Gespräch des Tages

Sparkassen - Angst ums Ländle

Nicht ohne Stolz berichtete der Präsident der Sparkassen in Baden-Württemberg, Peter Schneider, über ein erfolgreiches erstes Halbjahr 2012: Seine 53 Mitgliedsinstitute konnten ihre Bilanzsumme per Ende Juni um 2,6 Prozent auf knapp 174 Milliarden Euro steigern. Verantwortlich für das Bilanzsummenwachstum war nach wie vor das Kundengeschäft. So stiegen die Kundeneinlagen bei den Sparkassen um etwa vier Prozent auf knapp 115 Milliarden Euro, und auch die Kundenkredite legten mit einem Plus von 2,7 Prozent auf gut 102 Milliarden Euro kräftig zu. Erstmals in der Geschichte der baden-württembergischen Sparkassen - so betonte der Präsident anlässlich der Vorstellung der Halbjahreszahlen - hätten dabei die Kredite an Unternehmen die Kredite an Privatpersonen übertroffen. Dieses Novum unterstreiche auch die hohe Dynamik der Wirtschaft trotz der Staatsschuldenkrise und der daraus folgenden Abkühlung der europäischen Wirtschaft. Mit den entsprechenden Vorbehalten erwartet der Regionalverband deshalb auch für das Gesamtjahr 2012 wiederum ein gutes Ergebnis für seine Mitgliedsinstitute.

Die auch in den vergangenen Jahren positive Ertragslage hatten die Sparkassen in Baden-Württemberg eifrig dazu genutzt, ihre Eigenkapitalausstattung auszubauen. Alleine in den letzten zehn Jahren konnten sie so ihre Eigenkapitalposition um 50 Prozent aufstocken. Gerade wegen dieses Polsters - im Durchschnitt verfügen die Häuser über eine Eigenkapitalquote inklusive der Reserven aus 340 f in Höhe von 15 Prozent - bereiten die Pläne zu einer europäischen Bankenunion mit einheitlicher Einlagensicherung dem Präsidenten arge Sorgen: In einem solchen europäischen Auffangnetz sieht er eine direkte Gefahr für den Wohlstand in Deutschland, und es wäre für ihn "ein Unding, wenn deutsche Sparer mit ihrem Vermögen für notleidende Immobilienkredite am Mittelmeer haften müssten". Mausetot wäre das Geschäftsmodell der Sparkassen, wenn es zu einer solchen Bankenunion komme. Schließlich hätten dann alle Kreditinstitute das gleiche Sicherheitsniveau, und die Bonität würde keine Rolle mehr spielen.

Doch so richtig erbost gibt sich Peter Schneider angesichts der Angebote einiger Auslandsbanken und verweist dabei auf eine Statistik der Deutschen Bundesbank. Diese belege, dass "Zweigstellen ausländischer Banken mit ihren Lockvogel-Zinsen in Deutschland immer höhere Beträge einsammeln und diese anschließend in ihre Heimatmärkte transferieren". Deutschen Unternehmen stünden diese Mittel dann nicht mehr zur Verfügung. Dabei sind die Entwicklungen bei den Einlagen der Auslandsbanken durchaus auffällig, wie die im Mai veröffentlichte Analyse der Financial Times Deutschland unter Berufung auf Zahlen der Deutschen Bundesbank zeigte. So erhöhten sich die Einlagen von Privatpersonen und Unternehmen bei Zweigstellen ausländischer Institute seit April 2011 um knapp 22 Milliarden Euro auf 67 Milliarden Euro. Da manche Institute aufgrund der Schuldenprobleme im Euroraum vom Interbankenmarkt abgeschnitten sind, locken sie mit Konditionen auf Tages- und Festgeldkonten, die "komplett aus dem Markt sind", deutsche Sparer - ein Dorn im Auge der Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Diesen Banken gehe es weniger um einen nachhaltigen Eintritt in den deutschen Markt als vielmehr um das schnelle Einsammeln von Einlagen, um diese unmittelbar in die Heimatländer transferieren zu können. Im besten Falle finanzierten die Institute dann im Heimatland die dortige Wirtschaft. Ein Großteil der Gelder - so schimpft der baden-württembergische Sparkassenpräsident - werde allerdings dazu verwendet, den Liquiditätsbedarf der Muttergesellschaften zu decken oder zum Abbau des Staatsdefizits beizutragen. Die aggressiven Angebote machen sich bei den Sparkassen im Ländle auch bereits bemerkbar: Im ersten Halbjahr gingen die Spareinlagen bei den 53 Instituten um 0,2 Prozent auf knapp 47 Milliarden Euro zurück, die Termingelder nahmen sogar um 3,9 Prozent auf rund acht Milliarden Euro ab.

Neu ist das Thema aggressiver Konditionen von staatlich gestützten Kreditinstituten allerdings nicht. Lange Zeit beispielsweise hatten sich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mehr oder weniger deutlich über die Commerzbank mit ihrem kostenlosen Girokonto und einem Startguthaben von 50 Euro beschwert. Offenbar haben jedoch die an Zweigstellen ausländischer Banken abwandernden Einlagevolumina mittlerweile eine Größenordnung erreicht, die sie vermehrt zum Stein des Anstoßes werden lassen - erst recht angesichts des Damoklesschwertes "Bankenunion". Als Gruppe spielen die Zweigstellen im Vergleich zu den heimischen Instituten allerdings noch immer eine eher untergeordnete Rolle: Sie halten inzwischen einen Marktanteil von 2,3 Prozent an den Gesamteinlagen in Deutschland.

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