2014: Diese Information dient lediglich der besseren Darstellung und darf nicht als Anlageempfehlung aufgefasst werden. Historische Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.

10) Thomson Reuters, 06/2014: Diese Information dient lediglich der besseren Darstellung und darf nicht als Anlageempfehlung aufgefasst werden.

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