Aufsätze

Steuerliche Behandlung der Mitgliederförderung bei Kreditgenossenschaften

Das klassische Geschäftsmodell von Genossenschaftsbanken wurde in den letzten Jahren immer stärker in Frage gestellt. Im Zuge der weitgehenden Verfügbarkeit und Austauschbarkeit von Bankdienstleistungen sowie der zunehmenden Preissensibilität der Kunden schien die bloße Mitgliedschaft bei einer Kreditgenossenschaft vordergründig weder besondere Wettbewerbsvorteile für die Genossenschaft noch besondere Vorteile für Mitglieder als Bankkunden zu vermitteln, zumal Nichtmitgliedern die Leistungen häufig zu gleichen Preisen wie Mitgliedern zur Verfügung stehen.

Durch die Finanzkrise ist zwar die besondere Sicherheit der Genossenschaftsbanken wieder stärker in den Vordergrund gerückt, gleichzeitig dürfte jedoch ein verschärfter Wettbewerb um die klassische Klientel der Kreditgenossenschaften zu erwarten sein. In diesem Umfeld bietet eine erfolgreiche Mitgliederförderung besondere Chancen für Genossenschaftsbanken, ihre Position im Wettbewerb zu behaupten und zu verbessern. Einfluss auf den Erfolg einzelner Maßnahmen zur Mitgliederförderung hat auch ihre steuerliche Behandlung, die im Mittelpunkt dieses Beitrages stehen soll.

Drei Formen der Mitgliederförderung bei Kreditgenossenschaften

Durch die Rechtsform der Genossenschaft hat eine Kreditgenossenschaft einen besonderen Förderauftrag, der nach § 1 Abs. 1 GenG "die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes" beinhaltet. Genossenschaftsbanken stehen grundsätzlich drei Wege zur Förderung ihrer Mitglieder zur Verfügung:

- Sie können im Geschäftsverkehr mit ihren Mitgliedern günstige Konditionen oder besondere Vorteile im Form von Rabatten, Boni und Nachlässen bieten.

- Sie können so genannte genossenschaftliche Rückvergütungen am Ende des Geschäftsjahres zahlen, mit denen die im Mitgliedergeschäft erwirtschafteten Überschüsse der Genossenschaft ganz oder teilweise an die Mitglieder im Verhältnis der mit den Mitgliedern getätigten Umsätze ausgekehrt werden.

- Sie können die Überschüsse der Genossenschaft nach Maßgabe der Geschäftsguthaben der Mitglieder in Form von Verzinsung der Geschäftsguthaben oder Zahlung von Dividenden verteilen.

Genossenschaftsbanken haben sich lange allein auf den dritten Weg der Mitgliederförderung konzentriert und häufig attraktive Erträge auf die Geschäftsguthaben ausgeschüttet. In jüngerer Zeit kamen zudem Beteiligungsfonds auf, bei denen die Mitglieder an den offenen Reserven beteiligt wurden, ohne diese Beträge zunächst auszuschütten.1) Allerdings ist der Umfang der zulässigen Geschäftsguthaben der Mitglieder regelmäßig stark eingeschränkt, sodass eine Mitgliederförderung in Form einer attraktiven Kapitalanlage nur begrenzt Zugkraft entfalten kann. Zudem besteht kein unmittelbarer Zusammenhang dieser Form der Mitgliederförderung zu den Mitgliedergeschäften und insoweit kein besonderer Anreiz, solche zu tätigen.

Rückvergütung und besondere Konditionen

Der zweite Weg der Mitgliederförderung über genossenschaftliche Rückvergütungen (zum Beispiel Zinsrückvergütungen auf Sollzinsen) ist dagegen unüblich, obwohl er stärkere Anreize für Mitglieder bieten könnte, Geschäfte mit der Kreditgenossenschaft zu tätigen. Maßstab für die Verteilung von Rückvergütungen sind grundsätzlich die tatsächlichen Mitgliederumsätze statt der Geschäftsguthaben.2)

Es handelt sich bei Rückvergütungen jedoch nicht um einen Preisnachlass oder Ähnliches für einzelne Umsatzgeschäfte, sondern um eine spezielle genossenschaftsrechtliche Form der Überschussverteilung.3) Rückvergütungen werden von Kreditgenossenschaften nur selten praktiziert, weil sie eine einheitliche Vergütung der Mitgliederumsätze in einer Sparte mit einem bestimmten Prozentsatz vorsehen und diese starre Struktur nur schwer auf das vielfältige Leistungsangebot einer Kreditgenossenschaft anwendbar ist.4)

Der dritte Weg der Mitgliederförderung, der im Mitgliedergeschäft besondere Konditionen, Rabatte und Boni vorsieht, ist in jüngerer Zeit verstärkt ins Auge gefasst worden. Stellvertretend für die vielen Möglichkeiten kann das vom Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken erstellte Konzept eines VR-Mitglieder-Bonus5) stehen. Ziel des Bonussystems ist es, Mitglieder gemäß der Intensität der Zusammenarbeit mit ihrer Bank zu belohnen.

In Abhängigkeit von Qualität und Umfang der tatsächlich getätigten Geschäfte mit der Bank erhält das Mitglied Bonuspunkte, etwa für Guthaben und Kredite, die im folgenden Jahr als Geldbetrag ausgezahlt werden. Die Bonuszahlungen reduzieren die Überschüsse der Bank, sodass die an alle Mitglieder unabhängig von der Zusammenarbeit auszuschüttende Dividende geringer wird. Nichtmitglieder erhalten trotz einer Kundenbeziehung zur Kreditgenossenschaft keine Boni. Das Bonusprogramm und die zu erzielenden Boni werden vorab ausgelobt, sodass der VR-Mitglieder-Bonus für die Kunden der Kreditgenossenschaft sowohl Anreize setzt, Mitglied zu werden als auch vermehrt Mitgliedergeschäfte zu tätigen.

Steuern auf Gewinnanteile (Dividenden, Verzinsung der Geschäftsguthaben)

Soweit eine Kreditgenossenschaft ihre Überschüsse nach Maßgabe der Geschäftsguthaben verteilt, liegen aus steuerlicher Sicht regelmäßig steuerlich nicht abzugsfähige Gewinnausschüttungen vor. Solche Überschüsse sind damit voll körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig, was zu einer Regelbelastung von zirka 30 Prozent führt.6) Die restlichen zirka 70 Prozent der Überschüsse können an die Mitglieder ausgekehrt werden, wobei die Genossenschaft bei Zahlung Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 26,375 Prozent einzubehalten hat, was den Nettobezug des Mitglieds weiter reduziert.

Das Mitglied erzielt mit dem Bruttozahlbetrag Kapitalerträge in Form von Gewinnanteilen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wobei die Besteuerung davon abhängt, ob die Genossenschaftsanteile in einem Betriebsvermögen (zum Beispiel gewerblicher Kunde) oder im Privatvermögen (zum Beispiel Privatkunde) gehalten werden. Im Betriebsvermögen sind 60 Prozent der Ausschüttungen mit dem für das Mitglied geltenden persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern, darauf wird die einbehaltene Kapitalertragsteuer angerechnet.

Im Privatvermögen unterliegen die Ausschüttungen der Abgeltungssteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 26,375 Prozent7), was regelmäßig mit der Kapitalertragsteuer abgegolten ist. Insgesamt kommen bei Gewinnausschüttungen nach Steuern zirka 50 Prozent der Überschüsse der Kreditgenossenschaft beim Mitglied an. Die Einrichtung von Beteiligungsfonds hat dabei steuerlich den Vorteil, dass die betroffenen Gewinnanteile (70 Prozent der zugrunde liegenden Überschüsse) zwar dem Mitglied zugewiesen werden, die Besteuerung beim Mitglied jedoch regelmäßig erst bei einer späteren Auszahlung erfolgt.8)

Besteuerung von genossenschaftlichen Rückvergütungen

Besondere Regeln: Nach § 22 KStG sind genossenschaftliche Rückvergütungen bei der Genossenschaft als Betriebsausgabe abziehbar, wenn die verwendeten Überschüsse im Mitgliedergeschäft erwirtschaftet wurden und die Rückvergütung nach der Höhe des Mitgliederumsatzes gezahlt wurde sowie bestimmten formalen Kriterien genügt. Der Begriff des Mitgliedergeschäfts im Sinne des § 22 KStG hat bislang nach herrschender Auffassung grundsätzlich alle Zweckgeschäfte einer Genossenschaft mit ihren Mitgliedern umfasst.9)

Der Bundesfinanzhof hat allerdings kürzlich entschieden, das dieser Begriff enger auszulegen ist und nur solche Geschäfte erfasst, die auf einem unternehmerischen Leistungsverhältnis zwischen Genossenschaft und Mitglied beruhen.10) Die kontroverse Entscheidung, die auch im Folgenden noch einmal anzusprechen sein wird, schließt vordergründig Arbeitnehmerproduktionsgenossenschaften von einer Anwendung des § 22 KStG aus und damit aus steuerlicher Sicht nichtselbstständige Tätigkeiten der Mitglieder.

Rechtsunsicherheit: Unklar bleibt nach der Entscheidung, ob ein unternehmerisches Leistungsverhältnis eng im Sinne einer betrieblichen Tätigkeit des Mitglieds (zum Beispiel Gewerbebetrieb) oder weit im Sinne einer selbstständigen Tätigkeit des Mitglieds (neben betrieblichen Tätigkeiten auch eigene Vermögensverwaltung) zu verstehen ist. Die Urteilsbegründung gibt beide Auslegungen her, da zwar überwiegend auf das Kriterium der selbstständigen Tätigkeit verwiesen wird, einmal jedoch auch (beispielhaft?) der Begriff betriebliche Tätigkeit verwendet wird. Kreditgenossenschaften mit ihrem heterogenen Mitgliederkreis sind von diesen Rechtsunsicherheiten besonders betroffen, da steuerlich abzugsfähige Rückvergütungen je nach Auslegung wegen des Fehlens von durchgehend betrieblichen Leistungsbeziehungen zu ihren Mitgliedern unmöglich werden könnten.

Betriebsausgabenabzug: Wenn Rückvergütungen als Betriebsausgabe abzugsfähig sind, unterliegen die damit verteilten Überschüsse bei der Genossenschaft grundsätzlich keiner Steuerbelastung und fließen den Mitgliedern zu 100 Prozent zu. Damit sind mit Rückvergütungen höhere Bruttozahlungen an die Mitglieder möglich als bei Dividendenzahlung. Beim Mitglied werden die zugeflossenen Rückvergütungen prinzipiell nach Maßgabe der zugrunde liegenden Leistungsbeziehungen und nicht als Gewinnanteile im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG besteuert.11)

Die Rückvergütungen unterliegen damit als Einnahmeerhöhungen oder Ausgabenminderungen (zum Beispiel Kreditzinsminderung) der Besteuerung nach den persönlichen steuerlichen Verhältnissen des Mitglieds und können bei Leistungsbeziehungen im privaten Bereich - die nach bisher herrschender Meinung im Rahmen des § 22 KStG möglich sind - sogar nicht steuerpflichtig sein. Wegen der Verlagerung der Besteuerung von Rückvergütungen auf das Mitglied können steuerliche Vorteile wie beispielsweise fehlende Gewerbesteuerpflicht des Mitglieds, Verrechnung mit Verlusten des Mitglieds, niedrigere kombinierte Steuerbelastung des Mitglieds als zirka 50 Prozent oder sogar Steuerfreiheit beim Mitglied realisiert werden.

Verdeckte Gewinnausschüttung?: Sofern Rückvergütungen nicht nach § 22 KStG als Betriebsausgabe abzugsfähig sind, sollen sie nach Auffassung der Finanzverwaltung verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.12) Die Besteuerung der Rückvergütungen entspricht in diesem Fall der Besteuerung von Gewinnanteilen, die bereits beschrieben wurde. Das Verhältnis zwischen dem Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung und § 22 KStG ist steuersystematisch jedoch komplexer. In der Literatur geht man mehrheitlich davon aus, dass genossenschaftliche Rückvergütungen nicht zwangsläufig verdeckte Gewinnausschüttungen sind, weil es dafür allein auf die Erfüllung der entsprechenden Tatbestandsmerkmale durch den verwirklichten Sachverhalt ankommt.13)

Dies ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.14) § 22 KStG hat insoweit keine Auswirkung auf die Auslegung der Tatbestandsmerkmale einer verdeckten Gewinnausschüttung, suspendiert jedoch deren Rechtsfolge, sofern die Voraussetzungen von § 22 KStG erfüllt sind. Über die genauen Grenzen des Tatbestands der verdeckten Gewinnausschüttung für Genossenschaften besteht freilich noch Unsicherheit, wie im Folgenden noch erörtert wird. Rückvergütungen werden häufig bereits wegen ihres stark mitgliedschaftlichen Bezugs als verdeckte Gewinnausschüttung aufgefasst.

Besteuerung von Bonusprogrammen (VR-Mitglieder-Bonus)

Abgrenzung: Preisnachlässe beziehungsweise Preisnachzahlungen (etwa Rabatte, Boni), welche eine Genossenschaft ihren Mitgliedern für konkrete Geschäfte gewährt, sind steuerrechtlich von genossenschaftlichen Rückvergütungen abzugrenzen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt ein entscheidender Unterschied darin, dass Rabatte und Boni bereits bei Abschluss des Geschäftes vereinbart werden beziehungsweise allgemeinen Handelsbräuchen entsprechen, während eine Rückvergütung erst nach Abschluss des Geschäftsjahres beschlossen wird.15)

Zudem sind Rabatte und Boni dadurch gekennzeichnet, dass sie im Interesse der Genossenschaft gewährt werden, um Anreize zur (vermehrten) Inanspruchnahme einzelner Leistungen der Genossenschaft zu geben oder um die Kundenbeziehung zu festigen.16) Sie hängen vom Umsatz oder anderen leistungsspezifischen Größen ab, ohne dass es auf das erzielte Gesamtergebnis der Genossenschaft ankommt. Eine Rückvergütung soll dagegen allein im Interesse der Mitglieder gewährt werden und sich nach dem erzielten Gesamtergebnis der Genossenschaft und der gesamten Inanspruchnahme der Leistungen der Genossenschaft durch die Mitglieder (Gesamtbezug) richten.17) Rabatte und Boni sind nach allgemeinen Grundsätzen als Betriebsausgabe steuerlich abziehbar18), sofern nicht steuerrechtlich eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.

Betriebsausgabenabzug: Führen Rabatte und Boni zu einem Betriebsausgabenabzug, so wird die Besteuerung analog zu Rückvergütungen im Sinne des § 22 KStG auf das Mitglied verlagert, das heißt es erfolgt grundsätzlich keine steuerliche Belastung bei der Genossenschaft, der Vorteil gelangt zu 100 Prozent zum Mitglied und wird von diesem nach Maßgabe der zugrunde liegenden Leistungsbeziehung und der persönlichen Besteuerungsmerkmale versteuert.

Für das Konzept des VR-Mitglieder-Bonus bedeutet dies beispielsweise, dass Boni für Einlagen und Banksparraten zusätzliche Kapitalentgelte (Zinsen), Boni für Kredite nachträgliche Kreditzinsminderungen und Boni auf Wertpapierkäufe beziehungsweise Wertpapiersparpläne nachträgliche Anschaffungskostenminderungen darstellen und entsprechend steuerlich beim Mitglied zu berücksichtigen sind beziehungsweise auch steuerfrei sein können. Analog zu den Überlegungen zu Rückvergütungen im Sinne des § 22 KStG können steuerliche Effekte den Fördereffekt von abzugsfähigen Rabatten und Boni verstärken. Sind Rabatte und Boni dagegen als verdeckte Gewinnausschüttung zu besteuern, so entspricht dies der Besteuerung von Gewinnanteilen, wie sie zuvor beschrieben wurde. Eine Kreditgenossenschaft wird deshalb bestrebt sein, ein Bonusprogramm für Mitglieder steuerlich abzugsfähig zu gestalten.

Rechtsprechung: Bei der Auslegung des Tatbestandes der verdeckten Gewinnausschüttung für Genossenschaften ist nicht ganz klar, ob die strengen Regelungen für Kapitalgesellschaften ohne Einschränkung anwendbar sind oder ob die Auslegung die abweichenden Verhältnisse bei Genossenschaften berücksichtigen muss. In den achtziger und neunziger Jahren ließen die wenigen Urteile des Bundesfinanzhofs zu Genossenschaften insbesondere folgende Abweichungen erkennen: Bei der Frage der Veranlassung einer Zahlung durch das Genossenschaftsverhältnis ist der Maßstab das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft unter Berücksichtigung des besonderen Förderzwecks nach § 1 Abs. 1 GenG.19) Im Mitgliedergeschäft muss die Genossenschaft wegen des besonderen Förderzwecks keine Gewinne anstreben.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt damit grundsätzlich nicht vor, solange Leistungsentgelte im Mitgliedergeschäft kostendeckend erhoben werden.20) Der erhebliche Unterschied zu Kapitalgesellschaften besteht darin, dass der Maßstab dort Geschäfte zu Nichtgesellschaftern sind (Drittvergleich).21) Eine Kapitalgesellschaft darf für ihre Gesellschafter nur mit einem angemessenen Gewinnzuschlag tätig werden, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden.22)

Die möglichen Unterschiede werden in besonderem Maße bei einem Bonusprogramm wie dem VR-Mitglieder-Bonus deutlich, mit dem die Kreditgenossenschaft ihren Mitgliedern Boni einräumt und den Nichtmitgliedern nicht. Bei Kapitalgesellschaften würde eine Bevorteilung der Gesellschafter ein starkes Indiz für eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Bei Genossenschaften ist dagegen die Bevorzugung der Mitglieder im Fördergeschäft gegenüber der erwerbswirtschaftlichen Gewinnmaximierung im Nichtmitgliedergeschäft genossenschaftsrechtlich geradezu geboten.23) Es wäre grotesk und widersprüchlich, wenn der Förderzweck des § 1 Abs. 1 GenG zwar steuerlich mit der Akzeptanz einer lediglich kostendeckenden Tätigkeit der Genossenschaft anerkannt, gleichzeitig aber mit der Forderung nach Gleichbehandlung der Nichtmitglieder deformiert würde.

Ein Drittvergleich kann insoweit für Genossenschaften nicht einschlägig sein.24) Für die steuerliche Anerkennung eines Bonusprogramms sollte im Hinblick auf § 1 Abs. 1 GenG vielmehr ausreichend sein, dass die Boni wie beim VR-Mitglieder- Bonus vorab im Rahmen des Leistungsaustauschs mit dem Mitglied vereinbart beziehungsweise ausgelobt werden, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots nur für die tatsächlich getätigten Zweckgeschäfte mit den Mitgliedern gewährt werden und für die einzelnen Mitgliedergeschäfte kostendeckend kalkuliert sind.25)

Neue Rechtsunsicherheit: In der schon erwähnten jüngeren Entscheidung10) bezüglich der Rückvergütungen bei einer Arbeitnehmerproduktionsgenossenschaft stellt der Bundesfinanzhof allerdings auf die Tatbestandsmerkmale bei Kapitalgesellschaften und den Drittvergleich ab, um die Rückvergütungen als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Auf die Widersprüche zur früheren Rechtsprechung und die Besonderheiten bei Genossenschaften ging der Bundesfinanzhof nicht ein, was möglicherweise auch an den Besonderheiten des Sachverhalts lag. Gleichwohl ist durch das Urteil das Risiko gestiegen, dass eine Bonusgewährung nur für Mitglieder wie beim VR-Mitglieder-Bonus nach den Umständen des Einzelfalls als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert werden könnte. Für die nötige Rechtssicherheit kann im Einzelfall eine Verständigung mit der Finanzverwaltung im Rahmen einer verbindlichen Auskunft angestrebt werden.

Rechtssichere Wege aufzeigen

Es spricht vieles dafür, die Mitgliederförderung bei Kreditgenossenschaften nicht auf eine hohe Dividende zu reduzieren, sondern die Mitgliedergeschäfte selber zu fördern. Während das klassische Instrument der genossenschaftlichen Rückvergütung bei Kreditgenossenschaften schwer zu handhaben ist, sind Rabatt- oder Bonusprogramme deutlich flexibler und einfacher einzusetzen. Mit beiden Instrumenten können bei der Anerkennung des Betriebsausgabenabzugs steuerliche Vorteile durch die Verlagerung der Besteuerung auf das Mitglied realisiert werden, was die Anreizwirkung erhöhen kann. Aus steuerlicher Sicht bestehen aber auch Rechtsunsicherheiten beim Einsatz dieser Instrumente. Es wäre wünschenswert, wenn Finanzverwaltung oder Gesetzgeber rechtssichere Wege aufzeigen würden, wie der besondere Förderauftrag nach § 1 Abs. 1 GenG im Rahmen der Besteuerung von Kreditgenossenschaften umzusetzen ist.

Fußnoten

1) Vgl. zu diesen Modellen Bobinger, ZfgG 2005, Seiten 249 ff.

2) Vgl. Zülow/Schubert/Rosiny, Die Besteuerung der Genossenschaften, Kommentar, 7. Aufl. München 1985, Seite 149.

3) Vgl. BGH vom 9. Oktober 1963, Ib ZR 50/62, NJW 1964, Seite 355.

4) Vgl. Bobinger, ZfgG 2005, Seite 252.

5) Informationen dazu beim BVR. Siehe auch Bank-Information, Heft 2/2009, Seiten 16 ff.

6) Körperschaftsteuersatz 15 Prozent, einschließlich Solidaritätszuschlag 15,825 Prozent. Die Gewerbesteuer ist dagegen vom Hebesatz abhängig und beträgt bei 400 Prozent Hebesatz 14 Prozent.

7) Es gelten Besonderheiten für den Fall der Kirchensteuerpflicht sowie für den Fall niedrigerer Steuersätze für das Resteinkommen des Mitglieds, siehe § 32d EStG.

8) Vgl. Bobinger, ZfgG 2005, Seite 251.

9) Vgl. statt vieler Felder, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer (Kommentar), Stuttgart 2007, § 22 KStG n. F., Tz. 17; Frotscher, in: Frotscher/Maas, Kommentar zum Körperschaft- und Umwandlungssteuergesetz, Freiburg 2006, § 22 KStG, Rn. 5. Siehe auch die Finanzverwaltung in A 70 KStH i. V.m. A 20 Abs. 6 Nr. 1a) KStR. A. A. vor der jüngsten BFH-Rechtsprechung allein Herlinghaus, DStZ 2003, Seite 868.

10) Vgl. BFH vom 24. April 2007, I R 37/06, BB 2007, Seiten 1660 ff.

11)Vgl. Frotscher, a.a. O. (Fn. 9), § 22 KStG, Rn. 20.

12) A 70 Abs. 13 KStR.

13) Vgl. Felder, a.a. O. (Fn. 9), Tz. 51; Frotscher, a.a. O. (Fn. 9), Anhang zu § 8 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung), Rn. 302 "Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften"; Herzig, BB 1990, Seite 607; Herlinghaus, DStZ 2003, Seiten 866 ff.; Lohmar, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, Köln 2005, § 22 KStG, Rn. 10, 13; Zülow/Schubert/Rosiny, a.a. O. ( Fn. 2), Seite 153.

14) Vgl. BFH vom 9. März 1988, I R 262/83, BStBl II 1988, Seite 592; BFH vom 24. April 2007, I R 37/06, BB 2007, Seiten 1660 ff.

15) A 70 Abs. 2 KStR.

16) Vgl. statt vieler Felder, a.a. O. (Fn. 9), Tz. 5; Frotscher, a.a. O. (Fn. 9), § 22 KStG, Rn. 2; Zülow/Schubert/Rosiny, a.a. O. (Fn. 2), Seiten 149 ff.

17) Vgl. entsprechend BFH vom 28. November 1968, I 47/65, BStBl II 1969, S. 245; BFH vom 10. Dezember 1975, I R 192/73, BStBl II 1976, Seite 351.

18) A 70 Abs. 2 KStR.

19) Vgl. BFH vom 11. Oktober 1989, I R 208/85, BStBl II 1990, Seite 88; BFH vom 20. Januar 1993, I R 55/92, BStBl II 1993, Seite 376.

20) Vgl. BFH vom 11. Oktober 1989, I R 208/85, BStBl II 1990, S. 88. Siehe auch Frotscher, a.a. O. (Fn. 9), Anhang zu § 8 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung), Rn. 302 "Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften"; Lohmar, a.a. O. (Fn. 13), § 22 KStG, Rn. 13 (Loseblatt, Stand April 2003).

21) Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH vom 16. März 1967, I 261/63, BStBl. III 1967, Seite 626; BFH vom 7. August 2002, I R 2/02, BStBl. II 2004, Seite 131.

22) Vgl. etwa BFH vom 21. Dezember 1972, I R 70/70, BStBl II 1973, S. 449; BFH vom 17. Februar 1993, I R 1993, BStBl II 1993, Seite 457; BFH vom 17. Oktober 2001, I R 103/00, BStBl II 2004, Seite 171.

23) Vgl. ausführlich Beuthin, DStR 2007, Seiten 184f9f .

24) Vgl. Beuthin, DStR 2007, Seite 1851; Bobinger, ZfgG 2005, Seite 256.

25) Bobinger, ZfgG 2005, Seite 257.

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