Frage an ...

... Stefan Winter - Muss Eigenhandel integrierter Bestandteil einer Investmentbank sein?

Die USA wollen das Geschäft der Banken auf eigene Rechnung eindämmen. Auch Europas Institute wären betroffen. Doch das Vorhaben wirft Fragen auf. Die eigentliche Lösung liegt bereits vor.

In die Diskussion um die Regulierung des Eigenhandels kommt derzeit Bewegung. Die Blicke vieler Finanzakteure richten sich vor allem auf die USA: Dort gibt es sehr konkrete Bestrebungen, den Eigenhandel von Banken stark einzuschränken. Die nach dem früheren Chairman der Federal Reserve Paul Volcker benannte Gesetzesverordnung (Volcker-Rule) soll im Sommer in Kraft treten. Auch europäische Großbanken wären von der Regel betroffen.

Eine komplexe Fragestellung

Konkret sollen der Handel etwa mit Aktien oder Rohstoffen auf eigene Rechnung - also ohne Auftrag des Kunden - sowie Investitionen in Hedgefonds und private Beteiligungsfonds weitgehend unterbunden werden. Gewisse Ausnahmen sind für den Handel mit Staatsanleihen und Devisen sowie die Marktpflege vorgesehen. Begründet wird die Maßnahme damit, dass die Banken Zugriff auf die stiacahtelircuhneg Einlagen und Zugang zu Liquidität der Notenbank haben und damit keine Geschäfte im Eigeninteresse machen sollen. Ursprünglich wollte Volcker den einlagengesicherten Banken den Eigenhandel sogar ganz verbieten. Auch in Großbritannien gibt es Bestrebungen der Politik, das Kleinkundengeschäft stärker vom Investment Banking - hier wird der Eigenhandel typischerweise angesiedelt - in Form verschiedener juristischer Einheiten zu trennen. Innerhalb der Europäischen Union werden derlei Maßnahmen derzeit häufig abgelehnt, weil sie nicht zum europäischen Universalbanksystem passen.

In der Tat ist die Fragestellung komplex. Gutes Kundengeschäft, böser Eigenhandel? So einfach ist die Sache nicht. Denn der Begriff Eigenhandel wird in der Diskussion oft anders verwendet als die Terminologie des Kreditwesengesetzes vorgibt (§ 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG "die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere"), wohingegen darunter häufig die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die keine Dienstleistung für Dritte darstellt, verstanden wird (vormals im KWG § 1 Abs. [1]a Satz 3 als "Eigengeschäft") definiert.

In der klassischen Definition umfasst der Eigenhandel alle Positionen, die die Bank kurzfristig auf das eigene Buch nimmt und auf eigenes Risiko eingeht, ohne dabei einen direkten Kundenauftrag zu haben. Dabei wird das Handelsbuch eingesetzt. Eigenhandel kann mittelbar aber auch aus dem Anlagebuch erfolgen, wenn die entsprechenden Kundengeschäfte nicht spätestens zum Geschäftsschluss glatt gestellt worden sind. Dann sind diese Geschäfte in das Handelsbuch umzuwidmen. Für eigene Handelszwecke verwenden Banken die gleichen Instrumente und Informationen, die auch im Kundengeschäft zur Verfügung stehen. Das trägt dazu bei, dass die personellen und sachlichen Handelskapazitäten höher ausgelastet werden.

Schwierige Abgrenzung

Von der klassischen Definition sind eigene Geschäfte abzugrenzen, die dazu dienen, von Kunden gewünschte Produkte und Dienstleistungen erst anbieten zu können. Das Problem: Diese notwendige Abgrenzung ist in der Praxis sehr schwierig. So ist es gemäß der Volcker-Rule für Banken natürlich erlaubt, weiterhin auf Rechnung von Kunden mit Wertpapieren zu handeln. Um Kunden schneller bedienen zu können, kaufen die Geldhäuser Wertpapiere, jedoch teilweise auf Vorrat.

Zudem sichern Banken ihren Kunden günstige Preise, indem sie große Losgrößen kaufen. Will ein Kunde zum Beispiel 100 Stück eines Pfandbriefs kaufen und ordert die Bank daraufhin 200 Stück, weil sie diese als Block günstig angeboten bekommt, um einen Mengenrabatt zu bekommen, hält die Bank die zweite Hälfte in ihren Büchern. Ist das nach der Volcker-Rule verbotener Eigenhandel? Wo ist die Grenze? Oft werden die übrigen Pfandbriefe später an weitere Kunden verkauft. Ein Verbot dieser Geschäfte jedenfalls würde die Kosten von Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und Stiftungen erhöhen.

Weitere eigene Geschäfte mit wichtigen Funktionen für Kunden lassen sich nennen. So stellen viele Banken beim sogenannten Marketmaking entsprechend den Börsenregularien in nicht so liquiden Wertpapieren An- und Verkaufskurse für Wertpapiere, um Kunden einen Handel und einen akzeptablen Spread zu gewährleisten. Das sichert die Liquidität. Auch diese Marktpflege erlaubt die Volcker-Rule daher zu Recht. Der eigene Handel mit erwarteten Schwankungsbreiten (Volatilitäten), eingebettet in strukturierte Produkte, ist da schon strittiger. Wahrscheinlich soll dieser eingedämmt werden. Dabei ist auch dieses Geschäft eine Voraussetzung, um die bei vielen Kunden beliebten Strukturen überhaupt erst anbieten zu können. Ein gewisser Eigenhandel ist auch deshalb von großer Bedeutung und sinnvoll, weil Banken eigene Risikopositionen absichern müssen. Auch dies erlaubt die Volcker-Rule ausdrücklich. Wann aber ist das Hedging einer Aktienposition zum Beispiel gegen Rezessionsrisiken verbotener Eigenhandel oder notwendiges Risikomanagement? Die Grenzen sind fließend.

Bereits diese Ausführungen zeigen: Die Abgrenzung zwischen Geschäften im Interesse der Bank und solchen, die im Interesse von Kunden abgewickelt werden, ist sehr schwierig. Ohnehin wäre bei einer scharfen Regulierung des Eigenhandels nichts gewonnen, wenn das Geschäft einfach zu weniger regulierten Finanzvehikeln abwandert, den sogenannten Schattenbanken, denen man auch eine Mitverantwortung für die Finanzkrise zuschreibt.

Eigenkapitalunterlegung als gangbarer Weg

Die Regulierungsrisiken sind klar: Auch ein teilweises Verbot des Eigenhandels kann zu höheren Kosten bei Investoren führen, das Angebot an gewünschten Produkten und Dienstleistungen einschränken, die Liquidität im Markt reduzieren und Aufsicht sowie Banken vor große Probleme stellen. Sinnvoller erscheint die Pflicht, den Eigenhandel mit Eigenkapital zu unterlegen, wie wir es auch heute schon in Europa seit Umsetzung der letzten Eigenkapitalrichtlinie (CRD III) kennen und wie es mit der Umsetzung von Basel III noch einmal strenger geregelt wird. Wenn eine Bank eigene Geschäfte betreiben will, muss sie dies eben mit Eigenkapital unterlegen. Die Eigenkapitalanforderungen steigen hierbei mit dem Risiko. Dann wird der Eigenhandel genau dort reduziert, wo er am riskantesten ist. Das kostet die Banken zwar auch Gewinne, lässt aber wichtige Geschäfte auch im Interesse des Kunden zu.

Aus europäischer Sicht wird man daher sagen können, dass schon die entsprechenden Vorschriften vorliegen, um das Ziel der Volcker-Rule zu erreichen. Die internationalen Eigenkapitalvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel III), die 2013 in Kraft treten sollen und von den teilnehmenden Staaten dann sukzessiv bis 2019 umgesetzt werden, führen zu noch einmal strengeren Standards. Am Rande sei bemerkt, dass die beiden Schweizer Großbanken in der Schweiz mit 19 Prozent Eigenkapital auf die risikogewichteten Aktiva demnächst sogar deutlich mehr Eigenkapital halten müssen, als Basel III vorsieht.

Fazit: Die Vorschrift, Eigenhandel mit Eigenkapital zu hinterlegen ist ein gangbarer Weg. In jedem Fall sollte die Regulierung global aufgestellter Banken keine Insellösung sein, sondern muss global erfolgen. Ein Alleingang der USA bei der Volcker-Rule wäre ebenso wenig wünschenswert wie ein Alleingang der Europäer bei BaselIII.

Die Zwischenüberschriften sind von der Redaktion eingefügt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X