Schwerpunkt

Verwahrstellen - Gütesiegel für geschlossene Fonds

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld bringt so manchen institutionellen Anleger um seinen Schlaf. Der Druck ist hoch. Viele Pensionskassen zum Beispiel haben immer noch einen Rechnungszins von vier Prozent. Unter Berücksichtigung der laufenden Verwaltungskosten müssen also 4,25 bis 4,50 Prozent Rendite erzielt werden. Und dies unter Aspekten wie geringer Volatilität und vertretbarem Risiko. Im aktuellen Anlageumfeld sucht jeder Asset Manager Nischen, die dem individuellen Renditeziel ein Stück näher kommen. Neben Unternehmens- oder Nachrangtiteln sowie verstärkten Immobilien-Engagements sind dies auch zunehmend Anteile an geschlossenen Fonds. Denn sie optimieren das Rendite-/Risikoprofil.

Investments in Sachwerte

Insbesondere Investments in Sachwerte wie Infrastruktur, Rohstoffe oder erneuerbare Energien gewinnen dabei an Bedeutung. Sie bieten attraktive Renditen, planbare und regelmäßige Cashflows sowie eine geringe Korrelation zu den bisherigen Assetklassen. Wichtig ist bei diesen Investments jedoch der Auswahlprozess im Vorfeld. Hier lassen sich viele Pensionskassen in letzter Zeit verstärkt von Consultants beraten. Schließlich erfordern die Illiquidität der geschlossenen Fonds und die oftmals längere Laufzeit eine intensive Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken der geplanten Investments. Ebenso ist eine hohe Transparenz des Anbieters notwendig.

Mit Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches, kurz KAGB, am 22. Juli 2013 wurde die europäische Richtlinie zur Regulierung alternativer Investmentfonds-Manager (AIFM) auch in Deutschland umgesetzt. Für die 150 vor allem mittelständischen Emissionshäuser hat sich seitdem viel verändert. Denn auch sämtliche neu zu emittierende geschlossene Fonds unterliegen nun der Regulierung durch das KAGB.

Vom Emissionshaus zur KVG

Emittenten geschlossener Fonds müssen sich nunmehr von ihrer gesamten Logistik, der IT und den Prozessen her neu justieren. Der Aufbau oder die Gründung einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die Umsetzung eines geeigneten Risikomanagementsystems und die Identifizierung und Steuerung von Interessenkonflikten sind nur einige der neu zu leistenden Vorarbeiten, um den Weg vom bisher grauen zum weißen beziehungsweise regulierten Kapitalmarkt beschreiten zu können. Im Juli dieses Jahres endete die einjährige Übergangsfrist für die AIFM-Zulassung. Wer sich bis dahin nicht um die Zulassung oder Registrierung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bemüht hat, darf keine neuen Produkte emittieren. Viele Anbieter sind derzeit intensiv damit beschäftigt, die erforderlichen organisatorischen, technischen und prozessualen Maßnahmen durchzuführen, um als Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des KAGBs registriert oder zugelassen zu werden. Dabei werden unterschiedliche Wege beschritten wie die Gründung von Tochtergesellschaften, die Einbindung einer Master-KVG oder die Suche nach Weggefährten mit dem gemeinsamen Ziel der Kostenminimierung. Aktuell haben etwa zwölf bis 15 Gesellschaften eine Volllizenz der BaFin erhalten (Stand Mitte Juli 2014). Viele weitere Anbieter sind mit der Aufsicht in der Abstimmung und stehen noch vor der Zulassung.

Mit der Verwahrstelle erhalten die Fondsinitiatoren einen neuen, verlässlichen Partner. Die Verwahrstelle ist im KAGB Rechtsund Namensnachfolgerin der bisher aus dem offenen Fondsgeschäft bekannten Depotbank. Während Emittenten für Kontrollaufgaben wie die Mittelverwendungskontrolle bis dato auf die bekannten, aber eben auch begrenzten Kapazitäten von Wirtschaftsprüfern oder Rechtsanwälten setzten, wird das Geschäft durch die gesetzliche Verwahrstellenfunktion nun noch bedeutsamer, haftungsrechtlich relevanter und professioneller.

Über Nacht lässt sich die notwendige Branchenkompetenz nicht aufbauen. Verwahrstellen, die bereits auf langjährige Erfahrung als Depotbank für offene Fonds zurückgreifen können, haben hier einen deutlichen Vorteil. Erst recht, wenn diese Häuser umfangreiche Finanzierungskompetenz etwa in den Bereichen Immobilien, erneuerbaren Energien oder Infrastruktur aufzuweisen haben und es ihnen gelingt, diese in die Verwahrstelle zu transferieren.

Partner auf Augenhöhe

Ohne das Engagement einer Verwahrstelle sind Fondsauflagen in Deutschland künftig unzulässig. Eine hochwertige Prüfung und die Abstimmung der dafür erforderlichen Prozesse zwischen Kapitalverwaltungsgesellschaft und Verwahrstelle sind ein wesentlicher Baustein in der Umsetzung des Kapitalanlagegesetzbuches. Dabei ist es sicherlich mehr als hilfreich, wenn die Arbeits- und Entscheidungsstrukturen der Partner zueinander passen. Hinter vielen Emissionshäusern geschlossener Fonds stecken mittelständische Personengesellschaften. Es ist daher schwer vorstellbar, dass sich die mittelständischen Emissionshäuser ausgerechnet bei einer deutschen oder ausländischen Großbank gut aufgehoben fühlen, zu deren Stammkunden in der Regel globale Pensionskassen oder große Fondsgesellschaften zählen.

Aufgrund der zuvor fehlenden Regulierung sind zudem große Unterschiede in der organisatorischen Aufstellung der Unternehmen eher die Regel als die Ausnahme. Auch hier haben Verwahrstellen, die langjährige Erfahrung mit mittelständischen Strukturen vorweisen können, deutliche Vorteile gegenüber den eher auf standardisierte Abläufe ausgerichteten großen Marktteilnehmern.

Asset-Kompetenz für Sachwerte

Auch in puncto passgenauer Asset-Kompetenz stößt die hochautomatisierte Finanzindustrie an ihre Grenzen. Im Vermögen geschlossener Fonds stecken echte Sachwerte wie Bürogebäude, Windparks, Biomasseanlagen, Brücken oder Schiffe. Und genauso real sind die Abläufe und Schriftstücke, die damit im Zusammenhang stehen: Verträge, Gutachten, Wartungsverträge, Grundbucheinträge. Im Gegensatz zu dem klassischen Brot-und-Butter-Geschäft einer Verwahrstelle - die automatisierte Abwicklung von Geschäften und das Prüfen von Wertpapierfonds in hochautomatisierten Standardverfahren - ist die Kontrolle von Sachwertefonds eher Handarbeit. Gefragt sind hier Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung und passgenauen Kompetenzen, die in der Lage sind, bei konkreten Problemstellungen mit den Kapitalverwaltern schrittzuhalten und die Interessen der Anleger im Auge zu behalten.

Umfassender Prüfauftrag

Die Sachwerte geschlossener Fonds angemessen und kompetent zu überwachen, bedeutet also weit mehr, als hinter dem Wort "verwahren" vermutet werden mag. So hat die Verwahrstelle - auch haftungsrechtlich gegenüber den Anlegern des Fonds - dafür Sorge zu tragen, dass die Bewertungsansätze der jährlich vorgeschriebenen Bewertung der Realität entsprechen. Der Abgleich des von der KVG genutzten Verfahrens mit deren Bewertungsgrundsätzen und die Einhaltung der gesetzlichen Bewertungsmethodik sowie die Kontrolle des jährlich ermittelten marktgerechten Vermögenswerts sind Aufgaben der Verwahrstelle, die bisher keine Instanz so durchgeführt hat.

Ein Verwahrer, der sein Geschäft ernst nimmt, muss entsprechend Zeit für den Fonds investieren. Denn die Zahl der zu prüfenden Fragen ist groß: Durften die Assets laut Anlagebedingungen und Gesellschaftsvertrag erworben werden? Sind die Geschäfte zu marktgerechten Bedingungen erfolgt? Wurden alle Einzahlungen auf den Fondskonten ordentlich durchgeführt? Weiterhin ist zu klären, ob jeder Anleger die ihm zustehende Ausschüttung erhalten hat. Zudem sind Fondsverkäufe am Zweitmarkt in der Anlegerverwaltung zu berücksichtigen. Ebenso muss kontrolliert werden, ob die im Prospekt angegebenen Vergütungen und Provisionen korrekt berechnet und dem Fonds belastet werden.

Bürge für Zuverlässigkeit

Zuverlässige Verwahrstellen beherrschen ihr Handwerk, sind aber zugleich keine Alchemisten. Aus einem wirtschaftlich schlecht laufenden Fonds wird kein guter, auch wenn er durch eine Verwahrstelle kompetent überwacht wird. Für den wirtschaftlichen Erfolg eines geschlossenen Fonds und die konkreten Investitionsentscheidungen trägt allein der Initiator die Verantwortung. Die Verwahrstelle urteilt nicht über die Sinnhaftigkeit der Investition, sondern sorgt dafür, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Gleichwohl könnte die Neuregelung durch das KAGB zu einer Gesundung und Bereinigung auf der Seite der Anbieter von Fonds führen: Denn die logistischen, IT-seitigen, rechtlichen und auch finanziellen Hürden für den Neustart eines geschlossenen Fonds sind nun wesentlich höher. Nicht alle Anbieter werden den Weg in die regulierte Welt schaffen, die Spreu wird sich vom Weizen trennen. Das dürfte der Qualität der Fonds weiter guttun. Die Kosten für die Verwahrfunktion bei geschlossenen Fonds werden am Ende mit denen offener Fonds vergleichbar sein. Jeder Anleger kann sie selbst mit dem Taschenrechner ermitteln.

Türöffner für Institutionelle

Die nunmehr erfolgte Regulierung geschlossener Fonds könnte die Zusammenarbeit zwischen Emissionshäusern und institutionellen Investoren auf eine neue Stufe heben. Für institutionelle Anleger, die im aktuellen Niedrigzinsumfeld nach interessanten Auswegen aus ihrem Anlagedilemma suchen, könnten geschlossene Fonds neue Perspektiven eröffnen. Durch die Regulierung werden dieser Kundengruppe neue Anlagemöglichkeiten eröffnet. In Zukunft könnten Investments in Sachwerte und Unternehmensbeteiligungen nicht mehr nur über luxemburgische Fondsvehikel, sondern auch über deutsche Fondsgesellschaften dargestellt werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X