Rechenschaftsberichte

Union Investment Gruppe

Als das bisher "schwierigste Geschäftsjahr für die deutsche Fondsindustrie" wertet die Union Investment die abgelaufene Berichtsperiode 2008 und verweist offensiv auf branchenweite Einschnitte beim verwalteten Vermögen und damit Druck auf die Ertragsbasis. Zwar konnte der genossenschaftliche Asset Manager sein Betriebsergebnis vor Steuern mit 143 (345)

Mill. Euro anders als viele Kreditinstitute im positiven Bereich halten. Er liegt damit aber deutlich unter dem Vorjahreswert sowie unter den Ergebnissen der Jahre 2004 bis 2007 (Übersicht 1). Dass der Ertrag 2008 trotz der als ungleich höher eingestuften Belastungen über den Vergleichswerten aus den Krisenjahren 2002 und 2003 liegt, will die Gesellschaft auf ihre generelle Ausrichtung zurückgeführt wissen. Die Branche müsse mit diesen extremen Brüchen und Verwerfungen unternehmerisch leben. Solche Zyklen zu verstehen, wird als besondere strategische Herausforderung gewertet. Schon im Zuge der Entwicklungen im Jahre 2007, also noch in einer Phase steigender Aktienkurse, habe man im eigenen Haus die Fonds defensiver ausgerichtet sowie einen Sparkurs eingeleitet und mit großer Disziplin umgesetzt.

In der Absatzbilanz der Gesellschaft schlägt im Berichtsjahr 2008 vor allem der Krisenmonat Oktober mit Abflüssen von knapp 10 Mrd. Euro negativ zu Buche. Mittelabflüsse von mehr als einer Mrd. Euro pro Tag, vor allem aus Geldmarkt- und Kurzläuferfonds, so wird die Entwicklung geschildert, ließen den Oktober 2008 zu dem "mit Abstand schwierigsten Monat", in der 52-jährigen Unternehmensgeschichte werden. Ende November 2008 hat sich dann nach Angaben der Gesellschaft zwar eine Beruhigung bei den Mittelabflüssen abgezeichnet. Und der Dezember 2008 hat wieder ein positives Ergebnis von 75 Mill. Euro erbracht, konnte das kräftige Absatzminus über das Gesamtjahr aber nur noch ganz leicht korrigieren. Per saldo musste das Unternehmen trotz der vergleichsweise guten Absatzentwicklung im ersten Halbjahr 2008 (Nettoabsatz: 4,4 Mrd. Euro) insgesamt einen Nettomittelabfluss in Höhe von 6,8 Mrd. Euro verbuchen (Vorjahr: Zufluss von 12,2 Mrd. Euro; siehe Übersicht 2). Nettoabflüsse und Performanceeinbußen führten in Summe zu einem Rückgang der Assets under Managements auf 144 Mrd. Euro (Vorjahr: 175 Mrd. Euro). Sie lagen damit nur knapp über dem Stand zum Jahresende 2005 (Übersicht 3).

Auch die Neunmonatszahlen (Kreditwesen 23-2008) spiegelten nicht andeutungsweise die Jahresentwicklung wider. Die sich bereits damals zuspitzende Finanzkrise, so die Union rückblickend, blieb bis in den September hinein zunächst ohne nennenswerte Auswirkungen: Die Anleger reagierten auch auf die Lehman-Pleite Mitte September 2008) besorgt, aber nicht panisch. Der Gesamtabsatz bei Union Investment lag per Ende September 2008 immerhin noch bei 3,3 Mrd. Euro, der bei Publikumsfonds mit netto 5,3 Mrd. Euro sogar stark im Plus. Nach Angaben der Gesellschaft wurden dann im vierten Quartal aber risikoreichere Fondsbeimischungen insbesondere in Aktien- und Corporate-Bond-Fonds zunehmend abgebaut und in risikoärmere Papiere über Direktinvestments investiert. Beide Effekte führten in der Summe zu erheblichen Abflüssen aus Publikumsfonds. Per Jahresende waren minus 3,65 Milliarden Euro zu registrieren (Übersicht 4).

Mit Blick auf die Anlageklassen waren von den Mittelabflüssen insbesondere die Geldmarktfonds (minus 2,637 Mrd. Euro) und in etwa gleichstark Rentenfonds (minus 2,281 Mrd. Euro) und Aktienfonds (minus 2,277 Mrd. Euro) betroffen. Merkliche Nettozuflüsse konnte die Union hingegen bei Wertgesicherten Fonds (plus 1,845 Mrd. Euro), bei Dachfonds (1,356 Mrd. Euro) und bei Immobilienfonds (727 Mill. Euro) verzeichnen (Übersicht 5). Der Marktanteil beim Publikumsfondsvermögen wird gleichwohl auf 15,7 (15,1)% veranschlagt. Damit sieht sich die Union Investment als Nummer drei in Deutschland.

Anders als in der deutschen Investmentbranche insgesamt entfiel bei der Union auch auf das institutionelle Geschäft im Berichtsjahr 2008 ein Nettomittelabfluss (minus 3,6 Mrd. Euro). Als Gründe hierfür werden ausgeschöpfte Risikobudgets und hoher Liquiditätsbedarf bei vielen institutionellen Investoren genannt. Kein einziges der 230 Mandate des Wertsicherungskonzeptes Immuno, so wird exemplarisch mit Blick auf das Risikokonzept beziehungsweise das Risikomanagement hervorgehoben, verletzte 2008 die vereinbarte Wertuntergrenze.

Mit Blick auf die Kundenbasis registriert die Gesellschaft sowohl bei institutionellen Anlegern als auch privaten Kunden einen Zuwachs. Im Gesamtjahr wird Letzterer mit 60 000 angegeben. Das spiegelt sich nicht zuletzt auch in der Entwicklung der Stamm- und Anspardepots wider, deren Zahl in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Per Jahresende 2008 wurden 4,616 Millionen Stamm- und 3,626 Millionen Anspardepots registriert (Übersicht 6). Im institutionellen Geschäft nennt die Union die Zahl von 30 neuen Mandaten, die einen Absatzbeitrag von 1,5 Mrd. Euro aus dem Neukundengeschäft erbracht haben. An ihrer schon in den Vorjahren propagierten Positionierung als Lösungsanbieter und Risikomanager will die Union festhalten und sieht das eigene Geschäftsmodell auch in der Krise bestätigt.

Mit Blick auf die Produktpalette wird besonders auf den nach wie vor größten deutschen Fonds, Uni-Opti-4, verwiesen, dem im Berichtsjahr netto 1,3 Mrd. Euro zugeflossen sind und der "keinen einzigen Tag mit einem Kursrückgang" aufwies. Mit der Uni-Profi-Rente, dem hauseigenen Produkt zur Abdeckung der fondsgebundenen Riester-Vorsorge, sieht sich die Gesellschaft per Ende 2008 mit allein 250 000 Neuverträgen ebenso in der Position des Marktführers wie mit 1,7 Millionen Ries-ter-Sparern in der Riester-Rente (und zwar ausdrücklich inklusive der Versicherer). Als durchweg unbefriedigend bezeichnet die Union im Berichtsjahr die "absolute Performance der Fonds", verweist aber auf ein vergleichsweise starkes Abschneiden im Wettbewerbsvergleich.

Bei allem Kostenbewusstsein will die Gesellschaft auch im laufenden Jahr die strategische Positionierung nicht aus dem Auge verlieren. Als erstes Beispiel wird die vollständige Übernahme der Union-Pan-Agora vom bisherigen Joint-Venture-Partner Pan-Agora in Boston genannt. Die Tochtergesellschaft firmiert seit Kurzem unter dem Namen Quoniam und will im Segment für quantitative Investmentstrategien über alle Assetklassen alte und neue Kunden ansprechen.

Der eigene Anspruch ist dabei durchaus ambitioniert: Die Einheit soll zu einem global agierenden Unternehmen ausgebaut werden, das langfristig zu den weltweit führenden aktiven quantitativen Asset Managern gehört und dabei weitere Absatzmärkte erschließt. Seine Aktivitäten sollen sich dabei unverändert auf Europa erstrecken, künftig aber auch auf den Nahen Osten und den asiatischen Raum.

Letztere Region steht zum Zweiten auch unverändert im Fokus der Zusammenarbeit der Union mit dem Partner Bank of East Asia. Dem vor knapp zwei Jahren gegründeten Joint Venture zu Erschließung des chinesischen beziehungsweise allgemeinen asiatischen Marktes wird unverändert hohe Bedeutung beigemessen. Zum Dritten will die Union schließlich das Segment Immobilien um 30 neue Stellen ausbauen, um damit in Zeiten einer vergleichsweise günstigen Lage bei der Mitarbeiterakquise eine gute Basis für den nächsten Aufschwung zu legen.

Wann sich das wirtschaftliche Umfeld für die Fondsbranche wieder nachhaltig verbessert, will die Gesellschaft derzeit nicht prognostizieren. Sie sieht zunächst einmal "alle Zeichen auf Rezession" und spricht von der schärfsten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Mit ihrer Prognose des Wirtschaftswachstums für das Euroland von minus 1,9% ist sie freilich weniger pessimistisch als andere Adressen aus Finanzwirtschaft und Wissenschaft, wobei sie Deutschland mit minus 2,5 Prozentpunkten stärker und die Weltwirtschaft insgesamt mit minus 0,2 Prozentpunkten weniger betroffen sieht. Mit einer Stabilisierung rechnet die Union Investment für die USA gegen Mitte des Jahres 2009, für Europa aber nicht vor Beginn des kommenden Jahres. Chancen werden im Verlauf dieses Jahres vor allem den Aktien und mit zeitlichem Vorlauf Unternehmensanleihen eingeräumt.

Als Ergebnis der Reflexion über die Marktentwicklung des vergangenen Jahres hat die Union zwei Erkenntnisse besonders festgehalten. Erstens sieht sich die Gesellschaft bei aller Erwartung einer Abwärtsbewegung tendenziell von deren Ausmaß und Geschwindigkeit überrascht. Und zweitens fühlt sie sich angesichts der Reaktion der Anleger darauf verpflichtet, dem Sicherheitsbedürfnis der Kunden Rechnung zu tragen. Den gesetzlich verankerten Sicherheitsgrad der Sondervermögen Investmentfonds hält sie trotz zügiger Aufklärungsarbeit der Gesellschaften selbst und ihres Branchenverbandes BVI noch nicht für ausreichend in der Anlegerschaft verankert.

In diesem Zusammenhang werden nicht zuletzt die Anstrengungen betont, alle Fonds auch in der Phase extremer Marktverwerfungen offenzuhalten. Wenn der Verkauf von Papieren aus den Fonds am Markt nicht möglich war, so der Hinweis auf die aufrecht erhaltene Liquidität, wurde über Kreditaufnahme und Kauf von Fondsanteilen in den Eigenbestand die Liquidität zu jedem Zeitpunkt gesichert. Ausdrücklich verwiesen wird an dieser Stelle auf die enge Zusammenarbeit im Finanzverbund mit den beiden Zentralbanken und den Vertriebspartnern vor Ort: "Schnelle, unbürokratische und zuverlässige Unterstützung durch die Zentralbanken auf der einen Seite, hohes Engagement, Beratungskompetenz und das Vertrauen der Kunden in unsere Vertriebspartner auf der anderen Seite haben uns in den letzten Monaten geholfen."

Als besonders hilfreiche Maßnahmen der Aufklärungsarbeit werden deutschlandweit zahlreiche Sonderveranstaltungen mit den Vertriebspartnern hervorgehoben, die aus Sicht der Union wichtige Unterstützung für viele Kundengespräche geleistet haben. Allein rund 1 100 Berater wurden als Teilnehmer von zehn Sonder-Kapitalmarktforen zur Krise registriert.

Welchen Einschnitt der Oktober 2008 auch in der weiteren Ausrichtung brachte, hat die Gesellschaft am Beispiel Garantiefonds erläutert: Nachdem im Jahresverlauf 2008 fünf Garantiefonds mit einem Zeichnungsvolumen von 2 Mrd. Euro bereits platziert werden konnten, waren im vierten Quartal vier weitere Fonds zur Zeichnung ausgeschrieben. Das Kundeninteresse wird als groß eingestuft - Aufträge mit einem Volumen von mehr als 500 Mill. Euro lagen nach Angaben der Gesellschaft bis zum Ende der Zeichnungsfrist schon vor.

Die hohe Volatilität am Markt in Verbindung mit dem rapiden Zinsrückgang nennt die Union aber als ausschlaggebende Faktoren, die vier Fonds nicht aufzulegen. Ebenfalls als unpopuläre Entscheidung im Sinne der Anleger werden mit Blick auf die Altersvorsorge (Uni-Profi-Rente) Bestandsumschichtungen in 20 Prozent der Riester-Verträge eingestuft, die angesichts der Entwicklung an den Aktien- und Rentenmärkten für notwendig gehalten wurden. Diese Umschichtungen, so die Union rückblickend, waren allein schon wegen der gesetzlichen Vorgaben zur Kapitalgarantie ohne Alternative, auch wenn dadurch für den umgeschichteten Betrag die Renditechancen begrenzt werden.

Der Start ins Jahr 2009 wird zumindest mit Blick auf den Geschäftsverlauf als erfreulich eingestuft. Rund 1 Mrd. Euro sind in den ersten sechs Wochen in Union-Fonds geflossen.

Als weniger verheißungsvoll bewertet die Gesellschaft die Entwicklung an den Kapitalmärkten. Mit Aktienmärkten durchweg im Minus und Renditeanstiegen auch an den Rentenmärkten auf breiter Front (mit Kursverlusten vor allem bei Staatsanleihen) wird die Unsicherheit als groß eingeschätzt. Aus Sicht der Union markiert die gegenwärtige Krise gar eine Zäsur für die Weltwirtschaft. Mit einer Rückkehr zu gewohnten Wachstumsraten rechnet die Gesellschaft auch nach Ende der Rezession nicht. Sie vermutet vielmehr flachere und kürzere Wirtschaftszyklen und siedelt das globale Trendwachstum auf Sicht der nächsten zehn Jahre eher bei drei statt bislang vier Prozent an.

Hoffnung für die Zukunft gründet sich nicht zuletzt auf die Vertriebspartnerschaft mit den Volks- und Raiffeisenbanken. In deren verbreiteter Kundenbasis durch Zuflüsse von Einlagen in Höhe von 20 Mrd. Euro insbesondere im zweiten Halbjahr 2008 sieht auch die Union positive Aussichten für Cross-Selling. Denn bei fallenden Zinsen erwartet sie schon sehr bald eine verstärkte Suche nach Alternativen zur klassischen Spareinlage und will mit Garantiefonds, Altersvorsorgelösungen und vor allem auch mit Offenen Immobilienfonds in diese Lücke springen.

Als weiterer Schwerpunkt der Marktbearbeitung 2009 wird das Sparplangeschäft genannt, das dank frühzeitiger Aktivitäten in diesem kleinteiligen Markt mittlerweile stabile Mittelzuflüsse von mehr als 2 Mrd. Euro im Jahr beschert. Auf diesen Effekt hat auch die DWS hingewiesen.

Im institutionellen Geschäft wird aus Sicht der Union die derzeitige Forderung "Liquidität sichern um jeden Preis" - nicht auf Dauer Bestand haben. Die Investoren, so das Kalkül, brauchen ihren Mindestzins, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Und vier Prozent Rendite sind aus Sicht des genossenschaftlichen Asset Managers mit klassischen Einlagen nicht zu verdienen. Mit weiter fallenden kurzfristigen Zinsen sieht die Gesellschaft auf institutioneller Seite vielmehr wachsenden Druck, die Risikobudgets wieder besser zu nutzen und will das als Chance für neue Mandate wahrnehmen.

Personalien: Aufsichtsrat: Wolfgang Kirsch (Vorsitzender), Karl-Heinz Moll (Stv. Vorsitzender); Vorstand: Dr. Rüdiger Ginsberg (Vorsitzender), Ulrich Köhne, Dr. Wolfgang Mansfeld, Hans Joachim Reinke, Alexander Schindler, Jens Wilhelm

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