Leitartikel

Suche nach der richtigen Balance

Wer in der exportgetriebenen Wirtschaft Deutschlands den heftigen Wettbewerb um die Mittelstandskunden gewinnen will, muss eine gleichermaßen aktive wie qualifizierte Firmenkundenbetreuung im internationalen Geschäft anbieten. Denn auch für kleinere und mittlere Unternehmen sind Außenhandelsaktivitäten längst zu einer wichtigen Geschäftsgrundlage geworden. Schon im vergangenen Jahr bescheinigte das BMWi in einer Mittelstandsbroschüre jedem zweiten deutschen Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen zwei und zehn Millionen Euro Aktivitäten im Rahmen von Exporten, Importen und Direktinvestitionen auf den Weltmärkten - und zwar mit zunehmender Tendenz.

Wenn die Sparkassenorganisation, die nach wie vor für immerhin rund 40 Prozent des Mittelstandes die Hausbankfunktion reklamiert, in diesem wichtigen Marktsegment ihre Marktstellung behaupten will, muss sie auch auf diesem Feld ihre Kompetenz nachweisen und möglichst ausbauen. Um das Auslandsgeschäft nicht noch mehr zum Einfallstor für große in- und ausländische Wettbewerber werden zu lassen, würde ein geschlossener Auftritt der S-Gruppe im Ausland weiterhelfen. So wurde Ende vergangenen Jahres an dieser Stelle seitens des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sanft angemahnt (ZfgK 24-2013). Und ganz ähnlich war es aus den Reihen der Großsparkassen zu hören, die sich ihrerseits nicht zuletzt mit Blick auf die Dienstleistungsfunktion der Landesbanken ein zukunftsfähiges Konzept wünschen.

Ein schon jetzt bemerkenswerter, vielleicht sogar wegweisender Schritt in diese Richtung ist seit Ende August 2014 mit der Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens zwischen der Helaba, der Gruppe der 25 Großsparkassen und BNY Mellon vollzogen. Zunächst auf die Region Südost-Asien, Indien und China (APAC) beschränkt, nutzen die hiesigen S-Kooperationspartner die Infrastruktur dieses globalen Finanz- und Servicedienstleisters zur Abwicklung von Auslandsgeschäften und zur gegenseitigen Vermittlung von Partnern über gezielte Marketingaktionen vor Ort. Weitere Institute der Sparkassen-Finanzgruppe werden ausdrücklich ermuntert, sich der Vereinbarung anzuschließen.

Just diese erklärte Offenheit des Projektes für weitere S-Partner hat es sicher auch dem eigentlich zur Neutralität angehaltenen DSGV-Präsidenten erleichtert, die Aktivitäten der Helaba in diesem Geschäftsbereich schon in der Pressemitteilung der drei Partner zu begrüßen und die Kooperation als einen wichtigen Schritt der Gruppe zu bewerten, dem weitere folgen. Ganz offensichtlich stuft der DSGV damit die Dienstleistungen rund um die Begleitung des Mittelstandes ins Ausland als einen strategischen Wettbewerbsfaktor ein, den die gesamte Gruppe im Zweifel lieber gemeinsam konkurrenzfähig weiterentwickeln sollte, statt verschiedene Konzepte aus dem Sparkassenlager dem Angriff der Wettbewerber auszusetzen.

Gerade im Exportgeschäft ihrer Kunden, so hatten die Großsparkassen in den vergangenen Jahren immer wieder selbstkritisch feststellen müssen, blieb ihr Marktanteil spürbar hinter anderen Segmenten des Mittelstandsgeschäftes zurück. Trotz forcierter Anstrengungen der einzelnen Häuser selbst und/oder der Nutzung des vorhandenen beziehungsweise verbliebenen Netzwerkes der Landesbanken konnten diese Defizite nicht ausgeräumt werden. In der Praxis läuft die Abwicklung der Exporte ihrer Firmenkunden immer noch häufiger über die vor Ort tätigen Großbanken als es dem Sparkassenlager lieb sein kann. An solchen Transaktionen beteiligt ist neben den hiesigen Wettbewerbern und anderen ausländischen Großbanken auch BNY Mellon, die mit ihrem Netzwerk weltweit vertreten ist. Was lag angesichts dieser ernüchternden Bestandsaufnahme seitens der Arbeitsgruppe der Großsparkassen also näher als schon im vergangenen Jahr erste Kontakte zu BNY Mellon aufzunehmen? Viele G25-Institute arbeiten auf anderen Feldern ohnehin verlässlich mit dem Dienstleister zusammen, und die Kooperation hat den zusätzlichen Charme, dass BNY im klassischen Firmengeschäft in Deutschland keine eigenen Ambitionen hat.

Ob es seitens der Arbeitsgruppe der Großsparkassen (G25) just diese Furcht vor einer Kannibalisierung von eigenen Geschäftsfeldern im Inland ist, die die Helaba zum auserwählten Kooperationspartner gemacht hat, wird natürlich so deutlich nicht kommuniziert. Aber man traut der Landesbank mit ihrem Faible für kalkulierbare Risiken im Kreise der Großsparkassen und darüber hinaus offensichtlich zu, den Sparkassen vor Ort in der Außenhandelsfinanzierung wie auch im sonstigen Mittelstandsgeschäft ihre eigenen Geschäftsspielräume zu lassen und sich auf Dienstleistungen an jene Sparkassen innerhalb und außerhalb ihrer traditionellen Geschäftsregionen zu beschränken, die keine eigenen Abteilungen für dieses Geschäftsfeld aufbauen wollen. Das ist im Übrigen eine Gleichgewichtsübung, die die Frankfurter Landesbank auch mit ihrer Private-Banking-Tochter Frankfurter Bankgesellschaft zu praktizieren sucht.

Unter den Landesbanken wäre im jetzigen Stadium wohl ohnehin nur die LBBW für ähnliche Aktivitäten infrage gekommen. Aber die Stuttgarter Landesbank wird von den Sparkassen vor Ort offenbar deutlich stärker als die Helaba als Konkurrent in der ganzen Breite des Mittelstandsgeschäftes wahrgenommen. Zwar hat auch die Frankfurter Landesbank bisher keinen besonderen Fokus auf die Außenhandelsfinanzierung gelegt. Sie kann sich angesichts ihrer Verschonung durch Brüsseler-Verfahren allerdings schon seit Jahren gründlicher als andere ihrer Schwesterinstitute der strategischen Erschließung von hoffentlich zukunftsträchtigen Ertragsquellen im Dienstleistungsgeschäft für Sparkassen widmen. In diesem besonderen Bereich des Außenhandels kann sie zudem zum Teil auf vorhandenes Know-how der früheren WestLB zurückgreifen. Und sie ist insbesondere für die großen Sparkassen aus Nordrhein-Westfalen ohnehin das natürliche Verbundinstitut. Von der Bayern-LB über die HSH Nordbank bis hin zur Nord-LB stehen zudem die anderen Landesbanken derzeit viel zu sehr unter den Beschränkungen des Brüsseler-Verfahrens und/oder den möglichen Anforderungen nach der Veröffentlichung von AQR und Stresstest durch die EZB, um allzu offensiv neue Geschäftsstrategien zu forcieren. Wenn freilich die Veröffentlichung der EZB-Ergebnisse überstanden ist und die Verhältnisse im öffentlich-rechtlichen Bankensektor zukunftsgerichtet geordnet sind, wird man sicher mit Interesse beobachten dürfen, ob weitere Kooperationspartner hinzukommen. Zu den ungeliebten Zeiten mit eigenen Auslandsaktivitäten jeder Landesbank will die Sparkassenbasis in den Regionen sicher nicht zurück.

Auch für einen globalen Dienstleister wie BNY Mellon bietet die Kooperation eine Chance. Er kann künftig mit der Marke der größten deutschen Bankengruppe um die finanzielle Abwicklung von Außenhandelsaufträgen werben und hat damit seinerseits berechtigte Aussicht, ansehnliche Volumina auf seine ohnehin vorhandene globale Plattform zu bringen. Folgerichtig ist bei dem Servicedienstleister durchaus die Bereitschaft zu spüren, das Projekt auf andere Regionen mit seinem ähnlich dichten Korrespondenzbankennetz auszuweiten - beispielsweise auf den Mittleren Osten und Afrika.

Ob das Projekt insgesamt ohne Störfeuer zum Erfolg wird, hängt also maßgeblich von der Balance ab. Alle Partner müssen es gebührend forcieren und sich dabei genügend Freiraum für eigenes Geschäft lassen. Das freilich ist eine Übung, die im Sparkassenlager längst nicht immer gelingt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X