Aufsätze

Die Zukunft des deutschen Verbriefungsmarktes im Lichte von Änderungen im europäischen Regelwerk

Die Finanzmarktkrise hat in Europa und in den jeweiligen Mitgliedstaaten bisher nicht da gewesene Maßnahmen staatlicher Stellen hervorgerufen, um den Finanzmarkt und dessen Teilnehmer zu stabilisieren und die Kreditvergabe sicherzustellen. Diese Maßnahmen werden begleitet von einer Flut von europäischen und supranationalen Regulierungsvorhaben und -vorschlägen,1) die die durch die Finanzmarktkrise zutage getretenen Schwächen in der Regulierung von Finanzmarktteilnehmern, und Kreditinstituten im Besonderen, beseitigen sollen.

Änderungen der CRD im Überblick

Es ist dabei wohl nicht überraschend, dass sich ein Fokus der Regulierungsvorhaben auf die Verbriefung von Forderungen richtet. Im Blick ist dabei vor allem das "originate and distribute"-Modell2) sowie die Wiederverbriefungen, die als besonders schädlich identifiziert wurden. Auf europäischer Ebene stehen dabei die vorgeschlagenen und zum Teil bereits beschlossenen Änderungen zur Richtlinie für Eigenkapitalanforderungen (Capital Requirement Directive, CRD)3) im Zentrum. Die CRD teilt sich, vereinfachend dargestellt, in drei Säulen auf: Minimum Eigenkapitalanforderungen (1. Säule), Aufsicht über die Institute (2. Säule) sowie Offenlegungs- und Informationspflichten der Institute (3. Säule). Bezüglich allen drei Säulen wird es durch die geplanten Regulierungsvorhaben zum Teil zu erheblichen und einschneidenden Veränderungen kommen. Die nachfolgende Analyse konzentriert sich dabei auf die Änderungen in Bezug auf die 1. Säule (Minimum Eigenkapitalanforderungen).

Die wesentlichen Änderungen dazu sind zum großen Teil in dem neuen Art. 122 a enthalten, der in die Richtlinie 2006/48/EG eingefügt wird.4) Art. 122 a regelt den neu geforderten Selbstbehalt durch Originatoren und Sponsoren, die Pflicht zu Due Diligence und eigenen Stresstests durch Investoren und eine damit einhergehende (indirekte) Pflicht zum Verfügbarmachen von entsprechenden Informationen durch den Originator/Sponsor. Durch den vorgeschlagenen neuen Art. 122 b CRD sollen verschärfte Vorschriften bezüglich sogenannter Wiederverbriefungen zum Tragen kommen.5)

In der konkreten Ausgestaltung ist Art. 122 a CRD außerordentlich komplex geraten. Strukturell ruht die Vorschrift im Wesentlichen auf den beiden nachfolgenden Pfeilern:

- Wiederherstellen von Vertrauen durch Pflicht zum Selbstbehalt für Originatoren und Sponsoren sowie Mindeststandards für die Kreditvergabe und Verwalten von Kreditforderungen, und

- Verringerung der Informationsasymmetrie zwischen Originator/Sponsor und Investor durch erhöhte Anforderungen an Transparenz und laufende Überwachung des Investments in Verbriefungspositionen (vor und nach dem Investment). Art. 122 a CRD ist dabei eine im Wesentlichen auf den Investor anwendbare Vorschrift. Investoren im Sinne des Art. 122 a CRD sind Kreditinstitute. Damit sind von dieser Vorschrift alle Investoren ausgenommen, die nicht als Kreditinstitute im Sinne der jeweiligen nationalen Gesetzgebung in der EU qualifizieren. Dazu zählen unter anderem Banken, die nicht in der EU reguliert sind, Hedge Fonds und andere in Verbriefungstranchen investierende Unternehmen. Ein Nichtbefolgen der Vorschriften des Art. 122 a CRD kann für das investierende Kreditinstitut zu einer Erhöhung des entsprechenden Risikogewichts führen, bis zu einer vollen Unterlegungspflicht.6) Es ist davon auszugehen, dass alle Originatoren, auch nicht-europäische, ihre Transaktionen an Art. 122 a CRD ausrichten werden, wenn sie europäische Kreditinstitute nicht von vornherein als Erwerber auf dem Primär- oder Sekundärmarkt ausschließen wollen.7)

Wiederherstellen von Vertrauen

Selbstbehalt: Forderungen nach einem Pflichteinbehalt für Originatoren und Sponsoren von Verbriefungstransaktionen sind schon früh erhoben worden.8) In den Erwägungen zu Art. 122 a CRD9) wird festgestellt, dass "Inkongruenzen" zwischen den Interessen der Originatoren und Sponsoren und der Investoren beseitigt werden müssen. Ein Interesseneinklang soll dabei durch den Einbehalt eines "signifikanten" Anteils an den zugrundeliegenden Aktiva hergestellt werden. Art. 122 a verlangt, dass der Originator, Sponsor oder ursprüngliche Kreditgeber einen "materiellen Nettoanteil (net economic interest)" von mindestens fünf Prozent kontinuierlich einbehält.10) Art. 122 a CRD räumt den Originatoren/Sponsoren vor diesem Hintergrund verschiedene Optionen ein, den materiellen Nettoanteil einzubehalten:

- Halten von Erstverlusttranchen, die insgesamt fünf Prozent des Nominalwerts der verbrieften Forderungen ausmachen, und gegebenenfalls von höherrangigen Tranchen, soweit die Erstverlusttranchen nicht ausreichen, um den Minimalbetrag von fünf Prozent abzudecken. Mit "Erstverlusttranchen" sind auch die klassischen Risikoeinbehaltinstrumente wie zum Beispiel Kaufpreisabschläge gemeint;

- Halten von fünf Prozent des Nominalwerts jeder an Anleger übertragenen Tranche über die gesamte Kapitalstruktur hinweg;

- Halten von nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Forderungen, die ansonsten verbrieft worden wären, deren Nominalwert mindestens fünf Prozent des verbrieften Forderungsportfolios ausmachen. Dies bedeutet, dass der Selbstbehalt bereits dadurch erfüllt werden kann, dass gleichartige, verbriefbare (aber eben nicht verbriefte) Forderungen zurückbehalten werden. Voraussetzung für diese Option ist allerdings, dass die Zahl der potenziell verbrieften Forderungen bei der Origination mindestens 100 beträgt. Eine gewisse Granularität des Portfolios ist somit nötig;

- "Halten eines Originatorenanteils von mindestens fünf Prozent des Nominalwerts der verbrieften Forderungen" bei revolvierenden Transaktionen. Der Wortlaut ist hier nicht eindeutig, sodass mehrere Interpretationen und somit Ausgestaltungen denkbar sind. Dem Wortlaut nach bezieht sich diese Anforderung nur auf die bereits verbrieften, das heißt übertragenen Forderungen. Entsprechend könnte der Selbstbehalt an jede übertragene Forderung geknüpft werden, indem zum Beispiel lediglich 95 Prozent des Nominalwertes einer jeden Forderung übertragen werden.11) Der Selbstbehalt muss über die gesamte Transaktionslaufzeit eingehalten werden. Mit anderen Worten, es ist nicht gestattet, das Risiko aus dem Selbstbehalt abzusichern oder nachträglich zu veräußern, sondern dieses muss beim Originator/ Sponsor verbleiben. Ausgenommen von der Pflicht zum Selbstbehalt sind:

- die Verbriefung von Forderungen, die staatlich garantiert sind,

- Verbriefungen, die auf zugängliche, transparente Indizes mit fungiblen Referenzwerten basieren, wie zum Beispiel Itraxx, weil hier kein Anreizkonflikt bei der Auswahl der Referenzwerte besteht,

- Konsortialkredite,

- die tranchierte Weitergabe von Risiken über Credit Default Swaps, soweit diese nicht verbriefte Forderungen absichern,

- der direkte Erwerb von Unternehmensforderungen gegen Kaufpreisabschlag durch eine Bank.

Verringerung der Informationsasymmetrie

Mindeststandards für Kreditvergabe und Forderungsverwaltung: Art. 122 a CRD verlangt, dass der Originator/Sponsor dafür sorgt, dass die Vergabe und das Verwalten12) von Kreditforderungen nach einheitlichen Standards erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Forderungen verbrieft werden sollen (Vergabe) oder bereits verbrieft sind (Verwaltung). Diese Vorschrift gilt sowohl für selbst originierte wie auch erworbene Forderungen. In Deutschland findet sich diese Maxime verbriefungsspezifisch bereits im Rundschreiben 4/97 der BaFin. Zwar verbietet das Rundschreiben 4/97 ein "Cherry Picking" nur insoweit, als die Auswahl der zu verbriefenden Kredite in Rede steht.13) Mittelbar wird damit aber auch die Einheitlichkeit der Vergabe und des Servicings gesichert. Deutsche Originatoren dürften diese Mindeststandards somit nicht vor große Herausforderungen stellen.

Art. 122 a CRD enthält einen langen Katalog von Prüfungs- und Dokumentationspflichten für Investoren. So müssen Investoren künftig insbesondere:

- die Risikomerkmale der einzelnen Verbriefungsposition bewerten können,

- die Risikomerkmale der Forderungen bewerten können, die der einzelnen Verbriefungsposition unterliegen,

- die Besicherung der Forderungen bewerten können, die der einzelnen Verbriefungsposition unterliegen,

- die strukturellen Merkmale der Verbriefungstransaktion verstehen (insbesondere hinsichtlich der Risiken für die gehaltene Position aus verschiedenen Wasserfällen, "Triggerevents"),

- ihre Verbriefungsposition regelmäßig stressen. Dazu können die Investoren Ra-tingagentur-Modelle heranziehen, wenn sie das Modell und die zugrunde liegenden Methoden, Annahmen und Ergebnisse verstanden haben, und

- die Entwicklung der zugrundeliegenden Forderungen durch förmliche Verfahren verfolgen (bezüglich zum Beispiel Zahlungsrückständen und -ausfällen, Sicherheitenerlöse).

Diese Kenntnisse und Verfahren müssen auf Verlangen der Aufsicht nachgewiesen werden können. Auch wenn der einzelne Umfang der genannten Verpflichtungen noch unklar ist, lässt sich doch jetzt schon feststellen, dass der Aufwand für Investoren nicht unerheblich steigen wird. Die Prüfungserfordernisse werden allerdings auch erheblichen Mehraufwand für Originatoren verursachen, da diese gegebenenfalls wesentlich mehr Informationen zur Verfügung stellen müssen, sowohl vor als auch nach der Emission der Transaktion.

Diese Dokumentations- und Prüfpflichten werden für kleinere investierende Institute vermutlich prohibitiv wirken. Ungeklärt ist, inwieweit Investoren die erforderlichen Analysen und Überwachung eines Investments an externe Dienstleister outsourcen dürfen.

Es bleibt außerdem abzuwarten, wie sich die genannten Prüfungs- und Dokumentationspflichten auf ABCP-Programme auswirken werden. Bei ABCP-Programmen wird nicht in einzelne Kundentransaktionen, sondern in eine Marke, das heißt in die Plattform als solche und in die Bonität des Sponsors investiert. Das Reporting zum ABCP-Programm ist deswegen in der Regel auch nicht bezüglich der einzelnen Kundentransaktionen aufgeschlüsselt. Nun wäre es sicherlich möglich, dieses Reporting Art. 122 a CRD-kompatibel zu erweitern. Fraglich bleibt aber, ob erstens sich (Bank-)Investoren finden werden, die für alle im ABCP-Programm vertretenen Klassen von Vermögenswerten Analyseinstrumente vorhalten wollen und zweitens die Bereitschaft des refinanzierenden Unternehmens (die in aller Regel nicht kapitalmarktorientiert sind) besteht, Geschäftsdaten in den Kapitalmarkt zu geben.

Sanktionen

Die Sanktionierung bemisst sich in Abhängigkeit von der Schwere des Verstoßes. Ein Verstoß gegen einen "wesentlichen Punkt" des Art. 122 a CRD, der fahrlässig oder vorsätzlich erfolgt, wird mit einem zusätzlichen Risikogewicht von mindestens 250 Prozent bestraft, das heißt, das eigentlich anwendbare Risikogewicht muss mit mindestens 2,5 multipliziert werden. Bei wiederholten Verstößen soll das Risikogewicht entsprechend schrittweise angehoben werden. Die konkrete Ausgestaltung des Sanktionssystems im Übrigen wird den Mitgliedstaaten überlassen.

Bei Verstößen gegen die Originatorenpflicht, Kredite nach einheitlichen Standards zu vergeben und zu verwalten, wird der wesentliche/wirksame Risikotransfer negiert, die Eigenkapital-entlastende Wirkung der Verbriefungstransaktion wird somit versagt. Art. 122 a CRD bleibt unklar, was die Sanktionen für das Unterschreiten der Fünf-Prozent-Selbstbehaltsschwelle durch den Originator betrifft.14) Hier wird man die Umsetzung in das deutsche Recht abwarten müssen. Vorstellbar wäre, dass der nicht erfolgte Selbstbehalt oder der nicht mehr aufrechterhaltene Selbstbehalt zu einem erhöhten Risikogewicht beim Investor wie bei den anderen Fällen eines Verstoßes gegen Art. 122 a CRD führt. Da sich dieser Umstand außerhalb der Einflusssphäre des Investors abspielt, stellt sich unmittelbar die Frage, wie sich der Investor in diesem Fall beim Originator für die erhöhte Eigenkapitalbelastung (oder den Verlust beim Verkauf der Verbriefungsposition, soweit das in diesem Fall überhaupt möglich ist) schadlos halten kann.

Als eine der Ursachen für die Krise der Finanzinstitute wurde die Komplexität von sogenannten Wiederverbriefungen identifiziert. Sie gelten als Sinnbild für die Intransparenz der gehandelten Produkte, die in den regulatorischen Fokus geraten sind. Das Kreditrisiko solcher Wiederverbriefungen wurde von Ratingagenturen und Marktteilnehmern als niedrig geschätzt. Es stellte sich jedoch heraus, dass solche Wiederverbriefungen anfällig für korrelierende Verluste der unterliegenden Verbriefungen sein können und somit gegebenenfalls verlustanfälliger als normale Verbriefungen sind.15) In den derzeit geltenden Eigenkapitalvorschriften wird nicht zwischen "normalen" Verbriefungen und Wiederverbriefungen unterschieden.

In dem Richtlinienentwurf werden Wiederverbriefungen definiert als "Verbriefung, bei der eine oder mehrere der Basisforderungen (lies: unterliegenden Forderungen) die Definition einer Verbriefungsposition erfüllen.16) An das Halten einer Position in einer Wiederverbriefung knüpft der Richtlinienentwurf höhere Eigenkapitalanforderungen als an normale Verbriefungspositionen. Vorgeschlagen wird im ratingbasierten Ansatz ein Mindestmaß von 20 Prozent. Die Granularität eines Portfolios soll - anders als bei "normalen" Verbriefungen - nicht mehr zu einer regulatorischen Begünstigung führen. Im Übrigen fällt auf, dass besser geratete Tranchen vergleichsweise höher belastet werden als schlechtere.

Klärungsbedarf

Außerdem sieht der Entwurf vor, dass bei Investitionen in Positionen von "hochkomplexen" Wiederverbriefungen ein Risikogewicht von 1 250 Prozent gilt, es sei denn, es gelingt dem Investor nachzuweisen, dass er die erforderlichen Due Diligence für jede Verbriefungsposition durchgeführt hat. Die Aufsicht soll, anders als bei normalen Verbriefungen, bei der Stichproben ausreichen, bei "hochkomplexen" Wiederverbriefungen bei jeder einzelnen Investition prüfen, ob der Investor die Due-Diligence- Vorschriften eingehalten hat. Welche Wiederverbriefungen als "hochkomplex" gelten sollen, soll vom CEBS festgelegt werden.

Der Entwurfstext wirft einige Fragen auf. So scheint es, dass bereits eine einzige, im verbrieften Portfolio enthaltene Wiederverbriefungsposition die Eigenkapitalunterlegung des gesamten Portfolios "infiziert".17) Dies kann insbesondere für die ABCP-Programme problematisch werden, bei denen neben Kundenportfolios auch ABS (wieder-)verbrieft werden. Die Sponsoren werden hier vermutlich gezwungen sein, etwaige Arbitrage-Transaktionen aus ihren Multiseller-Conduits zu entfernen oder das korrespondierende (Wiederver-briefungs-)Risiko für die CP-Investoren auf anderem Wege zu neutralisieren. Unklar ist auch, welche Form der Due Diligence hier von einem Investor erwartet wird und in welcher Form dies der Aufsicht nachgewiesen werden muss. Klar ist hingegen, dass sich die Due Diligence auch auf die unterliegende Verbriefungsposition und die darunter liegende Forderung erstrecken muss.

Die Zukunft des deutschen Verbriefungsmarktes

All dies wird die Attraktivität von Wiederverbriefungen deutlich senken. Eine Investition in solche Positionen wird wohl großen und spezialisierten Investoren vorbehalten bleiben. Beides ist letztlich auch so gewollt.18)

Inkrafttreten: Die Änderungen der CRD - und damit auch Art. 122 a - sind bis zum 31. Dezember 2010 in nationales Recht (in Deutschland durch Änderung der Solvabilitätsverordnung) umzusetzen. Die nationale Umsetzungsvorschrift wird ab 2011 für alle Neutransaktionen gelten. Für Alttransaktionen gilt grundsätzlich Bestandsschutz, mit Ausnahme von Alttransaktionen mit revolvierendem Charakter mit Laufzeiten über den 31. Dezember 2014 hinaus. Für diese gilt Art. 122 a CRD ab dem 1. Januar 2015.

Was bedeuten diese Änderungen nun für deutsche Originatoren, Investoren und damit für den deutschen Verbriefungsmarkt? Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass der zukünftige Verbriefungsmarkt auf der Basis der vorgeschlagenen neuen Regulierungen mehr dem deutschen als dem angelsächsischen Modell ähneln wird.

Der Verbriefungsmarkt in Deutschland ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die Kreditinstitute ihre eigenen Kredite verbriefen. Im Gegensatz dazu haben in den USA Investmentbanken eine große Rolle gespielt, die "fremde" Kredite systematisch für die Verbriefung angekauft haben. Deutsche Banken halten in der Regel Kredite zunächst auf ihrer Bilanz und verbriefen nur einen kleinen Teil ihres Kreditbuchs. Bei der Kreditvergabe wird daher in der Regel kein Unterschied gemacht, ob der Kredit später verbrieft werden könnte oder nicht. Eine am eigenen Interesse der Bank orientierte Kreditvergabepraxis (Originating) und ein auf Risikominimierung ausgerichtetes Verwalten der Forderungen

(Servicing) sind daher deutschen Kreditverbriefungen eigen. Insbesondere ist in Deutschland die Vergabe von Krediten immer ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft und kann daher nur unter hoheitlicher Kontrolle ausgeübt werden. Eine den Vereinigten Staaten vergleichbare Entwicklung, bei der die Qualität der ausgereichten Kredite unter der Verbriefungsmöglichkeit leidet, ist daher bei deutschen Bankkrediten bereits heute nicht vorstellbar.

Darüber hinaus behalten deutsche Banken auf freiwilliger Basis in der großen Mehrzahl der bisherigen Verbriefungstransaktionen Erstverlusttranchen (oder Teile davon) ein oder sind durch andere Strukturelemente direkt mit dem Erfolg der Verbriefungstransaktion verbunden (zum Beispiel über sogenannte Excess-Spread-Mechanismen). Daher dürfte die Verpflichtung in Art. 122 a CRD zum Einbehalt von fünf Prozent des Risikos aus dem verbrieften Portfolio für deutsche Kreditinstitute zumindest von der Sache her nichts Unbekanntes sein.19)

Positionierung als Qualitätssiegel

Verbriefungen deutscher Kreditinstitute sind bereits heute transparent. So sind beispielsweise für alle synthetischen ABS-Transaktionen im Rahmen der KfW-Verbriefungsplattformen die Verkaufsprospekte, die New-Issue-Reports der Ratingagenturen sowie die regelmäßigen Investorenreports frei über die KfW-Website für alle Investoren und interessierten Parteien zugänglich. Diese regelmäßigen Berichte verfügen dank den von der KfW auf ihrer Plattform geforderten Standards über die notwendige Informationsdichte und sind miteinander vergleichbar. Auch im Rahmen von True Sale oder synthetischen Verbriefungstransaktionen über die TSI-Plattform wurde ein freiwilliger Standard für transparente Informationen über die Verbriefungstransaktion und deren Entwicklung durch ein Zertifizierungsverfahren eingeführt.

Das Zusammenspiel aus Qualitätsprozessen in der Kreditvergabe und -verwaltung sowie Transparenz für den Investor ist die Basis deutscher Verbriefungen, zu der die Risikobeteiligung der Originatoren als zusätzliches Element hinzukommt. Da der deutsche Verbriefungsmarkt in der Vergangenheit den Übertreibungen anderer Märkte nicht ausgesetzt war und den zu erwartenden regulatorischen Veränderungen und Folgerungen bereits heute in hohem Maße entspricht, hat er gute Chancen sich im Rahmen der zu erwartenden Erholung der Märkte als Qualitätssiegel zu positionieren.

Fußnoten

1) Siehe unter anderem De Larosière Report vom November 2008; G20-Erklärung vom 2. April 2009 und 5. September 2009; Financial Stability Forum, Report vom April 2009; Basel Committee on Banking Supervision, Enhancement to the Basel II framework, Juli 2009; Basel Committee on Banking Supervision, Presseerklärung vom 5. September 2009.

2) Siehe unter anderem "The incentive structure of the 'originate and distribute' model", EZB, Dezember 2008.

3) Die CRD ist geregelt in der Richtlinie 2006/48/EG und Richtlinie 2006/49/EG.

4) Die finale, zwischen Parlament, Kommission und Rat abgestimmte Fassung zur Änderung der CRD wurde am 6. Mai 2009 publiziert. Bei Fertigstellung dieses Artikels war der finale Text allerdings noch nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

5) Siehe Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Juli 2009, KOM(2009) 362; 2009/0099(COD). Schließlich sollen durch weitere Anpassungen der Richtlinie 2006/48/EG die Bestimmungen zu den Eigenkapitalanforderungen für Verbriefungen, die die Banken für den kurzfristigen Weiterverkauf im Handelsbuch halten, an die Vorschriften des Bankenbuchs angepaßt werden; a.a. O. Dieser Aspekt wird hier nicht weiter untersucht.

6) Siehe unten Ziffer 0.

7) Auf EU-Ebene ist angedacht, die Vorschriften des Art. 122 a CRD künftig auch auf Versicherungen als Investoren auszudehnen.

8) Auch in der Abschlusserklärung des G20-Gipfels vom 2. April 2009 wurde dieser Aspekt ausdrücklich adressiert.

9) Siehe insbesondere Erwägung (15).

10) Im europäischen Gesetzgebungsprozess, insbesondere aus den Reihen des Europäischen Parlaments, waren noch deutlich höhere Selbsteinbehalte (bis zu 15 Prozent) gefordert worden.

11)Die Bestimmungen über den Selbstbehalt unterliegen der Überprüfung durch die Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat. Dazu hat die Kommission bis zum 31. Dezember 2009 einen Bericht vorzulegen, der sich mit den voraussichtlichen Auswirkungen des Art. 122 a CRD befasst. Insbesondere soll dieser Bericht auch prüfen, ob der Mindesteinbehalt zu den angedachten Zielen beiträgt und ob es nötig ist, den Mindesteinbehalt zu erhöhen. Eine mögliche Herabsetzung des Mindesteinbehalts ist bemerkenswerterweise nicht erwähnt; siehe Abs. 33f zur Änderung der Richtlinie 2006/48/EG, der dem Artikel 156 einen entsprechenden Absatz hinzufügt.

12) Art. 122 a CRD bezieht sich hier auf das Ändern, Verlängern und Refinanzieren von Krediten.

13) Das BAKred befürchtete nämlich, dass die pauschalierte Unterlegung von Banken mit 20 Prozent unter Basel I im Gefolge einer flächendeckend selektiven Kreditauswahl nicht mehr risikoadäquat sein könnte.

14) Art. 122 a (5) Abs. 3, der die Sanktionen enthält, bezieht sich auf die Absätze (4), (5) und (7) (nicht aber auf Absatz (1), der die Selbstbehaltsregelung enthält. Zwar bezieht sich Absatz (4) (a) auf den Selbstbehalt, allerdings spricht Absatz (4) nur von der Pflicht der Investoren, über umfassende und gründliche Kenntnisse zu verfügen und förmliche Vorschriften und Verfahren umzusetzen, um unter anderem die Mitteilung der Originatoren zum Selbstbehalt zu analysieren und zu erfassen. Unklar ist auch, wie Absatz (1) selbst zu verstehen ist, der ausführt, dass ein Investor in eine Verbriefungsposition das Kreditrisiko aus dieser Position nur dann trägt, wenn der Originator oder Sponsor ausdrücklich erklärt hat, dass er kontinuierlich einen Selbstbehalt wie von Art. 122 a CRD einhält. Es ist nicht nur unklar, ob das heißen soll, dass dann auf Investorenseite kein aufsichtsrechtlicher Risikotransfer stattfindet (was nicht gewollt sein kann, da der Investor dem Risiko vertraglich ausgesetzt ist) oder ob der Originator/Sponsor dann keinen Risikotransfer und keine entsprechende Eigenkapitalentlastung geltend machen kann. Der Investor wäre dann trotzdem dem erhöhten Risiko ausgesetzt, wenn man ein solches in Verbriefungstransaktionen ohne Selbstbehalt annimmt.

15) Siehe Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik, KOM(2009) 362, endgültig; 2009/009(COD), Begründung Ziffer 5.1; Basel Committee on Banking Supervision, Enhancement to the Basel II framework, Juli 2009, Seite 2.

16) Siehe KOM(2009) 362, endgültig; 2009/009 (COD), Artikel 1, Abs. 1.

17) In dieser Hinsicht eindeutig: Basel Committee on Banking Supervision, Enhancement to the Basel II framework, Juli 2009, Seite 2 ("(...) even if only one of the underlying exposure is a securitisation exposure, any tranched position exposed to that pool is considered a resecuritisation exposure").

18) So wird in Erwägung (14) des Richtlinienvorschlags ausgeführt, dass die erhöhten Eigenkapitalanforderungen für Wiederverbriefungspositionen Investoren schlicht den Anreiz nehmen soll, in solche Verbriefungen zu investieren. Die geforderte Due-Diligence-Prüfung könne sich je nach unterliegendem Forderungspool als unmöglich oder unwirtschaftlich erweisen. Die Aufsicht solle bei der Überprüfung der durchgeführten Due Diligence vor allem auch einen überzeugenden Nachweis verlangen, dass die der ursprünglichen Verbriefung zugrundeliegenden Forderungen einer ausreichenden Due Diligence unterzogen wurden; siehe KOM(2009) 362, endgültig; 2009/009(COD), Erwägung (15).

19) Die Höhe des Selbstbehalts dürfte allerdings in gewissen Fällen zumindest über dem liegen, was bisher im deutschen Markt üblich war.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X