Aufsätze

Transparenz und Qualität bei Verbriefungstransaktionen - der Beitrag moderner IT-Technik

Ausgehend von den USA kam es Mitte 2007 zu einer weltweiten Finanzkrise, deren Dimension viele überraschte. Die schlimmste Folge war ein bis heute andauernder, erheblicher Vertrauensverlust der Marktteilnehmer untereinander, der zu einer regelrechten Risikoaversion führte. Die Nachfrage nach Verbriefungspapieren versiegte fasst völlig und führte zu unverhältnismäßig hohen Spreads, selbst wenn es sich bei den zugrunde liegenden Krediten um Portfolios höchster Bonität handelte.

Neue Vertrauensbasis gesucht

Nach Meinung von Marktkennern gibt es nur einen Weg aus der Krise: Es muss eine neue Basis gegenseitigen Vertrauens gefunden werden. Alle Marktteilnehmer sind gleichermaßen aufgerufen, die notwendigen Veränderungen in Gang zu setzen. Originatoren, Investoren, Aufsicht und Ratingagenturen müssen ihren Anteil leisten. Durch den in den letzten Jahren stark gewachsenen Verbriefungsmarkt und immer komplexere Strukturen haben Transparenz und Datenqualität bezüglich der zugrundeliegenden Kreditrisiken erheblich gelitten. Nur wenn alle für eine Kaufentscheidung relevanten Faktoren transparent sind, und diese auf Grundlage einer hohen Datenqualität aufbereitet wurden, ist eine realistische Risikoeinschätzung möglich. Bestrebungen um mehr Transparenz und Qualität sind deshalb unverzichtbar, um die erforderliche Vertrauensbasis wieder herzustellen.

Eine wesentliche Ursache für die heute vom Markt kritisierte mangelnde Transparenz ist in der hohen Komplexität des Verbriefungsprozesses selbst zu suchen. Seit Jahren verbriefen Finanzinstitute ihre im Normalfall gut besicherten Forderungen, wie etwa gewerbliche und private Hypothekarkredite, um so Risiken aus der eigenen Bilanz zu nehmen und an Dritte zu transferieren. Motive sind in der Regel eine höhere Risikodiversifizierung, die Freisetzung von gebundenem Eigenkapital und eine Verbesserung der Liquidität.

Der Verbriefungsprozess läuft dabei über mehrere Stufen beziehungsweise Handlungsebenen mit einer Vielzahl von Beteiligten. Typischerweise sind neben dem verbriefenden Institut und den eigentlichen Investoren eine zu diesem Zweck gegründete Einzweckgesellschaft (SPV), Ratingagenturen, Arrangeure, gegebenenfalls ein Servicer sowie weitere Parteien, wie etwa Rechtsanwälte, involviert. Dabei kommt es über den Gesamtprozess gesehen über die verschiedenen Handlungsebenen hinweg - meist zu einem Verlust an Information. Es entstehen Informationsasymmetrien: ursprünglich beim Originator bestehende, detaillierte Kenntnisse zu den im verbrieften Portfolio inhärenten Kreditrisiken gehen nicht selten über die einzelnen Stufen einer Verbriefungstransaktion verloren. Dies geschieht insbesondere dann, wenn die originären Kreditrisiken mehrmals verbrieft wurden, wie zum Beispiel bei der Verbriefung eines CDO-Portfolios.

Der Käufer einer Tranche steht am Ende dieser Kette. Ihm fehlen in der Regel die Details zu den eigentlichen Kreditrisiken und den vorhandenen Sicherheiten im zugrunde liegenden Portfolio. Er muss sich für seine Risikoeinschätzung zwangsläufig auf die von den Originatoren vorgelegten Reportingunterlagen und die Beurteilungen der Ratingagenturen verlassen.

Konsequenzen für die Marktteilnehmer?

Die Aufsichtsorgane werden aus der anhaltenden Krise Konsequenzen ziehen und sich ein besseres Verständnis über die Risikostrukturen verschaffen. Gab es bisher seitens der Aufsicht lediglich Ad-hoc-Anfragen zur Auskunft über bestimmte Risiken, ist künftig mit einem größeren Engagement der Aufsicht zu rechnen. Auch wird es zu Anpassungen des regulatorischen Rahmenwerks kommen, erste konkrete Vorschläge gibt es schon. Erwartet wird, dass die Anforderungen an Transparenz und Qualität der Datenbasis für Verbriefungen insgesamt deutlich steigen.

Auch dürften die stark in die Kritik geratenen Ratingagenturen künftig mit erhöhten Transparenz- und Reportinganforderungen an Originatoren herantreten. Die Ratingagenturen sehen sich gezwungen, ihre bisherigen Ratingmodelle weiter zu verbessern. Dies wird voraussichtlich erhöhte Informationsanforderungen mit sich bringen. Schließlich haben Ratingnoten eine wichtige Funktion im Markt, jedoch gilt es für die Ratingagenturen nun Vertrauen des Marktes in ihre Bonitätsbeurteilungen wieder herzustellen.

Für Investoren gilt es in erster Linie, nach den gemachten Erfahrungen ihr institutseigenes Risikomanagementsystem einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Dabei werden sie sich zunächst mit verbesserten internen Risikomessmethoden sowie Limitsystemen auseinandersetzen, um darauf basierend konkrete Investment-Guidelines entwickeln zu können. Verließen sich Investoren bisher bei der Prüfung der zu übernehmenden Kreditrisiken weitgehend auf das Urteil von Ratingagenturen, werden sie künftig verstärkt Investorenreports einfordern, die noch differenziertere Informationen zum geplanten Investment liefern. Auch seitens der Investoren werden daher die Anforderungen an Transparenz und Qualität der einer Verbriefung zugrunde liegenden Portfolios steigen, um eine adäquate Einschätzung der Kreditrisiken vornehmen zu können.

Banken, die das Instrument Verbriefung auch künftig zur gezielten Risikosteuerung und/oder Refinanzierung in der Rolle des Originators nutzen möchten, müssen ihre Anreizsysteme für den Kreditvertrieb überdenken und ihren gesamten Kreditvergabeprozess, einschließlich der bisher eingesetzten Bonitätsprüfungsverfahren, analysieren und optimieren. Steigende Informationsanforderungen hinsichtlich der Qualität und Transparenz an die verbriefenden Institute werden künftig vor allem von den Investoren, aber auch seitens der Aufsicht und der Ratingagenturen erwartet. Originatoren müssen sich damit auch auf steigende Anforderungen der Datenhaltung und Datenbereitstellung für das Reporting von Verbriefungen einstellen. Andernfalls werden Risikotransfers und/oder Refinanzierungen für ein Institut künftig, wenn überhaupt, dann nur zu hohen Spreads möglich sein.

Langfristig auf Standards setzen

Wie sieht ein Lösungsansatz aus, der einerseits die genannten, sich erst langsam abzeichnenden Veränderungen einbezieht und andererseits möglichst zeitnah umzusetzen ist? Denn die Finanzkrise ist in erster Linie eine Vertrauenskrise, die so schnell wie möglich behoben werden muss.

Zunächst sind die Marktteilnehmer gefragt, nachhaltige Standards zu entwickeln, die dauerhaft für mehr Transparenz und Qualität im Verbriefungsmarkt sorgen. Nur so lässt sich das gegenseitige Vertrauen wieder herstellen; und eine verstärkte Regulierung des Marktes vermeiden. Hierzu gehören zum einen für alle Marktteilnehmer verbindliche Richtlinien für die Informationsweitergabe und für den Verbriefungsprozess. Zum anderen sind die Ratingverfahren weitgehend offenzulegen und die bestehenden aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen (siehe Abbildung). Diese Veränderungen sind eher mittel- bis langfristig zu sehen. Dennoch tragen sie ganz wesentlich zu einer Verbesserung der derzeitigen Situation bei und müssen deshalb zügig angestoßen werden. Bis diese grundsätzlichen Rahmenbedingungen für ein neu aufzubauendes Vertrauen im Verbriefungsmarkt greifen, sollte die Zeit genutzt werden, um so schnell wie möglich die Voraussetzungen zur Steigerung der Reportingqualität im eigenen Institut zu schaffen. Dies betrifft in erster Linie die Originatoren.

Verbriefungen werden ein wichtiges Instrument des Risikotransfers am Kapitalmarkt bleiben. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist: Ratingagenturen und Investoren muss eine objektive Beurteilung der Risikolage der angebotenen Portfolios ermöglicht werden. Nur dann wird die Nachfrage nach ABS-Papieren seitens der Investoren wieder anziehen.

Ein wichtiger Ansatzpunkt, um eine nachhaltige Verbesserung der Reportingfähigkeit zu erreichen ist, die aktuell für eine Verbriefung eingesetzten Verfahren, Methoden und Unterstützungssysteme zu analysieren und zu verbessern. Glaubt man den Berichten von Marktbeobachtern, beschränkt sich die derzeit in den Instituten für Verbriefungen eingesetzte, in der Regel eigenentwickelte Software in vielen Fällen darauf, Aktiv- und Passivgeschäft zu verbinden. Viele Arbeitsschritte erfolgen dabei noch manuell - mit der Folge, dass das Fehlerpotenzial entsprechend hoch und eine gesicherte Datenbasis für ein transparentes Portfoliomanagement als auch Reporting kaum zu realisieren ist.

Technische Voraussetzung schaffen

Historisch gewachsene, heterogene Systemlandschaften bilden in vielen Instituten beachtliche Hürden für geplante Verbriefungstransaktionen. Unabhängig davon, ob für das Management von Verbriefungstransaktionen Eigenentwicklungen oder moderne Standardsysteme zum Einsatz kommen, hakt es häufig an der Schnittstelle zu den bestandsführenden Systemen. Sowohl die Finanzierungsdaten als auch die Daten zu den Sicherheiten, etwa Immobilien, werden zum Teil in getrennt geführten Systemen und unterschiedlicher Qualität vorgehalten. Sollen diese zusammengeführt werden, treten in der Praxis oft Inkonsistenzen auf. Auch stehen nicht immer alle für einen Verbriefungsprozess benötigten Daten zur Verfügung. Der Aufwand für eine manuelle Bereinigung und Anreicherung der Daten ist entsprechend hoch.

Ein pragmatischer Lösungsansatz ist ein Vorgehen in Teilschritten. Ziel ist es, im Vorfeld eines Verbriefungsprozesses möglichst alle potenziellen Fehlerquellen im Zusammenhang mit der Datenaufbereitung konsequent auszuschließen. Aufwendige und fehlerträchtige Behelfslösungen sind möglichst durch IT-gestützte Prozesse zu ersetzen. Eine Möglichkeit besteht darin, die bisher in den operativen Systemen getrennt geführten Daten mittels IT-gestützter Tools und Methoden über eine Plattform logisch zu verknüpfen. Dies ermöglicht eine Gesamtsicht auf die verfügbaren Forderungen. Ziel sollte es sein, eine zentrale Portfoliosteuerungsplattform aufzubauen.

Allein dieser standardisierte, methodengestützte Prozess führt bereits zu einer deutlich höheren Wertschöpfung. So kommen unplausible Daten sehr schnell zum Vorschein, die Zugriffsgeschwindigkeit steigt ebenso wie die Analysequalität. In einem weiteren Schritt werden die vorhandenen Daten zum Portfolio mit externen Informationen, wie etwa Marktratings, Vergleichspreisen, sonstigen marktrelevanten Kennziffern und ermittelten Marktwerten von spezialisierten Anbietern angereichert. Eine nach diesem Ansatz aufbereitete Datenbasis ermöglicht bereits eine sehr effektive Portfoliogestaltung und -analyse. In den meisten Instituten kommen für diese Aufgabe selbst entwickelte Verfahren und Software zum Einsatz. Mehr Effizienz und Transparenz versprechen jedoch moderne, spezialisierte Standardlösungen für das Management von Verbriefungstransaktionen. Für den Transfer vorgesehene Portfolios können damit optimal gestaltet, abgewickelt überwacht und verwaltet werden.

Reportingfähigkeit durch Standardlösungen verbessern

Diese Standardsysteme für Portfoliomanagement und -analyse greifen, soweit sinnvoll und möglich, in Echtzeit auf den für eine Transaktion benötigten, im Vorfeld aufbereiteten Datenbestand zurück. Praxisnahe Funktionen erlauben beispielsweise verbriefungsfähiges Material zu selektieren und zu bündeln. Auch ermöglichen sie eine Beurteilung des Portfolios auf der Grundlage standardisierter Profitabilitäts-Checks oder Kennzahlenberechnungen. Gleichzeitig bieten entsprechend ausgestattete Systeme einen Überblick über die Investments im Bereich Verbriefung und über die gehaltenen Positionen.

Zentraler Vorteil dieser Systeme: für Gespräche mit Ratingagenturen, Aufsicht oder Prüfern steht das Reporting auf Knopfdruck bereit - in skalierbarer Informationstiefe und Aufarbeitung. Neben einer Verbesserung der Risikomessung ist auch eine schnellere Reaktion auf Marktveränderungen gegeben. Ein fast zwangsläufig eintretender Nebeneffekt ist, dass die internen Ressourcen entlastet und damit Kosten gesenkt werden (Abbildung). Dies gilt vom ersten Aufsetzen einer Verbriefungstransaktion bis hin zu den regelmäßig zu bewältigenden Berichtsterminen. Ein wesentlicher Aspekt ist eher in die Zukunft gerichtet: Dass Investitionen in Verbriefungen und in andere Instrumente des Risikotransfers mit dem allgemeinen Risikomanagement Framework übereinstimmen sollten, setzt sowohl entsprechende Risikomodelle als auch IT-Systeme voraus.

Engpass Zeit überwinden

Standards für transparente, zeitnahe Reportings sowie für die Informationsweitergabe zwischen allen Marktbeteiligten werden die Vergleichbarkeit von Verbriefungen deutlich steigern helfen. Auf dieser Basis wird eine vertrauensvolle Geschäftsabwicklung im Verbriefungsmarkt wieder möglich. Jedes einzelne Institut ist gefordert, an der Entwicklung dieser Standards mitzuwirken. Die im Softwaremarkt für Finanzdienstleister angebotenen Standardlösungen zur Unterstützung von Verbriefungsprojekten helfen nicht nur den Engpass Zeit überwinden. Sie tragen auch zu mehr Qualität und Transparenz sowie zu einer realitätsnahen Bewertung eines Portfolios im Vorfeld einer Transaktion bei. Wenn bereits zu Beginn von TransferÜberlegungen alle notwendigen Daten bereitstehen, ist dies ein unschätzbarer Vorteil für das eigene Unternehmen. Zudem erhalten potenzielle Käufer die erforderlichen Informationen für eine angemessene Beurteilung des Investitionsrisikos. Banken sollten diese Möglichkeiten für ihr Haus unbedingt prüfen.

Literatur

Lehren aus den Finanzmarktturbulenzen - Position des Bankenverbands.

Die Krise auf den Kreditmärkten - Ursache, Wirkung und Folgerungen - TSI.

Report of the Financial Stability Forum on Enhancing Market and Institutional Resilience - Financial Stability Forum.

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